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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 199. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. März 1952 8519 199. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 19. März 1952. Nachruf auf den verstorbenen Abg. Weickert 8520A Geschäftliche Mitteilungen 8520B Beschlußfassung des Deutschen Bundesrats zum Gesetz zur Änderung und Verlängerung des Wirtschaftsstrafgesetzes 8520C Gesetz über die richterliche Vertragshilfe (Vertragshilfegesetz) 8520C Gesetz über die Steuerberechtigung und die Zerlegung bei der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer (Zerlegungsgesetz) 8520C Gesetz über den Niederlassungsbereich von Kreditinstituten 8520C Gesetz über Ordnungswidrigkeiten . . 8520C Gesetz über die Sorge für die Kriegsgräber (Kriegsgräbergesetz) 8520C Kleine Anfrage Nr. 246 der Fraktion der CDU/CSU betr. Materialversorgung des Handwerks und gewerblichen Mittelstandes (Nrn. 3132, 3197 der Drucksachen) 8520C Kleine Anfrage Nr. 245 der Fraktion der CDU/CSU betr. Unterabteilung Handwerk im Bundeswirtschaftsministerium (Nrn. 3131, 3207 der Drucksachen) . . . 8520D Änderungen der Tagesordnung 8520D Zur Geschäftsordnung — Frage der Behandlung der Tagesordnung: Vizepräsident Dr. Schäfer . 8521C, 8527B Stücklen (CSU) 8520D, 8560A Mellies (SPD) 8521A Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. Steuergesetzgebung (Nr. 3130 der Drucksachen) 8521C Schmücker (CDU). Anfragender . . 8521C Hartmann, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen . . . . 8524D Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. Altersversorgung des Handwerks (Nr. 3129 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der FU betr. Vorlage eines Änderungsgesetzes über die Altersversorgung für das deutsche Handwerk (Nr. 3106 der Drucksachen) . . 8527B Becker (Pirmasens) (CDU), Anfragender 8527C Storch, Bundesminister für Arbeit 8528D, 8530A, 8533A Dr. Etzel (Bamberg) (FU), Antragsteller 8529C Freidhof (SPD) 8530D Dirscherl (FDP) 8531D Paul (Düsseldorf) (KPD) 8533C Ausschußüberweisung des Antrags Nr. 3106 8534A Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betr. Vorlage eines Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit (Nr. 3135 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betr. Auftragsvergebung der öffentlichen Hand (Nr. 3138 der Drucksachen) sowie mit der Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betr. Verdingungsordnung für Bauleistungen im Hoch- und Tiefbau (VOB) (Nr. 3139 der Drucksachen) . . . 8534B Becker (Pirmasens) (CDU), Antragsteller 8534B Günther (CDU), Antragsteller . . . 8535C Dr. Erhard, Bundesminister für Wirtschaft 8537A Storch, Bundesminister für Arbeit . 8537B Eickhoff (DP) 8537D Dirscherl (FDP) 8539C Hoecker (SPD) 8540D Paul (Düsseldorf) (KPD) 8533C Schmücker (CDU) 8543A Wirths (FDP) 8543B Kalbfell (SPD) 8543D Dr. Etzel (Bamberg) (FU) 8545A Ausschußüberweisungen 8546C Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betr. Förderung des Handwerks (Nr. 3137 der Drucksachen; Umdruck Nr. 470) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betr. Kreditversorgung des Handwerks (Nr. 3140 der Drucksachen) . 8546D Mensing (CDU), Antragsteller . . . 8547A Schuler (CDU), Antragsteller . . . . 8549A Dr. Nölting (SPD) 8550A Dr. Erhard, Bundesminister für Wirt- schaft 8552B Frau Lockmann (SPD) 8553C Paul (Düsseldorf) (KPD) 8554C Hoecker (SPD) 8556D Dr. Etzel (Bamberg) (FU) 8558B Dirscherl (FDP) 8558C Schmücker (CDU) 85590 Ausschußüberweisungen 8560A Zur Geschäftsordnung — Vertagungsantrag: Stücklen (CSU) 8560A Weiterberatung vertagt 8560C Nächste Sitzung 8560C Die Sitzung wird um 13 Uhr 31 Minuten durch den Vizepräsidenten Dr. Schäfer eröffnet.
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    Keine Anlage extrahiert.
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    Rede von Dr. Hermann Etzel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bevor ich mir wenige kurze Bemerkungen zu den Punkten 6, 9 und 10 der Tagesordnung zu machen erlaube, bitte ich, mir zu gestatten, daß ich im Hinblick auf den bisherigen Verlauf der Debatte einige grundsätzliche Bemerkungen vorausschicke. In der Erklärung der Bundesregierung, welche der Bundeskanzler in der 5. Sitzung des Bundestages am 20. September 1949 abgegeben hat, ist versichert worden:
    Die Bundesregierung wird es sich besonders am Herzen liegen lassen, den Mittelstand in allen seinen Erscheinungsformen zu festigen und ihm zu helfen. Wir sind durchdrungen von der Überzeugung, daß dasjenige Volk das sicherste, ruhigste und beste Leben führen wird, das möglichst viele mittlere und kleinere unabhängige Existenzen in sich birgt.
    Das hat die Bundesregierung beteuert. Die mittelständischen Kreise im herkömmlichen — wenn auch nicht immer im ganz klaren — Sinne des Wortes „Mittelstand" haben aber offenbar nicht den Eindruck gewonnen, daß ihnen in der Arena zwischen den großen Flügelgruppen der Platz eingeräumt und die Beachtung zuteil geworden ist, die sie nach ihrem großen Anteil an der Bevölkerung und Wirtschaft und nach den Verheißungen der Bundesregierung glaubten erwarten zu dürfen. Andernfalls hätten sich nicht die Organisationen wesentlicher Teile des Mittelstands zu einer Kampfgemeinschaft, dem Mittelstandsblock, zusammengeschlossen. Meine politischen Freunde möchten diesen Zusammenschluß nicht als Rückfall in eine einseitige Interessenpolitik mißverstehen, die ihre Erfüllung ohne Rücksicht auf das Gesamtwohl und auf Kosten der Gesamtheit, also klassenkämpferisch, sucht, oder als Beginn der Restauration einer Wirtschaftspartei, sondern als Ausdruck eines verständlichen und berechtigten Selbstbehauptungswillens inmitten einer reichlich turbulenten Gesellschafts- und Wirtschaftslage betrachten. Die in der Föderalistischen Union vereinigten Parteien, Bayernpartei und Zentrum, haben durch die Gründung des Blocks, weil sie ein gutes mittelständisches Gewissen besitzen und die mit der Gründung verbundenen Absichten nicht falsch zu verstehen glauben, keinen Nervenschock erlitten.
    Ich will keine großen Worte gebrauchen, darf aber doch zum Ausdruck bringen, daß die Erhaltung, Festigung und Entfaltung großer Mittelschichten nicht nur eine wirtschafts-, sozial- und kulturpolitische, sondern eine eminent staatspolitische Notwendigkeit und Aufgabe ist, weil die erfolgreiche Lösung dieses Problems der Verwirklichung des Persönlichkeitsgedankens dienen und der alles und alle bedrohenden und überflutenden Vermassung entgegenwirken würde. Meine politischen Freunde halten diese Frage für so wichtig, daß wir uns entschlossen haben, einen Gesetzentwurf zur Einfügung eines Art. 19 a in das Grundgesetz einzubringen, der die Einhaltung einer solchen Grundsatzpolitik gewährleisten soll. Um aber
    die heutige Debatte nicht mit dem Gewicht dieser Grundsatzfrage zu belasten, haben wir uns damit einverstanden erklärt, daß die erste Beratung dieses Gesetzentwurfs nicht in die Tagesordnung einbezogen wird.
    Nun hat das Handwerk im Zuge der Aktion des Mittelstandsblocks eine Sonderinitiative bei den Fraktionen des Bundestags ergriffen. Bei den Besprechungen zwischen seinen Vertretern und den Fraktionen dürften weitgehende Übereinstimmungen erzielt worden sein. Jedenfalls war dies auch in der Aussprache zwischen meiner Fraktion und dem Zentralverband des deutschen Handwerks der Fall. Von unserer positiven Grundhaltung zu den Lebensfragen des Handwerks aus begrüßen wir eifersuchtslos jede Initiative, die Anliegen dieses Berufsstands zum Gegenstand oder Ziel hat. Wir sind ohne Vorbehalt bereit, nachhaltig an derartigen Vorlagen mitzuarbeiten. Das gilt auch für die Anträge, die die ganze heutige Tagesordnung füllen. Wir lassen uns darin auch nicht durch den Umstand beirren, daß die vorliegenden Anträge leider — ich darf das aussprechen, ohne damit einen Vorhalt gegen die Initiatoren machen zu wollen — nicht den Anspruch erheben können, mit größter Sorgfalt formuliert zu sein und überall die verfassungsrechtliche Seite zu berücksichtigen. Sachlich sind es alte Bekannte, meist jahrzehntealte Bekannte; sie gehören sozusagen zum Handwerksbrevier. Es kann wohl nicht Sinn und Zweck der heutigen Debatte sein, zum weitgeöffneten Fenster hinaus zu reden und bekannte und unbestrittene Einzelheiten wie die Suren des Korans herunterzusprechen. Der Bundestag ist kein Muezzin. Es gilt vielmehr, aus den Anträgen in den Ausschüssen rasch das Beste zu machen. Dann dürfte auch die Debatte wesentlich abgekürzt werden können.
    Dem Handwerk und seinen Problemen wird am besten dadurch gedient, daß die Beratung der Vorlagen abseits der Parteipolitik und ohne Seitenblicke auf propagandistische Wirkung erfolgt. Dies fordert auch die Würde des Parlaments und der Parteien, aber auch die Würde des Handwerks selbst. Berechtigte und begründete Anliegen des Handwerks und des sonstigen Mittelstands sollen nicht weniger als die Probleme und Sorgen der anderen Bevölkerungskreise Sache des ganzen Bundestags sein.
    Was nun die Frage der Vergebung von Aufträgen der öffentlichen Hand angeht, so entbehrt es nicht einer gewissen Pikanterie, daß meine Partei bereits im Jahre 1949 — es ist die Bundestags-Drucksache Nr. 22 — einen formulierten Antrag für die Regelung der Vergebung der Aufträge des Bundes eingebracht hat, daß aber dieser Antrag leider ein recht betrübliches Schicksal gehabt hat. Auf Grund eines Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses wurde beschlossen, den Antrag mit Rücksicht auf die von der Bundesregierung gegebenen Auskünfte über die jetzige Praxis bei der Vergebung der Aufträge des Bundes für erledigt zu erklären. Die heutige Debatte und die heutige Tagesordnung zeigen, daß der damalige Antrag sachlich in Wahrheit nicht erledigt war. Wir begrüßen es mit Genugtuung, daß die Angelegenheit jetzt einer wirklichen, befriedigenden Regelung zugeführt werden kann.
    Was die Frage der gesetzlichen Verankerung der Verdingungsordnung für Bauleistungen angeht, so möchte ich hier nur die Bemerkung machen, daß in einem solchen Gesetz die grundgesetzliche Zu-


    (Dr. Etzel [Bamberg])

    ständigkeit der Länder selbstverständlich respektiert werden muß.
    Nun darf ich mir zum Schluß noch kurz einige Anregungen bezüglich der Schwarzarbeit erlauben. Es müßte möglich sein, daß die Bundesregierung unverzüglich im Einvernehmen mit den Landesregierungen eine Darstellung der wirtschaftlichen, sozialen und staatlichen Verderblichkeit der Schwarzarbeit und eine erschöpfende Zusammenfassung der durch die bestehenden Vorschriften des Gewerbe-, Handels-, Arbeits-, Sozialversicherungs-, Steuer- und Wirtschaftsstrafrechts gebotenen Möglichkeiten der Bekämpfung der Schwarzarbeit gibt, welche die bisher ergangenen Erlasse und Berichte der Bundesministerien koordiniert, der in den Westzonen noch bestehenden Unterschiedlichkeit in der Regelung des Zugangs zu einem Gewerbebetrieb Rechnung trägt und die Grenze zwischen Schwarzarbeit und Gemeinschaftshilfe oder Nachbarschaftshilfe zieht.
    Es müßte zweitens möglich sein, alle in Betracht kommenden Bundesbehörden zur nachdrücklichen Ermittlung und strengen Verfolgung von Fällen der Schwarzarbeit anzuhalten und bei den Landesregierungen gleiche Maßnahmen, insbesondere auch die Untersagung der Einstellung eingeleiteter Verfahren wegen Geringfügigkeit zu erwirken.
    Drittens möchte ich anregen, daß die Bundesregierung eine wirksame, planmäßige und nachhaltige Aufklärung der Öffentlichkeit durch Presse, Funk und Film durchführt, sie zur Mithilfe bei der Abwehr des Krebsschadens der Schwarzarbeit aufruft und zu diesem Zwecke möglichst noch in dem Nachtragsetat 1951, jedenfalls aber in dem Haushalt 1952 Mittel bereitstellt.
    Viertens müßte es möglich sein, daß die Bundesregierung auf eine Ausdehnung des Ermittlungsdienstes hinarbeitet.
    Fünftens sollte sie auf eine systematische Zusammenarbeit der an der Bekämpfung der Schwarzarbeit beteiligten Arbeits-, Finanz-, Justiz-, Polizei-, Fürsorge-, Gewerbeaufsichtsbehörden und Sozialversicherungsträger sowie auf die Mitarbeit der wirtschaftlichen Verbände und der Gewerkschaften hinwirken.
    Sechstens sollte die Bundesregierung die, wie der Herr Bundesarbeitsminister erklärt hat, in der Errichtung begriffene Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung in besonderer Weise mit der Bekämpfung der Schwarzarbeit beauftragen.
    Siebtens — das hat der Herr Bundesarbeitsminister ebenfalls schon angekündigt - sollte sie ein Ergänzungsgesetz zum AVAVG einbringen, durch welches eine erweiterte Pflicht zur Ausstellung der Arbeitsbescheinigungen bei der Beschäftigung arbeitsloser Unterstützungsempfänger eingeführt und ein Verstoß dagegen unter Strafe gestellt wird.
    Achtens endlich sollte die Bundesregierung prüfen, welche weiteren gesetzgeberischen Maßnahmen — auch Verschärfungen der bestehenden Strafvorschriften — möglich sind. Die Bundesregierung könnte dem Bundestag wohl bis zum 30. Juni dieses Jahres einen Bericht über die von ihr unternommenen Schritte und getroffenen sowie weiterhin beabsichtigten Maßnahmen vorlegen. Die Frage der Schwarzarbeit bewegt nicht nur das Handwerk und die Behörden, sie interessiert und bewegt auch weiteste Bevölkerungskreise, die durchaus nicht der Meinung sind, daß die Schwarzarbeit, abgesehen von ihrer aus gewissen sozialen und wirtschaftlichen Verhältnissen heraus begründeten Existenz, eine unbedingte und nicht zu beseitigende wirtschaftliche und gesellschaftliche Unmoralität ist.

    (Beifall.)



Rede von Paul Löbe
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Weitere Wortmeldungen zu dieser Gruppe von Anträgen liegen nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung, zunächst zu Punkt 6. Das ist der Antrag, der die Schwarzarbeit betrifft. Hierzu ist der Vorschlag gemacht, diesen Antrag dem Ausschuß für Arbeit zu überweisen. Ich bitte diejenigen, die das beschließen wollen, eine Hand zu erheben.

(Abg. Langer: Einen Augenblick, Herr Präsident!)

Danke! — Wünscht jemand dagegen zu sprechen?

(Zuruf von der SPD: Nein!)

— Der Antrag auf Überweisung an den Ausschuß ist angenommen.
Bei Punkt 9 — Auftragsvergebung der öffentlichen Hand — ist beantragt, den Antrag an den Ausschuß für innere Verwaltung zu überweisen.

(Abg. Günther: Darf ich bitten, ihn auch an den Ausschuß für Wirtschaftspolitik zu überweisen?)

— In zweiter Linie soll der Antrag auch an den Ausschuß für Wirtschaftspolitik gehen.

(Abg. Langer: Außerdem an den Ausschuß für Kommunalpolitik, weil auch er berührt wird!)

— Also dann werden wir die Ausschüsse einzeln bestimmen. Wer für die Überweisung an den Ausschuß für innere Verwaltung ist, den bitte ich, die Hand zu erheben.

(Zuruf von der Mitte: Alle drei Ausschüsse zusammen!)

— Alle drei? Wenn kein Widerspruch erhoben wird, bringe ich in einmaliger Abstimmung alle drei Überweisungen zur Erledigung. Wer die Angelegenheit den drei eben genannten Ausschüssen überweisen will, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Danke! Das ist die Mehrheit; es ist so beschlossen.
Nun haben wir noch Punkt 10 der Tagesordnung, die Verdingung bei Bauten. Hier ist der Antrag auf Überweisung an den Ausschuß für Wiederaufbau und Wohnungswesen gestellt. Darf ich diejenigen, die diese Überweisung beschließen wollen, bitten, die Hand zu erheben? — Das ist auch die Mehrheit. Es ist so beschlossen.
Wir kommen nun zur nächsten Gruppe der Anträge, wie sie der Herr Präsident vorhin verkündet hat. Es sind die Anträge, die die Handwerksförderung betreffen, also die Punkte 8 und 11 der Tagesordnung:
8. Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betreffend Förderung des Handwerks (Nr. 3137 der Drucksachen);
11. Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betreffend Kreditversorgung des Handwerks (Nr. 3140 der Drucksachen).
Wer wünscht, den Antrag zu Punkt 8 zu begründen? — Herr Abgeordneter Mensing.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Friedrich Mensing


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das deutsche Handwerk freut sich darüber, daß am heutigen Tage elf Anträge hier zur Debatte gestellt werden, die sich mit den Problemen des Handwerks beschäftigen. Seien Sie davon überzeugt, Millionen deutscher Menschen werden heute ihre Blicke nach Bonn richten und mit Spannung darauf warten, zu erfahren, wie die heutige Debatte ausgefallen ist.
    Machen wir uns gegenseitig nichts weis: das Handwerk ist in den letzten Jahren in der Gesetzgebung stiefmütterlich behandelt worden. Denken Sie an die Zeiten nach dem Zusammenbruch zurück. Ich denke an das erste Zentralamt für Wirtschaft in Minden, wo eine große Apparatur aufgezogen wurde, wo über 1000 Menschen beschäftigt wurden, die in zehn Hauptabteilungen aufgegliedert waren. Darunter befand sich keine Hauptabteilung Handwerk, sondern lediglich eine kleine Abteilung Handwerk, bestehend aus ganzen dreizehn Köpfen! — Ich erinnere mich noch, daß damals bei einer Verwaltungsreform der Antrag gestellt wurde, selbst von dieser kleinen Abteilung von dreizehn Mann noch einige zu streichen.

    (Vizepräsident Dr. Schäfer übernimmt wieder den Vorsitz.)

    Wir erleben auch heute wieder, daß z. B. im Bundesrat versucht wird, die uns in Aussicht gestellte Abteilung Handwerk zu torpedieren. Würde so etwas geschehen, dann würde dies das deutsche Handwerk und bestimmt der gesamte deutsche Mittelstand als einen unfreundlichen Akt ansehen.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Es ist bedauerlich und betrübend, immer wieder feststellen zu müssen, daß die große Masse der in der Politik tätigen Menschen die zahlenmäßige und wirtschaftliche Bedeutung des deutschen Handwerks immer noch nicht erkannt hat. Ich mache daraus noch nicht einmal den politischen Kräften der letzten Jahre einen Vorwurf. Ich bin davon überzeugt, daß dies kein böser Wille, sondern darauf zurückzuführen ist, daß im politischen Leben unseres Volkes das deutsche Handwerk in den Parlamenten nicht entsprechend stark vertreten war. Im Wirtschaftsrat waren drei Mitglieder des deutschen Handwerks, im Deutschen Bundestag sind es zwölf Mitglieder. Ich möchte hier keinen Graben aufreißen, und ich will nicht darauf hinweisen, wie stark andere Wirtschaftsgruppen, die nicht die Bedeutung des deutschen Handwerks haben, hier vertreten sind. Aber ich möchte doch mit aller Entschiedenheit zum Ausdruck bringen, daß wir Handwerker, die wir hier als Abgeordnete tätig sind, es für ungerechtfertigt halten, wenn wir unsere Belange wahrnehmen — wahrnehmen müssen, weil es unsere Pflicht ist, denn wir kennen diese Belange —, dann als Interessentenvertreter abgestempelt zu werden. Ich hoffe, daß dieser Hinweis ein für allemal genügen möge, damit ein derartiger Vorwurf für immer der Vergangenheit angehört.
    Die Bedeutung des Handwerks will ich Ihnen einmal zahlenmäßig vor Augen führen. Es zählt 900 000 selbständige Handwerksbetriebe mit weit über drei Millionen Beschäftigten. Das Handwerk hat heute schon wieder einen Jahresumsatz erzielt, der weit über 20 Milliarden Mark liegt. Dies beweist, daß das Handwerk förderungswürdig ist. Es ist für uns klar, worauf die Lethargie unserer Kreise und die Notwendigkeit der Gründung des
    Mittelstandsblocks zurückzuführen ist: weil diese Menschen feststellten, daß sie in den Parlamenten nur wenig Befürworter ihrer Belange haben.

    (Abg. Dr. Greve: Was machen Sie denn, Herr Mensing?)

    Ich stand mit meinen Freunden bis jetzt so ziemlich allein auf weiter Flur.

    (Abg. Mellies: Na, na, übertreiben Sie nur nicht!)

    Um so mehr freue ich mich, feststellen zu können, daß die größte Fraktion dieses Hauses, die CDU/CSU-Fraktion, nach langen Auseinandersetzungen — ich mache kein Hehl daraus --- heute erkannt hat, wie staatspolitisch wertvoll das deutsche Handwerk und der deutsche Mittelstand sind. Aus diesen Verhandlungen haben sich die vorliegenden Anträge ergeben. Diese Anträge sind nicht von irgendwelcher Parteitaktik diktiert — das möchte ich meinem Freund Eickhoff sagen —, sondern sie dienen einzig und allein dem Wohle des deutschen Handwerks.

    (Beifall in der Mitte. Zurufe von der SPD Einige weitere Zahlen, aus denen Sie erkennen mögen, was das Handwerk bedeutet. Es wurde schon darauf hingewiesen, daß wir im deutschen Handwerk die große Erziehungsanstalt der deutschen Jugend sind, daß von den rund 750 000 Lehrlingen über 500 000 im deutschen Handwerk ausgebildet werden und daß diese Kräfte, die zum Teil als wertvolle Facharbeiter zur Industrie gehen, damit der deutschen Industrie wertvollste Helfer geworden sind. Ich will Ihnen einmal einige Berufe des Handwerks in ihrer wirtschaftlichen Bedeutung vor Augen führen. Das deutsche Bäckerhandwerk verbackt etwa 95 % des gesamten deutschen Mehlverbrauchs, und das im Zeichen der hochentwickelten deutschen Brotindustrie und der Brotfabriken der Konsumvereine. (Abg. Dr. Greve: Ja, wer soll den außer den Bäckern Brot backen, Herr Mensing? Die Fleischer doch nicht!)

    — Das war eine faule Bemerkung, Kollege Greve!

    (Heiterkeit.)

    Das holzverarbeitende Handwerk verarbeitet mehr Holz als die gesamte holzverarbeitende deutsche Industrie. Wir haben im deutschen Handwerk 130 Vollhandwerke, 230 Spezialhandwerke und fast 100 Teilhandwerke. Wenn Sie sich weiter vor Augen führen, daß dieses Handwerk jährlich für über 10 Milliarden Mark Rohstoffe und Waren kauft und verarbeitet, dann ist jeder Kommentar über die Bedeutung des Handwerks überflüssig. Das Kraftfahrzeughandwerk beschäftigt mehr Menschen als die gesamte Kraftfahrzeugindustrie. Das Uhrmacherhandwerk beschäftigt mehr als die gesamte Uhrenindustrie.
    Ich glaube, daß diese Aufzählung genügt. Interessant ist weiter noch eine Zahl, die allerdings aus dem vorigen Jahr stammt, aus der hervorgeht, daß von je 100 Beschäftigten in der Industrie und im Handwerk 43 % auf das Handwerk entfallen. Ich erwähne auch dieses nur, damit Sie auch daraus die Bedeutung des Handwerks erkennen.
    Eine so starke Gruppe der deutschen Wirtschaft ist förderungswürdig. Wir wollen durch unsern Antrag erreichen, daß der Bundestag dem Handwerk 5 Mil-


    (Mensing)

    lionen DM zur Förderung des Handwerks zur Verfügung stellt. Durch den Ausbau der Aus- und Fortbildung und der Gewerbeförderung läßt sich die Leistungs- und Lebensfähigkeit des deutschen Handwerks noch wesentlich steigern, so daß eine derartige öffentliche Aufwendung in besonderem Maße staatspolitisch gerechtfertigt ist. Im Memorandum des Handwerks werden staatliche Mittel gefordert für a) den Ausbau der wissenschaftlichen Pflege des Handwerks an den Universitäten, Technischen Hochschulen und Forschungsinstituten, b) die Bereitstellung ausreichender öffentlicher Mittel für die technische und betriebswirtschaftliche Förderung des Handwerks, c) die Förderung der handwerklichen Berufsausbildung und d) die Förderung der Handwerksausfuhr.
    Eine aufschlußreiche Übersicht über die Bedeutung der handwerklichen Lehrlingsausbildung gibt eine amtliche Statistik über .das gewerbliche Berufsschulwesen in Württemberg. Danach befinden sich zur Zeit im Landesbezirk Württemberg folgende Lehrlinge in der Ausbildung: Handwerkslehrlinge 36 172 = 68 %, Industrielehrlinge 16 831 = 32 %. Im Landesbezirk Baden ist das Verhältnis zugunsten des Handwerks 63 zu 37 % Hieraus erkennen Sie auch, welche erheblichen Gelder das deutsche Handwerk für die Lehrlingserziehung aufbringt. Es ist interessant, festzustellen, daß vom württembergisch-badischen Handwerk allein jährlich rund 24 Millionen DM an Lehrlingsbeihilfen aufgebracht werden.
    Neben den finanziellen Hilfsmaßnahmen, die die Länder des Bundesgebiets zu treffen haben, um das Handwerk ihres Gebietes zu fördern, gibt es Fragen betriebstechnischer und betriebswirtschaftlicher Art, deren Lösung für das gesamtdeutsche Handwerk von entscheidender Bedeutung ist. Ich denke da an die Gewerbeförderungsstellen der Handwerkskammern, die Gewerbeförderungsanstalten und Fachschulen auf Länderebene. Weiter gilt es, die Handwerksausstellungen und andere repräsentative Veranstaltungen zur Förderung des Handwerks zu unterstützen. Auf der Ebene des Bundesgebiets denke ich an die Institute der Hochschulen, Meisterschulen, Ausstellungen und Leistungswettbewerbe der Handwerksjugend, Begabtenförderung im Rahmen des Fachschulbesuchs, gewerbefördernde Maßnahmen der Fachverbände, Handwerksexport, den ich schon erwähnt habe, und die besondere Unterstützung des Handwerks im Grenzland sowie in Notstandsgebieten. Ich darf darauf hinweisen, daß einzelne Bundesfachverbände unter größten finanziellen Opfern ausgezeichnete Fachschulen unterhalten, wie die Zentralverbände der Bäcker, der Müller, der Schlosser, der Tischler, der Schmiede, der Kraftfahrzeughandwerker, um nur einige zu nennen. Alle diese Schulen sind förderungswürdig.
    Das Handwerk ist die Grundlage, die den sozialen Aufstieg ermöglicht. Interessant ist in diesem Zusammenhang, die Zusammensetzung des Handwerks nach gesellschaftlichen Schichten kennenzulernen. In Niedersachsen ist im letzten Jahr festgestellt worden, daß 37,4 % Söhne von Handwerksmeistern, 12,7 % Söhne von Landwirten, 5,5 % Söhne von Fabrikanten, Kaufleuten und sonstigen Selbständigen, 22 % Söhne von Handwerksgesellen und Industriefacharbeitern, 8,8 % Söhne ungelernter Arbeiter und 13,6 % Söhne von Beamten und Angestellten sind.

    (Zuruf des Abg. Ewers: Ihre Redezeit ist aber längst abgelaufen!)

    — Ich habe Ihren Zwischenruf nicht verstanden.

    (Abg. Ewers: Ihre Redezeit ist überschritten! Das dürfen wir uns nicht leisten; aber Sie sind ja die größte Fraktion!)

    - Ach, wenn Sie weiter keinen Neid verspüren als den,

    (Abg. Ewers: Nein, verspüre ich nicht!)

    daß ich hier die Redezeit überschreite, dann dürfen Sie beruhigt sein. Gönnen Sie mir und meinen Freunden schon diese Zeit, zumal im Bundestag sonst für Handwerksfragen herzlich wenig Zeit zur Verfügung steht!
    Das Handwerk könnte wesentlich gefördert werden, wenn verhindert werden könnte, daß Geld, Arbeitskraft und Material fehlgeleitet werden. Es ist daher notwendig, die Betriebsvorgänge einer wissenschaftlichen Untersuchung zu unterziehen und die Ergebnisse in der Praxis zu verwirklichen. Auch das Handwerk hat diesen Umständen Rechnung zu tragen versucht, um beispielsweise durch die Errichtung des Deutschen Handwerksinstituts in München mit sechs Forschungsstellen, und zwar dem Seminar für Handwerkswirtschaft an der Universität München, dem Institut für Handwerkswirtschaft an der Universität Frankfurt, dem Seminar für Handwerkswesen an der Universität Göttingen, dem Institut für Handwerkswirtschaft an der Universität Berlin, dem Handwerkstechnischen Institut an der Technischen Hochschule Hannover und dem Institut für Berufserziehung im Handwerk an der Universität Köln, die Möglichkeit zu schaffen, daß seine speziellen handwerklichen Probleme wissenschaftlich durchleuchtet werden. Ein Netz von Gewerbeförderungsstellen ist aufgezogen, und darüber hinaus verfügen wir über eine stark ausgebaute Fachpresse, die unser Gedankengut verbreiten soll.

    (Glocke des Präsidenten.)