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ID0119904600

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    Deutscher Bundestag — 199. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. März 1952 8519 199. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 19. März 1952. Nachruf auf den verstorbenen Abg. Weickert 8520A Geschäftliche Mitteilungen 8520B Beschlußfassung des Deutschen Bundesrats zum Gesetz zur Änderung und Verlängerung des Wirtschaftsstrafgesetzes 8520C Gesetz über die richterliche Vertragshilfe (Vertragshilfegesetz) 8520C Gesetz über die Steuerberechtigung und die Zerlegung bei der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer (Zerlegungsgesetz) 8520C Gesetz über den Niederlassungsbereich von Kreditinstituten 8520C Gesetz über Ordnungswidrigkeiten . . 8520C Gesetz über die Sorge für die Kriegsgräber (Kriegsgräbergesetz) 8520C Kleine Anfrage Nr. 246 der Fraktion der CDU/CSU betr. Materialversorgung des Handwerks und gewerblichen Mittelstandes (Nrn. 3132, 3197 der Drucksachen) 8520C Kleine Anfrage Nr. 245 der Fraktion der CDU/CSU betr. Unterabteilung Handwerk im Bundeswirtschaftsministerium (Nrn. 3131, 3207 der Drucksachen) . . . 8520D Änderungen der Tagesordnung 8520D Zur Geschäftsordnung — Frage der Behandlung der Tagesordnung: Vizepräsident Dr. Schäfer . 8521C, 8527B Stücklen (CSU) 8520D, 8560A Mellies (SPD) 8521A Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. Steuergesetzgebung (Nr. 3130 der Drucksachen) 8521C Schmücker (CDU). Anfragender . . 8521C Hartmann, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen . . . . 8524D Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. Altersversorgung des Handwerks (Nr. 3129 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der FU betr. Vorlage eines Änderungsgesetzes über die Altersversorgung für das deutsche Handwerk (Nr. 3106 der Drucksachen) . . 8527B Becker (Pirmasens) (CDU), Anfragender 8527C Storch, Bundesminister für Arbeit 8528D, 8530A, 8533A Dr. Etzel (Bamberg) (FU), Antragsteller 8529C Freidhof (SPD) 8530D Dirscherl (FDP) 8531D Paul (Düsseldorf) (KPD) 8533C Ausschußüberweisung des Antrags Nr. 3106 8534A Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betr. Vorlage eines Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit (Nr. 3135 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betr. Auftragsvergebung der öffentlichen Hand (Nr. 3138 der Drucksachen) sowie mit der Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betr. Verdingungsordnung für Bauleistungen im Hoch- und Tiefbau (VOB) (Nr. 3139 der Drucksachen) . . . 8534B Becker (Pirmasens) (CDU), Antragsteller 8534B Günther (CDU), Antragsteller . . . 8535C Dr. Erhard, Bundesminister für Wirtschaft 8537A Storch, Bundesminister für Arbeit . 8537B Eickhoff (DP) 8537D Dirscherl (FDP) 8539C Hoecker (SPD) 8540D Paul (Düsseldorf) (KPD) 8533C Schmücker (CDU) 8543A Wirths (FDP) 8543B Kalbfell (SPD) 8543D Dr. Etzel (Bamberg) (FU) 8545A Ausschußüberweisungen 8546C Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betr. Förderung des Handwerks (Nr. 3137 der Drucksachen; Umdruck Nr. 470) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betr. Kreditversorgung des Handwerks (Nr. 3140 der Drucksachen) . 8546D Mensing (CDU), Antragsteller . . . 8547A Schuler (CDU), Antragsteller . . . . 8549A Dr. Nölting (SPD) 8550A Dr. Erhard, Bundesminister für Wirt- schaft 8552B Frau Lockmann (SPD) 8553C Paul (Düsseldorf) (KPD) 8554C Hoecker (SPD) 8556D Dr. Etzel (Bamberg) (FU) 8558B Dirscherl (FDP) 8558C Schmücker (CDU) 85590 Ausschußüberweisungen 8560A Zur Geschäftsordnung — Vertagungsantrag: Stücklen (CSU) 8560A Weiterberatung vertagt 8560C Nächste Sitzung 8560C Die Sitzung wird um 13 Uhr 31 Minuten durch den Vizepräsidenten Dr. Schäfer eröffnet.
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    Rede von Oskar Kalbfell


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag Drucksache Nr. 3139, der sich mit der Verdingungsordnung beschäftigt, hat soeben durch den Herrn Kollegen Wirths seine technische Erläuterung erfahren. Wie lange schon streitet das Handwerk um die richtige Vergebung, um den richtig kalkulierten Preis! Immer wieder wird Unzufriedenheit da sein, weil beim Handwerk selbst eine Schuld zu suchen ist. Aber auch die vergebenden Behörden und die Auftraggeber tragen Schuld. Es ist selbstverständlich, daß jeder Auftragnehmer seinem Angebot den richtig kalkulierten Preis zugrunde zu legen hat. Das geschieht leider sehr oft nicht. Es ist mehr eine Spekulation als eine richtige Kalkulation. Ein Handwerker, der sich um einen Auftrag bemüht, muß ja die Kosten errechnen. Dazu hat er im allgemeinen eine Prüfung als Geselle und als Meister gemacht. Diese Kosten setzen sich zusammen aus Material, aus Löhnen, aus den sozialen Unkosten, aus allgemeinen Betriebsunkosten und aus einem angemessenen Gewinn. Die Angebote aber, die abgegeben werden, entsprechen vielfach diesen Grundsätzen nicht.


    (Kalbfell)

    Was ist die Ursache? Eine falsche Kalkulation? Wird überhaupt kalkuliert? Sehr oft wird nur geschätzt; und es ist Aufgabe der vergebenden Behörde, zu prüfen, ob der Preis angemessen ist, denn Leistung muß gegen Leistung gesetzt werden. Deshalb ist mit Recht gefordert worden, für alle öffentliche Aufträge - und dazu gehört auch der soziale Wohnungsbau — den angemessenen Preis zugrunde zu legen. Das Wohnungsbauprogramm im sozialen Wohnungsbau umfaßt eine Jahresauftragssumme von annähernd 4 Milliarden Mark. Wir erleben hier Preisunterschiede, die nicht zu verantworten sind. Es ist Pflicht der vergebenden Stellen, zu prüfen, ob Preis und Leistung miteinander vereinbar sind.
    Wir sind der Auffassung, daß Vergaben an Generalunternehmer, die mit dem Gewerbe nichts zu tun haben, aufhören müssen — das gilt auch für die Besatzungsmächte —, Vergaben von Kasernenbauten an Kellner oder andere Leute, die als Manager auftreten. Wir sind dafür, daß die Arbeitsgemeinschaften des Handwerks stärker als bisher beachtet werden, daß Großaufträge an Arbeitsgemeinschaften vergeben werden und daß nicht nur Großfirmen zum Zuge kommen, die entsprechende Beziehungen nachweisen können. Das soll aber nicht heißen, daß die Baupreise in die Höhe getrieben werden dürfen oder daß eine Monopolstellung der einen oder anderen Gruppe gewährleistet werden müsse: Wir wollen keine Monopole, wir wollen den gerechten Preis zugestehen.
    Die Abstellung von Mißständen ist bei den Behörden, insbesondere aber auch bei Privatarchitekten nur dann möglich, wenn der gute Wille dazu da ist. Man darf nicht die VOB zugrunde legen, wie es Herr Kollege Wirths eben dargestellt hat, und außerdem so viele Nebenbestimmungen in die Vertragsunterlagen hineinnehmen, daß dadurch die VOB unwirksam wird. Das muß in der künftigen Gesetzgebung unter allen Umständen beachtet werden.
    Die sozialdemokratische Fraktion stimmt den Anträgen im wesentlichen zu und ist bereit, im Ausschuß positiv mitzuarbeiten. Für die Errechnung des richtigen Preises müssen Sachverständige aus den verschiedensten Gruppen zusammenkommen, um Angebote, deren Preise außerhalb des normalen Angebotspreises liegen, darauf zu überprüfen, ob sie überhaupt zum Zuge kommen können. Eine vergebende Behörde muß selbstverständlich ein Interesse daran haben, daß der Auftragnehmer seine Verpflichtungen den Lieferanten gegenüber, aber auch seinen Arbeitern gegenüber zu erfüllen vermag und daß er nicht hier ein Loch zumacht, dort ein neues aufmacht und so weiter wurschtelt, bis dann eines Tages der Bankrott da ist. Es ist festgestellt worden, daß von den Insolvenzen im Jahre 1951 26 % die Bauindustrie und 38 % das Handwerk betreffen — das sollte uns zu denken geben — und daß die Bauindustrie selber in ihren Bilanzen fast keine Gewinne ausweist, während andere Industriegruppen entsprechende Gewinne nachzuweisen vermögen.
    Wir möchten vorschlagen, dem Beispiel Hollands zu folgen. In Rotterdam hat man ein Bauzentrum geschaffen, in dem alles zur Verfügung steht, was dem Bauhandwerk, den Architekten und den Baubehörden nutzt. Dort stehen 5 000 qm Bodenfläche und 3 000 qm Wandfläche zur Verfügung, auf denen Sie alles finden, was man für Materialnachweis, für Kalkulationsunterlagen in den Dingen, die alle angehen, zu erfahren wünscht. Der Herr Bundesminister Wildermuth hat, als er das Rotterdamer Bauzentrum sah, erklärt, er sehe es als seine Aufgabe an, ein solches Bauzentrum auch in Deutschland zu schaffen. Dort kann der richtig kalkulierte Preis nachgeprüft werden, weil alle sozialen Daten über Baustoffe und über Löhne vorhanden sind und alle technischen Unterlagen zur Verfügung stehen. Hieraus könnte dem Handwerk ein wirklicher Nutzen entstehen.
    Zu den Kalkulationsunterlagen möchten wir aber noch folgendes bemerken, und zwar ist das an die Adresse des Herrn Bundeswirtschaftsministers gerichtet: Man kann nur richtig kalkulieren, wenn man über die Preise der Rohstoffe Bescheid weiß. Sie werden zugeben, daß im Augenblick die Versorgung des Handwerks mit Eisen, Blechen und anderen Materialien völlig unzureichend ist und daß Schwarzmarktpreise gezahlt werden müssen,

    (Sehr richtig! bei der SPD)

    die für eine Tonne Stahl bzw. Muniereisen zwischen 800 und 1 200 Mark liegen, und daß man nebenher noch Beträge bezahlen muß, ohne daß diese über die Bücher gehen dürfen. Unter solchen Umständen ist es für einen Handwerker unmöglich, zu kalkulieren. Beim Neubau einer Schule in Süddeutschland mußten bei solchen Preisen 150 000 DM mehr aufgewandt werden, weil das Eisen für den Eisenbeton nicht anders als über die Schwarzhändler in Düsseldorf beschafft werden konnte. Ich erinnere Sie an die Entschließung des Deutschen Handwerkerrats vom Februar dieses Jahres, die an die Bundesregierung gerichtet wurde:
    Nach übereinstimmenden Berichten aus den fachlichen Organisationen des eisenverarbeitenden Handwerks und der Handwerkskammern hat sich die unzureichende Versorgung der Handwerksbetriebe mit Eisenmaterialien trotz des Inkrafttretens der Eisenlenkungsverordnung nicht gebessert. In vielen Bezirken, besonders in den süddeutschen Ländern des Bundesgebiets, ist die Belieferung der handwerklichen Werkstätten sogar noch schlechter geworden. Während viele Betriebe Aufträge wegen Materialmangel ablehnen müssen, wird auf der anderen Seite auf dem Schwarzmarkt Eisen zu Überpreisen angeboten. Auf Grund dieser Entwicklung macht sich in den Kreisen des eisenverarbeitenden Handwerks eine ständig wachsende Erregung bemerkbar.
    Das, was für Eisen zutrifft, ist auf dem Holzmarkt nicht anders. Holzpreise von 280 bis 350 DM für einen Kubikmeter sind fast normal. Wohl haben sich die süddeutschen Länder durch ihre Forstdirektionen der Sägeindustrie gegenüber verpflichtet, für den sozialen Wohnungsbau 50 % der Holzzuweisungen zum Preise von 180 % der Forsttaxe abzugeben; aber das wird eben doch nicht eingehalten, und es werden Überpreise bezahlt. Das ergibt die großen Unterschiede in den Angeboten. Die Bundesregierung hat dafür zu sorgen, daß die Eisenlenkungsvorschriften eingehalten werden und daß die Preisüberwachungsstellen den Schwarzhändlern das Handwerk legen.
    Ich fasse zusammen. Die Sozialdemokratische Partei ist bereit, die Mittel einzusetzen, die nötig sind, um dem Handwerk den Auftragsbestand zu sichern und den gerechten Preis zu geben. Wir wollen auch das Handwerk bitten und mahnen, technische Verbesserungen durchzuführen und den Ertrag für die Rationalisierung im Betrieb und die


    (Kalbfell)

    Verbesserung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit einzusetzen. Dann nützen wir allen, dem
    Handwerk und den im Handwerk Beschäftigten.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten in der Mitte.)



Rede von Paul Löbe
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Etzel.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hermann Etzel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bevor ich mir wenige kurze Bemerkungen zu den Punkten 6, 9 und 10 der Tagesordnung zu machen erlaube, bitte ich, mir zu gestatten, daß ich im Hinblick auf den bisherigen Verlauf der Debatte einige grundsätzliche Bemerkungen vorausschicke. In der Erklärung der Bundesregierung, welche der Bundeskanzler in der 5. Sitzung des Bundestages am 20. September 1949 abgegeben hat, ist versichert worden:
    Die Bundesregierung wird es sich besonders am Herzen liegen lassen, den Mittelstand in allen seinen Erscheinungsformen zu festigen und ihm zu helfen. Wir sind durchdrungen von der Überzeugung, daß dasjenige Volk das sicherste, ruhigste und beste Leben führen wird, das möglichst viele mittlere und kleinere unabhängige Existenzen in sich birgt.
    Das hat die Bundesregierung beteuert. Die mittelständischen Kreise im herkömmlichen — wenn auch nicht immer im ganz klaren — Sinne des Wortes „Mittelstand" haben aber offenbar nicht den Eindruck gewonnen, daß ihnen in der Arena zwischen den großen Flügelgruppen der Platz eingeräumt und die Beachtung zuteil geworden ist, die sie nach ihrem großen Anteil an der Bevölkerung und Wirtschaft und nach den Verheißungen der Bundesregierung glaubten erwarten zu dürfen. Andernfalls hätten sich nicht die Organisationen wesentlicher Teile des Mittelstands zu einer Kampfgemeinschaft, dem Mittelstandsblock, zusammengeschlossen. Meine politischen Freunde möchten diesen Zusammenschluß nicht als Rückfall in eine einseitige Interessenpolitik mißverstehen, die ihre Erfüllung ohne Rücksicht auf das Gesamtwohl und auf Kosten der Gesamtheit, also klassenkämpferisch, sucht, oder als Beginn der Restauration einer Wirtschaftspartei, sondern als Ausdruck eines verständlichen und berechtigten Selbstbehauptungswillens inmitten einer reichlich turbulenten Gesellschafts- und Wirtschaftslage betrachten. Die in der Föderalistischen Union vereinigten Parteien, Bayernpartei und Zentrum, haben durch die Gründung des Blocks, weil sie ein gutes mittelständisches Gewissen besitzen und die mit der Gründung verbundenen Absichten nicht falsch zu verstehen glauben, keinen Nervenschock erlitten.
    Ich will keine großen Worte gebrauchen, darf aber doch zum Ausdruck bringen, daß die Erhaltung, Festigung und Entfaltung großer Mittelschichten nicht nur eine wirtschafts-, sozial- und kulturpolitische, sondern eine eminent staatspolitische Notwendigkeit und Aufgabe ist, weil die erfolgreiche Lösung dieses Problems der Verwirklichung des Persönlichkeitsgedankens dienen und der alles und alle bedrohenden und überflutenden Vermassung entgegenwirken würde. Meine politischen Freunde halten diese Frage für so wichtig, daß wir uns entschlossen haben, einen Gesetzentwurf zur Einfügung eines Art. 19 a in das Grundgesetz einzubringen, der die Einhaltung einer solchen Grundsatzpolitik gewährleisten soll. Um aber
    die heutige Debatte nicht mit dem Gewicht dieser Grundsatzfrage zu belasten, haben wir uns damit einverstanden erklärt, daß die erste Beratung dieses Gesetzentwurfs nicht in die Tagesordnung einbezogen wird.
    Nun hat das Handwerk im Zuge der Aktion des Mittelstandsblocks eine Sonderinitiative bei den Fraktionen des Bundestags ergriffen. Bei den Besprechungen zwischen seinen Vertretern und den Fraktionen dürften weitgehende Übereinstimmungen erzielt worden sein. Jedenfalls war dies auch in der Aussprache zwischen meiner Fraktion und dem Zentralverband des deutschen Handwerks der Fall. Von unserer positiven Grundhaltung zu den Lebensfragen des Handwerks aus begrüßen wir eifersuchtslos jede Initiative, die Anliegen dieses Berufsstands zum Gegenstand oder Ziel hat. Wir sind ohne Vorbehalt bereit, nachhaltig an derartigen Vorlagen mitzuarbeiten. Das gilt auch für die Anträge, die die ganze heutige Tagesordnung füllen. Wir lassen uns darin auch nicht durch den Umstand beirren, daß die vorliegenden Anträge leider — ich darf das aussprechen, ohne damit einen Vorhalt gegen die Initiatoren machen zu wollen — nicht den Anspruch erheben können, mit größter Sorgfalt formuliert zu sein und überall die verfassungsrechtliche Seite zu berücksichtigen. Sachlich sind es alte Bekannte, meist jahrzehntealte Bekannte; sie gehören sozusagen zum Handwerksbrevier. Es kann wohl nicht Sinn und Zweck der heutigen Debatte sein, zum weitgeöffneten Fenster hinaus zu reden und bekannte und unbestrittene Einzelheiten wie die Suren des Korans herunterzusprechen. Der Bundestag ist kein Muezzin. Es gilt vielmehr, aus den Anträgen in den Ausschüssen rasch das Beste zu machen. Dann dürfte auch die Debatte wesentlich abgekürzt werden können.
    Dem Handwerk und seinen Problemen wird am besten dadurch gedient, daß die Beratung der Vorlagen abseits der Parteipolitik und ohne Seitenblicke auf propagandistische Wirkung erfolgt. Dies fordert auch die Würde des Parlaments und der Parteien, aber auch die Würde des Handwerks selbst. Berechtigte und begründete Anliegen des Handwerks und des sonstigen Mittelstands sollen nicht weniger als die Probleme und Sorgen der anderen Bevölkerungskreise Sache des ganzen Bundestags sein.
    Was nun die Frage der Vergebung von Aufträgen der öffentlichen Hand angeht, so entbehrt es nicht einer gewissen Pikanterie, daß meine Partei bereits im Jahre 1949 — es ist die Bundestags-Drucksache Nr. 22 — einen formulierten Antrag für die Regelung der Vergebung der Aufträge des Bundes eingebracht hat, daß aber dieser Antrag leider ein recht betrübliches Schicksal gehabt hat. Auf Grund eines Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses wurde beschlossen, den Antrag mit Rücksicht auf die von der Bundesregierung gegebenen Auskünfte über die jetzige Praxis bei der Vergebung der Aufträge des Bundes für erledigt zu erklären. Die heutige Debatte und die heutige Tagesordnung zeigen, daß der damalige Antrag sachlich in Wahrheit nicht erledigt war. Wir begrüßen es mit Genugtuung, daß die Angelegenheit jetzt einer wirklichen, befriedigenden Regelung zugeführt werden kann.
    Was die Frage der gesetzlichen Verankerung der Verdingungsordnung für Bauleistungen angeht, so möchte ich hier nur die Bemerkung machen, daß in einem solchen Gesetz die grundgesetzliche Zu-


    (Dr. Etzel [Bamberg])

    ständigkeit der Länder selbstverständlich respektiert werden muß.
    Nun darf ich mir zum Schluß noch kurz einige Anregungen bezüglich der Schwarzarbeit erlauben. Es müßte möglich sein, daß die Bundesregierung unverzüglich im Einvernehmen mit den Landesregierungen eine Darstellung der wirtschaftlichen, sozialen und staatlichen Verderblichkeit der Schwarzarbeit und eine erschöpfende Zusammenfassung der durch die bestehenden Vorschriften des Gewerbe-, Handels-, Arbeits-, Sozialversicherungs-, Steuer- und Wirtschaftsstrafrechts gebotenen Möglichkeiten der Bekämpfung der Schwarzarbeit gibt, welche die bisher ergangenen Erlasse und Berichte der Bundesministerien koordiniert, der in den Westzonen noch bestehenden Unterschiedlichkeit in der Regelung des Zugangs zu einem Gewerbebetrieb Rechnung trägt und die Grenze zwischen Schwarzarbeit und Gemeinschaftshilfe oder Nachbarschaftshilfe zieht.
    Es müßte zweitens möglich sein, alle in Betracht kommenden Bundesbehörden zur nachdrücklichen Ermittlung und strengen Verfolgung von Fällen der Schwarzarbeit anzuhalten und bei den Landesregierungen gleiche Maßnahmen, insbesondere auch die Untersagung der Einstellung eingeleiteter Verfahren wegen Geringfügigkeit zu erwirken.
    Drittens möchte ich anregen, daß die Bundesregierung eine wirksame, planmäßige und nachhaltige Aufklärung der Öffentlichkeit durch Presse, Funk und Film durchführt, sie zur Mithilfe bei der Abwehr des Krebsschadens der Schwarzarbeit aufruft und zu diesem Zwecke möglichst noch in dem Nachtragsetat 1951, jedenfalls aber in dem Haushalt 1952 Mittel bereitstellt.
    Viertens müßte es möglich sein, daß die Bundesregierung auf eine Ausdehnung des Ermittlungsdienstes hinarbeitet.
    Fünftens sollte sie auf eine systematische Zusammenarbeit der an der Bekämpfung der Schwarzarbeit beteiligten Arbeits-, Finanz-, Justiz-, Polizei-, Fürsorge-, Gewerbeaufsichtsbehörden und Sozialversicherungsträger sowie auf die Mitarbeit der wirtschaftlichen Verbände und der Gewerkschaften hinwirken.
    Sechstens sollte die Bundesregierung die, wie der Herr Bundesarbeitsminister erklärt hat, in der Errichtung begriffene Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung in besonderer Weise mit der Bekämpfung der Schwarzarbeit beauftragen.
    Siebtens — das hat der Herr Bundesarbeitsminister ebenfalls schon angekündigt - sollte sie ein Ergänzungsgesetz zum AVAVG einbringen, durch welches eine erweiterte Pflicht zur Ausstellung der Arbeitsbescheinigungen bei der Beschäftigung arbeitsloser Unterstützungsempfänger eingeführt und ein Verstoß dagegen unter Strafe gestellt wird.
    Achtens endlich sollte die Bundesregierung prüfen, welche weiteren gesetzgeberischen Maßnahmen — auch Verschärfungen der bestehenden Strafvorschriften — möglich sind. Die Bundesregierung könnte dem Bundestag wohl bis zum 30. Juni dieses Jahres einen Bericht über die von ihr unternommenen Schritte und getroffenen sowie weiterhin beabsichtigten Maßnahmen vorlegen. Die Frage der Schwarzarbeit bewegt nicht nur das Handwerk und die Behörden, sie interessiert und bewegt auch weiteste Bevölkerungskreise, die durchaus nicht der Meinung sind, daß die Schwarzarbeit, abgesehen von ihrer aus gewissen sozialen und wirtschaftlichen Verhältnissen heraus begründeten Existenz, eine unbedingte und nicht zu beseitigende wirtschaftliche und gesellschaftliche Unmoralität ist.

    (Beifall.)