Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir, daß ich die beiden Anträge auf Drucksache Nr. 3138 und Drucksache Nr. 3139 zusammenfasse, weil sie praktisch zusammengehören. In den Versammlungen der Handwerker, in den Innungen usw.. wird laufend über die Schwarzarbeit gesprochen. Ebenso stark wird kritisiert und mit großer Sorge betrachtet, wie die Vergabe der öffentlichen Arbeiten vor sich geht, vor allen Dingen deswegen, weil heute im Gegensatz zu früher die öffentliche Hand stärker als Auftraggeber in Erscheinung tritt. Während der Bauhandwerker früher seine Aufträge im wesentlichen durch den Hausbesitz erhielt, ist er heute weit mehr als früher auf die Auftragsvergabe der öffentlichen Hand angewiesen. Hier stellen wir fest: weil die Bauvorhaben heute im Gegensatz zu früher größer sind, werden die Aufträge meistens an Großfirmen und an Firmen der Industrie vergeben. Dadurch kommt das Kleinhandwerk in den meisten Fällen nicht zum Zuge. Deswegen haben wir diesen Antrag gestellt. Wir haben den Wunsch, daß alle vergebenden Stellen die Aufträge möglichst weitgehend verteilen. Ich kann mir vorstellen, daß mancher Beamte oder Auftragvergebende es aus Bequemlichkeitsgründen lieber mit einer Firma zu tun hat als mit einem Dutzend Firmen. Trotzdem ist die Erfüllung unserer Forderung absolut notwendig, und ich glaube, daß ihr Rechnung getragen werden muß.
Des weiteren wünschen wir, daß nicht nur durch die öffentliche Hand vergebene Aufträge so behandelt werden, sondern auch die Aufträge, die mit öffentlichen Mitteln finanziert werden.
Weiter haben wir zu bemängeln, daß die Vergabe, die grundsätzlich nach der VOB durchgeführt werden soll, nur in den seltensten Fällen nach dieser Anordnung durchgeführt wird. Dabei haben wir die Feststellung zu machen, daß meistens der Billigste und nicht, wie es nach der VOB sein soll, der Preiswürdigste den Auftrag bekommt. Das kann man mit einer ganzen Reihe von Beispielen gerade hier im Raume Bonn und Köln beweisen, in denen Schäden eingetreten sind, die sich für die Wirtschaft und vor allen Dingen für die mittelständische Wirtschaft sehr schwer ausgewirkt haben. Ich brauche nur an den Großneubau des Arbeitsamts in Köln zu erinnern, wo man einer Firma, die 25 % billiger als die zweitbilligste war, den Auftrag gegeben hat. Schon während des Baues war die Firma pleite, und eine andere Firma
mußte den Bau fortführen. Für den Staat ist ein großer Schaden eingetreten.
Dasselbe haben wir bei einigen Bauvorhaben hier in Bonn erlebt, bei denen Firmen nicht in der Lage waren, die Löhne zu bezahlen. Wir erinnern uns noch an die Pressekampagne im vergangenen Jahr und an den Marsch auf das Wohnungsbauministerium an einem Freitag, weil die Arbeiter keinen Lohn bekommen hatten. So könnten wir die Reihe der Beispiele fortsetzen. Wir haben die Feststellung zu machen, daß eine gewisse Verwandtschaft zwischen den auftragvergebenden Stellen und den Submittenten vorhanden ist. Wir stellen in vielen Fällen fest, daß sogenannte Hoflieferanten, die immer und immer wieder für dieselben öffentlichen Auftraggeber oder dieselben Stellen arbeiten, immer und immer wieder die Arbeiten bekommen und andere, auch wenn sie noch so günstige Angebote abgeben, niemals zum Zuge kommen. Gegen diese Einstellung, die sich zum Teil breitgemacht hat, erheben die anständigen mittleren Firmen Einspruch. Es ist zu wünschen, daß von höchster Stelle alle öffentlichen Vergabestellen angewiesen werden, hier nach dem Rechten zu sehen. Es ist nicht immer beweisbar, aber die Vermutung liegt in sehr vielen Fällen sehr nahe, daß irgendwelche korrupte Verhältnisse eingetreten sind. Hier sollte die öffentliche Hand irgendwie durch strengere Maßnahmen eingreifen. Die betreffenden Beamten sollten zeitweise versetzt werden, damit irgendeine Verwandtschaft mit den Auftragnehmern nicht in Frage kommen kann.
Des weiteren stellen wir fest, daß sich vor allen Dingen die Besatzungsstellen in einzelne Aufträge einmischen. Vergangene Woche war hier in Euskirchen eine Submission. In einer Kaserne sollte ein Kino eingerichtet werden. Die Submission wurde aufgehoben, weil der Betreffende, der den Auftrag eigentlich bekommen sollte, nicht der preisbilligste und preisgünstigste war. Die Belgier haben sich in diese Vergabe eingemischt und diese Submission einfach auffliegen lassen. Ich stehe auf dem Standpunkt, daß sich die Belgier ruhig in diese Dinge einmischen können, aber dann müssen sie diese Aufträge auch bezahlen. Wenn wir deutschen Steuerzahler diese Aufträge zu bezahlen haben, dann haben im heutigen Zeitpunkt Besatzungsmächte und Belgier nicht mehr das Recht, sich in das deutsche Submissionswesen und in die Vergabe von Arbeiten einzumischen, auch wenn es sich um Kasernenbauten handelt. Ich erwarte, daß von Regierungsseite bei den Besatzungsmächten Schritte unternommen werden; um diesen Dingen ein für allemal ein Ende zu bereiten.
Nun etwas zur Beachtung; es handelt sich um Warnungen vor irgendeiner Firma. Bei Aufträgen des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen haben beispielsweise deutsche Handwerksstellen vor einer Firma gewarnt, die außerordentlich billig, aber bekannterweise fachlich nicht in Ordnung und zur Durchführung der Aufträge eigentlich nicht in der Lage war und die außerdem von Amts wegen bestimmte Arbeiten nicht ausführen durfte. Das Postministerium hat nun an die Kreishandwerkerschaft in Bonn die Mitteilung gegeben: „Außerdem war die Firma bei allen Submissionen die mindestfordernde und wirkte deswegen preisregulierend." Wenn das Schule macht — und das hat zum Teil Schule gemacht —, daß man gerade immer dem Billigsten den Auftrag
gibt, dann wird die Folge davon sein, daß eine gewisse Armut oder Verarmung beim Baugewerbe eintritt. Bedauerlicherweise haben wir in den letzten Wochen und Monaten die Feststellung zu machen, daß eine ganze Reihe von Firmen, die nicht etwa 1945 entstanden sind, sondern 30, 50 Jahre alt sind, heute ihre Zahlungen einstellen müssen, weil durch diese Machenschaften derjenige, der anständige Arbeit leistet und dafür einen normalen Preis verlangt, heute nicht mehr zum Zuge kommen kann.
Das sind Dinge, die sich für unsere Wirtschaft und vor allen Dingen für das Bauhandwerk in besorgniserregendem Maße auswirken. Der Kabinettsbeschluß, der einen Eingriff in die VOB darstellt und durch den der Grundsatz verwirklicht werden sollte: Ganz Deutschland baut in Bonn und an öffentlichen Bauten, muß unseres Erachtens revidiert werden; denn er weicht von dem Grundsatz ab, daß eben der Preiswürdigste die Arbeit bekommt. In sehr vielen Fällen stellen wir fest, daß Leute aufgefordert werden, ein Angebot abzugeben, aber von vornherein feststeht, daß die Arbeiten an fremde Firmen vergeben werden, wobei man später feststellt, daß diese Firmen keine ordentliche Arbeit geleistet haben. Der Untersuchungsausschuß hat Besichtigungen im Haus Carstanjen usw. durchgeführt und dabei festgestellt, daß Arbeiten, die von gewissen auswärtigen Firmen gemacht worden sind und auch abgenommen wurden, handwerklich gesehen jeder anständigen Arbeit Hohn sprechen.
— Das kommt selbstverständlich da vor. Ich übe keine Kritik an einer auswärtigen Firma. Wenn aber eine auswärtige Firma eine Arbeit bekommt, muß sie genau so gute und anständige Arbeit leisten wie andere Firmen auch. Hier haben wir aber den Zustand, daß Firmen aufgefordert werden, von denen feststeht, daß sie nicht in der Lage sind, anständige, handwerkgerechte Arbeiten durchzuführen. Hiergegen wenden wir uns.
Das ist die Schuld der vergebenden Stellen. Sie sehen sich die Firmen nicht an, an die sie die Aufträge geben und die zu diesen Arbeiten nicht in der Lage sind.
— Es steht auf jeden Fall fest, daß auf diesem Gebiet sehr viel gesündigt wird, und wir hoffen, daß entsprechende Maßnahmen von den maßgebenden Stellen getroffen werden.
Des weiteren werden heute Arbeiten unter Bedingungen vergeben, wonach der betreffende Auftragnehmer sich verpflichten muß, den Baustahl irgendwie vorrätig zu haben. Bei diesen Maßnahmen kommen kleinere und mittlere Firmen bei irgendwelchen Angeboten nicht zum Zuge, sondern nur die Firmen, die in der Lage sind, sich entsprechende Stahlmengen auf Vorrat zu legen oder aber sich im schwarzen Handel entsprechende Materialien zu beschaffen.
Das sind Dinge, die wir als Handwerker auf keinen Fall hinnehmen können, und wir wünschen, daß von den maßgebenden Stellen entsprechend verfahren wird, um auch die kleinere und mittlere Handwerkerschaft zum Zuge kommen zu lassen.