Rede von
Wilhelm
Mellies
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Meine Damen und Herren! Mit dem Bau der Oker-Talsperre ist vor etwa anderthalb Jahrzehnten begonnen worden. 1941 wurde der Bau stillgelegt. 1947 hat die niedersächsische Landesregierung mit dem Weiterbau begonnen. Das Objekt erfordert insgesamt einen Betrag von 31 Millionen DM. Bisher sind 12 Millionen verbaut worden. Vom Lande Niedersachsen sind seit der Währungsreform bisher 4 1/2 Millionen zur Verfügung gestellt worden. Das Land Niedersachsen sieht sich aber nicht in der Lage, aus eigener Kraft den Bau fortzuführen. Es handelt sich im nächsten Jahr vor allem um die Aufführung der Sperrmauer, die in einem Zuge gebaut werden muß. Deshalb müssen erhebliche Mittel bereitgestellt werden.
Bei den Verhandlungen im Haushaltsausschuß zeigte das Finanzministerium wenig Neigung zu einer Beteiligung des Bundes. Es verwies darauf, daß Mittel aus der werteschaffenden Arbeitslosenfürsorge zur Verfügung gestellt werden können. Aber die Möglichkeiten, die werteschaffende Arbeitslosenfürsorge in Anspruch zu nehmen, sind nur gering. Bei der Aufführung der Sperrmauer handelt es sich in erster Linie um Facharbeiter, und Sie wissen, daß nach den Bestimmungen der werteschaffenden Arbeitslosenfürsorge erhebliche Mittel kaum zur Verfügung gestellt werden können. Man rechnet damit, daß dabei höchstens ein Betrag von 1 Million DM abfallen würde.
Der Haushaltsausschuß hat die Angelegenheit unter zwei Gesichtspunkten geprüft, zunächst unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Es handelt sich in erster Linie darum, daß die Hochwassergefahr, die in jedem Jahr die dortigen Gemeinden bedroht, beseitigt werden soll. Zweitens handelt es sich darum, daß durch die Anreicherung eines Gebiets von 30 000 ha Land durch Niedrigwasser ein wesentlicher landwirtschaftlicher Vorteil erreicht werden kann. Drittens handelt es sich darum, daß in diesem Notstandsgebiet — das ganze Harzgebiet gehört ja zum Notstandsgebiet — eine starke wirtschaftliche Belebung möglich sein wird.
Die politischen Gesichtspunkte, die vom Haushaltsausschuß beachtet wurden, sind folgende: erstens, in Verbindung mit dem letzten soeben berührten Punkte, daß es auch aus politischen Gründen außerordentlich wichtig ist, in diesem Notstandsgebiet mit der starken Arbeitslosigkeit ein solches Projekt durchzuführen. Zweitens hat sich dann der Haushaltsausschuß auch nicht der Notwendigkeit verschließen können, daß es gerade angesichts der Nähe der Zonengrenze außerordentlich wichtig ist, daß dieses Projekt zur Durchführung kommt.
Der Haushaltsausschuß schlägt deshalb dem Hohen Hause nicht vor — wie es sonst in den meisten Fällen üblich ist —, den Antrag der Bundesregierung nur als Material zu überweisen, sondern er schlägt ausdrücklich vor, daß der Antrag der Bundesregierung zur Berücksichtigung zu überweisen ist mit der Maßgabe, die Mittel, die der Antrag vorsieht, in den Haushalt 1952 einzustellen. Namens des Haushaltsausschusses bitte ich Sie, diesem Antrag zuzustimmen.