Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Begründung zum Regierungsentwurf des Kriegsgräbergesetzes, Drucksache Nr. 2667, ist ausgeführt, daß die Länder bereits vor geraumer Zeit in der Erkenntnis, daß eine bundesgesetzliche Regelung für die Kriegsgräberfürsorge notwendig sei, der Bundesregierung den Entwurf eines entsprechenden Bundesgesetzes zugeleitet haben. Zu diesem Entwurf hatten sich die kommunalen Spitzenverbände und der Volksbund deutscher Kriegsgräberfürsorge geäußert.
Die Fürsorge für die Kriegsgräber des ersten Weltkriegs ist durch das Gesetz vom 29. Dezember 1922 geregelt. Für die Gräber des zweiten Weltkriegs fehlte es bisher an einer Regelung des Bundes. Um nun eine für beide Weltkriege einheitliche Regelung der Kriegsgräberfürsorge zu schaffen, muß das Reichsgesetz vom 29. Dezember 1922 aufgehoben werden. Seine Bestimmungen können jedoch nur sehr begrenzt für die Neuregelung herangezogen werden, da schon die staatsrechtliche Struktur der Bundesrepublik wesentlich anders als die der Weimarer Republik ist. In folgerichtiger Durchführung des Grundgesetzes, insbesondere dessen Art. 83, führen daher allein die Länder nunmehr das Bundesgesetz als eigene Angelegenheit aus. Dagegen erstattet der Bund als Kriegsfolgelast nach Art. 120 des Grundgesetzes die Kosten. Die Länder werden mit einer Interessenquote daran beteiligt.
In der Einleitung des Gesetzes wurde auf Vorschlag des Bundesrates eingefügt „mit Zustimmung des Bundesrates", und zwar mit Rücksicht auf den Inhalt des § 5 dieses Gesetzes, da es sich gemäß Art. 84 Abs. 1 des Grundgesetzes um ein Zustimmungsgesetz handelt.
In Abs. 1 des § 1 ist die übliche Berlin-Klausel eingefügt und in Ziffer 1 des gleichen Absatzes wie auch in späteren Paragraphen das Wort „Weltkrieg 1939/45" in „zweiten Weltkrieg" geändert worden, da die Begrenzung auf das Jahr 1945 zu eng erscheint. Der § 1 bringt gegenüber der bisher für die Kriegsgräber des ersten Weltkrieges geltenden Begriffsbestimmung eine wesentliche Erweiterung durch Hereinnahme der durch unmittelbare Kriegseinwirkungen verstorbenen in- und ausländischen Zivilpersonen. Daher sind auch die Gräber der zivilen Opfer des Bombenkrieges Kriegsgräber. Im ganzen handelt es sich unter Zugrundelegung der Begriffsbestimmung des Gesetzes um rund 513 000 Einzelgräber und rund 320 000 qm Sammelgräber.
In den Buchstaben b und c dieses Paragraphen wurde auf Vorschlag des Bundesrats anstatt „6 Monaten" — denn diese Zeit wird für zu kurz erachtet — „eines Jahres" eingesetzt.
Nach § 2 sind die Länder nunmehr allein Träger der Sorge für die Kriegsgräber, unabhängig davon, in wessen Eigentum die Begräbnisstätten stehen. Sie sind deshalb auch verpflichtet, alle noch bei den Gemeinden befindlichen Unterlagen zur Person und Nachlässe der Gefallenen an eine von der Bundesregierung zu bestimmende Stelle zu übersenden. Sie haben ferner sämtliche in ihrem Gebiet gelegenen Kriegsgräber in Listen nachzuweisen und diese auf dem laufenden zu halten. Bezüglich der Kosten für die erste Anlage einschließlich einer erforderlichen ersten Umbettung sah der Regierungsentwurf eine Erstattung an die Länder zur Hälfte vor. Der Bundesrat hatte unter Berufung auf Art. 120 des Grundgesetzes, nach dem der Bund als Bestandteil der Kriegsfolgelasten die Kosten der Durchführung des Gesetzes zu tragen hätte, vorgeschlagen:
Der Bund trägt die für die Anlegung, einschließlich einer etwa erforderlichen Umbettung, entstehenden tatsächlichen Kosten.
Im übrigen erstattet der Bund die Kosten für
Instandsetzung und Pflege nach Pauschsätzen. Der Auffassung des Bundesrats wurde unter Hinweis auf Art. 83 des Grundgesetzes von Regierungsseite damit widersprochen, daß die Länder und nicht der Bund Träger der Kriegsgräberfürsorge seien und daß es sich nur um eine Erstattung der Kosten durch den Bund handeln könne. Nach längeren Verhandlungen im Ausschuß wurde ein Kompromiß gefunden, wonach der Bund die Kosten für die erste Anlegung in voller Höhe erstattet und bezüglich der Pflege und Instandsetzung die Kosten nach Pauschsätzen — wie im Regierungsentwurf vorgesehen — je zur Hälfte von Bund und den Ländern getragen werden.
In § 3 blieb bis auf die Ersetzung des Wortes „Instandhaltung" durch „Instandsetzung" in der vorletzten Zeile alles unverändert.
Ebenso blieb es beim § 4 bei der Regierungsfassung.
In § 5 wurden die Worte „und die Identität des Bestatteten feststeht" gestrichen, da diese Voraussetzung selbstverständlich erscheint. Der Abs. 4 soll in seiner veränderten Fassung sicherstellen, daß in jedem Fall die Kosten für Umbettungen erhoben werden können, nicht aber Verwaltungsgebühren.
Bezüglich des § 6 ist zu sagen, daß es der Ausschuß für zweckmäßig erachtet, diejenigen Personengruppen, für deren Gräber Bund und Länder die gleiche Sorgepflicht wie für die eigentlichen Kriegsgräber übernommen haben, nämlich die Opfer des Nationalsozialismus, also die politisch, rassisch und religiös Verfolgten, im Katalog des Paragraphen unter a) anstatt unter f) — wie im Entwurf vorgesehen war — zu setzen.
In § 7 ist wieder die Berlin-Klausel die einzige Änderung gegenüber dem Entwurf.
Meine Damen und Herren, es handelt sich hierbei um ein Gesetz bezüglich der Kriegsgräber, soweit sie in den Ländern der Bundesrepublik und im Land Berlin liegen. Die Masse unserer gefalle-
nen Soldaten liegt aber außerhalb unseres Bundesgebiets begraben. Wenn auch durch das Genfer Abkommen vom 27. Juli 1929 jedem Land die Verpflichtung auferlegt ist, die Kriegsgräber aller Nationen auf seinem Hoheitsgebiete zu erfassen, nachzuweisen und die Listen den Heimatstaaten zuzuleiten, so sind doch viele Hunderttausende von Familien im Ungewissen über die letzte Ruhestätte ihres oder ihrer Angehörigen. Es erscheint mir deshalb angebracht, hier in wenigen Worten die Arbeit und das Wirken des Volksbundes deutscher Kriegsgräberfürsorge zu würdigen.
Der Volksbund hat in Wiederanknüpfung seiner Beziehungen mit dem Ausland, begünstigt durch die ehemalige gute Zusammenarbeit zwischen Volksbund und amtlichen Gräberdiensten des Auslandes und nicht zuletzt gefördert durch das Komitee des Roten Kreuzes in Genf ständige Verbindung mit rund 30 europäischen und außereuropäischen Staaten. Die Aufgabe, die der Volksbund übernommen hat, nämlich die Registrierung der Gräber in einer Zentralgräberkartei aller gefallenen und verstorbenen Angehörigen der ehemaligen Wehrmacht und damit in Zusammenhang Grabnachforschungen und Gräbernachweis, ist eine geradezu ungeheuere, zumal durch die chaotischen Verhältnisse der letzten Kriegsmonate viele staatliche Stellen, die Träger von Aufgaben der Kriegsgräberfürsorge waren, ausgefallen waren. Wertvolle Verlust- und Grablagemeldungen waren in alle Winde zerstreut. Nur mittels einer großen Suchaktion des Kriegsgräberbundes nach 1945, die oftmals noch durch Zonengrenzen und völlige Abgeschlossenheit vom Auslande behindert wurde, konnten viele Zehntausende solcher Unterlagen aus allen möglichen Verstecken hervorgebracht werden. Wo heute im Ausland die Möglichkeit gegeben ist, von deutscher Seite aus den Zustand unserer Soldatengräber besser zu gestalten, nutzt sie der Volksbund.
Der Zustand der Gräber ist unterschiedlich, teils würdig, teils mehr als primitiv. Auf deutscher Seite darf daher die Größe der Aufgabe nicht verkannt werden. Es darf auch nicht übersehen werden, daß der Volksbund erst abhelfen kann, wenn eine Rechtsgrundlage geschaffen ist. Zu diesem Zweck müssen baldigst zwischenstaatliche Verträge zwischen der Bundesrepublik und den betreffenden Staaten abgeschlossen werden. Man kann sagen, daß, soweit der Volksbund mit ausländischen Gräberdiensten darüber Gespräche aufgenommen hat, mit Verständnis gerechnet werden kann. Während bei einer Gesamtgefallenenzahl von zwei Millionen des ersten Weltkrieges für rund 1 750 000 Soldaten entweder Todesort oder Grablage ermittelt werden konnte, können bei den deutschen Verlusten des zweiten Weltkrieges, die sich nach groben Schätzungen zwischen drei- und dreieinhalb Millionen insgesamt bewegen, nur für rund 900 000 Todesort und Grablage ausgewiesen werden. Man kann dem Volksbund deutscher Kriegsgräberfürsorge für die mit unendlicher Mühe und mit dem uneigennützigen Einsatz seiner zahlreichen ehrenamtlichen Mitglieder und Mitarbeiter vollbrachten Leistungen nur danken.
Meine Damen und Herren, ich habe den Auftrag, Sie im Namen des Ausschusses zu bitten, dem Ihnen vorliegenden Gesetzentwurf in der abgeänderten Fassung ihre Zustimmung zu geben.