Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine Fraktion ist der Ansicht, daß es allerhöchste Zeit ist, daß wir diese Vorlage den beiden gleichen Ausschüssen überweisen, denen wir in der 193. Sitzung den SPD-Antrag auf Aufhebung der hier angezogenen Mietverordnungen überwiesen haben. Denn wenn wir noch zum 1. April mit dem Gesetzgebungsakt fertig werden wollen, müßten die Ausschüsse eigentlich noch heute ihre Arbeit beginnen.
Was nun die Sache selbst anlangt, so bin ich der Ansicht, daß wir die Grundsätze in jener 193. Sitzung so eingehend besprochen haben, daß dazu nichts mehr zu sagen wäre, wenn es nicht Mißverständnisse gegeben hätte. Die Frage, ob die Bundesregierung oder die beiden Herren Bundesminister auf Grund des Grundgesetzes berechtigt waren, diese Mietpreis- und Mietrechtsverordnung allein, ohne Bundesrat durchzuführen, haben wir hier nicht zu entscheiden; darüber müssen die Gerichte und muß in letzter Linie das Bundesverfassungsgericht entscheiden.
Meine Bedenken gegen die Verordnung beruhen auf etwas ganz anderem, und darin bin ich bisher mißverstanden worden. Ich unterstelle, daß die Rechtsüberzeugung der beiden Herren Minister richtig ist. Wir wissen doch aber, daß diese Minister nicht die Meinung vertreten, daß sie diese Materie abschließend regeln könnten. Sie legen deshalb dem Gesetzgebungsorgan, unserm Hohen Hause, den Entwurf eines Gesetzes vor, der ihre Verordnung ergänzen soll, und nennen das eine „Gesamtkonzeption". Ich muß nun ehrlich gestehen: wenn sie, um ihre Gesamtkonzeption durchzuführen, unserer Mitwirkung bedürfen, dann müssen wir verlangen, daß sie sich auch zu dem ersten Schritt unserer Mithilfe bedienen.
Das läßt sich gesetzestechnisch jetzt fast gar nicht mehr innerhalb angemessener Frist leisten. Wir werden also durch diese Methode, wie wir jetzt sehen, in jene nervöse Eile versetzt, die der Herr Bundestagspräsident zu Beginn der Sitzung in seinen sehr ernsten Worten anläßlich eines erneuten erschütternden Trauerfalles uns als eine schwere Sorge für unsere gesamte Arbeit vorgehalten hat. Ich bin der Ansicht, daß dem in Zukunft auf alle Fälle Rechnung getragen werden muß, daß man uns, wenn es sich um „Gesamtkonzeptionen" handelt, von vornherein bemühen sollte und nicht nur, um da, wo es den Herren Ministern an Macht gebricht, etwas in Ordnung zu bringen.
Zur Sache nun aber folgendes. Die Konzeption — die Gesamtkonzeption — können meine politischen Freunde sehr wohl gutheißen. Wir haben schon seit Jahr und Tag gefordert, daß im Interesse des notleidenden Hausbesitzes gewisse Bestrebungen, den Mieterschutz aufzuheben, gefördert werden. Wir sind auch der Meinung, daß die Vorschläge des Bundesrats die Vorlage weitgehend verbessert haben. Es bleibt nur die Frage offen — und das ist eine sehr schwierige Frage —, ob die Interessenabwägung, wie sie hier etwas kasuistisch vorgenommen worden ist, in allen denkbaren Fällen das Richtige trifft, und insoweit habe ich gewisse Zweifel anzumelden.
Ich lasse alle Einzelheiten weg und möchte das Augenmerk nur auf folgendes richten: Ist es eigentlich richtig, wenn wir diesen Schutz jetzt für zunächst einmal zwei Jahre — ich sage: „zunächst einmal" zwei Jahre — aufheben wollen, die Mietverhältnisse im Altbesitz, die nach dem 1. Dezember 1951 begründet worden sind, davon auszunehmen? Wir schaffen dann ja in einer Weise Datumsmieten, was die Rechtsanwendung außerordentlich schwierig gestalten würde. Mir scheint es, ehrlich gestanden, nicht darauf anzu-
kommen, wann um die Jahreswende 1951/52 ein Mietvertrag begründet worden ist, sondern überhaupt nur darauf, daß die Vorschriften des Mieterschutzgesetzes aufgehoben werden und dafür dieses Gesetz angewendet wird.
Es gibt noch mehr Zeitfragen, z. B. die eben schon angeschnittene: Ist der Stichtag des 1. April 1954 nicht sehr willkürlich gewählt? Das heißt auf deutsch: wenn unser Bundestag gesetzmäßig selig stirbt und nicht vorher aufgehoben wird, wird sein Nachfolger binnen eines reichlichen halben Jahres nach dem Zusammentritt wieder in Zeitdruck versetzt werden und sich mit der Materie befreunden müssen, ob er das Gesetz verlängern will. Ich glaube, diese zwei Jahre sind etwas zu optimistisch gewählt. Aber das sind Erwägungen, deren Erörterung ebenfalls eine gewisse Zeit beansprucht.
Ich bitte, die Vorlage der Regierung dem Ausschuß für Bau- und Wohnungswesen federführend und ferner dem Rechtsausschuß zu überweisen. Die Überweisung an den Rechtsausschuß halte ich für unentbehrlich; denn es handelt sich um Bestimmungen des Widerrufs, der Rückwirkung und der Klageberechtigung, die ohne Durcharbeitung vom rechtlichen Standpunkt aus sicherlich nicht einwandfrei gesetzgeberisch geregelt werden können.