Rede von
Dr.
Victor-Emanuel
Preusker
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und Herren! Wir waren etwas erstaunt, heute den Umdruck Nr. 463 der Fraktion der SPD zu § 11 auf dem Tisch zu finden, nachdem der Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen dem § 11 des Gesetzes einstimmig zugestimmt hatte.
Wenn wir jetzt bemüht sind, diese inzwischen auch von den Alliierten als kurzsichtig erkannte Maßnahme soweit wie möglich wieder gutzumachen, dann sollte es doch eines der vornehmsten Anliegen sein, daß wir nicht versuchen, aus einem Unglück, das nicht nur einzelne Wirtschaftszweige, sondern unsere gesamte Volkswirtschaft betroffen hat, auch noch zusätzliche steuerliche Tatbestände herauszukonstruieren. Ich darf in diesem Zusammenhang daran erinnern, daß wir bei der Neuordnung der Tatbestände des Gesetzes Nr. 27 — Eisen, Stahl und Kohle — auf Grund dieser Erkenntnis so weit gegangen sind, daß selbstverständlich die Umgründungsvorgänge zu keinen Steuermaßnahmen führen. Nur hier sind wir von dieser an sich selbstverständlichen Haltung gegenüber einem Akt der Siegermächte, der jetzt teilweise korrigiert werden soll, abgegangen.
Nachdem der Kollege Bleiß gesagt hat, den Banken solle unter Umständen ein „Steuerbetrag" von 54 Millionen D-Mark verbleiben — ein „Steuerbetrag" wohlgemerkt, der als Steueranlaß überhaupt nur auf Grund der Korrektur einer besatzungsrechtlichen Maßnahme entsteht —, muß
man doch einmal die Größenordnungen vergleichen. Wir haben bei den Filialbanken hier im Westen zur Zeit ein Einlagenvolumen von etwas über 6 Milliarden DM. Wenn Sie diesen 6 Milliarden DM den Betrag von 54 Millionen DM gegenüberstellen, dann ist das noch nicht einmal 1 %. Wenn man sich einmal überlegt, daß es sich bei den Einlagen der Filialgroßbanken um Gelder aller Bevölkerungskreise, der breitesten Schichten sowohl wie der Wirtschaft handelt und daß die Einlagen der Wirtschaft dazu dienen, unsere Unternehmen in Gang zu halten und die Arbeitsplätze der Bevölkerung zu erhalten; dann fragt man sich: ist denn dann die Wiedererrichtung oder die Beibehaltung — um letzteres dreht es sich ja doch in der praktischen Auswirkung nur — eines Delkrederefonds von 1 % von 6 Milliarden etwas, was man irgendwie als eine „Bereicherung" ansprechen könnte? Ist das nicht im Vergleich zu dem, was notwendig wäre, um die gesamte Volkswirtschaft vor Schäden zu schützen, um die breiten Bevölkerungsschichten vor Einlageverlusten zu bewahren, eigentlich noch viel zu wenig? Das waren die weiteren Überlegungen, die uns bewogen haben, aus diesem Akt der Korrektur einer siegerstaatlichen Maßnahme nicht Steuertatbestände zu machen.
Es läßt sich auch noch zu dem Argument des Kollegen Bleiß „wir wissen ja nichts über die Ertragsgrundlage der Banken" einiges sagen. Die Banken sind nicht daran schuld, daß wir nichts davon wissen, denn sie haben bis' heute keinerlei Rechtsform erhalten; sie sollen sie erst durch dieses Gesetz bekommen. Sie konnten keine Bilanzen aufstellen und veröffentlichen, weil man ihnen alles genommen hatte.
— Alles an Eigenkapital, Herr Kurlbaum. — Nehmen wir einmal an, sie hätten tatsächlich in den Jahren seit der Währungsreform wieder gut verdient und hätten nunmehr die Möglichkeit, ganz bescheiden — im Verhältnis zu den 6 Milliarden Einlagen — wieder Eigenkapitalien auszuweisen. Auf die volkswirtschaftliche Bedeutung nach außen hin und auch nach innen als Garantiefonds habe ich hingewiesen. Aber das eine wollen wir doch nicht vergessen: die Aufrechterhaltung von 33 verschiedenen Apparaten in den Ländern, wobei einzelne dieser Ländchensbanken im Augenblick ganze 20 Millionen DM Einlagen zu verwalten haben, die Aufrechterhaltung darüber hinaus des Bereitschaftsapparats der ehemaligen Dachinstitute mit all den Aufgaben, die sie weiterhin auf dem Gebiet der Außenhandelsvertretung, auf dem Gebiet der volkswirtschaftlichen Beratung, der Rechts- und Wirtschaftsberatung der Kundschaft im Interesse der deutschen Volkswirtschaft wahrgenommen haben, wobei sie sich' nicht nach dem Prinzip einer Zerteilung Deutschlands wie zur Zeit der Postkutsche haben unterkriegen lassen, sondern sich weiterhin bemühten, die Gesamtwirtschaft zusammenzuhalten: das waren doch Opfer, die jahrelang gebracht worden sind und die immerhin ein Äquivalent, ich möchte schon fast sagen, einen Dank verdienen.
Deshalb bin ich der Meinung, daß es hier wirklich Rechtens ist, den Standpunkt, den wir einstimmig in den Ausschüssen eingenommen haben, auch im Plenum weiterhin. zu vertreten und den Antrag, der vom Kollegen Bleiß begründet worden ist, abzulehnen.