Rede von
August
Neuburger
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als die Bundesregierung diesem Hohen Hause die Drucksache Nr. 2908, also den Gesetzentwurf über den Niederlassungsbereich von Kreditinstituten,
vorlegte, konnte sie bereits darauf hinweisen, daß der Bundesrat dieser Gesetzesvorlage einstimmig seine Zustimmung gegeben hat. Die Bundesregierung konnte weiter darauf hinweisen, daß auch die Alliierten ihre Zustimmung zur Behandlung dieser Materie gegeben haben. Der Geld- und Kreditausschuß sowie der Finanz- und Steuerausschuß haben sich in mehreren Sitzungen mit der Vorlage beschäftigt. Auch wir haben sehr wenige Abänderungen vorgenommen und sind mit Ausnahme einer Bestimmung innerhalb des Ausschusses zur einstimmigen Annahme der Drucksache Nr. 3109 gekommen, wie sie Ihnen jetzt vorliegt.
Der Gesetzentwurf war notwendig, weil die derzeitige Situation auf dem Gebiet des Bankgewerbes nicht mehr haltbar war. Die Tätigkeit der früheren drei Großbanken — Deutsche Bank, Dresdner Bank und Commerzbank — war in ihrem früheren Umfang durch Bestimmungen und Gesetze der Militärregierung aus dem Jahre 1947 in der Weise beschränkt worden, daß die einzelnen Banken ihre Geschäfte nur noch auf Länderbasis tätigen konnten. Wir hatten dadurch de facto eine Entflechtung; de jure bildeten aber diese drei Großbanken nach wie vor noch eine Einheit. Es hat sich ergeben, daß diese zufälligen Gebilde in keiner Weise geeignet sind, den Kreditbedarf und die Kreditnotwendigkeit unserer Wirtschaft ausreichend zu befriedigen.
Bei der Schaffung des neuen Gesetzes ist man von zwei Grundsätzen ausgegangen, einmal von dem Grundsatz der Herstellung von funktionsfähigen Kreditinstituten und zum zweiten von dem Grundsatz der Vermeidung übermäßiger Machtkonzentration in einer Hand. Der Gesetzentwurf ist nach Auffassung des Ausschusses diesen beiden Grundforderungen gerecht geworden. So ergeben sich im einzelnen folgende Bestimmungen.
§ 1 bestimmt, daß Kreditinstitute, soweit sie in der Rechtsform der Aktiengesellschaft oder der Kommanditgesellschaft auf Aktien betrieben werden und soweit sie sich auf das Depositengeschäft und das kurzfristige Kreditgeschäft als Hauptgeschäftszweig beschränken, Niederlassungen nur innerhalb bestimmter Bezirke haben können. Und zwar ist das Bundesgebiet aufgeteilt in drei Bezirke, den sogenannten Nordbezirk, bestehend aus den Ländern Schleswig-Holstein, Hamburg, Niedersachsen und Bremen, den zweiten Bezirk, bestehend aus dem Lande Nordrhein-Westfalen, und den sogenannten Südbezirk, der aus den übrigen sechs Bundesländern besteht. In § 1 Abs. 3 ist dann vorgesehen, daß in gewissen Fällen eine Ausnahme gemacht werden kann. Die Ausnahme kann aber nur örtlich begrenzt sein, und es müssen wichtige wirtschaftliche Gründe vorliegen. Schließlich kann die Ausnahme noch für Kreditinstitute mit besonderen Aufgaben gemacht werden. Zuständig für die Bewilligung solcher Ausnahmegenehmigungen ist entgegen dem Vorschlag der Bundesregierung der Bundeswirtschaftsminister nach Anhörung des Bundesfinanzministers. In bezug auf ausländische Kreditinstitute gilt diese Bezirkseinteilung unabhängig von der Rechtsform der Kreditinstitute; also auch Kreditinstitute, die als Einzelunternehmen oder als Personalgesellschaften betrieben werden, unterliegen dieser Bezirkssperre.
§ 2 bestimmt dann, daß sich die Kreditinstitute spätestens innerhalb von eineinhalb Jahren so neu zu bilden oder so einzuschränken haben, daß sie diesen Erfordernissen des § 1 entsprechen.
§ 3 gibt die Möglichkeit, daß sich bestehende Kreditinstitute diesen Erfordernissen in Form der
Ausgründung anpassen. Aber es sind nicht nur die Vermögenswerte zu übertragen, sondern das betreffende ausgründende Kreditinstitut hat auch die Gesellschaftsanteile einer solchen Tochterfirma zu veräußern, und' zwar innerhalb derselben Frist.
§ 4 enthält Sonderbestimmungen für die sogenannten Nachfolgeinstitute, also für die Nachfolgeinstitute der drei Großbanken. Nach Abs. 1 müssen die Aktien Namensaktien sein, wenn die Großbanken in Form von Aktiengesellschaften ausgründen. § 4 enthält weiter Bestimmungen darüber, daß die Grundsätze, die in § 1 niedergelegt sind, auch tatsächlich eingehalten werden. Das findet darin seinen Ausdruck, daß Nachfolgeinstitute eine Beteiligung an einem anderen Nachfolgeinstitut nicht erwerben dürfen. Der Vorstand eines Nachfolgeinstituts darf nicht zugleich Vorstand oder Aufsichtsratsmitglied eines anderen Nachfolgeinstituts sein. Für die Aufsichtsratsmitglieder gilt das gleiche. Schließlich ist noch bestimmt, daß ein Aktionär, der mehr als 5 % des Grundkapitals eines Nachfolgeinstituts besitzt, nur bis zu 5 % an einem andern Nachfolgeinstitut beteiligt sein kann.
§ 5 enthält rechtliche Vorschriften. Er bestimmt zunächst die Gesamtrechtsnachfolge und den Eintritt der Rechtswirksamkeit der Vermögensübertragung mit der Eintragung in das Handelsregister. Er bestimmt ferner, daß die Verbindlichkeiten vom Hauptinstitut auf das Nachfolgeinstitut mit befreiender Wirkung übergehen und daß für solche Verbindlichkeiten, die nicht übergehen, eine Gesamthaftung entsteht. Unberührt von diesem Übergang der Verbindlichkeiten bleiben die für die Verbindlichkeiten bestehenden Sicherheiten wie Bürgschaft, Pfandrecht, Hypotheken. Selbstverständlich können diesen Verbindlichkeiten gegenüber auch vom übernehmenden Institut die gleichen Einwendungen geltend gemacht werden.
Die §§ 6 und 7 betreffen Vorschriften, die dem Schutz der Gläubiger dienen. Es handelt sich bei der Ausgründung im wesentlichen um eine Sachgründung. Daher gelten zugunsten der Gläubiger die gesamten aktienrechtlichen Vorschriften. Für diejenigen Gläubiger, die ihre Forderungen nicht sofort nach der Ausgründung geltend machen können, für die sogenannten Stillhaltegläubiger, ist die Sondervorschrift eingebaut worden, daß sie innerhalb eines Jahres das Wahlrecht haben, bei welchen der Nachfolgeinstitute sie ihre Forderung geltend machen können bzw. geltend machen wollen.
Die §§ 8 und 9 behandeln dann den Übergang der Gesellschaftsrechte. Die neuen Aktien der Nachfolgeinstitute werden zunächst der Bank deutscher Länder in Treuhand übergeben, ohne daß allerdings die Bank deutscher Länder das Stimmrecht ausüben kann. Sofort nach Abschluß des Wertpapierbereinigungsverfahrens sind dann die Aktien gemäß den Bestimmungen des § 9 zu verteilen, und zwar in der Form, daß jeder Aktionär einer bisherigen Großbank für je eine Aktie je eine Aktie der betreffenden drei Nachfolgebanken erhält. Bis zur Beendigung des Wertpapierbereinigungsverfahrens gelten in bezug auf die Ausübung der Mitgliedschaftsrechte die gesetzlichen Bestimmungen über die Ausübung von Mitgliedschaftsrechten, die wir vor einigen Wochen verabschiedet haben.
§ 10 bestimmt, daß mit der Ausgründung die bisherigen drei Großbanken ihre Tätigkeit einzustellen, den Geschäftsbetrieb also aufzugeben haben,
§ 11 enthält steuerliche Bestimmungen. Wie bereits erwähnt, handelt es sich bei diesem Gesetz
um die Regelung eines Entflechtungsvorgangs, also
um eine Gesetzesvorlage, die die Entflechtung gewisser Machtkonzentrationen zum Gegenstand hat.
Bei den anderen in Vorbereitung befindlichen Gesetzen auf diesem Gebiet wurde bereits verfügt,
daß der Entflechtungsvorgang als solcher steuerliche Wirkungen nicht auslösen soll. In Abs. 1 des
§ 11 ist daher bestimmt, daß aus Anlaß dieser
Ausgründung und Neugründung Umsatzsteuer und
Kapitalverkehrssteuer nicht anfallen sollen. Abs. 2
trifft gewisse steuerliche Vergünstigungen auf dem
Gebiete der Ertragsteuern. Abs. 2 enthält eine
Kannvorschrift und soll verhindern, daß die neu
zu gründenden Nachfolgeinstitute mit einem zu
geringen Kapital ausgestattet werden. Er bringt
zunächst die Befreiung von den Vorschriften der
§§ 14 und 15 des Körperschaftsteuergesetzes, so daß
die Übernahme zu den Buchwerten erfolgen kann.
Um aber eine höhere Kapitalausstattung zu ermöglichen, ist noch folgende Bestimmung getroffen: Werden Beteiligungen und Wertpapiere, die am 9. Mai 1945 Anlagevermögen waren, höher bewertet, so wird der dadurch entstehende Gewinn bei der Ermittlung des Einkommens für Zwecke der Körperschaftsteuer und des Notopfers Berlin und bei der Ermittlung des Gewerbeertrags für Zwecke der Gewerbesteuer , nur mit 30 vom Hundert angesetzt. Im übrigen wird der durch die Bewertung in der Ausgründungsbilanz entstehende Gewinn ebenso wie der sich bis zum Stichtag der Ausgründungsbilanz ergebende Gewinn nach den allgemeinen Vorschriften in vollem Umfang zu den Steuern vom Einkommen und Gewerbeertrag herangezogen.
Diese Bestimmungen fanden im Ausschuß nicht
einhellige Zustimmung, erscheinen aber der Mehrheit des Ausschusses als notwendig und gerechtfertigt.
§ 12 enthält Bestimmungen über Gebührenermäßigungen. Auch das sind keine unbekannten Bestimmungen, wenn durch Gesetz gewisse Umwandlungen vorgeschrieben werden.
§ 13 sieht schließlich Strafbestimmungen vor und setzt Geldbußen zwischen 3 DM und 300 000 DM fest, wenn die Bestimmungen über die Entflechtung, wie sie in § 1 und insbesondere in § 4 festgelegt sind, nicht eingehalten werden.
§ 14 spricht von der gesamtschuldnerischen Haftung für alle diejenigen, die an einem solchen Verstoß beteiligt sind.
§ 15 bestimmt schließlich, daß dieser Gesetzentwurf mit dem Tage seiner Verkündung in Kraft treten soll.
Wie bereits eingangs erwähnt, hat der Ausschuß nur verhältnismäßig geringe Änderungen vorgenommen. Er hat mit Ausnahme des § 11 alle übrigen Bestimmungen einheitlich angenommen. Demgemäß kann ich als Berichterstatter hiermit den Antrag des Ausschusses bekanntgeben, der dem Hohen Hause empfiehlt, den vorliegenden Gesetzentwurf anzunehmen.