Rede von
Dr.
Ferdinand
Friedensburg
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, die Angelegenheit ist zu ernst und unsere Entrüstung und Erregung in diesem Falle ist auch zu ehrlich und einmütig, als daß wir jetzt mühsam nach irgendwelchen Punkten suchen wollten, in denen wir dann vielleicht doch verschiedener Ansicht sein könnten. Ich darf mich auch mit dem Herrn Justizminister völlig eins wissen in dem Verlangen, daß dieser Fall auf ehrenhafte und anständige Weise von den amerikanischen Behörden endgültig bereinigt wird. Wir sind uns völlig einig, ich glaube, vor allem mit unserer Bundesregierung, daß für die Zukunft Sicherungen getroffen werden müssen, damit sich derartige Fälle auf deutschem Boden nicht mehr wiederholen. Wozu sollen wir uns dann über bestimmte Verfahrenseinzelheiten veruneinigen?
Ich habe weiter das Wort ergriffen, um auch dem Herrn Abgeordneten Renner noch etwas zu entgegnen. Er hat gesagt, die Zahl der Agenten, die von der amerikanischen Seite auf deutschem Boden angeworben worden seien, sei ein Zeichen für die Kriegsvorbereitungen. Nun, meine Damen und Herren, wenn es so wäre, dann möchte ich einmal wissen, welche Macht auf deutschem Boden am intensivsten und umfassendsten Kriegsvorbereitungen trifft.
Ich bin überzeugt, daß die drei anderen Besatzungsmächte zusammen nicht ein Zehntel der Agententätigkeit aufweisen, die die sowjetische Regierung allein aufgeboten hat. Überhaupt muß ich mich sehr wundern, daß jemand von Ihrer Seite es wagt, zu diesem Komplex das Wort zu ergreifen. Hinter all diesen Dingen steht der blutige Schatten der NKWD; darüber wollen wir doch nicht im Zweifel sein. Dahinter steht das blutige System der Konzentrationslager, das von Ihnen moralisch und politisch gedeckt wird. Also ich glaube, Sie schweigen am besten und sind froh, wenn man sich damit nicht beschäftigt.
Ich habe noch ein drittes Anliegen, weshalb ich einige Augenblicke um Ihre Aufmerksamkeit bitte. Im Hintergrunde auch des Falles Kemritz steht eine Macht, die in allen Staaten einen merkwürdigen und unheimlichen Einfluß ausübt; das ist die Macht der Geheimdienste. Es ist vielleicht ganz nützlich, sich einmal in aller Öffentlichkeit mit dieser üblen Macht auseinanderzusetzen. Vielleicht ist es die Schuld einer falschen Publizistik, daß diese Geheimdienste in der Vorstellung vieler Menschen unwillkürlich diese Macht erworben haben. Es gibt ja genug Darstellungen, die so tun, als wenn die Kriege überhaupt vom Geheimdienst entschieden würden, als wenn die Staatsmänner und Generale nur Marionetten an den Fäden der Geheimdienste wären und als wenn die Jungens, die draußen in den Schützengräben ihr Leben lassen, eigentlich nur die Opfer irgendwelcher geheimer Intrigen im Hintergrund wären. Das ist absolut falsch, wie sich gerade jetzt wieder in Korea erwiesen hat, wo sich der Geheimdienst der Amerikaner in einer Weise blamiert hat, wie man es überhaupt nur tun kann. Es ist völlig falsch, zu glauben, dieser große Einfluß gehe von den Geheimdiensten aus. Wir wollen uns endlich von diesen falschen Vorstellungen befreien; denn durch diese falschen Vorstellungen entsteht wiederum bei den Geheimdiensten ein besonderes Machtbewußtsein und sie setzen dann diese Macht unwillkürlich auch gegenüber anständigen und wohlgesinnten Leuten durch. Als solchen Mann kennen wir den Hohen Kommissar McCloy. Also wir haben allen Anlaß — auch darin wollen wir Demokraten sein —, diese finsteren, dunklen und unheimlichen Mächte in unserer Mitte nicht mehr zu dulden. Alle Besatzungsmächte täten uns einen großen Gefallen, wenn sie mit ihren Geheimdiensten endlich Schluß machen wollten.