Meine Damen und Herren, ich habe besonderen Grund, einer Dame in diesem Hause Ruhe zu verschaffen. Ich bitte, mich dabei zu unterstützen!
Frau Dr. Weber (CDU), Antragstellerin: Ja, aber ich bin der Meinung, man soll ruhig sein bei Damen u n d Herren.
Sittliche Gründe sprechen dafür. Ich habe im Herbst einer jungen Frau beistehen müssen, die durch Spielleidenschaft so ins Elend gesunken war, daß es schwierig für sie war, sich wieder zurechtzufinden. Dadurch habe ich Gelegenheit gehabt, in diese Hölle — kann man ruhig sagen — von sittlichem Verderb hineinzublicken.
Nicht nur die menschliche Persönlichkeit, sondern auch die Familie, auch die menschliche Gesellschaft werden dadurch gefährdet. Der Staat hat kein Recht, solche Dinge zu konzessionieren. Er ist dazu da, den Einzelnen, die Familie, die Gesellschaft zu schützen. Er ist für das Wohl des Volkes verantwortlich, aber nicht dazu da, diese Spielbanken zu konzessionieren.
Im Jahre 1868 hat auch der Norddeutsche Bund sich gegen die Spielbanken gewandt. Damals sind die Spielbanken von Homburg, Baden-Baden, Wiesbaden aufgelöst worden; Kissingen war schon 1849 aufgelöst worden.
Aber ich will Ihnen noch von einer anderen Etappe erzählen; diejenigen, die in der Weimarer Nationalversammlung waren, werden es noch wissen wie ich; Im Jahre 1919 hat die Weimarer Nationalversammlung ebenfalls ein strenges Gesetz gegen die Spielbanken erlassen. In diesem Gesetz heißt es — genau so, wie ich es Ihnen eben sagte —, daß die Spielbanken die wirtschaftliche und soziale Ordnung stören und auch dazu angetan sind, die sittlichen Grundlagen der Persönlichkeit zu zersetzen.
Das hat gedauert, meine sehr Verehrten, bis zum Jahre 1933. Bis 1933 haben wir keine. Spielbanken in Deutschland gehabt. 1933 — und das ist beinahe bezeichnend —, fast zu Anfang des nationalsozialistischen Reiches, ist ein Gesetz herausgekommen, das die Spielbanken unter ganz bestimmten Bedingungen erlaubte. Ich darf hier sagen — und das wird Sie interessieren — daß das damalige Reichsjustizministerium bis zuletzt dagegen war, daß aber das Reichsinnenministerium mit den anderen Ministerien und der Reichsregierung dafür waren. Sie haben geglaubt, man könne eine Spielleidenschaft eindämmen, man könne diese Leidenschaft reglementieren. Das war wahrlich ein falscher Glaube! Damals ist die Spielbank in Baden-Baden wieder entstanden. So war es bis 1945, bis zum Ende des Weltkrieges.
Und, meine sehr Verehrten, jetzt fing man an. Damals gab es noch kein Reich und noch keine Länder. Bald aber gab es den Bund und gab es. die Länder, und dann sind einige dieser Länder dazu übergegangen, die Spielbanken zu konzessionieren. Sie wissen, daß wir jetzt in der Bundesrepublik 9 Spielbanken besitzen. Aber ich will jene tapferen Länder nennen, die sich gegen die Einrichtung von Spielbanken gewehrt haben,
denn dazu gehört heute ein Löwenmut, das merke ich Ihnen schon an!
— Ja, das merke ich Ihnen an! Ich habe den Eindruck, daß die Mehrheit der Abgeordneten hier im Bundestag die Sache gar nicht ernst genug nimmt.
— Ja, das merke ich, und ich darf Ihnen ruhig sagen, daß mich das mit Scham erfüllt.
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— Ja! — Einige Landesregierungen haben konzessioniert, andere Landesregierungen aber sind tapfer gewesen mit ihren Landtagen. Dazu gehört das Land Nordrhein-Westfalen,
und da ich zu Nordrhein-Wesfalen gehöre, bin ich stolz darauf.
— Das gehört nicht zu Nordrhein-Westfalen! Dazu gehört auch die Stadt Aachen. Aachen, das sehr zertrümmert ist, Aachen, das ein schweres Schicksal hatte, Aachen hat -mit Erfolg die Einrichtung der Spielbank abgelehnt.
Dazu gehört auch das tapfere Land Bayern
— ja, das ist der bayerische Löwe gewesen!—,
und dazu gehört das Land Nordbaden-Württemberg, und ich bitte Sie, die Diskussionen nachzulesen, die dort geführt worden sind und die von großem Ernst getragen waren.
Ich weiß, was Sie mir entgegenhalten. Sie sagen: aber diese Spielbanken führen doch ihre Gewinne gemeinnützigen Zwecken zu, dem sozialen Wohnungsbau, den Kriegerwitwen, den Müttern aller Notleidenden! Ich habe irgendwo gelesen, ganze Städte könne man mit diesem Geld aufbauen. Soll ich Ihnen sagen, was ich davon denke? Ich denke, der Zweck heiligt die Mittel nicht!
Und ich sage Ihnen noch ein anderes: das Geld, das so gewonnen wird, von dem man diese Dinge schafft, ist ein Sündengeld!
— Ja, ich. wiederhole es noch einmal: ein Sündengeld, und an diesem Geld haftet eine dunkle, unheimliche, dämonische Macht!
Unsere Bundesrepublik sollte dies es Geld für
gemeinnützige Zwecke gar nicht besitzen wollen!
Deshalb haben wir diesen Gesetzentwurf eingebracht. Ich weiß, er wird viele andere Meinungen herausfordern. Er wird in mancher Hinsicht auch noch zu ändern sein.
Wir wollen aber, daß er zu einer Auseinandersetzung im Volke anregt, im ganzen deutschen Volk und auch im Bundestag. Wir wollen diesen Gesetzentwurf vor das Gewissen und die Verantwortung des deutschen Volkes und des Bundestags stellen, und wir hoffen, daß der ganze Bundestag einen Gesetzentwurf annimmt.