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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 192. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Februar 1952 8249 192. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 13. Februar 1952. Geschäftliche Mitteilungen 8250C Vorlage der Übersicht über die über- und außerplanmäßigen Haushaltsausgaben im Rechnungsjahr 1950 (Nr. 3069 der Drucksachen) 8250D Änderungen der Tagesordnung der 192. und 193. Sitzung 8250D Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Aufhebung der Verordnung über Ausnahmen vom Mieterschutz und Vorlage eines Gesetzes zur Regelung von Miet- und Pachtverhältnissen für Geschäftsräume und gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke (Nr. 3044 [neu] der Drucksachen) 8250D Beratung abgesetzt 8250D Einspruch des Abgeordneten Dr. Richter (Niedersachsen) gegen den ihm in der 189. Sitzung erteilten Ordnungsruf (Umdruck Nr. 441) 8251A Beschlußfassung 8251A Beratung der Großen Anfrage der Fraktionen der FU (BP-Z), FDP, CDU/CSU betr. Maßnahmen zur Förderung des Kunsthandels (Nrn. 3002, 3099 der Drucksachen) 8251A Dr.-Ing. Decker (FU), Anfragender 8251B Dr. Erhard, Bundesminister für Wirtschaft 8252A Dr. Edert (CDU-Gast) 8252D Dr. Bergstraeßer (SPD) 8253A Renner (KPD) 8253B Dr. Reismann (FU) 8253D Dr. Kleindinst (CSU) 8254A Bausch (CDU) 8254C Ausschußüberweisung des Antrags der Fraktion der SPD (Nr. 3099 der Drucksachen) 8255A Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Gesetz über die Stellung des Landes Berlin im Finanzsystem des Bundes (Drittes Überleitungsgesetz) (Nr. 3032 der Drucksachen) 8255A Brandt (SPD), Anfragender . . . 8255A Schäffer, Bundesminister der Finanzen 8256A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über Wirtschaftsprüfer im Genossenschaftswesen (Nr. 3033 der Drucksachen) 8256D Ausschußüberweisung 8256D Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umstellung der Reichsmarksparguthaben heimatvertriebener Sparer (Nr. 2015 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für den Lastenausgleich (17. Ausschuß) (Nr. 3054 der Drucksachen; Umdruck Nr. 443) 8256D Dr. Atzenroth (FDP), Berichterstatter 8257A Wackerzapp (CDU) . 8258C, 8259C, 8261A Kohl (Stuttgart) (KPD) . . . 8258D, 8261D Ohlig (SPD) 8260A Abstimmungen . . . 8258C, D, 8259D, 8262C Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses (10. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der KPD betr. Entschädigung des in den Gemeinden Sembach, Neukirchen-Mehlingen für militärische Zwecke beschlagnahmten Landes sowie der entstandenen Ernte- und Hausschäden und über den Antrag der Fraktion der KPD betr. Entschädigung des in der Gemeinde Miesau (Rheinland-Pfalz) für militärische Zwecke beschlagnahmten Eigentums der Gemeinde, einzelner Privatpersonen und des Sportvereins Miesau (Nrn. 3036, 2868, 2869 der Drucksachen) . 8262C Dr. Leuchtgens (DP), Berichterstatter 8262D Niebergall (KPD) 8263C, 8266A Neber (CDU) 8264A Ludwig (SPD) 8265A Neumayer (FDP) 8265C Beschlußfassung 8266B Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses (10. Ausschuß) über den Antrag der Abgeordneten Dr. Ott u. Gen. betr. Weiterbau der Autobahnteilstrecke Ettlingen—Bruchhausen (Nrn 3037, 2744 der Drucksachen) 8266B Ritzel (SPD), Berichterstatter . . . 8266B Beschlußfassung 8266C Beratung des Antrags der Fraktion der DP betr. Strafanzeige und Ermächtigung zur Strafverfolgung gegen den hessischen Landtagsabgeordneten Furtwängler (Nr 2997 der Drucksachen) 8266C Ewers (DP), Antragsteller 8266C Mellies (SPD) 8267C Schröter (Kiel) (CDU) 8268A Ausschußüberweisung 8268C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für ERP-Fragen (15. Ausschuß) über den Antrag der Abg. Lenz, Kemmer u. Gen. betr. Ermäßigter Zinssatz für ERP-Wohnungsbaudarlehen (Nrn. 3053, 2285 der Drucksachen) 8268C Brandt (SPD), Berichterstatter . . 8268C Beschlußfassung 8268D Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Vorlage des Geschäftsberichts nebst Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung der Überleitungsstelle für das Branntweinmonopol für das Rumpfbetriebsjahr vom 1. April bis 30. September 1950 (Nr. 3025 der Drucksachen; Umdruck Nr. 440) 8268D Dr. Gülich (SPD), Antragsteller 8269A, 8275C Schäffer, Bundesminister der Finanzen 8271D Morgenthaler (CDU) 8272D Dr. Baade (SPD) 8273C Dr. Wellhausen (FDP) 8275B Beschlußfassung 8276A Beratung des Antrags der Abg. Cramer, Onnen, Schmücker, Walter, von Thadden u. Gen. betr. Bereinigung der Eigentumsverhältnisse an den bundeseigenen Verkehrsunternehmen in Wilhelmshaven und Regelung des Personenverkehrs zwischen diesen Unternehmen (Nr. 3034 der Drucksachen) 8276A Cramer (SPD), Antragsteller . . . 8276A Hartmann, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen . . . . 8277B Gundelach (KPD) 8278A Beschlußfassung 8278C Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betr. Vorlage eines Jugendspargesetzes (Nr. 3035 der Drucksachen) . 8278C Winkelheide (CDU), Antragsteller . 8278C Renner (KPD) 8279B Birkelbach (SPD) 8280A Dr. Hoffmann (Schönau) (FDP) . . 8281B Dr. Bertram (FU) 8281C Frau Rösch (CDU) 8282A Ausschußüberweisung 8282D Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. überregionaler Sender (Nr. 3048 der Drucksachen) 8282D Blachstein (SPD), Antragsteller . . 8282D Ausschußüberweisung 8283C Persönliche Erklärung: Dr. Jaeger (CSU) 8283D Nächste Sitzung 8284C Anlage: Schriftliche Erklärung des Abg. Loritz zur Abstimmung über die Anträge der Fraktionen der CDU/CSU, FDP und DP (Nrn. 3079, 3075, 3076, 3077 und 3074 der Drucksachen) in der 191. Sitzung . . 8284 Die Sitzung wird um 13 Uhr 31 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
  • folderAnlagen
    Anlage zum Stenographischen Bericht der 192. Sitzung Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Loritz gemäß § 59 der Geschäftsordnung zur Abstimmung über die Anträge der Fraktionen der CDU/CSU, FDP und DP (Nrn. 3079, 3075, 3076, 3077 und 3074 der Drucksachen) in der 191. Sitzung vom 8. Februar 1952. Ich habe gegen die eben genannten Anträge und Entschließungen gestimmt, weil sie nach meiner Überzeugung nicht ernstlich gemeint sind, sondern nur dazu dienen, um die völlig falsche, auf Remilitarisierung gerichtete Politik der Regierung Adenauer zu verschleiern. A. Loritz
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Willy Brandt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann mich mit zwei oder drei Sätzen begnügen. Die Drucksache Nr. 2285 war am 7. Juni vorigen Jahres den Ausschüssen für Wiederaufbau und Wohnungswesen, für Fragen der Heimatvertriebenen und federführend dem ERP-Ausschuß überwiesen worden. Alle drei Ausschüsse waren in Übereinstimmung mit dem Ministerium der Meinung, daß der Antrag gegenstandslos ist, da keine ERP-Mittel mehr zur Verfügung stehen, die zugunsten des Flüchtlingssonderprogramms verwandt werden könnten. Solche Mittel werden in Zukunft nur noch zweckgebunden für den Bergarbeiterwohnungsbau zur Verfügung stehen. Was aber die zurückliegende Zeit angeht, so würde es nicht sinnvoll und technisch kaum durchführbar sein, eine Neuverteilung der Mittel vorzunehmen, weil dadurch das bisherige Finanzierungsprogramm in Frage gestellt würde.
    Demzufolge beantragt der Ausschuß für ERP-Fragen,
    der Bundestag wolle beschließen,
    den Antrag gemäß Drucksache Nr. 2285 für gegenstandslos zu erklären.


Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Der Ältestenrat schlägt dem Hause vor, auf eine Aussprache zu verzichten. — Das Haus ist einverstanden.
Ich lasse abstimmen. Wer für die Annahme des Ausschußantrages ist, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Einstimmige Annahme.
Ich rufe Punkt 9 der Tagesordnung auf:
Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Vorlage des Geschäftsberichts nebst Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung der Überleitungsstelle für das Branntweinmonopol für das Rumpfbetriebsjahr vom 1. April 1950 bis 30. September 1950

(Nr. 3025 der Drucksachen; Umdruck Nr. 440).

Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, für die Begründung 25 Minuten und für die Aussprache insgesamt 60 Minuten vorzusehen. — Das Haus ist einverstanden, kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Ich erteile das Wort zur Begründung des Antrags dem Herrn Abgeordneten Dr. Gülich.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Wilhelm Gülich


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der 159. Sitzung am 10. Juli vorigen Jahres nahm der Bundestag einstimmig eine Entschließung an — die von mir eingebracht und begründet worden war —, nach der die Bundesmonopolverwaltung für Branntwein den längst fällig gewesenen Geschäftsbericht für das Rumpfbetriebsjahr vom 1. April bis zum 30. September 1950 vorzulegen hatte. Dieser Geschäftsbericht mit der dazugehörigen Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung ist eingereicht worden, leider aber ganz unvollständig. Nicht vorgelegt wurde die von mir am 10. Juli vorigen Jahres geforderte Eröffnungsbilanz, ohne die das Zahlenwerk unvollständig und unverständlich ist.
    Wir erfahren aus dem Geschäftsbericht mancherlei Kleinigkeiten, erfahren aber nicht die wesentlichen Tatsachen, die wir wissen müssen. Wir erfahren beispielsweise nichts über die alten Monopolbestände, die 1945 da waren und die wohl als Sondervermögen hätten ausgewiesen werden müssen. Wir erfahren nicht, welchen Bestand von welchen Ländern in welchen Sorten und zu welchen Werten die Überleitungsstelle für das Branntweinmonopol am 1. April 1950 übernommen hat, und wir erfahren nicht, in welcher Form und zu welchem Preise die Bestände vom 1. April 1950 und die Erzeugung vom 1. April bis 30. September 1950 verwertet worden sind.
    Die Monopolverwaltung ist nach § 9 des Branntweinmonopolgesetzes verpflichtet, ihre Geschäfte nach kaufmännischen Gesichtspunkten zu führen.
    Da es sich um eine öffentliche Anstalt handelt, ist
    sie zu um so größerer Sorgfalt verpflichtet. Der Bundestag hat nach Gesetz und Moral einen Anspruch darauf, in den Besitz vollständiger Unterlagen zu kommen. Wenn es im Geschäftsbericht möglich ist, einen Reingewinn für die Zeit vom 1. April bis zum 30. September 1950 anzugeben, muß es auch möglich sein, als Unterlage hierfür eine Gewinn- und Verlustrechnung für den gleichen Zeitraum vorzulegen. Das ist aber nicht geschehen.
    Ich will die mir zur Verfügung stehende Redezeit nicht mit bilanzkritischen Einzelheiten ausfüllen. Ich möchte der Monopolverwaltung Gelegenheit geben, die vollständigen Berichte in einem ordnungsmäßigen Rechnungswerk vorzulegen. Das bisher Vorgelegte entspricht nicht dem Auftrag des Bundestags, und es widerspricht den Grundsätzen einer ordnungsmäßigen Rechnungslegung. Unser Anliegen ist um so dringlicher, als ja bis spätestens zum 31. März dieses Jahres der Geschäftsbericht, die Bilanz, die Gewinn- und Verlustrechnung für das Betriebsjahr vom 1. Oktober 1950 bis 30. September 1951 dem Bundestag vorgelegt werden müssen.
    Ich habe im Sommer vorigen Jahres einige Anmerkungen zur Führung der Monopolverwaltung gemacht und darauf hingewiesen, daß dort noch immer nach dem Führerprinzip gearbeitet wird.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Noch gelten die Führererlasse vom 13. September 1934 und vom 7. Dezember 1944.

    (Erneute Rufe bei der SPD: Hört! Hört!)

    Die Mahnung, die ich damals hier vorgebracht habe, ist leider nicht beachtet worden. Ich muß deshalb heute etwas deutlicher werden:
    Eine der interessantesten unter den aktuellen wirtschaftspolitischen Materien ist die Neuregelung der deutschen Branntweinwirtschaft und Branntweingesetzgebung. Die Dringlichkeit und die Bedeutung dieses Gegenstandes liegen nicht in den einem breiteren Publikum bekannten sensationellen Mißständen auf dem Gebiete der Branntweinwirtschaft, ... sondern in der unhaltbar gewordenen finanziellen und wirtschaftlichen Lage des Branntweinmonopols. Bei den bisher aufgedeckten Gesetzwidrigkeiten handelt es sich zwar um Summen, die in die Hunderttausende gehen und teilweise sogar eine Million überschritten haben. Diese Verluste erscheinen jedoch geringfügig gegenüber den Verlusten, die das Branntweinmonopol auf Grund seiner eigentümlichen gesetzgeberischen und wirtschaftlichen Konstruktion zwangsläufig alljährlich erleidet, ohne daß die breitere Öffentlichkeit etwas davon ahnt oder sich darüber aufzuregen Gelegenheit fände.
    Das könnte heute gesagt sein; es ist aber die Einleitung zu einem Aufsatz über Branntweinpolitik, den Kollege Baade vor genau 26 Jahren geschrieben hat.
    Ein Mensch sieht schon seit Jahren klar: Die Lage ist ganz unhaltbar.
    Allein — am längsten, leider, hält
    Das Unhaltbare auf der Welt.
    Ich darf eine zweite Stimme zitieren. Der Reichsminister der Finanzen Erzberger sagte am 3. Dezember 1919 in der Nationalversammlung:
    Beim Branntweinmonopol allerdings muß geprüft werden, ob nicht verschiedene Bestimmungen desselben den technischen Fortschritt hemmen. Meines Erachtens haben wir alle Veranlassung, die Herstellung von Spiritus nach neuen Gewinnungsmethoden so sehr als möglich zu fördern. Das aber ist bei der gegenwärtigen Gestaltung des Monopolgesetzes erschwert. Wird das Branntweinmonopol nach dieser Richtung hin geändert, so wird weit mehr daraus zu gewinnen sein als in seiner heutigen Gestalt. Vor allem kann dann das Monopol auch wirkliche Erträge bringen. Was nützt die ganze Monopolgesetzgebung, wenn infolge der Knappheit an Kartoffeln usw. kein Spiritus hergestellt werden kann? Dann kommt eben aus diesen Steuern nichts heraus. Die Kartoffeln werden aber auf Jahre hinaus in viel höherem Grade als früher für die menschliche Ernährung notwendig sein. Darum müssen wir danach streben, die Produktion von synthetischem Spiritus möglichst zu fördern.
    Meine Damen und Herren, in bezug auf die Branntweingesetzgebung dreht sich die Diskussion
    seit über 50 Jahren im Kreise. Es werden immer dieselben Argumente vorgetragen; aber noch heute haben wir ein Branntweinmonopolgesetz von 1922, das in Wirklichkeit das Gesetz von 1918 ist und ganz auf die Bedürfnisse der ostdeutschen Landwirtschaft abgestellt war.
    Wie ist nun die Situation heute? Im Betriebsjahr 1950/51 sind 50 000 t aus dem Ausland eingeführtes Milokorn zu 175 000 hl Branntwein verarbeitet worden, von Pakistan-Weizen, von Datteln und anderen eingeführten Stoffen ganz zu schweigen. 25 000 hl Branntwein sind aus importiertem Kartoffelwalzmehl hergestellt worden. Milokorn kostet 340 DM die Tonne und wird außerdem mit 10 DM pro Tonne subventioniert; der Bund bezahlt. Infolge der Ausweitung unseres Zuckerrübenanbaus ist nun der Melasseanfall in Deutschland sehr hoch, so daß wir im gleichen Zeitraum einen Melasseüberhang von 80 000 t


    (Dr. Gülich)

    hatten. Davon sind 60 000 t zu einem niedrigen Preis ausgeführt worden, wobei der Herr Bundesminister der Finanzen noch auf den Ausfuhrzoll von 4 DM pro 100 kg, aus welchen Erwägungen immer, Verzicht geleistet hat.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Das ist allein ein Zollverlust von 2,4 Millionen DM. Die Monopolverwaltung zahlte im vorigen Jahr für Milokorn-Sprit 170 DM pro Hektoliter, während der Melassespritpreis 99 DM pro Hektoliter betrug.
    Nun wird dieses eingeführte Milokorn beispielsweise von Hamburg nach Bayern verfrachtet und der Alkohol wieder von Bayern nach Hamburg und Schleswig-Holstein, weil Hamburg und Schleswig-Holstein Alkoholzuschußgebiete sind. Es ist deshalb nicht verständlich, warum das Bundesfinanzministerium dem Lande Schleswig-Holstein solche Schwierigkeiten in der Ausweitung seiner Brennereiwirtschaft gemacht hat, während es auf der anderen Seite — ich sage mit allem Bedacht: — unter Ermessensmißbrauch — nach Art. 177 des Branntweinmonopolgesetzes große Brennereien errichtet bzw. erweitert hat und nur — wiederum unter Anwendung des Art. 177 — solche Brennereien am Leben erhalten kann.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Noch ein Wort mehr zur Melasse. Ich sagte, wir haben einen Melasseüberhang von 80 000 t. Die Hefelüftungsbrennereien stellen nach der Spritbilanz der Bundesmonopolverwaltung, also einer amtlichen Unterlage, und nach den Erklärungen des Herrn Präsidenten der Bundesmonopolverwaltung in der Sitzung des Gewerbeausschusses vom 12. Dezember vorigen Jahres 100 U00 hl Branntwein her, der aber nur beschränkt einsetzbar ist, d. h. für technische und für Treibstoffzwecke. Weil wir nun viel Melasse haben, dürfen die Hefelüftungsbrenner in diesem Jahre 133 1/3 % ihres Brennrechtes verarbeiten. Das gibt 240 000 hl Hefelüftungssprit, der im Schnitt für 120 DM pro Hektoliter von der Bundesmonopolverwaltung übernommen und der für technische Zwecke für 95 DM und für Treibstoffzwecke für 65 DM pro Hektoliter wieder verkauft wird. Ein glattes Verlustgeschäft! Und dennoch eine Erhöhung auf 133 1/3 % des normalen Jahresbrennrechts, während die reinen Melassebrenner sogar 300 % des normalen Jahresbrennrechts abbrennen dürfen.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Hierzu möchte ich auf ein Kuriosum hinweisen. In Schleswig-Holstein hatte die Tornescher Hefe-
    GmbH. sich im vorigen Jahr erboten — sie hatte schon 1750 t Melasse tür 250 000 DM in ihren Tanks liegen, bekam aber nicht die Erlaubnis zur Verarbeitung —, Melassesprit herzustellen und nach den USA auszuführen, entsprechende Vorverträge abgeschlossen und sich bereit erklärt, pro Hektoliter 5 DM als Sonderabgabe an die Monopolverwaltung abzuführen. Sie bekam diese Genehmigung nicht, sondern wir führen den wertvollen Rohstoff Melasse weiterhin aus.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Das sind Dinge, die nicht erträglich sind. Auch ein anderer Antrag dieser Firma ist nicht genehmigt worden, so daß sie Ende dieses Monats vor umfangreichen Arbeiterentlassungen steht.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Und das alles nur deshalb, weil die Monopolverwaltung für Branntwein behauptet, an das Gesetz gebunden zu sein!
    Noch ein Wort zu den Obstbrennern. Kein Wort gegen die Obstbrenner! Die Mengen, die sie herstellen, sind nicht so gewaltig, als daß das sehr ins Gewicht fiele. Außerdem stellen sie ja in den Bergen des Schwarzwaldes einen Stoff her, der sich allgemeiner Beliebtheit erfreut, und sie werden, wie auch das Monopol oder die Branntweinwirtschaft gestaltet sein mag, ebensogut zurechtkommen wie die Whiskybrenner in England oder in Schottland. Aber sie steilen auch einen Sprit her, der nach der Spritbilanz nur beschränkt einsatzfähig ist, nämlich Sprit aus Kernobst, für den die Monopolverwaltung — das ist allerdings der krasseste Fall — 350 DM pro Hektoliter bezahlt; dazu kommen 15 DM für Reinigungskosten, macht 365 DM. Aber verkauft wird dieser Sprit an die Treibstoffwirtschaft für genau 65 DM!

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Und das Interessante dabei ist, daß alle diese Dinge ohne Genehmigung und ohne Kontrolle des Parlaments vorgenommen werden. E i n Mann, der Präsident der Bundesmonopolverwaltung, bestimmt die Preise. Der Beirat, der wichtige Funktionen hatte, ist durch Führererlaß vom 13. September 1934 abgeschafft. Ich bin der Meinung — und wir alle sollten der Meinung sein —, allmählich sollte es unmöglich sein, daß e i n Beamter allein über solche Summen verfügt .

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Um Ihnen einen kleinen Einblick zu geben, darf ich auf Seite 17 des Protokolls der Gewerbeausschußsitzung vom 12. Dezember 1951 verweisen. Der Spritpreis sollte um 75 Pf. pro Liter erhöht werden. Es wurden für medizinisch-pharmazeutische Zwecke Einwendungen gemacht. Präsident Krümmel erklärte darauf, er wolle sich den dargelegten Argumenten nicht verschließen und werde von einer Erhöhung des Preises für Branntwein für medizinisch-pharmazeutische Zwecke absehen. Er! Also alles ohne Mitwirkung des Parlaments! In dem Beirat, der früher existiert hat, war die Legislative durch fünf Reichstagsabgeordnete und der Reichsrat ebenfalls durch fünf Vertreter an allen wichtigen Entscheidungen beteiligt. Nach Fortfall dieses Beirates kann nun die Monopolverwaltung tun, was sie will. Und sie tut, was sie will!
    Das wirkt sich einesteils ganz interessant aus. Wenn man z. B. nach den Geschäftsgewinnen fragt, sieht man, daß vom Jahre 1924 ab der Reingewinn der Monopolverwaltung sich zwischen 0,7 und einmal 6,4 Millionen RM bewegt hat. Sofort nach dem Wegfall des Beirates, der Mitwirkung des Parlaments, das ja ohnehin ausgeschaltet war, gingen die Reingewinne auf 16, 26, 20, 47, 42, 60, 95 und 154 Millionen RM hinauf!
    Nun noch eine interessante Tatsache aus der Gegenwart. In den Bundeshaushaltsplan 1950 ist ein Sollbetrag von 15 Millionen DM Geschäftsgewinn aus dem Monopol eingesetzt. Ich will jetzt nicht über die Problematik dieses Geschäftsgewinns und nicht darüber diskutieren, ob es zu den Aufgaben des Monopols gehört, außer der Hektoliter-Einnahme, der Alkoholsteuer von 1000 DM pro Hektoliter Weingeist noch zusätzlich Gewinne zu erzielen. Aber im Bundeshaushalt 1950 stehen 15 Millionen DM; im Bundeshaushalt 1951 sind 25 Millionen DM eingesetzt worden. Ich habe die Protokolle des Haushaltsausschusses nachgesehen; natürlich sind diese Dinge dort gar nicht diskutiert worden. Denn der Haushaltsausschuß freut sich ja, wenn auf der Einnahmeseite etwas steht. Der Haushaltsausschuß hat diese Einnahmen natürlich


    (Dr. Gülich)

    ohne irgendwelche Diskussion zur Kenntnis genommen. Nun stehen im ersten Nachtrag weitere 5 Millionen DM, so daß in diesem Jahre mit einem Geschäftsgewinn von 30 Millionen DM gerechnet wird.
    Interessant dabei ist, daß der Vertreter des Herrn Bundesfinanzministers im Gewerbeausschuß, Herr Ministerialrat Dr. Walter, in diesem Ausschuß erklärt hat, die Monopolverwaltung habe den Preiserhöhungen gar nicht zugestimmt, sondern durch Beschluß des Parlaments seien ihr Auflagen gemacht worden, die Verwaltung sei lediglich Exekutive. Dort wird also gesagt: Wir sind ja gar nicht so, wir wollten j a gar nicht, aber das Parlament hat diesen Geschäftsgewinn von 25 Millionen festgelegt! Bei der Erhöhung um weitere 5 Millionen DM steht in dem ersten Nachtragshaushalt die lakonische Fußnote: „Das Mehraufkommen an Zöllen und Verbrauchsteuern beruht auf der konjunkturellen Entwicklung der Wirtschaft." Während also in Wirklichkeit die Preise erhöht worden sind, um einen höheren Geschäftsgewinn der Monopolverwaltung zu erzielen — die lagernden Bestände hatten j a sofort einen Mehrwert von etwa 25 bis 26 Millionen DM —, sagt man den Vertretern des Gewerbes: Wir wollen ja gar nicht, aber das Parlament will! In diesem Falle ist auf einmal das Parlament so böse.
    Noch ein Wort zur der Gestaltung der Preise. Nach § 65 des Branntweinmonopolgesetzes richtet sich der Herstellungspreis für Kartoffelsprit nach einer gutgeleiteten mittleren landwirtschaftlichen Brennerei, wobei eine Jahreserzeugung von 500 hl zugrunde gelegt ist. Nach § 72 des Gesetzes dürfen für anderen als aus Kartoffeln hergestellten Sprit Zuschläge oder Abschläge gemacht werden, für Kartoffelsprit also nicht. Der Grundpreis für Kartoffelbranntwein beträgt seit 1934 48 Mark. Dazu kamen im vorigen Jahre ungesetzlich 104 DM Aufschlag nach § 72. Ungesetzlich ist in diesem Jahr ein Aufschlag von 132 DM hinzugekommen, so daß ein Preis von 180 DM pro Hektoliter Kartoffelsprit erzielt wird. Die Monopolverwaltung verfährt hier ungesetzlich. Die Frage ist aber, ob sie wesentlich anders verfahren kann. Aus wirtschaftlichen Gründen kann sie natürlich den alten Preis nicht beibehalten. Ich bin jetzt wegen der Kürze der Zeit nicht in der Lage, die Problematik der Angelegenheit auseinanderzusetzen. Aus den von mir dargestellten Dingen geht jedoch ganz klar hervor, daß mit dem Branntweinmonopolgesetz heute ein solcher Mißbrauch getrieben wird, daß die Wirtschaft und die Steuerzahler darunter erheblich leiden. Das ist es, was uns hier im Parlament interessieren muß.
    Das Bundesfinanzministerium und die Bundesmonopolverwaltung bemühen sich, indem sie zulassen, daß hier wirklich nach reiner Willkür gearbeitet wird, ein seit Jahrzehnten unmöglich gewordenes Gesetz mit Gewalt zu erhalten. Ich bedaure außerordentlich, darauf hinweisen zu müssen, daß die Monopolverwaltung diktatorisch arbeitet unter der Aufsicht eines Ministeriums, das Herrn Bundesfinanzminister Schäffer untersteht; denn Herr Minister Schäffer ist bestimmt ein Demokrat, der die von mir geschilderten Zustände an sich nicht möchte. Aber ich darf nochmals an ihn die freundliche Bitte richten, sich doch sowohl mit seinem Branntweinsteuerreferat wie auch mit der Bundesmonopolverwaltung etwas genauer und eindringlicher zu beschäftigen. Wenn wir diese Dinge — ich hoffe: bald — im Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen bearbeiten, werden Sie alle sehen, meine Damen und Herren, daß es sich hier um keine parteipolitische Angelegenheit handelt, sondern um volkswirtschaftliche Fragen, die unter allen Umständen vom Parlament untersucht und vom Parlament einer Lösung zugeführt werden müssen.

    (Glocke des Präsidenten.)

    — Einen Satz noch, Herr Präsident! — Ich habe bereits am 10. Oktober vorigen Jahres darauf hingewiesen, daß der Herr Bundesfinanzminister uns am 5. Juli vorigen Jahres im Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen zugesagt hatte, er wolle alsbald nach den Parlamentsferien einen Gesetzentwurf zur Änderung des Branntweinmonopolgesetzes vorlegen Er ist bis heute nicht vorgelegt worden, und wie ich neulich im Finanzministerium erfuhr, sind die Vorarbeiten für dieses Gesetz noch nicht soweit gediehen, daß mit der Vorlage bald gerechnet werden kann. Ich sage Ihnen aber: Die Zustände in der Branntweinwirtschaft, von denen ich ja nur sehr wenig habe beleuchten können, bedürfen dringend einer baldigen gesetzlichen Regelung. Dabei braucht niemand zu Schaden zu kommen, wenn wir darangehen, ein unmöglich gewordenes Gesetz den wirtschaftlichen Gegebenheiten unserer Gegenwart anzupassen.
    Wir erwarten also, Herr Bundesfinanzminister, die Vorlage dieses Gesetzes. Sie bringen mich sonst in die Lage, einen Initiativgesetzentwurf zur Änderung des Branntweinmonopolgesetzes einbringen zu müssen, woran sich, wie ich vermute, ein großer Teil des Hauses gern beteiligen wird.

    (Beifall bei der SPD.)