Rede von
Wilhelm
Mellies
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zu einigen Punkten des ganzen Vorganges einige Worte des Bedauerns sagen. Zunächst ein Bedauern darüber, daß dieser Vorfall sich im Bundestag zugetragen hat. Herr Ewers hat eben schon zum Ausdruck gebracht, daß es wohl kaum jemanden in diesem Hause geben wird, der die durch Zeugenaussagen festgestellten Vorgänge nicht verurteilt. Alle Handlungen, die heilige und religiöse Gefühle und Überzeugungen verletzen, sprechen gegen denjenigen, der sie begeht.
Wir sollten aus der Vergangenheit gelernt haben, daß es nichts Verwerflicheres gibt als Taten, die den einzelnen Menschen oder ganze Gruppen im tiefsten verletzen und empören müssen. Ich habe diesen Standpunkt bereits bei der ersten Besprechung dieser Angelegenheit vor einigen Wochen im Ältestenrat vertreten.
Ein zweites Wort des Bedauerns zu der Tatsache, die auch von Herrn Ewers berührt worden ist, daß Herr Furtwängler sich nicht in der Lage gesehen hat, sich bei dem Präsidenten des Hauses wegen des Vorfalls zu entschuldigen. Wenn jemand einen Fauxpas begangen hat, sollte die Entschuldigung eine Selbstverständlichkeit sein.
Wir sollten diese Dinge aus der einfachen menschlichen Situation sehen und daher wissen, daß eine solche Entschuldigung keine Schande ist, sondern die Erkenntnis für einfache menschliche Notwendigkeiten beweist.
Dann aber auch ein paar Worte des Bedauerns darüber, daß dieser Antrag eingereicht wurde. Es ist im Ältestenrat klargeworden, daß alle Richtungen dieses Hauses den Vorgang in der schärfsten Weise verurteilen. Es kann deshalb keine Rede davon sein, daß das Haus den ganzen Vorfall etwa leichtnimmt. Über die Stellung selbst hat das Haus keinen Zweifel gelassen. Aber der amtierende Präsident hat damals den Landtagsabgeordneten Furtwängler des Saales verwiesen. Herr Ewers hat eben schon darauf hingewiesen, daß der hessische Bevollmächtigte beim Bundesrat sich mündlich und schriftlich beim Präsidenten des Bundestages entschuldigt hat. Der Präsident des Bundesrates hat außerdem Vorsorge getroffen, daß eine weitere mißbräuchliche Benutzung der Tribüne des Bundesrats nicht mehr möglich ist. Damit dürfte den Anforderungen, die von seiten des Bundestags in der Angelegenheit zu stellen sind, im großen und ganzen Genüge getan sein.
Der Bundestag wird durch den Antrag in eine schwierige Lage gebracht. Ich will das im einzelnen nicht darstellen; wir werden uns nach der Ausschußberatung weiter darüber unterhalten müssen. Es wird verlangt, daß nicht nur wegen Beleidigung des Bundestages, sondern auch wegen Beleidigung des Herrn Bundeskanzlers Strafantrag gestellt
wird. Ich glaube, das letztere kann aber nicht Aufgabe des Bundestags, sondern nur Aufgabe des Herrn Bundeskanzlers oder der Bundesregierung sein. Eine Strafverfolgung wegen Gotteslästerung muß vom Staatsanwalt, gegebenenfalls von Amts wegen, erfolgen. Wir fürchten, daß der Bundestag, wenn er dem Antrag in der vorliegenden Form entspricht, einen Präzedenzfall schafft, der weitgehende Folgen haben kann. Wir begrüßen es deshalb, daß auch die Herren Antragsteller damit einverstanden sind, daß der Antrag in den Ausschüssen noch einmal sehr sorgfältig überprüft wird. Ich hoffe, die Herren Antragsteller sind damit einverstanden, daß der Antrag nicht nur dem Ausschuß für Geschäftsordnung und Immunität, sondern auch dem Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht überwiesen wird. Wir sind der Überzeugung, daß sich in den Ausschüssen eine Formulierung finden lassen wird, die den Interessen des Parlaments entspricht; denn dieses Haus hat die Angelegenheit von Standpunkt des Parlaments aus zu betrachten und zu beurteilen.