Für uns waren einfache sachliche und rechtliche Gründe entscheidend. Es stellt nach unserer Auffassung einen Akt der Ungerechtigkeit dar, nun ausgerechnet den Teil, der in der Vergangenheit nicht die Möglichkeit hatte, sich ein besonders hohes Sparkonto anzulegen, aus
der Entschädigung herauszunehmen. Man kann nicht davon sprechen, daß bei der Streichung dieses Abs. 2 für den Bund oder für den Lastenausgleichsfonds irgendwelche entscheidenden Belastungen eintreten; aber ich bin der Auffassung, daß wir es nicht verantworten können, meine Damen und Herren, hier einen Maßstab anzulegen, der nach zweierlei Recht mißt. Wenn Sie ein solches Gesetz verabschieden, soll jeder Mensch, der über ein Sparguthaben, gleichgültig in welcher Höhe, verfügte, einen Anspruch auf dieses Sparguthaben geltend machen können. Vergessen Sie doch bitte nicht, daß die Lage der Flüchtlingsfamilien — wenigstens beim überwiegenden Teil — so katastrophal ist, daß in einem solchen Haushalt jede Mark von entscheidender Bedeutung sein kann. Deswegen bitte ich Sie, unserem Antrag zuzustimmen, § 3 Abs. 2 zu streichen, der Sparguthaben bis zu 50 Reichsmark außer Ansatz lassen will, während Sie — das möchte ich in diesem Zusammenhang feststellen — eine Begrenzung nach oben nicht vorsehen. Sie sehen also nur eine Begrenzung nach unten, nach dem Teil der Ärmsten der Armen, vor, während eine Begrenzung nach oben in diesem Gesetz nicht in Erscheinung tritt.
Nun zu dem Änderungsantrag zu § 4, den ich gleich mit begründen möchte. Ich glaube, wir haben hei § 4 eigentlich dieselbe Tendenz zu verzeichnen wie beim Feststellungsgesetz. Sie machen in diesem Gesetz dasselbe, indem Sie sagen: „Wir nehmen diese Geschichte vorweg, nehmen sie aus dem Rahmen des allgemeinen Lastenausgleichs heraus", und Sie erwecken damit Illusionen, während doch die Tatsachen — das geht aus § 4 eindeutig hervor — den Flüchtlingen und den Anspruchsberechtigten überhaupt nicht die Möglichkeit geben, über ein Guthaben zu verfügen, weil dieses Guthaben, so wie hier festgelegt ist, gar nicht zur Auszahlung kommt. Meine Damen und Herren, fallen wir doch nicht auf eine optische Täuschung in diesen Dingen herein! Sie wissen ja noch gar nicht, welche Summe Sie eigentlich zur Verfügung haben, um die Auszahlung zu gewährleisten. Sie sprechen heute davon, daß im ersten Jahr 50 Millionen DM zur Verfügung gestellt werden, daß insgesamt eine Summe von 250 Millionen DM eingesetzt werden soll. Aber diese Anerkennung der Guthaben ist eben nur eine Anerkennung. Im übrigen bleiben die Guthaben blockiert, trotz der platonischen Erklärung, daß Guthaben bis zu 20 Mark vielleicht dann, wenn die Auszahlung einmal beginnt, bevorzugt ausgezahlt werden sollen. Das nimmt Ihnen doch wirklich niemand ab, meine Damen und Herren! Wenn Sie vielleicht in der Begründung zu sagen wagen, daß, da bereits ein Anspruch festgelegt wird, mag er auch in fünf Jahresraten zur Auszahlung kommen, eine ganze Reihe von Anspruchsberechtigten Kredite aufnehmen können, wodurch sie, sagen wir, ihre Lebens-lane verbessern können, so nimmt Ihnen das in Ihrem eigenen Kreis draußen kein Mensch ab.
Wir sind deswegen der Auffassung. daß der § 4 Abs. 1 wie folgt geändert werden muß:
Der Anspruch auf Entschädigung wird mit dem sich aus 3 ergebenden Betrag festgestellt. Der Anspruchsberechtigte kann nach Anerkennung des Entschädigungsanspruches sofort über sein Guthaben verfügen.
Wenn Sie für diesen Kreis der Anspruchsberechtigten wirklich etwas Entscheidendes tun wollen, wenn Sie wirklich der Meinung sind, daß man diese Aufwertung aus dem Rahmen des allgemeinen Lastenausgleichs herausnehmen muß und vorweg zur Verabschiedung bringen soll, dann haben Sie auch die Verpflichtung, dafür zu sorgen, daß der Anspruchsberechtigte sogleich Geld in die Hände bekommt, Geld, das Sie für andere Zwecke in rauhen Mengen zur Verfügung haben.