Meine Damen und Herren! Die heute zur Beschlußfassung stehende Vorlage Drucksache Nr. 3054 gehört zwar in den Bereich des Lastenausgleichs; sie stellt aber gleichzeitig auch eine Änderung der Währungsreform dar. Die Grundlage bildet der Antrag der Kollegen Wackerzapp und Genossen — Drucksache Nr. 2015 — vom 7. März 1951, der dem Ausschuß für den Lastenausgleich überwiesen und in einem Unterausschuß eingehend bearbeitet worden ist. Nach Überprüfung durch den Hauptausschuß hat dieser Antrag dann die vorliegende Fassung erhalten.
Über den materiellen Inhalt bestand im Ausschuß Einmütigkeit; doch hat sich eine Minderheit dafür ausgesprochen, dieses Gesetz mit in das große Lastenausgleichsgesetz einzugliedern. Die Mehrheit hingegen hielt es für richtig, das Gesetz gesondert vorweg zu verabschieden, da die Voraussetzungen völlig geklärt seien und das technische Anlaufen möglichst früh beginnen soll. Es handelt sich um folgendes. Das Lastenausgleichsgesetz sieht Entschädigungsleistungen für Vertriebene, für Kriegs-sachgeschädigte und in gewissem Umfang auch für Währungsgeschädigte vor. Aus diesem, dem letzten Kreise hat man nun einen kleinen Teil — die heimatvertriebenen Sparer — herausgenommen. Sie sollen für ihre Guthaben ebenso wie die einheimischen Sparer eine Aufwertung von 6,5 % erhalten. Sie werden dabei dadurch begünstigt, daß ihnen die Kopfquote im Gegensatz zu der einheimischen Bevölkerung nicht angerechnet wird. Nach Ansicht des Ausschusses soll dies jedoch ein Ausgleich dafür sein, daß sie erst jetzt, 3 1/2 Jahre später, in den — noch dazu eingeschränkten —Genuß der Aufwertung kommen.
Es erhob sich dann sofort der Einwand, warum die Aufwertung auf die Sparguthaben beschränkt bleiben soll, warum insbesondere die Inhaber von Girokonten nicht in gleicher Weise behandelt werden können. Nach eingehender Prülung hat der Ausschuß an der Beschränkung festgehalten, da Girokonten immer nur im Zusammenhang mit dem Gesamtvermögen betrachtet werden können und bei dem beweglichen Charakter solcher Konten der Endstand von zu vielen Zufälligkeiten abhängig ist. Der Ausschuß war aber der Ansicht, daß dadurch keine Schlechterstellung dieser Kreise erfolgen soll und daß die Regelung für sie im Lastenausgleichsgesetz erfolgen muß. Ähnlich verhält es sich mit den vertriebenen Sparern, die ihren Wohnsitz außerhalb des Reichsmark-Währungsgebietes hatten. Auch ihre Ansprüche müssen durch das Hauptgesetz geregelt werden.
Die schwerste Sorge bereitete dem Ausschuß der Kreis derjenigen Sparer, die ihre Unterlagen — meistens durch brutale Eingriffe der Vertreibungsmächte — verloren haben. Trotz immer wiederholter Überprüfungen hat sich keine Möglichkeit gefunden, ihnen hier zu helfen. An dem urkundlichen Nachweis mußte festgehalten werden. Diesen so schwer getroffenen Menschen muß unter Berücksichtigung ihrer allgemeinen Lage ebenfalls im Hauptgesetz geholfen werden.
Schließlich mußte sich der Ausschuß noch mit etwaigen Bedenken des Bundesrats beschäftigen. Eine gewisse Kontrolle über die Rechtmäßigkeit der Feststellung des Sparerschadens ist ja nicht zu vermeiden. Der Ausschuß glaubt aber, seine Formulierungen so gefunden zu haben, daß auch für den Bundesrat keine Bedenken bestehen. Materielle Rechte der Länder werden durch dieses Gesetz ja nicht berührt. Die Tendenz des Gesetzes wird sicherlich auch vom Bundesrat unterstützt werden.
Ich darf mich nun der Berichterstattung über die einzelnen Paragraphen der Drucksache Nr. 3054 zuwenden. Der Erste Abschnitt behandelt die Voraussetzungen und den Inhalt des Währungsausgleichs. Er legt zunächst den Begriff des Sparguthabens fest und beschränkt den Geltungsbereich auf das Reichsmark-Währungsgebiet östlich der Oder-Neiße-Linie. Es werden nicht etwa Guthaben bei Sparkassen in Mitteldeutschland, also der sowjetischen Zone aufgewertet, wie in der Offentlichkeit mitunter angenommen wurde. Zum Reichsmark-Währungsgebiet gehören dagegen das Sudetenland und das ehemalige Protektorat, wo die tschechische Krone im Verhältnis zehn zu eins der Reichsmark gleichgestellt war. Die Postsparguthaben sind im allgemeinen schon umgestellt. Ein ganz kleiner Rest, der aus den verschiedensten Gründen übriggeblieben ist, ist in dieses Gesetz mitaufgenommen worden. Selbstverständlich bleiben alle Guthaben unberührt, die bereits auf Deutsche Mark umgestellt oder umwandlungsfähig sind.
Ein weiterer Absatz des § 1 legt dann den Begriff des Vertriebenen in engster Anlehnung an das Vertriebenengesetz fest. Einbezogen wurden noch die sogenannten Evakuierten. Ich möchte diesen Zusatz wörtlich vorlesen:
Wer, um Kriegseinwirkungen auszuweichen, seinen Wohnsitz in die in Satz 1 genannten Gebiete verlegt und diesen Wohnsitz infolge Vertreibung verloren hat, gilt als Vertriebener, auch wenn er einen Wohnsitz außerhalb dieser Gebiete beibehalten hat.
In § 2 wird klargestellt, wem ein Entschädigungsanspruch zusteht. Es müssen drei Voraussetzungen erfüllt sein. Der Geschädigte muß Vertriebener sein; das Sparbuch oder die Ersatzurkunde muß auf seinen Namen lauten, und er muß seinen Wohnsitz am 31. Dezember 1949 im Bundesgebiet gehabt haben. Hierzu ist eine Änderung erforderlich. Der entsprechende Änderungsantrag wird noch vorgelegt. Die Änderung geht dahin, daß das Sparbuch auch auf den Namen des Erblassers lauten kann. Dieser Antrag wird nachher besonders begründet. Der Anspruch der Erben ist in § 2 Abs. 2 geregelt. Von dem Gesetz werden nur natürliche Personen betroffen. Steht die Spareinlage aber einer Gemeinschaft zur gesamten Hand zu, so übernehmen die beteiligten natürlichen Personen die Ansprüche.
Die Entschädigung beträgt, wie ich schon gesagt habe, 6,5 %, berechnet nach dem letzten Kontostand. Guthaben unter 50 Reichsmark bleiben unberücksichtigt, weil dabei an Aufwertung nur ein Betrag von unter 3,25 DM herauskäme und sich damit ein Übermaß an Verwaltungsarbeit ergäbe.
Über das entstehende Guthaben wird eine Ausgleichsgutschrift erteilt, über die der Entschädigungsberechtigte erst nach der Freigabe verfügen kann. Eine vorherige Verfügung nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts ist möglich, das Guthaben kann also verpfändet und beliehen werden. Ab 1. Januar 1952 wird das Guthaben mit 4 % verzinst.
In dem Zweiten Abschnitt wird das Verfahren geregelt. Ich will nicht auf jeden einzelnen Paragraphen eingehen, sondern den vorgesehenen Verlauf kurz schildern. Der Antragsteller hat das Recht, sich eine ihm genehme Sparkasse oder Bank oder ein anderes Kreditinstitut oder die Postsparkasse zu wählen. Dabei ist er allerdings auf den Bereich des für ihn zuständigen Ausgleichsamts beschränkt, und zwar wegen der erforderlichen Nachprüfung. Es kann ihm aber eine Ausnahme dahin bewilligt werden, daß er die Anmeldung auch im Bereich des Nachbarbezirks, also etwa in der benachbarten Stadt, vornehmen kann. Wenn er dem zuständigen Geldinstitut erstens seinen Personalausweis, zweitens den Flüchtlingsausweis, drittens den Nachweis, daß er am 31. Dezember 1949 im Bundesgebiet gewohnt hat, und viertens das Sparbuch vorlegen kann, so kann das Konto sofort eingerichtet werden. Können die Nachweise nicht so klar geführt werden, soll das Ausgleichsamt entscheiden. Das Verfahren über die Beschwerde hiergegen richtet sich nach den Bestimmungen, die im Gesetz über den allgemeinen Lastenausgleich getroffen werden. Fehlt das Sparbuch, so sind als Ersatz gewisse Urkunden zugelassen, die in § 8 genau bezeichnet werden. Die Bundesregierung kann durch Rechtsverordnung weitere Urkunden als Beweismittel zulassen.
Die Mittel für die Durchführung des Währungsausgleichs sollen aus dem Fonds bereitgestellt werden, der im Lastenausgleichsgesetz bestimmt wird, und zwar in einer Höhe von jährlich 50 Millionen DM. Die Bundesregierung regelt dann jährlich durch Rechtsverordnung, welche Konten zuerst freigegeben werden. Konten bis zu 20 DM sollen bevorzugt zur Freigabe kommen.
Durch Sondervorschriften ist dann noch festgelegt, daß das Land Berlin in vollem Umfange in dieses Gesetz einbezogen wird.
Meine Damen und Herren, nach der Ansicht der Mehrheit des Ausschusses soll durch dieses Gesetz eine Teilaufgabe des allgemeinen Lastenausgleichs vorab gelöst werden. Die betroffenen Personen sollen jetzt mit der Geltendmachung ihrer Ansprüche beginnen können. Die Mehrheit des Ausschusses glaubt darüber hinaus, daß diese neuen Ostsparguthaben der Ansatzpunkt für die Bildung von neuem Sparkapital sein können.
Ich habe daher den Auftrag, Sie um Annahme des Gesetzes zu bitten.