Rede von
Dr.
Ludwig
Erhard
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die als Drucksache Nr. 3002 von den Fraktionen der FU, FDP und CDU/CSU gestellte „Große Anfrage" betreffend Maßnahmen zur Förderung des Kunsthandels beantworte ich wie folgt.
1. Der Begriff des Kunstwerks ist, wie ich als bekannt unterstellen darf, sehr schwierig abzugrenzen. In den internationalen Warenabkommen erscheinen Kunstwerke daher in der Regel nicht als eine besondere Position; vielmehr fallen sie unter den Sammelbegriff „Verschiedenes".
Die Devisenlage gestattete — von Ausnahmen wie z. B. Kupferstichen abgesehen — bisher nicht die Liberalisierung der Einfuhr von unter den Begriff „Kunstwerke" fallenden Gegenständen. Das bedeutet aber, daß jeder Einfuhrantrag der Zustimmung des Einfuhrausschusses bedarf. Die in der „Großen Anfrage" getroffene Feststellung, daß dem deutschen Kunsthandel für den Rückkauf deutscher Kunstwerke aus dem Ausland keine Devisen zur Verfügung stünden, muß ich insofern berichtigen, als durchaus die Möglichkeit besteht, Einfuhrwünsche in dieser Richtung zu realisieren. Wenn aber die Devisenlage Einfuhrgenehmigungen auch nur in bescheidenem Umfange zuläßt, so war es doch immerhin möglich, in letzter Zeit, wie z. B. im Monat Dezember 1951, für die Einfuhr von Ölgemälden aus Großbritannien einen Betrag von 42 000 DM freizugeben; der gleiche Betrag kann wahrscheinlich in Kürze für die Einfuhr von Ölgemälden aus Österreich zur Verfügung gestellt werden. Diese relativ geringfügigen Beträge einerseits und die Tatsache des ausgesprochenen Individualcharakters des Kunsthandels andererseits lassen eine Veröffentlichung der Ausschreibungen im Bundesanzeiger nicht als zweckmäßig erscheinen. Daher werden die freigegebenen Beträge in der Regel dem jeweiligen Antragsteller — nach
Prüfung des Einzelantrags durch die Bundesstelle für den Warenverkehr, das Bundeswirtschaftsministerium und den Einfuhrausschuß — unmittelbar zugeteilt.
2. Zu den in der Großen Anfrage erwähnten Berichten der Tagespresse über die Einfuhr von Schund- und Schmutzbildern darf ich folgendes feststellen. Die Einfuhr von Büchern, Zeitungen und Zeitschriften ist — abgesehen von der Unterbrechung vom Februar 1951 bis Dezember 1951 — generell liberalisiert. Daher müssen für die Einfuhr von Druckerzeugnissen von den Landeszentralbanken ohne formelle Beschränkungen Einfuhr- und Zahlungsbewilligungen erteilt werden.
Zur Sache selbst ist zu bemerken, daß Einzelhändler von der Ein- und Verkaufsgenossenschaft Hannoverscher Zeitungen Bilderhefte französischer Herkunft bezogen haben. Verkäufer war die Firma W. E. Sabach GmbH., Köln-Junkersdorf, die die Hefte offenbar über ihre Filiale Mainz importiert hatte. In dem Urteil des Landgerichts Hannover ist nach den mir vorliegenden Berichten von einer bestimmten devisengenehmigenden Stelle, wie z. B. Außenhandelskontor oder Finanzministerium Niedersachsen, nicht die Rede. Insofern entspricht die Angabe in der erwähnten Tagespresse nicht den Tatsachen. Im übrigen ist eine Genehmigungszuständigkeit weder des Bundesfinanzministers noch der Länderfinanzminister gegeben.
Erläuternd muß ich hinzufügen, daß es schwierig, ja in den meisten Fällen unmöglich ist, aus den Angaben des Einfuhrantrags auf den Inhalt der Schriftwerke und der Abbildungen zu schließen. Es ist daher wohl möglich, daß Schriften und Abbildungen, die als Schmutz und Schund anzusprechen sind, auf diesem Wege in die Bundesrepublik gelangen. Es ist von dieser Seite aus nahezu unmöglich, Presseerzeugnisse und Schriften unerwünschten Inhalts von vornherein von der Einfuhr auszuschließen. Als Gegenmaßnahme kann indes der Erlaß des früheren Reichsministers der Finanzen vom 21. April 1928 — abgedruckt in der Anleitung für die Zollabfertigung — gelten, wonach bei der — ich zitiere wörtlich — „zollamtlichen Behandlung der aus dem Ausland eingehenden Sendungen mit Büchern, Broschüren, Schriften, Bildern und dergleichen" die Zollstellen darauf zu achten haben, ob die Sendungen unzüchtige Schriften, Abbildungen oder Darstellungen enthalten. Diese sind nach dem genannten Erlaß anzuhalten und durch die Polizei, die auch die weiteren Maßnahmen veranlaßt, zu beschlagnahmen. Der Herr Bundesfinanzminister hat in diesem Sinne am 9. Juni 1950 die Zollstellen auf die Beachtung des Erlasses besonders hingewiesen.