Rede von
Hans
Ewers
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(DP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DP)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Fürchten Sie nicht, daß ich den vielen Argumenten, die wir mittlerweile — wohl 18 Stunden — gehört haben, noch neue hinzufügen will. Ich habe nur den Wunsch, am Schluß der Beratung als eines der älteren Mitglieder zur Gesamtdebatte einige kurze Bemerkungen von meinem, meiner Freunde und, ich glaube, der Koalition Standpunkt aus zu machen.
Diese Debatte, die hier über eine Schicksalsfrage von vitalster Bedeutung für das deutsche Volk geführt wurde, behandelt einen Stoff, der mitten in diplomatischen Verhandlungen steht. Man kann zweifeln, ob es richtig ist, in dieser Weise einen Stoff zu behandeln, der international seit Monaten besprochen wird und wohl noch Wochen besprochen werden muß. Dennoch schien mir die Debatte vom Standpunkt der Befürworter des grundsätzlichen Ja aus sehr fruchtbar.
Ich frage mich nur: was hat bei einer solchen Situation die Opposition für eine Aufgabe? Bedenken Sie, meine Herren von der Opposition — und an Sie richte ich das Wort —: auch in unseren Reihen bestehen durchaus lebhafte Zweifel, wie Sie aus den Resolutionen entnehmen, die man Ihnen vorlegt. Auch bei uns ist es keineswegs so, daß wir mit Begeisterung wieder zu den Waffen eilen wollen. Neben allen andern Bedenken, die von der
Politik der Besatzungsmächte ausgehen, kommen noch psychologische Momente hinzu. Wir wollen unsere Jugend, die heute — vielleicht um 1930 geboren — etwa 22 Jahre ist, zu den Waffen rufen. Sie hat am Krieg nicht teilgenommen, aber sie hat mit wachen Sinnen den fürchterlichen Zusammenbruch nach dem letzten Krieg erlebt. Sie hat erfahren, daß die Heimkehrer — nicht nur vom Ausland, auch von den eigenen Landsleuten — als „Militaristen" beschimpft worden sind. Und be-. denken Sie — und das ist bei der Jugend unzweifelhaft der Fall —: eine große Zahl unserer jungen Menschen hat ihre jugendlichen Ideale und Hoffnungen infolge einer falschen Propaganda vertan. Sie haben alles verloren, an was sie geglaubt und was sie erhofft haben. Daher kommt diese gewaltige Mißstimmung im gesamten Volk, die die Kommunisten weidlich für sich ausnutzen möchten.
Aber nun die Opposition! Ich hätte erwartet und gehofft, daß wir einerseits noch weitere Argumente in demselben Sinne erführen — ich habe keines gehört --und daß die Opposition andererseits der Regierung, die ja nach außen in schwerem Kampf steht, bei den Verhandlungen beispringen würde in dem Sinne und mit der Wirkung, daß es sich unsere Verhandlungspartner überlegen müßten, auch unseren Wünschen Rechnung zu tragen. Aber was tun Sie? Sie sagen zwar zur Verteidigung grundsätzlich j a, Sie sagen grundsätzlich ja zur Freundschaft mit Amerika, aber Sie sagen nein zum Bundeskanzler. Auf diese Weise, mit diesem vorbehaltlosen Nein zum Bundeskanzler verbunden mit der Erklärung, daß Sie — ich zitiere Herrn Ollenhauer — „die Konzentration aller Kräfte und die Offenbarung der strategischen Konzeption" stattdessen in Vorschlag brächten, können Sie keine Funktion der Opposition ausüben. Die „Konzentration aller Kräfte" soll doch jetzt vorgenommen werden durch den Verteidigungsvertrag und in der NATO; den „Verrat der strategischen Konzeption" werden Sie von niemandem erwarten können. Dieser „positive Beitrag" der SPD ist also nullwertig.
Und nun darf ich mich persönlich an den von mir so hochverehrten Herrn Dr. Carlo Schmid wenden. Er ist leider nicht da. Ich stehe nicht an zu erklären, daß seine Rede mit Abstand die schlechteste Rede war, die er je im Bundestag gehalten hat.
Aber ich sage offen: auch dann bleibt es noch eine brauchbare Rede, denn er ist ein sehr großer Redner und eine Zierde des Bundestags.
Er hat mir oft vorgehalten, wir verstünden uns nicht wegen des Generationsunterschiedes.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, was er uns heute neben einigen juristischen Bonbons an Scheingründen vortrug, das war aus irgendeiner Mottenkiste entnommen.
Und ich gebe ihm zu: ich komme mir jetzt neben ihm wie ein Enkel vor;
ich möchte ihm daher für die heutige Rede die
Worte zurufen: „Weh Dir, daß Du ein Opa bist!"