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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 191. Sitzung. Bonn, Freitag, den 8. rebruar 1952 8149 191. Sitzung Bonn, Freitag, den 8. Februar 1952 Geschäftliche Mitteilungen 8149C Fortsetzung der Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung (Frage eines deutschen Verteidigungsbeitrags und der Errichtung einer Europäischen Verteidigungsgemeinschaft usw.) 8149C Dr. Kather (CDU) 8149D von Thadden (Fraktionslos) . . . 8151C Dr. Arndt (SPD) 8154A Dr. Adenauer, Bundeskanzler 8158B, 8196B, 8201B Dr. Schäfer (FDP) 8161A Frau Brauksiepe (CDU) 8166B Dr.-Ing. Decker (FU) 8168D Frau Wessel (FU) 8170B Dr. Bertram (FU) 8172D Dr. Etzel (Bamberg) (FU): zur Sache 8175B persönliche Erklärung 8243C Dr. Jaeger (CSU) 817'7A Loritz (Fraktionslos) . . . . 8179B, 8224D Frau Thiele (KPD) 8181A Hedler (Fraktionslos) 8183B Dr. Schmid (Tübingen) (SPD) 8183D, 8201A Dr. von Merkatz (DP) 8201C Goetzendorff (Fraktionslos) . . . 8206D Dr. Schröder (Düsseldorf) (CDU) . 8207D Dr. Richter (Niedersachsen) (Fraktionslos) 8211B Dr. Ehlers (CDU) 8213B Fröhlich (BHE-DG) 8218C Dr. Mühlenfeld (DP) 8221B Frommhold (Fraktionslos) 8223C Löfflad (DP) 8225C Rische (KPD) . . . . 8226A Dr. von Brentano (CDU): zur Sache 8228B, 8238C zur Abstimmung 8242D Dr. Preusker (FDP) 8232D Ollenhauer (SPD) 8234B Ewers (DP) 8239D Euler (FDP) 8240C Dr. Reismann (FU) 8240D Schoettle (SPD) (zur Abstimmung) 8241D Abstimmungen 8242B Namentliche Abstimmung . . . 8242D, 8248 Nächste Sitzung 8243D Schriftliche Erklärung der Fraktion der SPD zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der FDP, CDU/CSU und DP (Nr. 3078 der Drucksachen): Wehner (SPD) 8244 Zusammenstellung der namentlichen Abstimmung über die Entschließung der Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP (Nr. 3074 der Drucksachen) 8245 Die Sitzung wird um 9 Uhr 3 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    *) Vergl. das endgültige Ergebnis S. 8248. Anlage zum Stenographischen Bericht der 191. Sitzung Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Wehner (SPD) gemäß § 59 der Geschäftsordnung für die Fraktion der SPD zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der FDP, CDU/CSU und DP (Nr. 3078 der Drucksachen) Die SPD-Fraktion brachte am 25. April 1951 eine Interpellation (Nr. 2187 der Drucksachen) ein, betreffend kriegsgefangene Deutsche im Westen. Diese Interpellation — zu der die Bundesregierung eine Art vorläufige Altwort schriftlich ausgearbeitet hatte — wurde infolge der Bedenken, die das Auswärtige Amt durch Staatssekretär Hallstein gegen eine öffentliche Behandlung zu jenem Zeitpunkt zum Ausdruck gebracht hatte, von der SPD-Fraktion in einen Antrag umgewandelt, der dem Auswärtigen Ausschuß überwiesen und dort — sowie im Unterausschuß für Kriegsgefangenenfragen — beraten wurde. Nach ausführlicher Behandlung, zu der Sachverständige — z. B. Verteidiger — zugezogen wurden, faßte der Auswärtige Ausschuß am 15. November 1951 einstimmig einen Beschluß, der der Bundesregierung in einem Schreiben zugeleitet wurde. Dieser Beschluß enthält ganz genau umrissene Forderungen, die a 11e im Westen verurteilten deutschen Kriegsgefangenen betreffen. Der Ausschuß beschloß, diesen Beschluß dann dem Plenum vorzulegen, sobald ein Bericht der Bundesregierung über das Resultat der von ihr im Sinne des Beschlusses unternommenen Schritte vorliegen würde. Die Vertreter der SPD-Fraktion im Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten erklärten bei dieser Gelegenheit, daß sie darauf bestehen müßten, den Bericht des Ausschusses zu gegebener Zeit (in Abstimmung mit der Regierung) im Plenum zur Diskussion und Entscheidung zu stellen. Der heute vorgelegte Antrag der Regierungsparteien, Drucksache Nr. 3078, stellt — im Hinblick auf die am 15. November 1951 einstimmig gefaßte und der Bundesregierung übermittelte Resolution mit ihren präzisen Empfehlungen, die alle im Westen verurteilten kriegsgefangenen Deutschen betreffen — leider keinen Fortschritt dar. Es kann in dieser Situation nicht Aufgabe des Bundestages sein, sich mit einer bloßen Resolution zu begnügen. Die SPD-Fraktion ist nicht imstande, diesem Antrag zuzustimmen, sondern erwartet, daß die Bundesregierung über ihre konkreten Schritte zugunsten der- im Westen verurteilten kriegsgefangenen Deutschen berichtet. Herbert Wehner. Namentliche Abstimmung über die Entschließung der Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP (Nr. 3074 der Drucksachen) Name Abstimmung Name Abstimmung CDU/CSU Dr. Horlacher Ja Horn Ja Dr. Adenauer Ja Huth Ja Albers Ja Dr. Jaeger Ja" Junglas Ja Bauereisen Ja Kahn Ja Bauknecht . . . . . . . . . Ja Kaiser Ja Dr. Baur (Württemberg) . . . . Ja Karpf Ja Bausch Ja Dr. Kather Ja Becker (Pirmasens) Ja Kemmer Ja Blank (Dortmund) Ja Kemper Ja Bodensteiner Ja Kern Ja Frau Brauksiepe Ja Dr. von Brentano . . . . . . Ja Kiesinger Ja Brese Ja Dr. Kleindinst Ja Frau Dr. Brökelschen . . . . . Ja Dr. Köhler Ja Dr. Brönner . . . . . . . . Ja Dr. Kopf Ja Brookmann Ja Kühling Ja Dr. Bucerius Ja Kuntscher Ja Frau Dietz Ja Kunze Ja Dr. Dresbach . . . . . . . . .Ja Dr. Laforet Ja Eckstein Ja Dr. Dr. h. c. Lehr Ja Dr. Edert Ja Leibfried Ja Dr. Ehlers Ja Lenz Ja Ehren Ja Leonhard Ja Dr. Erhard. — Lücke Ja Etzel (Duisburg) Ja Majonica Ja Etzenbach . . . . . . . . . Ja Massoth . . . . . • Ja Even Ja Mayer (Rheinland-Pfalz) Ja Feldmann . . . . . . . • • Ja Mehs Ja Dr. Fink Ja Mensing Ja Dr. Frey Ja Morgenthaler Ja Fuchs Ja Muckermann Ja Dr. Freiherr von Fürstenberg . . Ja Mühlenberg Ja Fürst Fugger von Glött . . . Ja Dr.Dr. Müller (Bonn) Ja Ja Funk Ja Müller-Hermann Ja Gengler Gerns Ja Naegel Ja Dr. Gerstenmaier beurlaubt Neber Ja Gibbert beurlaubt Nellen Ja Giencke Ja Neuburger Ja Dr. Glasmeyer Ja Nickl Ja Glüsing Ja Frau Niggemeyer Ja Gockeln Ja Dr. Niklas krank Dr. Götz Ja Dr. Oesterle krank Frau Dr. Gröwel Ja Dr. Orth Ja Günther Ja Pelster - Ja Hagge Ja Pfender Ja Frau Heiler Ja Dr. Pferdmenges Ja Heix Ja Dr. Povel Ja- Dr. Henle beurlaubt Hilbert Ja Frau Dr. Probst .Ja Höfler Ja Dr. Pünder Ja Hohl Ja Raestrup Ja Dr. Holzapfel . . . . . . . . Ja Rahn _ Ja Hoogen Ja Frau Dr. Rehling . Ja HODDe Ja . Frau Rösch Ja Name Abstimmung Name Abstimmung Rümmele Ja Dannebom Nein Sabel Ja Diel Nein Schaffer Ja Frau Döhring Nein Scharnberg . . . . . . . . . Ja Eichler Nein Dr.Schatz . . . . . . . . . Ja Ekstrand Nein Schill Ja Erler Nein Schmitt (Mainz) . . . . . . . Ja Faller Nein Schmitz Ja Franke . . . . . . . . . . Nein Schmücker . . . . . . . Ja Freidhof Nein Dr. Schröder (Düsseldorf) . . . Ja Freitag Nein Schröter (Kiel) Ja Geritzmann Nein Schüttler - Ja Gleisner Nein Schütz Ja Görlinger Nein Schuler Ja Graf Nein Schulze-Pellengahr Ja Dr. Greve Nein Dr. Semler Ja Dr. Gülich Nein Dr. Serres Ja Happe Nein Siebel Ja Heiland Nein Dr. Solleder Ja Hennig Nein Spies Ja Henßler Nein Grat von Spreti Ja Herrmann Nein Stauch Ja Hoecker Nein Frau Dr. Steinbiß Ja Höhne Nein Storch Ja Frau Dr. Hubert . . . . . . . Nein Strauß Ja Imig Nein Struve Ja Jacobi -Nein Stucklen Ja Jacobs Nein Dr. Vogel Ja Jahn Nein Wacker Ja Kalbfell Nein Wackerzapp Ja Kalbitzer Nein Dr. Wahl Ja Frau Keilhack Nein Frau Dr. Weber (Essen) . . . Ja Keuning Nein Dr. Weber (Koblenz) Ja Kinat Nein Dr. Weiß Ja Frau Kipp-Kaule Nein Winkelheide Ja Knothe Nein Dr. Wuermeling . . . . . . . Ja Dr. Koch Nein Frau Korspeter Nein Frau Krahnstöver Nein Dr. Kreyssig Nein Kriedemann Nein Kurlbaum Nein Lange Nein SPD Lausen krank Frau Lockmann Nein Frau Albertz Nein Lohmüller beurlaubt Frau Albrecht Nein Ludwig Nein Altmaier Nein Dr. Luetkens Nein Frau Ansorge Nein Maier (Freiburg) Nein Dr. Arndt Nein Marx Nein Arnholz Nein Matzner Nein Dr. Baade Nein Meitmann Nein Dr. Bärsch Nein Mellies Nein Baur (Augsburg) Nein Dr. Menzel Nein Bazille krank Merten Nein Behrisch Nein Mertins Nein Bergmann Nein Meyer (Hagen) . . . . . . . . Nein Dr. Bergstraeßer . . . .. . . . Nein Meyer (Bremen) . Nein Berlin Nein Frau Meyer-Laule Nein Bettgenhäuser Nein Mißmahl Nein Bielig Nein Dr. Mommer Nein Birkelbach Nein Dr. Mücke Nein Blachstein Nein Müller (Hessen) Nein Dr. Bleiß Nein Müller (Worms) . . . . . . . Nein Böhm Nein Frau Nadig . . . . . . . . Nein Dr. Brill Nein Dr.Nölting . . . . . . . . Nein Bromme Nein Nowack (Harburg) Nein Brünen Nein Odenthal Nein Cramer Nein Ohlig Nein Name Abstimmung Name Abstimmung Ollenhauer Nein Frau Dr. Ilk Ja Paul (Württemberg) Nein Juncker Ja Peters Nein Dr. Kneipp Ja Pohle Nein Kühn Ja Dr. Preller Nein Langer Ja - Priebe Nein Dr. Luchtenberg . . . . . Ja Reitzner Nein Margulies entschuld. Richter (Frankfurt) Nein Mayer (Stuttgart) krank Ritzel Nein Dr. Mende Ja Ruhnke Nein Dr. Miessner . . . . . , . Ja Runge Nein Neumayer Ja Sander Nein Dr. Dr. Nöll von der Nahmer . entschuld. Sassnick . . . . . . . . . Nein Dr. Nowack (Rheinland-Pfalz) . Ja Frau Schanzenbach Nein Onnen Ja Dr. Schmid (Tübingen) Nein Dr. Pfleiderer Ja Dr. Schmidt (Niedersachsen) . . . Nein Dr. Preiß Ja Dr. Schöne Nein Dr. Preusker Ja Schoettle Nein Rademacher entschuld. Dr. Schumacher krank Rath Ja Segitz Nein Dr. Freiherr von Rechenberg . Ja Seuffert Nein Revenstorff . . . . . . . . Ja Stech Nein Dr. Schäfer Ja Steinhörster Nein Dr. Schneider Ja Stierle Nein Stahl Ja Striebeck Nein Stegner Ja Frau Strobel Nein Dr. Trischler Ja Temmen Nein Dr. Wellhausen entschuld. Tenhagen Nein Wildermuth Ja Troppenz . . . . .. . . . . Nein Wirths Ja Dr. Veit Nein Dr. Zawadil entschuld. Wagner Nein Wehner Nein Weinhold Nein DP Welke Nein Weltner Nein Ahrens entschuld. Dr. Wenzel Nein Bahlburg Ja Wönner Nein Eickhoff Ja Zühlke Nein Ewers Ja Farke Ja Hellwege Ja Jaffé Ja Frau Kalinke Ja Kuhlemann . . . . . . . . Ja FDP Dr. Leuchtgens Ja Löfflad Ja Matthes Ja Dr. von Merkatz Ja Dr. Atzenroth Ja Dr. Mühlenfeld . . . . . . . Ja Dr. Becker (Hersfeld) beurlaubt Paschek Ja Dr. Blank (Oberhausen) . . . . Ja Reindl Ja Blücher Ja Schmidt (Bayern) Ja Dannemann entschuld. Schuster Ja Dr. Dehler Ja Dr.Seebohm . . . . . . . . Ja Dirscherl beurlaubt Tobaben Ja Euler Ja Wallner entschuld. Faßbender Ja Walter . . . . . . . . . . Ja Freudenberg — Wittenburg Ja Frühwald Ja Wittmann Ja Funcke Ja _ Gaul Ja Dr. von Golitschek Ja Grundmann Ja FU Dr. Hammer Ja Dr. Hasemann entschuld. Freiherr von Aretin Ja Dr. Hoffmann (Lübeck) . . . . Ja Frau Arnold . . . . . . . Nein Dr. Hoffmann (Schönau) . . . . Ja Dr. Bertram . . . . . . . . entschuld. Frau Hütter beurlaubt Dr. Besold enthalten Name Abstimmung Name Abstimmung Clausen entschuld. Renner Nein Dr.-Ing. Decker Nein Rische Nein - Determann entschuld. Frau Strohbach Nein Eichner Nein Frau Thiele Nein Dr. Etzel (Bamberg) Nein Vesper entschuld. Hoffmann (Lindlar) Nein Lampl . . enthalten Mayerhofer Nein Dr. Meitinger Nein BHE-DG Fürst zu Oettingen-Wallerstein . enthalten Pannenbecker . . . . . . . . Nein Dr. Friedrich Ja Parzinger Nein Fröhlich . . . . . . . - enthalten . Dr. Reismann . . . . . . . . Nein - Dr. Ott enthalten Ribbeheger ........e ntschuld. Tichi enthalten Volkholz — Weickert entschuld. Wartner Nein Frau Wessel . . . . . . . Nein Willenberg Nein Fraktionslos KPD Aumer Nein Agatz Nein Donhauser Ja Fisch Nein Dr. Doris Nein Gundelach Nein Frommhold Ja Harig Nein Goetzendorff entschuld. Kohl (Stuttgart) Nein Hedler entschuld. Müller (Frankfurt) Nein Loritz Nein Niebergall Nein Müller (Hannover) — Paul (Düsseldorf) . . . . .. . Nein Dr. Richter (Niedersachsen) . . . Nein Reimann Nein von Thadden Ja Zusammenstellung der Abstimmung: Abgegebene Stimmen , 366 Davon: Ja 204 Nein 156 Stimmenthaltung 6 Zusammen wie oben 366 Berliner Abgeordnete: Name Abstimmung Name Abstimmung CDU/CSU Neumann beurlaubt Schellenberg entschuld. Dr. Friedensburg beurlaubt Frau Schroeder (Berlin) . . . . Nein Dr. Krone Ja Schröter (Berlin) entschuld. Lemmer beurlaubt Frau Wolff — Frau Dr. Maxsein --- Dr. Tillmanns — FDP SPD Dr. Henn Ja Brandt beurlaubt lluebner Ja Dr. Koenigswarter -- Frau Dr. Mulert Ja Löbe Nein Dr. Reif Ja Neubauer Nein Dr. Will krank
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Hans-Gerd Fröhlich


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (WAV)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (WAV)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Partei schließt sich der von verschiedenen Fraktionen dieses Hohen Hauses ausgesprochenen Kritik darüber an, daß die Bundesregierung nicht vor dem Beginn der Verhandlungen über den deutschen Verteidigungsbeitrag, die seit Januar 1950 im Gange sind, Gelegenheit genommen hat, sich durch eine Besprechung in diesem Gremium die Grundlagen und Richtlinien für die Verhandlungen geben zu lassen. Wir sind der Auffassung, daß manche unerfreulichen Mißverständnisse in diesem Hause vermieden worden wären und daß auch manches Mißtrauen in der Öffentlichkeit auf diese Weise 'hätte beseitigt werden können, wenn das geschehen wäre.
    Bei uns — und ich glaube sagen zu können: auch in der großen Öffentlichkeit, im ganzen deutschen Volke — herrscht tiefe Besorgnis darüber, daß die Bundesregierung und die Fraktionen der Regierungskoalition auf der einen und die Opposition auf der anderen Seite in dieser schicksalsschweren Frage bis zum heutigen Tage nicht 'zu gemeinsamen Auffassungen und zu einer neuen Basis der Zusammenarbeit gekommen sind. Ich bitte, es nicht als eine Anmaßung aufzufassen, wenn ich die Bitte ausspreche, trotz der neuerlichen Mißverständnisse auf beiden Seiten den Versuch zu unternehmen, diese Basis gemeinsamer Zusammenarbeit doch noch zu finden.
    Meine Damen und Herren! Wir sind uns in der Beurteilung der politischen Lage, wie sie hier an dieser Stelle vom Herrn Bundeskanzler dargestellt worden ist, vollkommen einig. Es ist auffallend, daß es die Sowjetunion gerade in einer Zeit — nach dem Zusammenbruch von 1945 —, in der die westlichen Siegermächte bis auf ein Minimum ihre Streitkräfte abrüsteten, unternommen hat, sich ein militärisches Potential zu schaffen, das nicht nur der Verteidigung dient, sondern ein Überpotential, das nach meiner Auffassung nur den Sinn haben kann, zu gegebener Zeit den kalten Krieg durch einen heißen zu ersetzen. Alle, die der Meinung sind, daß eine solche Gefahr nicht besteht, weil die


    (Fröhlich)

    Sowjetunion bisher von dem Mittel des heißen Krieges keinen Gebrauch gemacht hat, irren sich. Ich glaube, wir müssen zu jeder Zeit damit rechnen, daß die Sowjetunion dieses Überpotential einsetzt. Nach unserer Auffassung wäre es unverantwortlich, wenn man dieser Gefahr gegenüber die Hände in den Schoß legen würde.

    (Abg. Dr. Orth: Sehr gut!)

    Es wäre gegenüber dem, was wir nach 1945 in unsäglichen Mühen und Opfern schon wieder erreicht haben, unverantwortlich!

    (Sehr richtig! in der Mitte und rechts.)

    Heute ist viel über die Einheit Deutschlands gesprochen worden. Wir Ostdeutsche haben es nicht nötig, hierüber noch irgend etwas zu sagen. Aber eines glaube ich aussprechen zu müssen: Es bilde sich keiner unserer Landsleute aus dem deutschen Osten ein, daß uns die Ostgebiete durch Bitten und Betteln von allein in den Schoß fallen!

    (Sehr richtig! in der Mitte und rechts.)

    Wenn wir überhaupt den Glauben haben, daß uns diese Gebiete im Frieden zurückgegeben werden, dann nur so, daß die Kräfte der freien Völker des Westens zusammengefaßt werden, um dann in einer gleichstarken Position mit der anderen Seite zu Verhandlungen zu kommen, die uns unserem Ziele eher näherbringen würden als aus einer Phase der Ohnmacht heraus.

    (Beifall in der Mitte.)

    Meine Damen und Herren, wir bedauern es außerordentlich, daß die französische Regierung in einer Zeit, in der es die Bundesregierung und dieses Parlament nicht leicht haben, es unternommen hat, dem Bundeskanzler, der Bundesregierung, dem Parlament und dem gesamten deutschen Volk dadurch in den Rücken zu fallen, daß sie Herrn Grandval zum Botschafter im Saargebiet gemacht hat. Ich glaube, die Franzosen haben sich damit selber einen schlechten Dienst erwiesen.

    (Abg. Dr. Orth: Die waren schlecht beraten!) Sie kritisieren sonst immer, daß in der Bundesrepublik radikalistische Tendenzen vorhanden sind. Ich muß sagen, daß die Ernennung des Botschafters Grandval dazu angetan ist, diese Radikalisierung nicht zu hemmen, sondern zu fördern.


    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Es steht außer Zweifel, daß das Saargebiet immer
    deutsch war und deutsch bleiben muß. Wir lehnen
    es auch ab, daß das Saargebiet über den Umweg
    der Europäisierung auf kaltem Wege von Deutschland losgetrennt wird. Wenn eine solche Europäisierung überhaupt einmal in Frage kommen
    kann, kann es erst dann sein, nachdem das Saargebiet zu Deutschland zurückgegliedert ist und
    wenn Deutschland es aus freiem Willen europäisiert. Ich glaube, daß es nicht anders geht. Denn,
    meine Damen und Herren, können wir mit Recht
    die Forderung auf Rückgabe der deutschen Ostgebiete stellen, wenn wir auf der anderen Seite
    zulassen, daß vom Westen her ein Teil Deutschlands in einer kalten Annexion weggerissen wird?!

    (Zustimmung in der Mitte.)

    Das ist eine Unmöglichkeit. Wir können von dieser Stelle aus nur an die französische Regierung appellieren und darum bitten, daß man den Parteien in Deutschland nicht weitere Schwierigkeiten in dieser Angelegenheit macht.

    (Abg. Dr. Orth: Denen, die guten Willens sind!)

    Nun zur Frage des Wehrbeitrags. Es ist eine Tatsache, daß ein großer Teil der deutschen Bevölkerung heute einen Wehrbeitrag ablehnt. Es ist auffallend, daß im besonderen die deutsche Jugend noch nicht eine innere Bereitschaft zeigt, einen Wehrbeitrag zu leisten. Ob uns das angenehm oder unangenehm ist: es ist notwendig, in aller Sachlichkeit diese Feststellung zu treffen. Ich glaube, der Grund für diese Abneigung heute ist zum großen Teil darin zu suchen, daß die Besatzungsmächte nach dem Zusammenbruch von 1945 die deutschen Soldaten und das deutsche Volk bitter enttäuscht haben, daß sie oftmals die gleichen Mittel gegen die Deutschen anwandten, für deren Anwendung Deutsche bitter hart bestraft worden sind. Aus diesem Grunde bestehen tiefe Ressentiments innerhalb unserer deutschen Jugend. Wir haben uns damit abzufinden. Es wird notwendig sein, diese Ressentiments langsam, aber sicher abzubauen.

    (Abg. Dr. Orth: Aber damit soll man nicht Politik machen!)

    — Es ist richtig; der Politiker kann auf der Basis von Ressentiments keine Politik machen. Aber ich glaube, wir würden zuviel verlangen, wenn wir das von allen andern erwarten würden.

    (Abg. Dr. Orth: Wir müssen unsere Jugend belehren!)

    Hierzu sind Aufklärung und Arbeit notwendig.
    Ich erinnere auch an die von den Westmächten, unseren zukünftigen Partnern, noch zurückgehaltenen deutschen Kriegsgefangenen. Ich habe die Entschließung der Regierungsparteien hierzu gelesen. Es ist nicht notwendig, hierüber weitere Ausführungen zu machen. Mir ist auch bekannt, daß die Bundesregierung in stiller Arbeit versucht hat, das Los dieser Ärmsten der Armen zu lindern. Es ist vielleicht richtig gewesen, daß man das nicht mit lauten Paukenschlägen getan hat, sondern auf diese Art; man hätte ihnen sonst wenig genützt. Wir können nur hoffen, daß dieser Zustand sehr bald beseitigt wird.
    Es sind auch noch andere Dinge, die unsere Jugend davon abhalten, zu dem Wehrbeitrag im Augenblick „ja" zu sagen. Es ist vielleicht gut, daß man einmal über diese Dinge spricht. Ich erinnere mich sehr wohl an die Zeit nach dem Zusammenbruch, als wir Soldaten versucht haben, uns eine neue Existenz zu gründen. Für viele war es um so schwieriger, als sie nach diesem harten Kriegsausgang auch noch ihre Heimat und damit jegliche Unterstützung verloren hatten. Wir haben es damals erlebt, daß die Besatzungsmächte den deutschen Soldaten oft verhöhnt und seine Ehre beschmutzt haben. Es waren aber nicht nur die Besatzungsmächte, sondern bedauerlicherweise auch manche deutschen Dienststellen. Ich habe es selber erlebt, daß mir in dieser Zeit die Besatzungsmacht die einfache Arbeit mit einem Monatsverdienst von 150 Mark für meine fünfköpfige Familie erlaubte, während der Leiter eines Arbeitsamtes erklärt hat: Sie haben kein Recht auf Arbeit, Sie sind ein Militarist.

    (Hört! Hört! in der Mitte.)

    Das ist kein Einzelfall. Es ist Hunderttausenden so gegangen. Diese Herrschaften haben nach 1945 Beförderungen erlebt, die es in der deutschen Wehrmacht nie gegeben hat. Bei uns in der Wehrmacht war es nicht möglich, es in fünf Jahren bis zum Stabsoffizier zu bringen. Aber diesen Herrschaften


    (Fröhlich)

    ist es gelungen, in fünf Jahren bis zum Regierungsrat zu kommen. Ob sie das verdient haben, ist eine andere Frage.

    (Abg. Dr. Orth: Jetzt sagen Sie aber noch, wo die heute sitzen! Das würde mich doch interessieren!)

    — Das kann ich Ihnen nachher gern sagen.
    Es kamen dann noch die unglückselige Entnazifizierung und weitere Maßnahmen der Entmilitarisierung hinzu. Ich erinnere mich da an ein Spruchkammerurteil, in dem stand: Er wird zu zwei Jahren Sonderarbeit verurteilt; von einer Geldstrafe wird nur deshalb abgesehen, weil er Heimatvertriebener ist und weil ihm Anschuldigungen nach Paragraph sowieso — als Militarist — nicht nachgewiesen werden können. Das heißt also: Du wirst wegen Diebstahls verurteilt; aber wir können dir nicht nachweisen, daß du gestohlen hast. Diese Dinge spielen heute noch bei unserer Jugend eine. sehr wesentliche Rolle. Es wäre nun gut, wenn in dieser Zwischenzeit alles getan würde, um diese diskriminierenden Dinge irgendwie zu beseitigen.

    (Abg. Dr. Orth: Sehr gut!)

    Wir haben festgestellt, daß in dem zukünftigen Vertrag über den Wehrbeitrag erfreulicherweise mehrfach festgelegt ist, diskriminierende Maßnahmen gegenüber der Bundesrepublik könnten nicht mehr Anwendung finden. Ich glaube aber, sagen zu müssen, daß das für uns auch die Verpflichtung in sich schließt, alle diskriminierenden Maßnahmen gegen deutsche Soldaten, die heute noch in unseren Gesetzen verankert sind, nunmehr schnellstens zu beseitigen. Diese Bitte richte ich an die Bundesregierung. Wir können nicht auf der einen Seite verlangen, daß wir in der europäischen Verteidigungsgemeinschaft nicht benachteiligt werden; wir müssen daraus aber auch die Konsequenzen ziehen: wir selbst müssen diese Diskriminierungen des deutschen Soldaten in allen Gesetzen beseitigen. Ich erinnere da noch an manches Unerfreuliche, was in dem Gesetz zu Art. 131 steht: Nichtanerkennung von Beförderungen, Nichtanerkennung der Zeit der Gefangenschaft usw.

    (Abg. Dr. Mende: Das ist das Leistungsprinzip! — Abg. Pelster: Das hat aber materielle Gründe, Kollege Fröhlich!)

    — Das hat materielle Gründe; aber, Herr Kollege, wenn man daran denkt, daß wir heute 10 Milliarden für den Wehrbeitrag angeboten haben, dann wäre es damals vielleicht auch möglich gewesen, hier etwas mehr zu tun und diese Dinge wegzulassen.

    (Abg. Pelster: Das steht auf einem anderen Blatt, Herr Kollege!)

    Wir sind der Auffassung, daß die bolschewistische Ideologie nicht allein mit Bajonetten, Panzern und Atombomben überwunden werden kann, sondern wir meinen, daß die Lösung der sozialen Fragen vordringlich ist: Wohnungsbau, ein echter Lastenausgleich mit der Eingliederung der Kriegsgeschädigten im Sinne einer sozialen Neuordnung. Lassen Sie mich hierüber in aller Sachlichkeit einige wenige Worte sagen. Die bisherigen Leistungen im Wohnungsbau haben keine spürbare Entlastung gebracht. Das liegt nicht an der Bundesregierung, sondern es liegt in der Natur der Verhältnisse. Wir werden in Zukunft gerade im Hinblick darauf, daß manches freigemacht werden muß, um neue Menschen unterzubringen, in dieser Beziehung wesentlich mehr tun müssen. Es ist eine Tatsache, daß fast 500 000 Menschen heute noch in Lagern vegetieren. Hunderttausende leben noch in Elendswohnungen, und es mag Hunderttausende von Menschen geben, die noch nicht ein eigenes Bett und einen eigenen Tisch haben. Der derzeitige Lastenausgleich ist nach unserer Auffassung keine echte Vermögensumschichtung, und die Leistungen nach diesem Lastenausgleich reichen nicht aus, um eine schnelle Eingliederung dieser Kriegsgeschädigten zu vollziehen. Es war doch so, daß das Bundesfinanzministerium zu Beginn der Verhandlungen um den Lastenausgleich festgestellt hat, der deutsche Steuerzahler könne im Jahre höchstens etwa 2 Milliarden leisten..Wir hatten damals eine Besatzungskostenlast von etwa 4 Milliarden; später wurden es 71/2 Milliarden. Nun hören die Menschen draußen, die seit langem auf den Lastenausgleich, auf die Aufwertung der Ostsparguthaben usw. warten, daß die Bundesregierung für den Wehrbeitrag ein Minimum, möchte ich annehmen, von etwa 10 Milliarden zur Verfügung stellen will.

    (Abg. Dr. Orth: Ja, aber, Herr Kollege, wenn wir das nicht tun, dann kriegen sie ja gar nichts mehr! Das ist doch die Frage!)

    Die Frage ist nun, ob es nicht zweckmäßiger gewesen wäre, wenn man bereits vorzeitig die für den Lastenausgleich aufzubringenden Mittel um diese 3 Milliarden erhöht hätte, um dann auf der anderen Seite hart den Standpunkt zu vertreten, daß wir über die bisherige Leistung von 71/2 Milliarden nicht hinausgehen können. Ich muß Ihnen sagen, daß uns draußen in vielen Versammlungen der Kriegsgeschädigten heute entgegengehalten wird, es bestehe der Verdacht, daß die Frage des deutschen Wehrbeitrags bereits zu Beginn der Verhandlungen um den Lastenausgleich eine entscheidende Rolle gespielt habe. Ich selbst enthalte mich hier eines Urteils,

    (Zuruf von der CDU: Auch gut so!)

    aber der Verdacht wird sehr, sehr häufig geäußert.

    (Abg. Albers: Der Verdacht ist aber unbegründet!)

    — Hoffentlich– ist er unbegründet. Hoffentlich bleibt es dabei, daß die Möglichkeiten für eine soziale Neuordnung, wie wir sie alle anstreben, bestehen bleiben werden.
    Noch einige wenige Worte zur deutschen Jugend. Die deutsche Jugend hat — das ist eine bitter traurige Feststellung — bisher keine innere Bindung zur parlamentarischen Demokratie und zum heutigen Staat. Das stellen wir bedauerlicherweise in allen Diskussionen immer wieder fest.

    (Abg. Dr. Orth: Mit Unterschied, Herr Kollege, sehr mit Unterschied!)

    — Sehr mit Unterschied? Die Ausnahme bestätigt immer die Regel.

    (Abg. Dr. Orth: Nein, ein sehr großer Teil der deutschen Jugend hat ein gutes Verhältnis zur Demokratie und zum Staat!)

    — Darin kann ich Ihnen nicht recht geben: aber ich sage: die Ausnahme bestätigt die Regel.

    (Abg. Dr. Orth: Sie dürfen nicht verallgemeinern!)

    Der Vorwurf, daß die Jugend die innere Bindung zum Staat noch nicht gefunden hat, trifft nach meiner Auffassung nicht so sehr die Jugend selbst, als uns alle, auch die Regierung. Ich glaube, daß es für die Zukunft unsere Aufgabe sein wird, diese innere Bindung der Jugend zum Staat von uns aus wiederherzustellen. Wenn der verehrte Herr Bundestagspräsident vorhin davon ge-


    (Fröhlich)

    sprochen hat, daß das Gespräch um den Wehrbeitrag nicht mehr abreißen wird, dann glaube ich sagen zu müssen, daß es unser aller Aufgabe sein sollte, im besonderen das Gespräch mit der deutschen Jugend zu führen.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Lassen Sie mich zusammenfassen. Meine Partei fordert gleiches Recht für alle in der Innen- und Außenpolitik. Als Voraussetzung hierzu sieht sie die Lösung der dringendsten sozialen Fragen wie Wohnungsbau, einen echten Lastenausgleich und die Eingliederung der Vertriebenen und sonstigen Kriegsgeschädigten im Sinne einer sozialen Neuordnung an. Im Zuge solcher Maßnahmen bedarf es eines einmaligen großen materiellen Opfern durch die deutschen Besitzenden und durch alle für die Freiheit kämpfenden Völker. Ohne soziale Befriedung ist eine echte Volksgemeinschaft mit einem gesunden Wehrwillen nicht möglich, und ein Wehrbeitrag darf in keinem Fall die soziale Entwicklung des deutschen Volkes hemmen oder gefährden. Der BHE ist davon überzeugt, daß die Überwindung uns wesensfremder Ideologien nur durch eine bessere soziale Ordnung zu erreichen ist. Er fordert eine völlige außenpolitische Gleichberechtigung mit allen für die Freiheit kämpfenden Nationen. Dazu gehört neben der Wiederherstellung der deutschen Soldatenehre auch die Überstellung der als sogenannte Kriegsverbrecher festgehaltenen Deutschen. Der BHE wehrt sich ferner gegen eine Verknüpfung von Generalvertrag und Wehrbeitrag sowie gegen Beschränkungen in der Produktion, in der Forschung und im Außenhandel. Nur unter diesen Voraussetzungen könnten wir für die Aufstellung eines deutschen Kontingents in der europäischen Verteidigungsgemeinschaft zur Sicherung des Friedens und zum Schutz der Heimat eintreten; nur so können wir unsere Frauen und Mütter, deren unauslöschliche Friedenssehnsucht sich überall kundtut, zur Zustimmung zu einem deutschen Wehrbeitrag bewegen. Der BHE wird sich aber niemals bereit erklären, denen die Hand zu reichen, die in unverantwortlicher Weise, bewußt oder unbewußt, den „Ohne-mich-Standpunkt" propagieren.

    (Beifall bei der BHE-DG und in der Mitte.)



Rede von Dr. Hermann Schäfer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Mühlenfeld.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hans Mühlenfeld


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gegen Ende einer zweitägigen ausgedehnten Debatte über ein und denselben Stoff bleibt nach so zahlreichen eingehenden Ausführungen, vor allen Dingen meiner politischen Freunde aus der Koalition und meines Freundes Merkatz nur wenig zu sagen übrig.

    (Abg. Rische: Tritt doch ab!)

    -- Ach, Rische, lassen Sie man; Ihre Zwischenrufe haben schon keine Wirkung mehr.
    Vor allen Dingen bleibt mir zu Beginn meiner Ausführungen die Genugtuung, festzustellen, daß nach wochenlangen Überlegungen mit mir selbst und meinen politischen Freunden die Einstellung zu der Frage, die uns heute bewegt, mit einem klaren Ja zu beantworten, heute bestätigt wird durch die Illusionen der oppositionellen Argumente, wie wir sie heute gehört haben. Wir haben Argumente vorgebracht bekommen mit einer überspitzten juristischen Findigkeit, gespickt von Ideologien und von ideologischen Vorstellungen, die die innere Unsicherheit aller derjenigen zeigen, die ein Verständnis für die brutale Notwendigkeit eines klaren Ja zur Verteidigung unseres eigenen Volkes und Europas nicht aufzubringen vermögen. Hier ist so getan worden, als hätten wir bereits von der Regierung 'einen Vertrag vorgelegt bekommen, den wir zu ratifizieren, zu beschließen hätten. Die Ausführungen des Kollegen Schmid beschäftigten sich mit der Fiktion von Verträgen, beschäftigten sich mit Pressemeldungen und Äußerungen nicht verantwortlicher Persönlichkeiten, mit Postulaten, die gestern oder vorgestern aufgestellt worden sind und heute oder morgen widerrufen wurden und werden.
    Die Beweisführung der Opposition bestätigt deutlich die allgemeine Feststellung, die man seit einer Generation im deutschen Volk machen kann, daß unter der Herrschaft der sozialisitischen Ideolagie das deutsche Volk den Maßstab für die Realitäten verloren hat.

    (Sehr wahr! bei der DP.)

    Man tut so, als beginne das deutsche Schicksal und die deutsche Politik erst mit 1945 und vergißt ganz und gar, was vorher gewesen ist. Wir haben nicht nur, Herr Ollenhauer, die Trümmer unserer Städte zu beseitigen, sondern auch die wirtschaftlichen, sozialen und politischen Trümmer, die diesem jungen Staat als eine ungeheure Hypothek aufgelastet wurden; Trümmer auch außenpolitischer Art sind fortzuräumen. Daher ist die Frage, die wir hier zu entscheiden haben, nicht allein aus dem Gefühl zu entscheiden.
    Aber, meine Damen und Herren von der Opposition, eins ist auch nicht zu verkennen: daß Ihre Argumente, bei deren Anführung in erster Linie mit Unterstellungen und Verdächtigungen gearbeitet wurde, geeignet sind, im deutschen Volke Gefühle zu erzeugen, die es die Wirklichkeit nicht sehen lassen. Ebensowenig können wir unter parteitaktischen Gesichtspunkten an diese Frage herangehen, sondern allein aus der nüchternen Verantwortung vor unserer Zukunft und vor dem, was zu geschehen hat, um sie sicherzustellen.
    Parteitaktische Gründe, sagte ich, HerrOllenhauer. Sie erwähnten zunächst Lastenausgleich, Arbeitsbeschaffungsprogramm, Mitbestimmung. Ich will Ihnen nicht unterstellen, daß das ein Angebot zu einem politischen Handel sein soll, aber ich frage Sie und ich frage uns alle: Könnte es nicht in nächster Zeit zu spät sein, so daß wir keine Möglichkeit mehr haben, an den Lastenausgleich oder an das Mitbestimmungsrecht oder 'an das Arbeitsbeschaffungsprogramm heranzugehen, wie es notwendig wäre, weil dann der Schatten aus dem Osten so über uns gekommen ist, daß wir keine Gelegenheit mehr dazu haben werden? Reicht das demokratische Staatsbewußtsein, das Bewußtsein, daß wir alle soziale Wesen sind, wie es Goethe einmal genannt hat, nicht so weit, daß wir bereit wären, für die Freiheit unseres Landes, für die Wiedererlangung seiner vollen Unabhängigkeit das zu tun, was seit Menschengedenken die selbstverständliche Pflicht aller gesunden Völker war und immer sein wird? Vermögen tatsächlich nur Diktatoren und Tyrannen einem Volke die Notwendigkeit seiner Verteidigungsbereitschaft klarzumachen? Es hat den Anschein! Wir müssen an alle, die die unverzügliche Schaffung der Verteidigungsbereitschaft jetzt zu hintertreiben versuchen, die Frage richten: Was setzt ihr für unser aller Schutz dagegen? Was könnt ihr unserem Volke antworten, wenn es zu spät sein sollte und wenn es dann die Frage stellt: Was habt ihr für unseren Schutz und für unsere Sicherheit getan?

    (Abg. Dr. von Brentano: Sehr richtig!)



    (Dr. Mühlenfeld)

    Herr Kollege Dr. Schmid sagte, man könne auch auf andere Art einen Verteidigungsbeitrag leisten als auf militärische Weise: Durchmarschrecht, Stützpunkte zur Verfügung stellen oder Material liefern. Meine Damen und Herren, das vereinbart sich sehr schlecht mit den Thesen und Bekenntnissen und mit den Postulaten, die Herr Dr. Kurt Schumacher in seinem Buche „Nach dem Zusammenbruch", 1948 in Hamburg verlegt, aufgestellt hat. Auf Seite 73 sagt er:
    Wir bejahen ohne Vorbehalt die praktische Zusammenarbeit mit der KPD.

    (Hart! Hört! rechts.)

    Auf Seite 70 heißt es:
    Wir wünschen keine antikommunistische und noch weniger antirussische Spitze unserer Politik.

    (Hört! Hört! rechts.)

    Und auf Seite 97:
    Was wir brauchen, sind engere, normale Beziehungen zu Sowjetrußland.
    Ich weiß nicht, meine Damen und Herren von der SPD, wie sich diese Thesen mit den Konzessionen vereinbaren lassen, die Sie jetzt den Westmächten zu machen bereit wären, indem Sie ihnen Durchmarschrecht geben oder Material liefern wollen.
    Wir alle haben uns auch Rechenschaft abzulegen, und keiner kann dann zu seiner Entschuldigung sagen: Meine Parteifreunde wollten mit dem Verteidigungsbeitrag einen Tauschhandel gegen Neuwahlen machen, bei denen wir zur Macht zu gelangen hofften, um dann das Volk unter unserer Führung erst in Abwehrbereitschaft zu setzen. Und niemand kann zu seiner Entschuldigung anführen. Meine Interessenvertretung wollte für ein Ja das Mitbestimmungsrecht für ihre Funktionäre gegen ihre Zustimmung zur Verteidigungsbereitschaft eintauschen, um so die Hand am wirtschaftlichen Hebel zu haben. Solches parteipolitisches und interessenvertretendes Paktieren wird heute und in Zukunft niemand aus seiner Verantwortung vor dem Volk entlassen können. Wer sich berufen fühlt, die Geschicke der Gemeinschaft auf Grund des Vertrauens, das ihm seine Landsleute geschenkt haben, zu gestalten, der muß den Mut zur Tat mitbringen und den Mut zur Verantwortung, zum Wohle der Gemeinschaft, des Volkes und des einzelnen. Der muß sich in diesem Sinne auch für die notwendigen Maßnahmen entscheiden, selbst dann, wenn sie noch nicht in diesem Augenblick von allen als dringend anerkannt werden. Wer dagegen gegenwärtig mangelndes Einsichtsvermögen noch weiter nährt, wer sich vor allem dadurch beliebt machen will und parteipolitisch Kapital aus dieser Unverantwortlichkeit zu schlagen versucht, der ist nicht wert, daß ihm auch nur seine nächsten Angehörigen, seine Frau und seine Kinder ihre Stimme in die Wahlurne werfen. Bei unserer Entscheidung geht es nicht um Krieg und Angriff, sondern hier geht es um Frieden und Verteidigung.
    Meine Damen und Herren, die Einstellung, die van der Opposition hier gezeigt wird — gewollt oder ungewollt --, und die Einstellung, wie sie uns Frau Kollegin Wessel predigt, führt bestimmt zu dem, was man im Osten gern möchte: Zur Neutralisierung Deutschlands.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Neutralisierung Deutschlands! — Ein verführerisches Wort, das uns die Möglichkeit vorgaukelt, in
    Ruhe und Frieden unserer Arbeit nachzugehen, für
    unsere Familie und für unsere Kinder und auch
    für die Zukunft Deutschlands zu sorgen. Diese Neutralität ist in dem Zustande, in dem sich die westdeutsche Bundesrepublik befindet,eine Fiktion. Nur eine bewaffnete Neutralität hat Aussicht auf Verwirklichung. Und unsere Neutralität würde deshalb auch nur so lange dauern, als keine Konflikte zwischen West und Ost eintreten. Man berufe sich nicht auf das Beispiel der Schweiz! Ihre geographische Lage und ihre gute Wehrmacht und andere politische Gründe erhalten ihr die Selbständigkeit.
    An dieser Stelle mächte ich, weil ich weiß, daß mein deutsches Volk allzu sehr bereit ist zu vergessen, was gewesen ist, an einige historische Ereignisse erinnern, die für uns eine sehr ernste Mahnung sein sollten. Ich erinnere an die Neutralität Belgiens 1914 und 1939, ich 'erinnere an die Neutralität der Niederlande und Dänemarks 1940, die feierlich verbrieft und besiegelt war, und ich erinnere an die Situation Polens 1939, das mit Deutschland einen Nichtangriffspakt geschlossen hatte und wenige Monate später von Hitlerdeutschland und von der anderen Seite von Sowjetrußland überrannt wurde; und ich erinnere an das Schicksal der Tschechoslowakei nach 1945, wo gute tschechische Patrioten des Glaubens waren, durch eine Neutralität, durch ein freundnachbarliches Verhalten zu Sowjetrußland ihr Vaterland, die Existenz ihres Volkes erhalten zu können. Benesch verschwand in der Versenkung, Masaryk besiegelte den Bankrott seines patriotischen Wollens mit dem Freitod, und die Tschechoslowakei als Nation und Volk wurde zum Satellitenstaat.
    Es hat einmal ein guter Deutscher, Heinrich von Kleist, gesagt: „Es bricht der Wolf, Europa, in deine Hürden ein, und deine Hirten streiten um eine Handvoll Wolle." Haben wir Deutschen und Europäler noch die Zeit, uns um diese Handvoll Wolle zu streiten? Das Zeitmotiv gehört nicht, wie Herr Ollenhauer behauptet, zum alten Eisen. Seit August 1950 Mindestens, also seit 18 Monaten, erörtern wir in Europa und anderswo das Thema der Verteidigungsgemeinschaft Europas und des Verteidigungsbeitrags Deutschlands. Wieviel Monate und vielleicht Jahre werden noch weiterhin vergehen, bis wir den Schutzwall um Deutschland und um Europa vollendet haben?
    Man kann auch nicht mit dem Einwand kommen, daß eine Mitgliedschaft Deutschlands in der Verteidigungsgemeinschaft Europas die Spaltung Deutschlands verhärten würde. Warum sollen wir denn nicht ehrlich gestehen, daß die wahre Demokratie der Bundesrepublik, ihre weit besseren sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse im Vergleich zur Sowjetzone weit eher zu dieser Verhärtung der Spaltung geführt haben. Wir glauben vielmehr, daß mit der Schaffung der Bundesrepublik als Rechtsstaat, als Staat des sozialen und wirtschaftlichen Aufstiegs, die Wiedervereinigung erst dann eine echte Chance erhält, wenn wir der europäischen Verteidigungsgemeinschaft angehören.
    Meine Damen und Herren, wir sollten uns auch nicht durch das, was von Frankreich in der Saarfrage gegen den Geist der europäischen Gemeinschaft provoziert worden ist, zu Entschlüssen verleiten lassen, die einigen Kreisen in Frankreich sehr angenehm wären. Wir können uns auch nicht dazu bereit finden, für das Saargebiet eine Volksabstimmung zu fordern. Hier gibt es keine Volksabstimmung. Das Saarvolk hat 1935 endgültig und abschließend seine Zugehörigkeit zum deutschen


    (Dr. Mühlenfeld)

    Staate und zum Deutschen Reiche bekundet, und an diesem Zustand, an diesem Rechtszustand hat sich bis heute nichts geändert.

    (Sehr richtig! rechts.)

    Für meine politischen Freunde und für -mich ist daher die Volksabstimmung an der 'Saar nicht diskutabel. Wir wollen Europa nicht mit einem Unrecht beginnen, und dieserhalb möchte ich hier an Frankreich eine ernste Mahnung richten, in Erinnerung ernster historischer Stunden für das europäische Schicksal im 17. Jahrhundert, als die Türken vor Wien standen und eine kurzsichtige französischle Politik es sich glaubte leisten zu können, der gesamteuropäischen Verteidigung unter Führung Österreichls in den Rücken zu fallen, indem es den Vormarsch über den Rhein begann.

    (Abg. Loritz: Das war aber sehr erfolgreich für Frankreich 'damals!)

    Meine Damen und Herren, es ist für uns, für meine politischen Freunde, der Beitritt zur Verteidigungsgemeinschaft — —

    (Erneuter Zuruf des Abg. Loritz.)

    — Ach Gott, Herr Loritz, Sie sind doch .nur noch medizinisch interessant!

    (Lehbafter Beifall rechts und in der Mitte. — Abg. Loritz: Sie Frechling!)

    — Nachher!

    (Abg. Loritz: Wenn Sie keine sachlichen Antworten gegen mich wissen, sondern nur beleidigende, so tun Sie mir leid!)

    Deutschlands Lage zwischen Ost und West zwingt uns zu einer klaren Entscheidung. Um die Zukunft des deutschen Volkes' in Frieden und Freiheit zu sichern, muß Deutschland seinen Beitrag zur 'europäischen Verteidigungsgemeinschaft leisten; und Deutschland kann diesen Beitrag nach Auffassung meiner Freunde nur dann leisten, wenn folgende Voraussetzungen gewährleistet sind,

    (Zurufe und Gegenrufe zwischen_ Abg. Loritz und anderen Abgeordneten. — Abg. Loritz: Unverschämtheit, Ihr Verhallten gegen mich, Herr Mühlenfeld!)

    die ich 'hier im Auftrage meiner Fraktion bekanntzugeben habe:
    1. Ein wirksames Mitsprache- und Mitbestimmungsrecht für die Bundesrepublik in allen Gremien, insbesondere beim Atlantikpakt, von dessen politischen und strategischen Entscheidungen die Bundesrepublik stärker als andere europäische Länder betroffen wird;
    2. eine befriedigende Lösung des Problems der noch im westlichen Gewahrsam befindlichen sogenannten Kriegsverbrecher;
    3. die Anerkennung der besonderen Belastungen der Bundesrepublik bei Bemessung des finanziellen deutschen Verteidigungsbeitrages und Festsetzung dieses Beitrages in einer Form, die es der Bundesrepublik gestattet, eine der Lösung der bestehenden Spannungen dienende Wirtschafts- und Sozialpolitik fortzusetzen;
    4. Fortfall sämtlicher die Bundesrepublik beschränkenden, insbesondere aller sie diskriminierenden alliierten Bestimmungen. Nur solche Sonderregelungen, die zum Schutze Deutschlands mit Rücksicht auf seine geographische und politische Lage unerläßlich sind, sind auch tragbar.
    5. Die endgültige Lösung des Saarproblems ist sofort in Angriff zu nehmen. Eine befriedigende Behebung der durch die französischen Schritte hervorgerufenen Besorgnisse bezüglich der Saar als
    Beweis einer Gesinnung der europäischen Solidarität ist für einen wirksamen Verteidigungsbeitrag unerläßliche Voraussetzung. Insbesondere ist zu fordern, daß das politische Leben an der Saar von allen die Meinung der Bevölkerung verfälschenden polizeistaatlichen Beschränkungen befreit wird. Eine erneute Volksabstimmung über die staatliche Zugehörigkeit der Saar kann nicht erwogen werden, weil diese Frage zu Gunsten Deutschlands 1935 von der Saarbevölkerung abschließend entschieden worden ist.
    In der brutalen Wirklichkeit, die sich uns aufzwingt, können wir die Augen nicht vor dem verschließen, was uns nottut. Nicht mit Begeisterung, sondern mit tiefem Ernst bekennen wir uns dazu, daß unter diesen Bedingungen, wie ich sie eben genannt habe, ein Verteidigungsbeitrag unseres Volkes geleistet werden muß zur Sicherung unserer deutschen Zukunft. Und die deutschen Männer, die einst bereit waren, für Deutschland zu sterben, sie mögen jetzt bereit sein, für Deutschland zu leben und zu arbeiten.

    (Beifall rechts und in der Mitte.)