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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 191. Sitzung. Bonn, Freitag, den 8. rebruar 1952 8149 191. Sitzung Bonn, Freitag, den 8. Februar 1952 Geschäftliche Mitteilungen 8149C Fortsetzung der Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung (Frage eines deutschen Verteidigungsbeitrags und der Errichtung einer Europäischen Verteidigungsgemeinschaft usw.) 8149C Dr. Kather (CDU) 8149D von Thadden (Fraktionslos) . . . 8151C Dr. Arndt (SPD) 8154A Dr. Adenauer, Bundeskanzler 8158B, 8196B, 8201B Dr. Schäfer (FDP) 8161A Frau Brauksiepe (CDU) 8166B Dr.-Ing. Decker (FU) 8168D Frau Wessel (FU) 8170B Dr. Bertram (FU) 8172D Dr. Etzel (Bamberg) (FU): zur Sache 8175B persönliche Erklärung 8243C Dr. Jaeger (CSU) 817'7A Loritz (Fraktionslos) . . . . 8179B, 8224D Frau Thiele (KPD) 8181A Hedler (Fraktionslos) 8183B Dr. Schmid (Tübingen) (SPD) 8183D, 8201A Dr. von Merkatz (DP) 8201C Goetzendorff (Fraktionslos) . . . 8206D Dr. Schröder (Düsseldorf) (CDU) . 8207D Dr. Richter (Niedersachsen) (Fraktionslos) 8211B Dr. Ehlers (CDU) 8213B Fröhlich (BHE-DG) 8218C Dr. Mühlenfeld (DP) 8221B Frommhold (Fraktionslos) 8223C Löfflad (DP) 8225C Rische (KPD) . . . . 8226A Dr. von Brentano (CDU): zur Sache 8228B, 8238C zur Abstimmung 8242D Dr. Preusker (FDP) 8232D Ollenhauer (SPD) 8234B Ewers (DP) 8239D Euler (FDP) 8240C Dr. Reismann (FU) 8240D Schoettle (SPD) (zur Abstimmung) 8241D Abstimmungen 8242B Namentliche Abstimmung . . . 8242D, 8248 Nächste Sitzung 8243D Schriftliche Erklärung der Fraktion der SPD zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der FDP, CDU/CSU und DP (Nr. 3078 der Drucksachen): Wehner (SPD) 8244 Zusammenstellung der namentlichen Abstimmung über die Entschließung der Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP (Nr. 3074 der Drucksachen) 8245 Die Sitzung wird um 9 Uhr 3 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    *) Vergl. das endgültige Ergebnis S. 8248. Anlage zum Stenographischen Bericht der 191. Sitzung Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Wehner (SPD) gemäß § 59 der Geschäftsordnung für die Fraktion der SPD zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der FDP, CDU/CSU und DP (Nr. 3078 der Drucksachen) Die SPD-Fraktion brachte am 25. April 1951 eine Interpellation (Nr. 2187 der Drucksachen) ein, betreffend kriegsgefangene Deutsche im Westen. Diese Interpellation — zu der die Bundesregierung eine Art vorläufige Altwort schriftlich ausgearbeitet hatte — wurde infolge der Bedenken, die das Auswärtige Amt durch Staatssekretär Hallstein gegen eine öffentliche Behandlung zu jenem Zeitpunkt zum Ausdruck gebracht hatte, von der SPD-Fraktion in einen Antrag umgewandelt, der dem Auswärtigen Ausschuß überwiesen und dort — sowie im Unterausschuß für Kriegsgefangenenfragen — beraten wurde. Nach ausführlicher Behandlung, zu der Sachverständige — z. B. Verteidiger — zugezogen wurden, faßte der Auswärtige Ausschuß am 15. November 1951 einstimmig einen Beschluß, der der Bundesregierung in einem Schreiben zugeleitet wurde. Dieser Beschluß enthält ganz genau umrissene Forderungen, die a 11e im Westen verurteilten deutschen Kriegsgefangenen betreffen. Der Ausschuß beschloß, diesen Beschluß dann dem Plenum vorzulegen, sobald ein Bericht der Bundesregierung über das Resultat der von ihr im Sinne des Beschlusses unternommenen Schritte vorliegen würde. Die Vertreter der SPD-Fraktion im Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten erklärten bei dieser Gelegenheit, daß sie darauf bestehen müßten, den Bericht des Ausschusses zu gegebener Zeit (in Abstimmung mit der Regierung) im Plenum zur Diskussion und Entscheidung zu stellen. Der heute vorgelegte Antrag der Regierungsparteien, Drucksache Nr. 3078, stellt — im Hinblick auf die am 15. November 1951 einstimmig gefaßte und der Bundesregierung übermittelte Resolution mit ihren präzisen Empfehlungen, die alle im Westen verurteilten kriegsgefangenen Deutschen betreffen — leider keinen Fortschritt dar. Es kann in dieser Situation nicht Aufgabe des Bundestages sein, sich mit einer bloßen Resolution zu begnügen. Die SPD-Fraktion ist nicht imstande, diesem Antrag zuzustimmen, sondern erwartet, daß die Bundesregierung über ihre konkreten Schritte zugunsten der- im Westen verurteilten kriegsgefangenen Deutschen berichtet. Herbert Wehner. Namentliche Abstimmung über die Entschließung der Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP (Nr. 3074 der Drucksachen) Name Abstimmung Name Abstimmung CDU/CSU Dr. Horlacher Ja Horn Ja Dr. Adenauer Ja Huth Ja Albers Ja Dr. Jaeger Ja" Junglas Ja Bauereisen Ja Kahn Ja Bauknecht . . . . . . . . . Ja Kaiser Ja Dr. Baur (Württemberg) . . . . Ja Karpf Ja Bausch Ja Dr. Kather Ja Becker (Pirmasens) Ja Kemmer Ja Blank (Dortmund) Ja Kemper Ja Bodensteiner Ja Kern Ja Frau Brauksiepe Ja Dr. von Brentano . . . . . . Ja Kiesinger Ja Brese Ja Dr. Kleindinst Ja Frau Dr. Brökelschen . . . . . Ja Dr. Köhler Ja Dr. Brönner . . . . . . . . Ja Dr. Kopf Ja Brookmann Ja Kühling Ja Dr. Bucerius Ja Kuntscher Ja Frau Dietz Ja Kunze Ja Dr. Dresbach . . . . . . . . .Ja Dr. Laforet Ja Eckstein Ja Dr. Dr. h. c. Lehr Ja Dr. Edert Ja Leibfried Ja Dr. Ehlers Ja Lenz Ja Ehren Ja Leonhard Ja Dr. Erhard. — Lücke Ja Etzel (Duisburg) Ja Majonica Ja Etzenbach . . . . . . . . . Ja Massoth . . . . . • Ja Even Ja Mayer (Rheinland-Pfalz) Ja Feldmann . . . . . . . • • Ja Mehs Ja Dr. Fink Ja Mensing Ja Dr. Frey Ja Morgenthaler Ja Fuchs Ja Muckermann Ja Dr. Freiherr von Fürstenberg . . Ja Mühlenberg Ja Fürst Fugger von Glött . . . Ja Dr.Dr. Müller (Bonn) Ja Ja Funk Ja Müller-Hermann Ja Gengler Gerns Ja Naegel Ja Dr. Gerstenmaier beurlaubt Neber Ja Gibbert beurlaubt Nellen Ja Giencke Ja Neuburger Ja Dr. Glasmeyer Ja Nickl Ja Glüsing Ja Frau Niggemeyer Ja Gockeln Ja Dr. Niklas krank Dr. Götz Ja Dr. Oesterle krank Frau Dr. Gröwel Ja Dr. Orth Ja Günther Ja Pelster - Ja Hagge Ja Pfender Ja Frau Heiler Ja Dr. Pferdmenges Ja Heix Ja Dr. Povel Ja- Dr. Henle beurlaubt Hilbert Ja Frau Dr. Probst .Ja Höfler Ja Dr. Pünder Ja Hohl Ja Raestrup Ja Dr. Holzapfel . . . . . . . . Ja Rahn _ Ja Hoogen Ja Frau Dr. Rehling . Ja HODDe Ja . Frau Rösch Ja Name Abstimmung Name Abstimmung Rümmele Ja Dannebom Nein Sabel Ja Diel Nein Schaffer Ja Frau Döhring Nein Scharnberg . . . . . . . . . Ja Eichler Nein Dr.Schatz . . . . . . . . . Ja Ekstrand Nein Schill Ja Erler Nein Schmitt (Mainz) . . . . . . . Ja Faller Nein Schmitz Ja Franke . . . . . . . . . . Nein Schmücker . . . . . . . Ja Freidhof Nein Dr. Schröder (Düsseldorf) . . . Ja Freitag Nein Schröter (Kiel) Ja Geritzmann Nein Schüttler - Ja Gleisner Nein Schütz Ja Görlinger Nein Schuler Ja Graf Nein Schulze-Pellengahr Ja Dr. Greve Nein Dr. Semler Ja Dr. Gülich Nein Dr. Serres Ja Happe Nein Siebel Ja Heiland Nein Dr. Solleder Ja Hennig Nein Spies Ja Henßler Nein Grat von Spreti Ja Herrmann Nein Stauch Ja Hoecker Nein Frau Dr. Steinbiß Ja Höhne Nein Storch Ja Frau Dr. Hubert . . . . . . . Nein Strauß Ja Imig Nein Struve Ja Jacobi -Nein Stucklen Ja Jacobs Nein Dr. Vogel Ja Jahn Nein Wacker Ja Kalbfell Nein Wackerzapp Ja Kalbitzer Nein Dr. Wahl Ja Frau Keilhack Nein Frau Dr. Weber (Essen) . . . Ja Keuning Nein Dr. Weber (Koblenz) Ja Kinat Nein Dr. Weiß Ja Frau Kipp-Kaule Nein Winkelheide Ja Knothe Nein Dr. Wuermeling . . . . . . . Ja Dr. Koch Nein Frau Korspeter Nein Frau Krahnstöver Nein Dr. Kreyssig Nein Kriedemann Nein Kurlbaum Nein Lange Nein SPD Lausen krank Frau Lockmann Nein Frau Albertz Nein Lohmüller beurlaubt Frau Albrecht Nein Ludwig Nein Altmaier Nein Dr. Luetkens Nein Frau Ansorge Nein Maier (Freiburg) Nein Dr. Arndt Nein Marx Nein Arnholz Nein Matzner Nein Dr. Baade Nein Meitmann Nein Dr. Bärsch Nein Mellies Nein Baur (Augsburg) Nein Dr. Menzel Nein Bazille krank Merten Nein Behrisch Nein Mertins Nein Bergmann Nein Meyer (Hagen) . . . . . . . . Nein Dr. Bergstraeßer . . . .. . . . Nein Meyer (Bremen) . Nein Berlin Nein Frau Meyer-Laule Nein Bettgenhäuser Nein Mißmahl Nein Bielig Nein Dr. Mommer Nein Birkelbach Nein Dr. Mücke Nein Blachstein Nein Müller (Hessen) Nein Dr. Bleiß Nein Müller (Worms) . . . . . . . Nein Böhm Nein Frau Nadig . . . . . . . . Nein Dr. Brill Nein Dr.Nölting . . . . . . . . Nein Bromme Nein Nowack (Harburg) Nein Brünen Nein Odenthal Nein Cramer Nein Ohlig Nein Name Abstimmung Name Abstimmung Ollenhauer Nein Frau Dr. Ilk Ja Paul (Württemberg) Nein Juncker Ja Peters Nein Dr. Kneipp Ja Pohle Nein Kühn Ja Dr. Preller Nein Langer Ja - Priebe Nein Dr. Luchtenberg . . . . . Ja Reitzner Nein Margulies entschuld. Richter (Frankfurt) Nein Mayer (Stuttgart) krank Ritzel Nein Dr. Mende Ja Ruhnke Nein Dr. Miessner . . . . . , . Ja Runge Nein Neumayer Ja Sander Nein Dr. Dr. Nöll von der Nahmer . entschuld. Sassnick . . . . . . . . . Nein Dr. Nowack (Rheinland-Pfalz) . Ja Frau Schanzenbach Nein Onnen Ja Dr. Schmid (Tübingen) Nein Dr. Pfleiderer Ja Dr. Schmidt (Niedersachsen) . . . Nein Dr. Preiß Ja Dr. Schöne Nein Dr. Preusker Ja Schoettle Nein Rademacher entschuld. Dr. Schumacher krank Rath Ja Segitz Nein Dr. Freiherr von Rechenberg . Ja Seuffert Nein Revenstorff . . . . . . . . Ja Stech Nein Dr. Schäfer Ja Steinhörster Nein Dr. Schneider Ja Stierle Nein Stahl Ja Striebeck Nein Stegner Ja Frau Strobel Nein Dr. Trischler Ja Temmen Nein Dr. Wellhausen entschuld. Tenhagen Nein Wildermuth Ja Troppenz . . . . .. . . . . Nein Wirths Ja Dr. Veit Nein Dr. Zawadil entschuld. Wagner Nein Wehner Nein Weinhold Nein DP Welke Nein Weltner Nein Ahrens entschuld. Dr. Wenzel Nein Bahlburg Ja Wönner Nein Eickhoff Ja Zühlke Nein Ewers Ja Farke Ja Hellwege Ja Jaffé Ja Frau Kalinke Ja Kuhlemann . . . . . . . . Ja FDP Dr. Leuchtgens Ja Löfflad Ja Matthes Ja Dr. von Merkatz Ja Dr. Atzenroth Ja Dr. Mühlenfeld . . . . . . . Ja Dr. Becker (Hersfeld) beurlaubt Paschek Ja Dr. Blank (Oberhausen) . . . . Ja Reindl Ja Blücher Ja Schmidt (Bayern) Ja Dannemann entschuld. Schuster Ja Dr. Dehler Ja Dr.Seebohm . . . . . . . . Ja Dirscherl beurlaubt Tobaben Ja Euler Ja Wallner entschuld. Faßbender Ja Walter . . . . . . . . . . Ja Freudenberg — Wittenburg Ja Frühwald Ja Wittmann Ja Funcke Ja _ Gaul Ja Dr. von Golitschek Ja Grundmann Ja FU Dr. Hammer Ja Dr. Hasemann entschuld. Freiherr von Aretin Ja Dr. Hoffmann (Lübeck) . . . . Ja Frau Arnold . . . . . . . Nein Dr. Hoffmann (Schönau) . . . . Ja Dr. Bertram . . . . . . . . entschuld. Frau Hütter beurlaubt Dr. Besold enthalten Name Abstimmung Name Abstimmung Clausen entschuld. Renner Nein Dr.-Ing. Decker Nein Rische Nein - Determann entschuld. Frau Strohbach Nein Eichner Nein Frau Thiele Nein Dr. Etzel (Bamberg) Nein Vesper entschuld. Hoffmann (Lindlar) Nein Lampl . . enthalten Mayerhofer Nein Dr. Meitinger Nein BHE-DG Fürst zu Oettingen-Wallerstein . enthalten Pannenbecker . . . . . . . . Nein Dr. Friedrich Ja Parzinger Nein Fröhlich . . . . . . . - enthalten . Dr. Reismann . . . . . . . . Nein - Dr. Ott enthalten Ribbeheger ........e ntschuld. Tichi enthalten Volkholz — Weickert entschuld. Wartner Nein Frau Wessel . . . . . . . Nein Willenberg Nein Fraktionslos KPD Aumer Nein Agatz Nein Donhauser Ja Fisch Nein Dr. Doris Nein Gundelach Nein Frommhold Ja Harig Nein Goetzendorff entschuld. Kohl (Stuttgart) Nein Hedler entschuld. Müller (Frankfurt) Nein Loritz Nein Niebergall Nein Müller (Hannover) — Paul (Düsseldorf) . . . . .. . Nein Dr. Richter (Niedersachsen) . . . Nein Reimann Nein von Thadden Ja Zusammenstellung der Abstimmung: Abgegebene Stimmen , 366 Davon: Ja 204 Nein 156 Stimmenthaltung 6 Zusammen wie oben 366 Berliner Abgeordnete: Name Abstimmung Name Abstimmung CDU/CSU Neumann beurlaubt Schellenberg entschuld. Dr. Friedensburg beurlaubt Frau Schroeder (Berlin) . . . . Nein Dr. Krone Ja Schröter (Berlin) entschuld. Lemmer beurlaubt Frau Wolff — Frau Dr. Maxsein --- Dr. Tillmanns — FDP SPD Dr. Henn Ja Brandt beurlaubt lluebner Ja Dr. Koenigswarter -- Frau Dr. Mulert Ja Löbe Nein Dr. Reif Ja Neubauer Nein Dr. Will krank
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hermann Ehlers


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist mir sehr lieb, daß ich von den Ausführungen des Herrn Abgeordneten Richter zu dem überleiten kann, was ich sagen möchte. Ich habe bisher noch nicht den Eindruck gehabt, daß die Herren, die Herr Abgeordneter Richter hier vertritt, sich über das wirkliche Anliegen evangelischer Christen und der Kirche in irgendeiner Weise im klaren gewesen sind.

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ich möchte bewußt nichts oder nichts Wesentliches zu der politischen Auseinandersetzung sagen, die hier stattfindet. Wir alle stehen unter dem Eindruck — oder sollten jedenfalls alle unter dem Eindruck stehen —, daß wir heute hier nicht ein Gespräch nur unter uns führen, sondern ein Gespräch, wie es in diesem Volke noch niemals geführt worden ist, an dem Millionen von deutschen Menschen aus innerstem Herzen Anteil nehmen.

    (Zustimmung bei den Regierungsparteien.)

    Wir alle sollten uns jederzeit dieser Tatsache und
    auch der weiteren Tatsache bewußt sein, daß viele
    Menschen, die jetzt am Lautsprecher zuhören, die
    politischen Auseinandersetzungen zwischen den
    verschiedenen Parteien dieses Hauses, die gestern
    und heute geführt worden sind, nur zu einem
    geringen Teil bewegen, daß sie aber in dieser
    Frage aus sehr viel anderen, sehr viel tieferen Gründen Sorgen, Bedenken und Fragen haben. Ich halte mich um des Amtes willen, das ich in diesem Hause habe, das mich ja nicht davon entbindet, eine persönliche politische Überzeugung zu haben, aber auch um meines kirchlichen Amtes willen für verpflichtet, diese Sorgen und Bedenken hier auszusprechen, weil ich meine, daß es niemand im deutschen Volke geben sollte, der sagen könnte, daß das, was viele Menschen zutiefst bewegt und ihnen Tag und Nacht Not macht, in diesem Hause, nicht ausgesprochen wäre.

    (Sehr gut! bei den Regierungsparteien.)

    Wenn wir das tun, sollten wir uns von vornherein davor hüten, das politische Gespräch so zu führen, als ob es nur schwarz oder weiß gäbe und als ob die Meinungen, die wir hier gegeneinanderstellen, Meinungen wären, die so weit auseinander sind, daß sie niemals auf einen Nenner gebracht werden können.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    So ist es nicht! Wir müßten uns gegenseitig glauben, daß das, was wir sagen, auch wenn es in der Formulierung einmal mißgluckt — das kommt ja schließlich uberall vor! —, aus einer inneren Verantwortung herauswachst. Darum — man muß das ja konkretisieren — muß ich sagen, daß ich einen Satz, um nur ein Beispiel zu nennen, der vorhin fiel, bedauert habe. Der verehrte Kollege Professor Schmid hat gesagt, niemand habe das Recht, zu verlangen, daß die Menschen sich sinnlos zu Kriippeln schleßen lassen. Meine verehrten Damen und Herren, das hat in diesem Hause und im deutschen Volke niemand verlangt und wird niemand verlangen!

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ich bin Herrn Abgeordneten Ollenhauer sehr dankbar dafür, daß er die sachliche Fundierung der Aussprache gefordert hat. Wir tun uns allen einen guten Dienst, wenn wir in einer solchen sachlichen Fundierung fortfahren. Nicht nur heute! Denn dieses Gespräch geht heute nicht zu Ende, sondern geht weiter. Wir haben heute nur eine Zwischenbilanz gemacht und uns darüber informiert, was wir denken, um darauf weiterzuarbeiten und danach zu handeln. Wir dürfen nicht mit irgendwelchen Unterstellungen irgend jemand diskriminieren. Es kommt einem ja manchmal so vor, daß am meisten derjenige, der sich auch in einer letzten Verantwortung für einen Verteidigungsbeitrag entscheidet, schon darum verdammt werden müßte. Man kann sich — ich sage das sehr offen — sicher ohne innere Skrupel für einen Verteidigungsbeitrag entscheiden. Man kann sich aber offenbar auch ohne innere Skrupel dagegen entscheiden. Beides sollte nicht möglich sein. Herr Kollege Ollenhauer hat mit Recht gesagt, daß jeder Versuch, mit dem Appell an das Gefühl die Entscheidung für oder gegen diese Frage zu erzwingen, verantwortungslos sei. Ich stimme ihm zu. Das gilt dann aber auch für Sie, verehrter Herr Kollege Dr. Decker. Sie haben heute mittag gesagt — ich glaube, Sie richtig verstanden zu haben —, daß man die Leute heute veranlassen wolle, mit Begeisterung in das Lied einzustimmen: „Volk ans Gewehr!" Das will niemand, das tut niemand, und das wird im deutschen Volke niemand tun.

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Aber wir dürfen nicht vergessen, daß wir vielen Menschen im Volke und uns 'selbst keinen guten Dienst tun, wenn wir zu leicht über den Begriff


    (Dr. Ehlers)

    des Gefühls hinweggehen. Wir müssen wissen, daß es im menschlichen Bereich nicht möglich ist, bestimmte Dinge so auseinanderzuteilen, daß man sagen kann: hier ist das Gefühl, und hier ist die Ratio. Diese Dinge gehen vielmehr durcheinander; eine saubere Scheidung ist nicht möglich. Diese gefühlsmäßigen Erwägungen verbinden sich bei vielen Menschen im deutschen Volke mit sehr erwägenswerten sachlichen Argumenten.
    Lassen Sie mich hier ruhig einmal aussprechen: ich glaube, daß die Argumente und die Gefühle, die bei einer Unzahl von Frauen in unserem Volke wirksam sind, hierbei ein entscheidendes Gewicht haben. Dieser Hinweis bietet mir die erwünschte Gelegenheit, dem entgegenzutreten, daß ein etwas schlecht informierter Pressedienst gemeint hat, ich wünschte die Damen dieses Hauses anzugreifen.

    (Abg. Frau Dr. Weber [Essen]: Das dürfen Sie auch nicht machen! — Heiterkeit.)

    — Frau Kollegin Weber, wie könnte ich es wagen, mich mit Ihnen anzulegen!

    (Erneute Heiterkeit.)

    Ich muß dann aber auch das andere aussprechen. Die Gefühlserwägungen und die sachlichen Erwägungen, die die Frauen in unserem Volke anstellen, werden in gleicher Weise von den Frauen und Müttern jedes anderen Volkes angestellt. Wir dürfen nicht so tun, als ob es einen Vorbehalt oder ein Sonderrecht für die Gefühle der Mütter unseres Volkes gäbe. Es ist noch niemals, glaube ich, in der Geschichte der Bundesrepublik und seit langer Zeit auch in der Geschichte des deutschen Volkes vorgekommen, daß eine politische Entscheidung so unmittelbar und stark in den religiösen Bereich vorgestoßen ist.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Wir haben noch niemals gemerkt, daß Christen aller Konfessionen sich durch eine Fragestellung so angesprochen fühlten wie durch diese.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Ich muß sagen — und das, glaube ich, meine Damen und Herren, darf ich hier sagen, weil es niemandem in seiner persönlichen religiösen Überzeugung zu nahe tritt —: wir sind gehalten, diese Bedenken und Sorgen der Christen in unserem Volk und in allen anderen Völkern mit großer Aufmerksamkeit zu hören.

    (Zustimmung in der Mitte.)

    Lassen Sie mich darum zu einigen Argumenten etwas sagen, die in diesem Zusammenhang immer wieder vorgebracht werden. Wir hören bis zum Überdruß — und manche dieser Dinge werden selbst im christlichen Bereich bis zum Überdruß gesagt —, das Wort Gottes habe uns die Waffen aus der Hand geschlagen, damit wir sie niemals wieder aufnehmen könnten. Daß Gott uns die Waffen aus der Hand geschlagen hat, das allerdings ist richtig, und das ist unsere gemeinsame Überzeugung.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Ich weiß aus dem Alten Testament, daß Gott den Propheten die Fähigkeit gegeben hat, seinen Willen — auch in der Zukunft — zu erkennen. Ich habe bisher nicht das Gefühl gehabt, daß uns in der gegenwärtigen Debatte über diese Dinge sehr zahlreiche Propheten entgegengetreten wären.

    (Beifall und Heiterkeit bei den Regierungsparteien.)

    Wir sind jedenfalls keine, sondern wir haben in
    einem Respekt und in einer Achtung, die dem uns
    einsehbaren Willen Gottes geziemen, unsere Entscheidung nicht aus irgendwelchen Gefühlsargumenten, sondern aus einer sachlichen Einsicht in die Dinge zu fällen.
    Ich persönlich würde für mich erklären, es wäre gut, wenn wir überlegten, warum uns Gott die Waffen, die wir einst geführt haben, aus der Hand geschlagen hat. .

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Das ist auch ein Beitrag zu dem, was wir eben über diese merkwürdige Gleichsetzung von gestrigen und heutigen Fragestellungen gehört haben. Nach meiner Meinung müßten wir das eine beherzigen, wenn wir denn überhaupt noch ein verantwortliches Leben führen wollen: daß wir die Waffen nicht noch einmal im gleichen Geist und nicht noch einmal mit dem gleichen Ziel wie damals in die Hand nehmen.

    (Erneuter lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ich bin glücklich darüber, daß quer durch dieses Haus hindurch darüber Einigkeit besteht, und es möge uns niemand — keiner dem andern — unterstellen, daß wir noch einmal 1933 oder 1935 oder 1939 oder 1941 wollten!

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Niemand!

    (Abg. Frau Dr. Weber [Essen]: Niemals!)

    Aber wenn wir dann diesen Willen Gottes ernst nehmen, dann, meine ich, sind wir auch gefordert, nicht aus falschen Erwägungen unserem Volke grundsätzlich das zu verwehren, was anderen Völkern mit Selbstverständlichkeit zugestanden werden muß. Denn diese Völker leben wie wir in einer Welt, die weder durch unseren Willen noch offenbar durch die Politik der anderen plötzlich zu einem Hort des Friedens geworden ist.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Es wäre eine höchst gefährliche Simplifikation des Wortes Gottes, mit diesen Argumenten zu arbeiten. Der fromme Klang der Worte allein erweist noch nicht, daß die Entscheidung vom Worte Gottes her gefällt ist.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Meine Damen und Herren, wir wissen alle, daß wir, wenn wir das aussprechen, zu einem andern gefordert sind, nämlich dazu, unter den Völkern dazu zu helfen, daß quer durch die politischen Gegensätze hindurch eine Gemeinschaft der Menschen wächst, und zwar nicht nur der Christen, sondern all der Menschen, die verantwortlich leben. Meine Freunde, ich darf dann wohl vielleicht bei allem, was so negativ über Amerika gesagt wird, auch einmal feststellen, daß nach meinem Eindruck das, was die amerikanischen Christen von 1945 bis heute getan haben, der stärkste Beitrag zum Frieden der Welt ist, den es überhaupt geben kann.

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien. — Zuruf des Abg. Loritz.)

    — Herr Kollege Loritz, daß wir nicht einig sind, das ist eine Sache, die Sie nicht jedesmal neu zu betonen brauchen.

    (Heiterkeit.)

    Aber neben dieser geistlich klingenden Argumentation gibt es eine andere, die ich als eine säkulare Verflachung bezeichnen möchte, nämlich den sehr einfachen Hinweis: „Was sollen wir uns darum kümmern? Lassen wir es doch die anderen machen! Die haben uns ja hineingeritten; die haben ja die Politik getrieben, die sie von Jalta über


    (Dr. Ehlers)

    Potsdam hierher geführt hat. Jetzt sollen sie die Suppe auch ausloffeln!" Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir treiben hier nicht amenkanische Politik, in der Gesamtheit auch keine russische Politik,

    (Heiterkeit)

    sondern wir treiben deutsche Politik, und wir können beim besten Willen nicht erwarten, daß auch ein noch so freundwilliges und gutgesinntes anderes Volk in erster Linie deutsche Politik und dann amerikanische oder franzosische Politik treibt!

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Das müssen wir freundlichst schon allein besorgen.
    Und wenn wir die Interessen Deutschlands zuerst
    vertreten, dann werden wir das mit Nachdruck,
    aber auch mit Verantwortungsgefühl tun mussen,
    weil wir alle Augenblicke spüren, daß ja selbst die
    Vertretung gemeinsamer europaischer Interessen
    offenbar eine hockst schwierige Angelegenheit ist.
    Herr Kollege Arndt, in diesem Zusammenhang muß ich doch meine Betrübnis über ein Wort ausdrücken,

    (Zuruf von der Mitte: Ein Wort?)

    das Sie gesprochen haben, nämlich den Satz: „Amerika kann Deutschland nicht ausgeben." Herr Kollege Arndt, ich fürchte, es kann es.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Aber selbst wenn es es nicht könnte, scheint es mir unklug zu sein, eine nach Ihrer Meinung bestehende Zwangslage Amerikas, sich selbst an der Elbe verteidigen zu müssen, so auszunutzen, wie Sie es hier vorschlagen.

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Sie haben ja schließlich gesagt, daß der Friede eine Leistung unserer Vernunft wäre. Meine Damen und Herren, in den Beziehungen der Volker untereinander gibt es außerordentlich wenig wirksame Gefühlsargumente. Es gibt aber sehr viele Vernunftargumente, und zu diesen Argumenten gehurt, daß man sich ganz einfach und schlicht ausrechnet: wie wirken ganz bestimmte Dinge draußen, und wie bringt man andere Völker dazu, in ihrem eigenen Interesse das zu tun, was auch unserem Volke nützlich ist?

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Das scheint mir eine konstruktive Politik zu sein.
    Ich lese in einem alten Reichstagsprotokoll — wir sollten das viel öfter tun, wenn wir die Zeit dazu hätten — einen Satz, in dem darauf hingewiesen wird, daß man doch zu einer Vereinbarung kommen müsse. Und da steht:
    Aber ich fürchte, die Situation ist noch schlimmer. Nicht nur die Regierungen, auch die gesamte öffentliche Meinung der Welt werden wir dann gegen uns bekommen, wenn die Verständigung jetzt an unserem Widerstand scheitern sollte. Herr Briand hat vorgestern in der französischen Kammer gesagt: die Isolierung ist die Gefahr. Das hat Herr Briand von seinem Staate gesagt, der stärksten Militärmacht der Welt.
    — Auch das war einmal! —
    Was sollen wir sagen, wenn wir uns jetzt freiwillig isolieren? Was für Gefahren beschwören Sie
    — damals nach rechts gesagt —
    damit über das deutsche Volk herauf. Die Isolierung würde uns nicht nur die Verhandlungsbereitschaft in London und in Paris kosten, sie würde auch jede amerikanische Unterstützung, auf die Sie soviel bauen, für lange Zeit unmöglich machen.
    Meine Damen und Herren, ich kann dem, was Herr Abgeordneter Dr. Hilferding

    (Hört! Hört! und Heiterkeit bei den Regierungsparteien)

    am 25. August 1924 bei den Beratungen über den Dawes-Plan ausgesprochen hat, nur vollinhaltlich zustimmen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ich möchte doch. manchen meiner Freunde, die in diesen Zeiten über die praktischen Möglichkeiten sprechen, einmal das eine sagen: auch wenn man im christlichen Bereich redet, darf der Appell an die Menschenfreundlichkeit der anderer nicht zu große Forderungen stellen, wenn man ernst genommen werden will.

    (Zustimmung in der Mitte.)

    . Und ich sage ein zweites Wort zum Thema der Gleichberechtigung, nicht weil politisch heute soviel darüber geredet worden ist, sondern weil ich glaube — und ich spreche ja in diesem Zusammenhang —, daß es auch eine christliche und kirchliche Forderung nach der Gleichberechtigung gibt. Denn diese Gleichberechtigung hat unmittelbar etwas mit der Würde und der Ehre der Menschen und der Völker zu tun und ist darum ein christliches Postulat.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Wir haben gerade in diesen Tagen einen Bericht des Herrn Kirchenpräsidenten D. Stempel aus Speyer bekommen, der sämtliche deutschen Gefangenen in Frankreich, in Belgien und in Holland hat besuchen und darüber nicht sehr viel Gutes hat berichten können. Wir meinen, daß diese Dinge aus Rechtsgefühl — ich will nicht an Staaten appellieren, in einer christlichen Verantwortung zu handeln — und aus politischer Klugheit in Ordnung gebracht werden müssen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Wir werden uns allerdings nicht durch den Lärm einer gewissen Propaganda darüber hinwegtäuschen lassen, daß die eigentlich uns bedrängenden Nöte in dieser Frage nicht aus dem Westen, sondern aus dem Osten herrühren.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Und, meine Damen und Herren, ich möchte, daß die Leute, die im Lande darüber reden, diese Dinge nicht zu leicht vergessen. Ich habe am Montag eine Debatte in der Universität gehabt. Da ist ein Student aufgetreten und hat gesagt, er sei SS-Mann gewesen und habe ein halbes Jahr in Neuengamme gesessen, und hat dann daran seine Erwägungen über die deutsche Politik und die Alliierten geknüpft. Nun, es mag bedauerlich, vielleicht sogar ungerecht gewesen sein, daß dieser Junge in Neuengamme gesessen hat. Wieviel dumme Ungerechtigkeiten haben wir erlebt! Aber ich muß nun schon sagen: heute hatte er jedenfalls die Freiheit in diesem Staat, die Regierung und die Alliierten anzugreifen, ohne daß ihm etwas geschah. An anderer Stelle hätte er 25 Jahre Zwangsarbeit — mindestens! — bekommen. .

    (Lebhafte Zustimmung bei den Regierungsparteien.)

    Ich sage das, meine verehrten Damen und Herren, weil ich den Eindruck habe, daß viele Leute


    (Dr. Ehlers)

    — auch im Raum der Kirche — mit einer merkwürdigen Diskreditierung des Westens ihre Politik betreiben.

    (Sehr richtig!)

    Wir sind die letzten — wenn man am dichtesten dran ist, merkt man es ja am leichtesten —, die nicht wüßten, was in unserem Staat und im Westen faul ist. Aber wir sollten uns keinen Augenblick durch eine falsche und scheinbare Gerechtigkeit zu der Meinung bringen lassen, daß das, was im Osten ist, im Vergleich zum Westen überhaupt nur erwägenswert sei.

    (Beifall.)

    Darum nehme ich mit großer Dankbarkeit das Wort von Herrn Kollegen Ollenhauer auf — und ich glaube, daß das auch die gemeinsame Überzeugung aller verantwortlichen Mitglieder dieses Hauses ist —, daß das deutsche Volk in seiner erdrückenden Mehrheit sich unlösbar mit den Lebensvorstellungen der westlichen Welt verbunden weiß. Aber wenn man das weiß, dann sollte man das nicht nur aussprechen — an Deklamationen ist in Europa und in der Welt kein Mangel —, sondern dann sollte man das auch in der Praxis in einzelnen Entscheidungen bewähren. Ich bitte jedenfalls herzlich darum, daß es geschieht.
    Dann sollten wir etwas anderes einsehen, meine Damen und Herren, und das scheint mir mit der inneren Struktur unseres Volkes in erster Linie und unmittelbar in Zusammenhang zu stehen: daß die Gleichberechtigung nicht, wie uns Herr Kollege Schmid eben wieder vorgetragen hat, ein Status, sondern eine dynamische Entwicklung ist.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Es ist doch wohl so, daß wir seit 1945 darüber belehrt worden sind. Das, was Herr Kollege Schmid m diesem Zusammenhang gesagt hat, nämlich daß man entweder besetztes Land ist oder es nicht ist, ist in vollem Umfange falsch.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Da ich mir nun einmal die Freude gemacht habe, in alten Reichstagsprotokollen zu lesen — entschuldigen Sie, meine Damen und Herren! —, bitte ich den Herrn Präsidenten um die Erlaubnis, auch einige Sätze aus einem Protokoll von 1930 zu zitieren:
    Es besteht Streit darüber, ob diese Entwicklung nach vorwärts und aufwärts gegangen ist. Wir unsererseits sind der Meinung, daß das der Fall ist. Wir brauchen uns nur daran zu erinnern, wie sich die Dinge vollzogen haben vom Diktat zum Vertrag, von der einseitigen Forderung zur Vereinbarung, und wenn wir heute unsere Blicke zurückschweifen lassen auf das, was vor zehn, ja was vor fünf Jahren gewesen ist, wie Deutschland in dem Verhältnis zu den übrigen Staaten Europas und der Welt dastand und jetzt dasteht, so wird kein Vernünftiger leugnen können, daß es eine Entwicklung nach vorwärts und aufwärts gewesen ist, daß wir alle allmählich eingerückt sind in die Linie der politischen Gleichberechtigung.
    Freilich, es wird auch von uns nicht geleugnet und nicht verkannt, daß dieser Weg ein Weg war, der durch große und schwere Ungerechtigkeiten für das deutsche Volk geführt hat, ein Weg, auf dem uns die schwersten Opfer auferlegt worden sind, und ich füge hinzu: das Ziel, das wir uns gesetzt haben und das wir uns setzen müssen, ist bis zu diesem Augenblick noch nicht erreicht.
    An jedem dieser Meilensteine haben Menschen gestanden, die alle diejenigen, die diesen steinigen Weg beschritten und die ihn weitergehen wollten, nicht nur kritisierten, sondern schmähten und beschimpften. Mangelnde Einsicht, sagten unsere milderen Richter, die anderen aber sprachen von bewußtem oder gar bezahltem Landesverrat ... Diese Hetze wird bis zum heutigen Tage fortgesetzt. Sie wird jetzt gegen alle diejenigen gerichtet, die an dem Zustandekommen des Young-Abkommens positiv mitgewirkt haben. Welchen Charakter sie trägt, haben wir bei der Agitation für das Volksbegehren erlebt. Wo die sachlichen Argumente ausgingen, setzte die Lüge ein.

    (Bewegung.)

    Ich brauche nur daran zu erinnern, daß behauptet wurde, die Sachverständigen und die Regierung hätten sich damit einverstanden erklärt, daß deutsche Jungmannschaft als Sklaven in die Welt verkauft werden müsse. Das alles geschah im Namen der nationalen Gesinnung ... Nun, wir wollen mit diesen Leuten nicht um die Palme nationaler Gesinnung ringen. Wir stellen fest, daß wir unbeirrt das tun und tun werden, was wir im Interesse des deutschen Volkes, seines ruhigen und friedlichen Aufstieges für geboten erachten.
    Meine Damen und Herren, ich sage das nicht, um
    die Behauptung aufzustellen, die man mir mit
    Recht bestreiten würde, daß eine völlige Parallele zwischen damals und heute besteht. Ich sage
    es, weil ich deutlich machen möchte, daß man sich
    in einer politischen Verantwortung dafür entscheiden kann, ein Zwischenziel zu erreichen und das
    Endziel im Auge zu behalten. Insofern bin ich

    (Langanhaltender starker Beifall und Heiterkeit bei den Regierungsparteien und der FU. — Unruhe bei der SPD.)

    Lassen Sie mich eins noch sagen. Wie war 1918 der Ausgangspunkt, und wie war er 1945,

    (Zustimmung bei den Regierungsparteien) und welches Maß von Schuld haben viele, viele Menschen in Deutschland damals auf sich geladen, die heute nicht gern an diese Schuld erinnert werden möchten?


    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien. — Erregte Zurufe von der SPD. — Abgeordnete der SPD weisen unter fortgesetzten Zurufen nach rechts. — Abg. Arnholz: In der Regierungskoalition sitzen ehemalige Nationalsozialisten, da sitzen Abgeordnete, die dem Ermächtigungsgesetz 1933 zugestimmt haben, auch damalige Deutschnationale! — Gegenrufe von der Mitte und rechts. — Glocke des Präsidenten.)



Rede von Dr. Hermann Schäfer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Meine Damen und Herren, ich glaube, daß es dem Fortgang der Erörterungen nicht dienlich ist, wenn hier Privatgespräche veranstaltet werden.

(Zuruf von der SPD: Das sind keine Privatgespräche! Abg. Dr. Schröder [Düsseldorf]: Das hat doch Herr Breit-scheid gesagt! Warum regen Sie sich auf?)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hermann Ehlers


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Meine Damen und Herren, ich habe kein Wort darüber gesagt — und gedenke das nicht zu tun —, wodurch dieser Weg, der 1929


    (Dr. Ehlers)

    völlig richtig und verantwortungsbewußt gegangen wurde, 1933 in den Zusammenbruch und das Elend führte. Wir sind uns hoffentlich alle darüber klar, daß wir jedenfalls in dieser Frage sämtlich keine Veranlassung haben, immer nur auf den anderen zu zeigen.

    (Sehr gut! und Bravo! bei den Regierungsparteien.)

    Aber hier geht es um etwas anderes; und das ist nicht nur eine politische Frage. Hier geht es um das Problem, daß die Frage der Gleichberechtigung heute in der ungeheuren Gefährdung steht, daß sie zum Vorspann für eine nationalistische Verfälschung wird.

    (Zustimmung bei der CDU.)

    Wir danken dem Herrn Kollegen Schmid das Wort, 'von dem ich glaube, daß wir es uns mit ehernen Buchstaben vor Augen stellen sollten, das Wort von der Kollektivunschuld. Es ist leider so — und das dürfen wir nicht übersehen —, daß dieser Kampf um die echte Gleichberechtigung zu einem merkwürdigen Kampf um eine summarische Unschuld aller derer geworden ist, die ihre Verantwortung heute nicht gern wahrhaben wollen. Ich muß in diesem Zusammenhang auch sagen: Zwischen Generälen, die heute aus mancherlei Gründen den alten, wirklich bei uns allen innerlich zutiefst überwundenen Geist wieder propagieren,

    (Zuruf von der .KPD: Adenauers Berater!) und anderen Generälen, die sich zu Propheten des „Ohne mich" machen, ist häufig die gemeinsame geistige Grundlage nur zu leicht erkennbar.


    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ein weiteres — ich brauche nicht viel dazu zu sagen, weil der Kollege Ollenhauer das auch schon ausgesprochen hat — zum Thema des Pazifismus. Er hat gesagt: Wir achten eine pazifistische Gesinnung, die aus ethischen, religiösen oder anderen weltanschaulichen Gründen jeden Dienst mit der Waffe ablehnt. Ich glaube nur, daß wir das etwas näher untersuchen müssen. Es gehen mir zuviel Leute im Lande herum und wenden ein Gebot — „Du sollst nicht töten!" — sehr primitiv auf die politischen Verhältnisse der Welt an,

    (Beifall rechts)

    weil es ihnen gerade so paßt.

    (Sehr richtig! bei den Regierungsparteien.)

    Es ist nicht in unserer Macht, hier in Deutschland und anderswo aus der Kraft unseres guten Willens eine Welt zu schaffen, die das Wort Gottes erst zu einem ganz anderen Zeitpunkt verheißt. Das, was uns-Frau Kollegin Brauksiepe über die Auslegung des Pazifismus in östlicher Sicht gesagt hat, läßt einiges davon erkennen.
    Meine verehrten Damen und Herren, ich möchte für mich persönlich erklären, daß jedes Gespräch über die Wiederbewaffnung davon abhängig ist, daß der Art. 4 Abs. 3 des Grundgesetzes unverändert und klar ernst genommen wird. Ich vermag ein anderes Gespräch über die Wiederbewaffnung nicht zu führen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Wir haben uns dahin entschieden, das Gewissen, auch das vielleicht irrende Gewissen ernst zu nehmen. Ich meine, daß wir niemanden im Volke dem Druck aussetzen können, daß das unter irgendeinem anderen Vorzeichen einmal anders entschieden werden könnte.

    (Zustimmung bei den Regierungsparteien. — Zurufe von der KPD.)

    Ich muß aber zwei Dinge hinzufügen, damit das nicht unklar bleibt. Zwischen der Nötigung des an Gott gebundenen Gewissens und dem von Gott gesetzten Anspruch des Staates ist der Raum, in dem wir unsere Position zu bestimmen haben. Der Staat und die Kirche haben das Gewissen, auch das irrende Gewissen zu schützen. Sie haben aber ebenso klar herauszustellen, daß das selbstsüchtige Ich, das sich selbst zur Norm setzt und das die Lasten der Ordnung, deren Schutz es in Anspruch nimmt; ablehnt, nicht von Staat und Kirche geschützt werden dürfte.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Aber wir wissen, daß in keiner anderen Frage mehr als in dieser die psychologische Situation unerhört schwierig ist und daß wir lieber in diesem Zusammenhang etwas mehr als etwas zu wenig tun sollen.
    Einen Satz noch: ich wundere mich sehr, daß in dem- Entschließungsantrag der Föderalistischen Union die Forderung gestellt wird, daß die allgemeine Wehrpflicht nicht eingeführt werden dürfe. Meine Damen und Herren, wir sind heute ja noch nicht so weit; aber ich habe mich gerade mit Erfolg von Karl Barth — ausgerechnet von Karl Barth — darüber belehren lassen, daß die eigentliche Form des soldatischen Dienstes im Staat, die vor dem christlichen Gewissen bestehen könne, nicht das Söldnersystem, sondern die allgemeine Wehrpflicht sei.

    (Hört! Hört! in der Mitte.)

    Es ist zu der sozialen Frage schon gesprochen worden; ich brauche das nicht mehr zu tun.

    (Zurufe von der KPD.)

    — Ich tue es gern, nur: sich mit Ihnen über soziale Fragen zu unterhalten, — dazu müßten doch erst noch einige Voraussetzungen drüben geschaffen werden!

    (Zuruf von der KPD: Tun Sie doch nicht so scheinheilig!)

    Ich möchte aber doch noch etwas sagen, weil das viele Menschen bei uns umtreibt, nämlich darüber, daß die Frage der deutschen Einheit weithin mit einem geradezu religiösen Pathos in diesem Zusammenhang genannt wird. Unsere gemeinsame Überzeugung ist — das haben wir vorgestern erst wieder bewiesen —: daß es nichts gibt, was uns mehr bewegte und was uns als völkische Aufgabe größer wäre als die Wiederherstellung der deutschen Einheit.

    (Sehr wahr! in der Mitte.)

    Wir sollten nicht den peinlichen Weg gehen, der in Diskussionen beschritten worden ist, zu behaupten daß hier in Bonn jeder Schritt zur deutschen Einheit nur mit verkniffenem Gesicht getan wurde. Ich hatte vorgestern nicht den Eindruck, daß wir den weiteren Schritt mit verkniffenem Gesicht getan hätten; und dann sollten wir uns das auch nicht so vorwerfen.

    (Sehr gut! in der Mitte. — Zurufe von der KPD.)

    Ich habe mich in den letzten Wochen gefragt, ob irgend jemand, der die Eventualität nur so sieht: entweder Wiederbewaffnung oder deutsche Einheit, uns einen Weg weisen würde, der heute und 'hier in einer anderen und wirkungsvolleren Weise die Wiederherstellung der deutschen Einheit ermöglichte. Ich habe von keinem Weg gehört, keinem einzigen!

    (Lebhafte Zustimmung in der Mitte und rechts. — Zurufe von der KPD.)



    (Dr. Ehlers)

    Meine Damen und Herren, wir können die Frage der Einheit nicht ohne das Wort Freiheit aussprechen. Die Freiheit ist nicht nur ein politisches Postulat, sondern die Freiheit ist eine Forderung des Glaubens, weil die Würde des Menschen davon abhängt, daß er frei ist.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.) Darum kämpfen wir für die Freiheit.


    (Erneuter Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Eine Einheit, die die Freiheit opfert, ist irreparabel, aber eine Freiheit, die die Einheit, weil denn kein anderer Weg gewiesen ist, notgedrungen zeitweise suspendiert, gibt die Entscheidung über das, was geschehen muß, künftig in unsere Hand. Wir dürften kein Gespräch über die Wiederbewaffnung führen, ohne uns zu versprechen und mit allem Ernst es auch durchzuführen, daß wir diesen Entschluß, wenn wir ihn denn fassen müssen, verbinden mit einer Offensive in der Frage der deutschen Einheit, die es niemandem gestattet, Zweifel an unserem Willen dazu zu hegen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Wir 'haben in der Frage, die vor uns steht, keine Summierung der verschiedenen Beweggründe vorzunehmen, sondern wir haben um der inneren Bedeutung dieser Dinge willen zu fragen: aus welchem Grunde kommt der einzelne 'zu seiner Meinung. Ich nehme -- und spreche das hier noch einmal aus — kein Argument und keine innere Not ernster und tiefer als die, die aus der Not eines christlichen Gewissens kommt.

    (Sehr richtig! bei den Regierungsparteien.) Und wir sollten das alle tun!

    Frau Kollegin Wessel hat gemeint, daß sie mit ihrer Notgemeinschaft die Menschen vor der Propaganda des Kommunismus bewahrt habe.

    (Abg. Dr. Schröder [Düsseldorf]: Eine unerhörte Anmaßung!)

    Verehrte Frau Kollegin Wessel, ich verstehe dann nicht ganz, warum die Tätigkeit dieser Notgemeinschaft in der Propaganda des Ostens eine so besondere Sympathie genießt.

    (Zustimmung bei den Regierungsparteien.)

    Es geht um die Prüfung der Geister, und, meine Damen und Herren, hier wird eine Frage wichtig, die Herr 'Kollege Ollenhauer beiseitegeschoben hat, nämlich die Frage nach dem Wie. Er hat gesagt, es handele sich nur um das Ob und nicht um das Wie. Ich muß sagen: es handelt sich sicher um die Frage des Ob. Aber für mich persönlich ist die Frage des Ob unausweichlich mit der Frage nach dem Wie verbunden.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Wenn wir dahin kommen, daß wir durch das Wie ein gutes Anliegen und eine rechte Verantwortung gefährden, dann wollen wir diese Verantwortung lieber nicht wahrnehmen.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Wenn der Geist, den manche Leute, die sich als die patentierten Hüter deutschen Soldatengeistes verstehen, heute schon wieder haben und den sie auch in die Diskussion hineinbringen, durchdringt, dann habe ich die ernste Sorge, ob wir eine deutsche Wiederbewaffnung überhaupt verantworten können.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Wir erkennen jede echte Sorge an; sie ist die
    unsrige. Wir achten jedes Gewissen, weil wir for-
    dern, daß unsere Gewissen geachtet werden. Aber wir lehnen alles ab, was direkt oder auf einem Umwege die deutsche Freiheit stürzt, weil dann nicht nur wir, sondern Europa und vielleicht noch mehr stürzen.
    Ich habe in einem Vortrag der Notgemeinschaft den so primitiven Satz gelesen: „Wer nicht schießen will, muß sprechen."

    (Heiterkeit.)

    Meine Damen und Herren, es hat leider noch niemals geholfen, daß man gegen Kanonen und Panzer angeredet hat.

    (Sehr gut! und Heiterkeit in der Mitte und rechts.)

    Ich glaube, daß wir vielmehr in einer sehr bitteren und ernsten Verantwortung genötigt sind, die Entscheidung dahin zu fällen: Wer nicht erschossen werden will, muß nüchtern sein und handeln!

    (Anhaltender. lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)