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Metadaten
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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 191. Sitzung. Bonn, Freitag, den 8. rebruar 1952 8149 191. Sitzung Bonn, Freitag, den 8. Februar 1952 Geschäftliche Mitteilungen 8149C Fortsetzung der Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung (Frage eines deutschen Verteidigungsbeitrags und der Errichtung einer Europäischen Verteidigungsgemeinschaft usw.) 8149C Dr. Kather (CDU) 8149D von Thadden (Fraktionslos) . . . 8151C Dr. Arndt (SPD) 8154A Dr. Adenauer, Bundeskanzler 8158B, 8196B, 8201B Dr. Schäfer (FDP) 8161A Frau Brauksiepe (CDU) 8166B Dr.-Ing. Decker (FU) 8168D Frau Wessel (FU) 8170B Dr. Bertram (FU) 8172D Dr. Etzel (Bamberg) (FU): zur Sache 8175B persönliche Erklärung 8243C Dr. Jaeger (CSU) 817'7A Loritz (Fraktionslos) . . . . 8179B, 8224D Frau Thiele (KPD) 8181A Hedler (Fraktionslos) 8183B Dr. Schmid (Tübingen) (SPD) 8183D, 8201A Dr. von Merkatz (DP) 8201C Goetzendorff (Fraktionslos) . . . 8206D Dr. Schröder (Düsseldorf) (CDU) . 8207D Dr. Richter (Niedersachsen) (Fraktionslos) 8211B Dr. Ehlers (CDU) 8213B Fröhlich (BHE-DG) 8218C Dr. Mühlenfeld (DP) 8221B Frommhold (Fraktionslos) 8223C Löfflad (DP) 8225C Rische (KPD) . . . . 8226A Dr. von Brentano (CDU): zur Sache 8228B, 8238C zur Abstimmung 8242D Dr. Preusker (FDP) 8232D Ollenhauer (SPD) 8234B Ewers (DP) 8239D Euler (FDP) 8240C Dr. Reismann (FU) 8240D Schoettle (SPD) (zur Abstimmung) 8241D Abstimmungen 8242B Namentliche Abstimmung . . . 8242D, 8248 Nächste Sitzung 8243D Schriftliche Erklärung der Fraktion der SPD zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der FDP, CDU/CSU und DP (Nr. 3078 der Drucksachen): Wehner (SPD) 8244 Zusammenstellung der namentlichen Abstimmung über die Entschließung der Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP (Nr. 3074 der Drucksachen) 8245 Die Sitzung wird um 9 Uhr 3 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    *) Vergl. das endgültige Ergebnis S. 8248. Anlage zum Stenographischen Bericht der 191. Sitzung Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Wehner (SPD) gemäß § 59 der Geschäftsordnung für die Fraktion der SPD zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der FDP, CDU/CSU und DP (Nr. 3078 der Drucksachen) Die SPD-Fraktion brachte am 25. April 1951 eine Interpellation (Nr. 2187 der Drucksachen) ein, betreffend kriegsgefangene Deutsche im Westen. Diese Interpellation — zu der die Bundesregierung eine Art vorläufige Altwort schriftlich ausgearbeitet hatte — wurde infolge der Bedenken, die das Auswärtige Amt durch Staatssekretär Hallstein gegen eine öffentliche Behandlung zu jenem Zeitpunkt zum Ausdruck gebracht hatte, von der SPD-Fraktion in einen Antrag umgewandelt, der dem Auswärtigen Ausschuß überwiesen und dort — sowie im Unterausschuß für Kriegsgefangenenfragen — beraten wurde. Nach ausführlicher Behandlung, zu der Sachverständige — z. B. Verteidiger — zugezogen wurden, faßte der Auswärtige Ausschuß am 15. November 1951 einstimmig einen Beschluß, der der Bundesregierung in einem Schreiben zugeleitet wurde. Dieser Beschluß enthält ganz genau umrissene Forderungen, die a 11e im Westen verurteilten deutschen Kriegsgefangenen betreffen. Der Ausschuß beschloß, diesen Beschluß dann dem Plenum vorzulegen, sobald ein Bericht der Bundesregierung über das Resultat der von ihr im Sinne des Beschlusses unternommenen Schritte vorliegen würde. Die Vertreter der SPD-Fraktion im Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten erklärten bei dieser Gelegenheit, daß sie darauf bestehen müßten, den Bericht des Ausschusses zu gegebener Zeit (in Abstimmung mit der Regierung) im Plenum zur Diskussion und Entscheidung zu stellen. Der heute vorgelegte Antrag der Regierungsparteien, Drucksache Nr. 3078, stellt — im Hinblick auf die am 15. November 1951 einstimmig gefaßte und der Bundesregierung übermittelte Resolution mit ihren präzisen Empfehlungen, die alle im Westen verurteilten kriegsgefangenen Deutschen betreffen — leider keinen Fortschritt dar. Es kann in dieser Situation nicht Aufgabe des Bundestages sein, sich mit einer bloßen Resolution zu begnügen. Die SPD-Fraktion ist nicht imstande, diesem Antrag zuzustimmen, sondern erwartet, daß die Bundesregierung über ihre konkreten Schritte zugunsten der- im Westen verurteilten kriegsgefangenen Deutschen berichtet. Herbert Wehner. Namentliche Abstimmung über die Entschließung der Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP (Nr. 3074 der Drucksachen) Name Abstimmung Name Abstimmung CDU/CSU Dr. Horlacher Ja Horn Ja Dr. Adenauer Ja Huth Ja Albers Ja Dr. Jaeger Ja" Junglas Ja Bauereisen Ja Kahn Ja Bauknecht . . . . . . . . . Ja Kaiser Ja Dr. Baur (Württemberg) . . . . Ja Karpf Ja Bausch Ja Dr. Kather Ja Becker (Pirmasens) Ja Kemmer Ja Blank (Dortmund) Ja Kemper Ja Bodensteiner Ja Kern Ja Frau Brauksiepe Ja Dr. von Brentano . . . . . . Ja Kiesinger Ja Brese Ja Dr. Kleindinst Ja Frau Dr. Brökelschen . . . . . Ja Dr. Köhler Ja Dr. Brönner . . . . . . . . Ja Dr. Kopf Ja Brookmann Ja Kühling Ja Dr. Bucerius Ja Kuntscher Ja Frau Dietz Ja Kunze Ja Dr. Dresbach . . . . . . . . .Ja Dr. Laforet Ja Eckstein Ja Dr. Dr. h. c. Lehr Ja Dr. Edert Ja Leibfried Ja Dr. Ehlers Ja Lenz Ja Ehren Ja Leonhard Ja Dr. Erhard. — Lücke Ja Etzel (Duisburg) Ja Majonica Ja Etzenbach . . . . . . . . . Ja Massoth . . . . . • Ja Even Ja Mayer (Rheinland-Pfalz) Ja Feldmann . . . . . . . • • Ja Mehs Ja Dr. Fink Ja Mensing Ja Dr. Frey Ja Morgenthaler Ja Fuchs Ja Muckermann Ja Dr. Freiherr von Fürstenberg . . Ja Mühlenberg Ja Fürst Fugger von Glött . . . Ja Dr.Dr. Müller (Bonn) Ja Ja Funk Ja Müller-Hermann Ja Gengler Gerns Ja Naegel Ja Dr. Gerstenmaier beurlaubt Neber Ja Gibbert beurlaubt Nellen Ja Giencke Ja Neuburger Ja Dr. Glasmeyer Ja Nickl Ja Glüsing Ja Frau Niggemeyer Ja Gockeln Ja Dr. Niklas krank Dr. Götz Ja Dr. Oesterle krank Frau Dr. Gröwel Ja Dr. Orth Ja Günther Ja Pelster - Ja Hagge Ja Pfender Ja Frau Heiler Ja Dr. Pferdmenges Ja Heix Ja Dr. Povel Ja- Dr. Henle beurlaubt Hilbert Ja Frau Dr. Probst .Ja Höfler Ja Dr. Pünder Ja Hohl Ja Raestrup Ja Dr. Holzapfel . . . . . . . . Ja Rahn _ Ja Hoogen Ja Frau Dr. Rehling . Ja HODDe Ja . Frau Rösch Ja Name Abstimmung Name Abstimmung Rümmele Ja Dannebom Nein Sabel Ja Diel Nein Schaffer Ja Frau Döhring Nein Scharnberg . . . . . . . . . Ja Eichler Nein Dr.Schatz . . . . . . . . . Ja Ekstrand Nein Schill Ja Erler Nein Schmitt (Mainz) . . . . . . . Ja Faller Nein Schmitz Ja Franke . . . . . . . . . . Nein Schmücker . . . . . . . Ja Freidhof Nein Dr. Schröder (Düsseldorf) . . . Ja Freitag Nein Schröter (Kiel) Ja Geritzmann Nein Schüttler - Ja Gleisner Nein Schütz Ja Görlinger Nein Schuler Ja Graf Nein Schulze-Pellengahr Ja Dr. Greve Nein Dr. Semler Ja Dr. Gülich Nein Dr. Serres Ja Happe Nein Siebel Ja Heiland Nein Dr. Solleder Ja Hennig Nein Spies Ja Henßler Nein Grat von Spreti Ja Herrmann Nein Stauch Ja Hoecker Nein Frau Dr. Steinbiß Ja Höhne Nein Storch Ja Frau Dr. Hubert . . . . . . . Nein Strauß Ja Imig Nein Struve Ja Jacobi -Nein Stucklen Ja Jacobs Nein Dr. Vogel Ja Jahn Nein Wacker Ja Kalbfell Nein Wackerzapp Ja Kalbitzer Nein Dr. Wahl Ja Frau Keilhack Nein Frau Dr. Weber (Essen) . . . Ja Keuning Nein Dr. Weber (Koblenz) Ja Kinat Nein Dr. Weiß Ja Frau Kipp-Kaule Nein Winkelheide Ja Knothe Nein Dr. Wuermeling . . . . . . . Ja Dr. Koch Nein Frau Korspeter Nein Frau Krahnstöver Nein Dr. Kreyssig Nein Kriedemann Nein Kurlbaum Nein Lange Nein SPD Lausen krank Frau Lockmann Nein Frau Albertz Nein Lohmüller beurlaubt Frau Albrecht Nein Ludwig Nein Altmaier Nein Dr. Luetkens Nein Frau Ansorge Nein Maier (Freiburg) Nein Dr. Arndt Nein Marx Nein Arnholz Nein Matzner Nein Dr. Baade Nein Meitmann Nein Dr. Bärsch Nein Mellies Nein Baur (Augsburg) Nein Dr. Menzel Nein Bazille krank Merten Nein Behrisch Nein Mertins Nein Bergmann Nein Meyer (Hagen) . . . . . . . . Nein Dr. Bergstraeßer . . . .. . . . Nein Meyer (Bremen) . Nein Berlin Nein Frau Meyer-Laule Nein Bettgenhäuser Nein Mißmahl Nein Bielig Nein Dr. Mommer Nein Birkelbach Nein Dr. Mücke Nein Blachstein Nein Müller (Hessen) Nein Dr. Bleiß Nein Müller (Worms) . . . . . . . Nein Böhm Nein Frau Nadig . . . . . . . . Nein Dr. Brill Nein Dr.Nölting . . . . . . . . Nein Bromme Nein Nowack (Harburg) Nein Brünen Nein Odenthal Nein Cramer Nein Ohlig Nein Name Abstimmung Name Abstimmung Ollenhauer Nein Frau Dr. Ilk Ja Paul (Württemberg) Nein Juncker Ja Peters Nein Dr. Kneipp Ja Pohle Nein Kühn Ja Dr. Preller Nein Langer Ja - Priebe Nein Dr. Luchtenberg . . . . . Ja Reitzner Nein Margulies entschuld. Richter (Frankfurt) Nein Mayer (Stuttgart) krank Ritzel Nein Dr. Mende Ja Ruhnke Nein Dr. Miessner . . . . . , . Ja Runge Nein Neumayer Ja Sander Nein Dr. Dr. Nöll von der Nahmer . entschuld. Sassnick . . . . . . . . . Nein Dr. Nowack (Rheinland-Pfalz) . Ja Frau Schanzenbach Nein Onnen Ja Dr. Schmid (Tübingen) Nein Dr. Pfleiderer Ja Dr. Schmidt (Niedersachsen) . . . Nein Dr. Preiß Ja Dr. Schöne Nein Dr. Preusker Ja Schoettle Nein Rademacher entschuld. Dr. Schumacher krank Rath Ja Segitz Nein Dr. Freiherr von Rechenberg . Ja Seuffert Nein Revenstorff . . . . . . . . Ja Stech Nein Dr. Schäfer Ja Steinhörster Nein Dr. Schneider Ja Stierle Nein Stahl Ja Striebeck Nein Stegner Ja Frau Strobel Nein Dr. Trischler Ja Temmen Nein Dr. Wellhausen entschuld. Tenhagen Nein Wildermuth Ja Troppenz . . . . .. . . . . Nein Wirths Ja Dr. Veit Nein Dr. Zawadil entschuld. Wagner Nein Wehner Nein Weinhold Nein DP Welke Nein Weltner Nein Ahrens entschuld. Dr. Wenzel Nein Bahlburg Ja Wönner Nein Eickhoff Ja Zühlke Nein Ewers Ja Farke Ja Hellwege Ja Jaffé Ja Frau Kalinke Ja Kuhlemann . . . . . . . . Ja FDP Dr. Leuchtgens Ja Löfflad Ja Matthes Ja Dr. von Merkatz Ja Dr. Atzenroth Ja Dr. Mühlenfeld . . . . . . . Ja Dr. Becker (Hersfeld) beurlaubt Paschek Ja Dr. Blank (Oberhausen) . . . . Ja Reindl Ja Blücher Ja Schmidt (Bayern) Ja Dannemann entschuld. Schuster Ja Dr. Dehler Ja Dr.Seebohm . . . . . . . . Ja Dirscherl beurlaubt Tobaben Ja Euler Ja Wallner entschuld. Faßbender Ja Walter . . . . . . . . . . Ja Freudenberg — Wittenburg Ja Frühwald Ja Wittmann Ja Funcke Ja _ Gaul Ja Dr. von Golitschek Ja Grundmann Ja FU Dr. Hammer Ja Dr. Hasemann entschuld. Freiherr von Aretin Ja Dr. Hoffmann (Lübeck) . . . . Ja Frau Arnold . . . . . . . Nein Dr. Hoffmann (Schönau) . . . . Ja Dr. Bertram . . . . . . . . entschuld. Frau Hütter beurlaubt Dr. Besold enthalten Name Abstimmung Name Abstimmung Clausen entschuld. Renner Nein Dr.-Ing. Decker Nein Rische Nein - Determann entschuld. Frau Strohbach Nein Eichner Nein Frau Thiele Nein Dr. Etzel (Bamberg) Nein Vesper entschuld. Hoffmann (Lindlar) Nein Lampl . . enthalten Mayerhofer Nein Dr. Meitinger Nein BHE-DG Fürst zu Oettingen-Wallerstein . enthalten Pannenbecker . . . . . . . . Nein Dr. Friedrich Ja Parzinger Nein Fröhlich . . . . . . . - enthalten . Dr. Reismann . . . . . . . . Nein - Dr. Ott enthalten Ribbeheger ........e ntschuld. Tichi enthalten Volkholz — Weickert entschuld. Wartner Nein Frau Wessel . . . . . . . Nein Willenberg Nein Fraktionslos KPD Aumer Nein Agatz Nein Donhauser Ja Fisch Nein Dr. Doris Nein Gundelach Nein Frommhold Ja Harig Nein Goetzendorff entschuld. Kohl (Stuttgart) Nein Hedler entschuld. Müller (Frankfurt) Nein Loritz Nein Niebergall Nein Müller (Hannover) — Paul (Düsseldorf) . . . . .. . Nein Dr. Richter (Niedersachsen) . . . Nein Reimann Nein von Thadden Ja Zusammenstellung der Abstimmung: Abgegebene Stimmen , 366 Davon: Ja 204 Nein 156 Stimmenthaltung 6 Zusammen wie oben 366 Berliner Abgeordnete: Name Abstimmung Name Abstimmung CDU/CSU Neumann beurlaubt Schellenberg entschuld. Dr. Friedensburg beurlaubt Frau Schroeder (Berlin) . . . . Nein Dr. Krone Ja Schröter (Berlin) entschuld. Lemmer beurlaubt Frau Wolff — Frau Dr. Maxsein --- Dr. Tillmanns — FDP SPD Dr. Henn Ja Brandt beurlaubt lluebner Ja Dr. Koenigswarter -- Frau Dr. Mulert Ja Löbe Nein Dr. Reif Ja Neubauer Nein Dr. Will krank
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Adolf von Thadden


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (Fraktionslos)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DRP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben gestern mit großem Interesse die Rede des Herrn Bundeskanzlers auf der einen und die des Herrn Ollenhauer auf der anderen Seite gehört. Beide Reden enthielten außerordentlich viel Dinge, die uns gefielen.

    (Ei, ei! von der KPD.)

    Gegen beide Reden wäre aber auch manches einzuwenden.
    Der Herr Bundeskanzler hat sich in längeren Ausführungen über die Gefährlichkeit der Sowjetunion verbreitet, er hat Dinge vorgetragen, die uns — uns allen! — seit langer Zeit bekannt sind. Aber er hat leider versäumt, auf manch konkrete Einzelheiten einzugehen, die uns gerade in dieser Situation besonders interessiert hätten. Wir haben wenig, ja wir haben nichts von dem konkreten Inhalt des Generalvertrags gehört, der die politische Voraussetzung für jede militärtechnische Abmachung ist, und wir haben des weiteren nichts über das Verfahren gehört, das man beim Aufbau eines neuen Heeres einzuschlagen gedenkt.
    Meine Damen und Herren! Der Herr Bundeskanzler hat in seiner gestrigen Rede erklärt, daß er aus Gründen der diplomatischen Rücksichtnahme manches nicht sagen könne, was er vielleicht gern sagen möchte. Dann ist es aber auch nicht möglich, von dem Hause nun ein klares Ja zu Dingen zu verlangen, die es noch nicht zu übersehen vermag, wenn der Bundeskanzler manches Wesentliche noch nicht sagen kann.

    (Zuruf von der Mitte: Das verlangt ja auch kein Mensch!)

    Bisher haben wir lediglich etwas über die Präambel des Generalvertrags vernommen. Sie stellt nicht mehr als eine Sammlung frommer Wünsche dar, deren Auswirkungen in der Praxis — und das ist der eigentliche Inhalt des Vertrags — aber nicht zu überblicken sind. Wir sind davon überzeugt, daß uns der Petersberg theoretisch das Beste wünscht; aber wir sind gleichermaßen der festen Überzeugung, daß er uns erst dann etwas Gutes zu geben beabsichtigt, wenn er seine eigenen Angelegenheiten zunächst einmal hundertprozentig zu seinem Nutzen geregelt hat.
    Das, was wir gestern gehört haben, war unzureichend. Aber noch wesentlicher ist, daß wir in der letzten Zeit von unseren künftigen Verbündeten erhebliche Enttäuschungen erlebt haben. Als die Alliierte Hohe Kommission das Gesetz über die finanzielle Eingliederung Berlins inhibierte oder sistierte, erklärte sie, daß sie das tun müsse, weil man sonst mit Protesten der Sowjets zu rechnen habe. Meine Damen und Herren, daß die Sowjets protestieren würden, ist keine tiefschürfende Entdeckung; denn seit 1945 protestieren sie bei jeder sich bietenden Gelegenheit. Uns fällt aber auf, daß man in diesem Fall auf eventuelle, mögliche russische Proteste Rücksicht nimmt, während man es in anderen Fällen gar nicht tut. Ich erinnere daran, daß z. B. der japanische Friedensvertrag — es wäre für uns recht schön, wenn der zukünftige deutsche Vertrag manches davon hätte — abgeschlossen wurde, ohne daß man sich um die heftigen russischen Proteste kümmerte. Des weiteren


    (von Thadden)

    hat man, ohne sich um die ständigen russischen Proteste zu kümmern, den italienischen Friedensvertrag in vielen Dingen modifiziert und verbessert. Bei uns aber glaubte man auf die sowjetischen Proteste Rücksicht -nehmen zu müssen.

    (Abg. Mellies: Glauben Sie denn, daß das der Grund der Beanstandung war, Herr von Thadden?)

    — Nein, der Grund ist leider noch ein ganz anderer, Herr Mellies, und zwar folgender. Wir sehen in diesem Vorgang die leider noch vorhandene Gefahr, daß sich der Westen eines Tages auf unsere Kosten mit seinem ehemaligen Kriegsverbündeten einigt; er würde es tun, wenn er es nur irgendwie könnte, Herr Dr. Tillmanns.

    (Abg. Dr. Tillmanns: Nein!)

    Ich glaube, der Bundeskanzler hat wegen der Frage, ob sich die Brüder nicht eventuell doch noch über unseren Kopf hinweg einigen könnten, genau so viele schlaflose Nächte gehabt und wird sie noch haben, wie wir alle.

    (Abg. Dr. Tillmanns: Herr von Thadden, Sie müßten sich einmal die besondere Situation Berlins ganz klar machen; dann würden Sie sehen, daß diese Schlußfolgerungen falsch sind!)

    — Ich komme auf die besondere Situation Berlins noch zu sprechen, Herr Dr. Tillmanns. Die einzige Grundlage für die Betrachtung unserer Situation ist bisher nur die konsequente negative Haltung der Sowjets gewesen, nichts anderes.
    Meine Damen und Herren, es ist immerhin bemerkenswert, daß die Westmächte bisher noch keinerlei Ansätze gemacht und Versuche unternommen haben, die Basis zu verlassen, die mit den Abkommen von Yalta und Potsdam umschrieben ist. Wir haben bis jetzt nichts davon gehört, daß die Alliierten diese uns belastenden Verträge aufgekündigt haben, etwa wegen Bruchs durch den Osten. Ich bin aber der Auffassung, daß es völlig ausgeschlossen ist, ein neues deutsches Heer aufzubauen, solange unser Verhältnis zu den künftigen Verbündeten mit der Hypothek dieser beiden Verträge, die auf unsere Zukunft nicht nachwirken dürfen, belastet ist. Ich habe auch nicht den Eindruck, daß in dem Generalvertrag so etwas wie, sagen wir einmal, ein Nullpunkt hergestellt wird und daß die Alliierten gewillt sind, von der Linie der Vergangenheit, die doch konsequent von der Konferenz von Casablanca 1943 bis zum Petersberg-Abkommen 1949 verläuft, hundertprozentig abzugehen. Ein hundertprozentiges Abgehen von dieser Linie und eine hundertprozentige Liquidation der, ich möchte einmal sagen, Ära der bedingungslosen Kapitulation ist aber unbedingte Voraussetzung dafür, daß wir uns in irgendein neues Bündnis oder Vertragsverhältnis mit den Westmächten begeben. Es ist doch ein grotesker Zustand, daß wir, während wir hier verhandeln, in Deutschland noch Gesetze der Hochkommission — nicht mehr des Kontrollrats — haben, die eine Beschäftigung mit diesen Dingen unter Geldstrafen bis zu einer Million D-Mark stellen. Auch sind nach wie vor unendlich viele Kontrollratsgesetze in Kraft. Es wäre interessant, würde aber zu weit führen, einmal festzustellen, was denn bis jetzt überhaupt noch verboten ist. Soweit mir bekannt, ist bisher nur von Schreiben der Alliierten Hochkommission an unsere Regierung die Rede gewesen, worin diese erlaubte, sich trotz der Bestimmungen dieser Gesetze mit den Dingen zu befassen.
    Ein anderes Ereignis der letzten Zeit hat uns aber noch skeptischer gemacht: das Vorgehen Frankreichs an der Saar. Wenn die — zufälligerweise im Amt befindliche — französische Regierung es für notwendig hält, den Herrn Grandval, von dem man sagt, daß sein Name früher einmal in deutschen Adreßbüchern gestanden hat, zum Botschafter bei seiner eigenen Kreatur zu machen, dann bedeutet das nicht etwa bloß eine Unterstützung dieser Kreatur Hoffmann, sondern wir erblicken darin ausschließlich einen festen und massiven Schritt auf dem Wege, im Saargebiet vollendete Tatsachen zu schaffen. Der Bundeskanzler hat bisher sich und uns immer mit der Formel getröstet, daß die Saarfrage in dem Friedensvertrag gelöst werde und daß nach seinem Schriftwechsel mit Schuman Frankreich keinerlei Dinge tun würde, die irgend etwas vorwegnehmen könnten, was dem endgültigen Friedensvertrage vorbehalten bleibe. Aber die Franzosen sind zu nüchterne Realisten, als daß sie nicht jede sich bietende deutsche Schwäche ausnutzen würden, um ihre eigene Position zu festigen. Mit der Ratifizierung des Schuman-plans durch das deutsche Parlament ist aber auch die letzte fadenscheinige Begründung für eine französische Intervention im Saargebiet verlorengegangen; denn wirtschaftliche Interessen können ja kaum mehr als maßgeblich ins Feld geführt werden, nachdem die beiden wirtschaftlichen Hauptwerte des Saargebiets, nämlich Kohle und Stahl, in den europäischen Montanpakt eingebracht sind.
    Ein weiteres hat uns außerdem in der letzten Zeit skeptisch gemacht. Meine Damen und Herren, was nützt die schönste Gleichberechtigung deutscher Truppen im Rahmen des Plevenplan-Vertrags,

    (Abg. Schröter [Kiel]: Gibt es ja noch nicht!)

    die Gleichberechtigung und Nichtdiskriminierung, die im Art. 3 dieses Vertrags festgelegt ist oder festgelegt werden soll oder sein wird, wenn diese Organisation der Europaarmee letztlich nicht entscheidend ist. Entscheidend ist im ganzen Gebäude dieser verschiedenartigen Verträge bisher nur die Organisation der NATO. Es ist ausgeschlossen, im Ernste von einer deutschen Gleichberechtigung innerhalb der Europaarmee zu reden, wenn wir auf der eigentlichen Kommandobrücke, der NATO nämlich, nicht vertreten sind.

    (Abg. Dr. Mende: Das hat aber der Bundeskanzler gestern sehr deutlich -gesagt!)

    Auch wenn es der Herr Bundeskanzler gesagt hat — es ist gut, daß er es gesagt hat —, muß von allen Seiten des Hauses erklärt werden, daß dies die Kardinalforderung, die Forderung Nr. 1 ist, die von dem Bundestag mit Ausnahme der Satrapen Moskaus geschlossen unterstützt wird und entsprechend vertreten werden muß.

    (Abg. Dr. Mende: Einverstanden!)

    Man ist nicht imstande, wenn wir auf dieser. eigentlichen Befehlszentrale nur mit einer Art besserem Ordonnanzoffizier vertreten sein sollten, von einem gleichberechtigten deutschen Soldaten zu sprechen; denn gleichberechtigt wären wir ja nur dann, wenn wir dasselbe Verfügungsrecht hätten wie alle anderen. Ohne gleichberechtigte Vertretung dort oben wäre dies aber nicht möglich.
    Und ein anderes. Man redet von deutschen Divisionen. Gleichzeitig tut man aber den Begriff einer deutschen Wehrmacht in Acht und Bann. Ich bin der Auffassung, daß Divisionen, die nicht Teil einer Wehrmacht eines Volkes sind, eben Teile einer Fremdenlegion sind und daß eben nur eine dem


    (von Thadden)

    Vaterland direkt verpflichtete Wehrmacht das Gegenteil einer Fremdenlegion ist. Ich glaube, daß es ganz besonders aus psychologischen Gründen wesentlich sein wird, den Deutschen jegliches Gefühl zu nehmen, in irgendeiner Art zweitrangig zu sein bzw. behandelt zu werden.

    (Zuruf des Abg. Dr. Reif.)

    — Herr Dr. Reif, ich bin überzeugt, daß die Überlegenheit des Westens auf materiellem Gebiet im ständigen Rückgang begriffen ist, wie die letzten Ereignisse in Korea mit einer erschreckenden Deutlichkeit gezeigt haben. Die materielle Überlegenheit des Westens gegenüber dem Osten war in der ganzen Debatte ein sehr wesentlicher Punkt. Wenn sich dies nun zugunsten des Ostens verschiebt — physisch sind wir ohnehin wesentlich weniger als die —, dann ist es noch wichtiger, daß der Soldat, der dagegen eingesetzt werden soll, eine sichere und geistig überlegene psychologische Basis gegenüber dem Steppenmenschen von drüben hat, mit dem er sich eines Tages, was Gott verhüten möge, vielleicht auseinandersetzen muß.

    (Abg. Dr. Reif: Das hat aber mit Ihrer These nichts zu tun!)

    — Doch! — Des weiteren ist uns nichts über die Fragen gesagt worden, wie in Zukunft unser Heer ausgerüstet und bewaffnet werden soll. Da ist folgendes zu sagen. Herr Bundeskanzler, vom Schumanplan verstanden nicht mal alle Abgeordneten dieses Hauses etwas, hinzugenommen vielleicht einige Funktionäre der Gewerkschaften, der Industrie und sonstiger Verbände. Von der Ausrüstung und Bewaffnung verstehen aber Hunderttausende etwas; hunderttausende ehemaliger deutscher Obergefreiter wissen ganz genau, wie eine solche Sache aussieht. Es ist notwendig und es scheint mir dringend notwendig zu sein — —

    (Abg. Kiesinger: Das ist ein gefährliches Zitat!)

    — Nein, das ist kein gefährliches Zitat.
    Es ist dringend notwendig, daß das Gefühl der Gleichberechtigung auch in waffenmäßiger Hinsicht rechtzeitig und frühzeitig geschaffen wird. Wir haben einmal davon gehört, daß mangels Masse die Amerikaner vielleicht auch genötigt sein könnten, uns Sherman-Panzer hierher zu bringen. Meine Damen und Herren, seien Sie sich bitte darüber im klaren: In solche Dinger setzt sich ein deutscher Soldat, der den Krieg hinter sich gebracht hat, nicht rein, und zwar deshalb, weil, angesichts der überlegenen Qualität der russischen Panzer, er Befürchtungen hat, sich hineinzusetzen.
    Diese Dinge müssen vorher klargestellt sein, ehe man verlangen kann, daß deutsche Menschen mit dem notwendigen inneren Schwung an einen Verteidigungsbeitrag herangehen.

    (Zurufe von der KPD.)

    Es ist des weiteren nicht ganz begreiflich, daß sich eine gewisse Sorte deutscher Zeitungen auf der einen Seite den alliierten Forderungen hinsichtlich der Vorbereitung einer Wehrbereitschaft etc. anschließt, auf der anderen Seite aber schreibt, daß es natürlich nicht notwendig, j a im Gegenteil sogar zu verurteilen wäre, wenn wir hier in Deutschland eine eigene Rüstungsindustrie aufmachten. Ich, bin überzeugt, es wäre viel angenehmer, wenn wir die Waffen von woanders beziehen könnten und in dieser Richtung nichts zu tun brauchten; aber ein Heer, das sich nicht direkt auf eine vorhandene Rüstungs- und Reparaturindustrie stützt, wird im Ernstfall nutzlos sein.

    (Abg. Lücke: Das ist eine schwierige Sache, Herr von Thadden!)

    — Das ist keine schwierige Sache, das ist eine sehr einfache Sache; denn Sie müssen bitte daran denken, daß im Ernstfall das ganze Bundesgebiet — um es mal mit einem militärischen Fachausdruck zu belegen — rückwärtiges Heeresgebiet ist. Es ist völlig ausgeschlossen, eine Truppe hier aufzubauen, wenn gleichzeitig nichts an technischen Zurüstungsbetrieben, die aber notwendig sind, vorhanden ist. Das ist das Wesentliche. Es wäre sehr angenehm, wenn wir alles das hierhergebracht kriegen und unendlich viel Geld damit sparen könnten; aber was angenehm ist, hat meistens mit den nüchternen Realitäten, um die es hier geht, nur sehr wenig zu tun.

    (Abg. Dr. Hasemann: Sie werden Generalstabschef, Herr von Thadden!)

    Was nun die Ausführungen des Herrn Kollegen Ollenhauer angeht, so habe ich dazu kurz folgendes zu bemerken. Herr Ollenhauer hat mit Recht an vielen Dingen, die der Bundeskanzler gesagt hat — bzw. nicht gesagt hat, und das waren eigentlich die wesentlicheren —, Kritik geübt. Die sozialdemokratische Kritik hat aber unseres Erachtens in ihrer sachlichen Durchschlagskraft darunter gelitten,

    (Glocke des Präsidenten)

    — ich bin gleich fertig —, daß eben hinter dieser Kritik ausschließlich der Wunsch stand, möglichst schnell an die Regierung zu kommen. Ich bin der Auffassung, daß es das gute Recht einer parlamentarischen Opposition ist, alles zu tun, um möglichst schnell an die Regierung zu kommen; aber eine Verkoppelung des Dranges zur Regierung mit der Negation dieser Lebensfrage scheint uns nun allerdings zumindest leicht, ja, zu riechen.

    (Heiterkeit.)

    Meine Damen und Herren! Meine Redezeit

    (Zuruf: Gott sei Dank!)

    ist gleich beendet.

    (Lebhafte Heiterkeit.)

    Lassen Sie mich einen Satz noch sagen zum Thema Kriegsdienstverweigerung.

    (Glocke des Präsidenten.)

    — Ein Satz, Herr Präsident! — Meine Damen und Herren von der SPD, Ihre Argumentation steht meines Erachtens deswegen auf wackeligen Füßen, weil, wenn man von einem Recht der Kriegsdienstverweigerung mit der Waffe aus Gewissensgründen spricht, dieses implicite die Pflicht zum Kriegsdienst voraussetzt. Hätten Ihre Leute, die im Parlamentarischen Rat bei der Schaffung des Grundgesetzes mitgewirkt haben, sich nicht diesen Zak-ken abgebrochen und gar nichts über dieses Thema ins Grundgesetz hineingeschrieben, dann wäre darüber zu diskutieren, ob nun eine Zweidrittelmehrheit notwendig ist oder nicht. Wir sind aber der Auffassung, daß es sich hier weniger um eine Wehrpflicht. als vielmehr um ein Naturwehrrecht eines jeden Volkes handelt, und wenn es ein Naturwehrrecht eines jeden Volkes gibt, dann sollte es wohl möglich sein, hier nun die gesetzlichen Grundlagen zu schaffen, auf denen eben eine den Zeitläuften angepaßte moderne Kriegsdienstpflicht errichtet werden kann.

    (Beifall rechts. — Zuruf: Das waren 15 Minuten! — Heiterkeit.)




Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Abgeordneter von Thadden. Ihre Zeichensetzung in „einem" Satz entspricht nicht der deutschen Schulmeinung.

(Sehr gut! und Heiterkeit.)

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Arndt.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Adolf Arndt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wer gestern die Redner nach meinem Parteifreund Erich Ollenhauer hörte, der mußte sich verwundert fragen, ob wir hier versammelt sind, um Bekenntnisse allgemeiner und nicht unmittelbar verpflichtender Art abzulegen, in denen wahrscheinlich alle Demokraten einig sind,

    (Zuruf von der Mitte: Na also!)

    während wir doch in Wirklichkeit vor der unsagbar schweren Aufgabe stehen, jetzt, hier und heute auf Grund einer Erklärung der Bundesregierung eine unwiderrufliche, eine geschichtliche Entscheidung wenn auch noch nicht zu fällen, so doch nahezu vorwegzunehmen. Nach dieser Entscheidung kann der Herr Bundeskanzler in einer absehbaren Zukunft seine Unterschrift unter Verträge setzen, durch die unser deutsches Volk die Verpflichtung auf sich nimmt, seine Jugend als Soldaten zu bewaffnen, und zwar — so allein lautet unsere Frage — unter Voraussetzungen und Bedingungen, nicht wie wir sie vielleicht wünschen mögen, sondern wie wir sie in der harten Welt der Tatsachen als gegeben kennen.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Auf der Goldwaage der Verantwortung, die wir vor unserem Volk und vor der Geschichte zu tragen haben, wiegt unsere Hoffnung nichts, wiegt unsere Tat alles, und zwar nach dem Maß unserer Einsicht und dem Gewicht unserer Gründe. Mit „wenn" und „aber" konnen wir daher nicht ausweichen. J a oder Nein, einzig eine dieser beiden möglichen Antworten ist von uns gefordert.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Was wir dabei auf den Tisch zu legen haben — das will ich dem Herrn Kollegen Strauß erklären —, das sind keine Karten wie in einem Tarockspiel, die der blinde Zufall mischt, das sind die Gründe unseres Ja oder Nein. Denn davon, ob diese Gründe wohlerwogen und gut sind oder nicht, hängt Wohl und Wehe unseres Volkes ab.
    Sehen Sie, wenn ich jetzt auf die Rede des leider nicht anwesenden Kollegen Majonica komme und sie auf solche Gründe hin prüfe, so finde ich viele fromme Wünsche, die ich achte und teile, insbesondere seinen Wunsch nach einem Recht auf ein Leben in Würde. Aber mit diesem Wunsch ist doch ebenso wenig gewonnen wie mit dem Wunsch, daß nie wieder Krieg sein möge. Auch Herr Majonica sollte sich dem hier in Bonn wirkenden Moraltheologen Schöllgen anschließen und von ihm die Lehre annehmen, daß auch Klugheit eine Tugend ist.

    (Große Heiterkeit.)

    Ich verdanke Herrn Professor Schöllgen den Hinweis auf die uralte Bitte um Schutz vor Pestilenz, Hungersnot und Krieg und auch die kluge Einsicht, daß die Pestilenz nicht durch Verwünschung der Hexen, sondern durch Beseitigung der Unsauberkeit und Bekämpfung der Ratten, und die Hungersnot nicht durch Verfolgung der Juden, sondern durch die Entdeckung des Kunstdüngers beseitigt wurde, und wohl auch die Verhütung des Krieges eine Leistung nicht nur unserer Wünsche, sondern unserer Vernunft sein muß,

    (lebhafter Beifall bei der SPD)

    eIner Politik, die wohl ein heißes Herz, aber auch einen klaren Verstand erfordert.

    (Erneuter lebhafter Beifall bei der SPD.)

    Herr Kollege Euler hat in seiner Rede Gedanken darüber entwickelt, wodurch die Gefahr gebannt werden und wodurch sie wieder heraufbeschworen werden kann. Solange überhaupt amerikanische Divisionen hier stehen, ohne daß es dabei entscheidend auf ihre Zahl ankäme — hat Herr Euler ausgeführt —, sei die Gefahr gebannt. Dem kann ich grundsätzlich zustimmen; denn Herr Euler hat sich insoweit einen immer und immer wieder von Herrn Dr. Kurt Schumacher betonten Gedanken zu eigen gemacht, daß nämlich die deutsche Lage mit der koreanischen nicht vergleichbar ist, sondern ein sowjetischer Angriff auf amerikanische Divisionen in Deutschland unmittelbar den Ausbruch eines dritten Weltkriegs mit Amerika bedeutet und darum für Risiko und Kalkül des Kremls keinesfalls unsere Wehrlosigkeit, sondern die Einschätzung der amerikanischen Macht allein ausschlaggebend ist. Herr Euler glaubt jedoch, man müsse die Gefahr darin sehen, daß sich das amerikanische Volk von seiner Politik der allumfassenden Friedens- und Freiheitssicherung abwende. Offenbar um dies zu verhüten, scheint Herr Euler es für erforderlich zu halten, daß Deutschland durch einen Wehrbeitrag seinen guten Willen beweise. Diese mehr auf Mißtrauen — um nicht zu sagen: auf Angst — begründete Erwägung halten wir für falsch, ja, für verhängnisvoll. Durch Angst ist noch niemals ein Krieg verhütet worden, aber durch Angst sind schon Kriege ausgebrochen.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Die deutsche Sozialdemokratie hat sich noch zu keiner Stunde der Einsicht versagt, daß der freie Teil des deutschen Volkes eine seinen Kräften angemessene und ihm zumutbare Last der Verteidigung auf sich nehmen müsse. Gerade mein Parteifreund Schumacher hat sich als erster nicht gescheut, die keineswegs sehr populäre Forderung sogar nach einer Vermehrung der Besatzungstruppen in Deutschland zu erheben, obwohl wir wissen, welche harte Last das für die Bevölkerung bedeutet. Aber wir wissen auch, daß die Freiheit des Westens auch unsere Freiheit ist und man sich seine Freiheit nicht als ein Almosen bewahren kann. Weder aber ist damit erwiesen, daß unser Beitrag zùr Verteidigung allein oder mindestens am besten in Soldaten bestünde, noch ist es stichhaltig, durch das doch so gefährliche Argument der Panik glauben zu machen, die amerikanische Sicherheitspolitik hinge von einigen deutschen Divisionen ab, die ohnehin noch Jahre brauchen würden, um eine Kampfkraft zu werden. Denn es gibt keine amerikanische Politik, die in der Lage wäre, Deutschland und Europa aufzugeben. Die Weltgeltung Amerikas, seine eigene Sicherheit und seine Position gegenüber dem Weltkommunismus lassen das nicht zu.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD. — Abg. Dr. Wuermeling: Wunschträume!)

    Selbst Herbert Hoover spricht nicht mehr die Sprache des alten Isolationismus und hat soeben erst wieder erklärt, daß jede Aggression der Sowjetunion, wo immer in der Welt sie erfolge, einen direkten Angriff auf Amerika selbst bedeute. Denn nicht nur die Freiheit, Herr Tillmanns, auch die Sicherheit in der Welt, in dieser einen Welt, ist unteilbar. Und selbst einer (von der — hier ach so gefürchteten — öffentlichen Meinung regierten) Demokratie darf man so viel Einsicht in


    (Dr. Arndt)

    die einfachste Notwendigkeit ihrer Selbsterhaltung. zutrauen, daß sie das drittgrößte Industriepotential der Erde nicht ohne Widerstand an die Sowjetunion fallen läßt. Herr Kollege Tillmanns, nicht Wunschträume, nicht unsere schönen Augen, sondern dieses Industriepotential ist es, was für die Amerikaner von einer solchen Bedeutung in Europa ist.

    (Abg. Frau Dr. Weber [Essen]: Auch für die Russen!)

    Die Rede des Herrn Euler kann also nicht davon überzeugen, daß ein •deutscher Verteidigungsbeitrag unter allen Umständen nur in Soldaten bestehen müßte, und es ist noch weniger beweiskräftig, wenn Herr Kollege Strauß auf die Not der Besatzungsverdrängten hinwies und meinte, ob ich in Hessen denn noch mehr Deutsche durch amerikanische Truppen aus ihren Wohnungen verdrängen lassen wollte. Haben Sie, Herr Strauß, denn gar nicht die Rückwirkung Ihrer Worte überlegt, als Sie damit andeuteten, daß wir weitere Truppen eigentlich nicht brauchen könnten, weil .ihre Unterbringung lästig ist?

    (Abg. Strauß: Aber das ist eine Entstellung!) Sollen wir Menschen stellen, um nicht Wohnungen herzugeben?


    (Beifall bei der SPD. — Unruhe und Zurufe bei den Regierungsparteien.)

    Ich kenne sehr wohl das Elend der Besatzungsverdrängten.

    (Anhaltende Unruhe. — Glocke des Präsidenten.)

    Aber gerade an ihrem Los muß sich erweisen, ob die Verteidigung wahrhaft als ein gemeinsames Anliegen verstanden und verwirklicht wird.

    (Abg. Strauß: Das ist eine grobe Entstellung! Das ist typisch für Sie! Immer dieselbe Entstellung! — Zurufe von der SPD: Ruhe! — Erneuter Zuruf von der CDU/CSU: Das war eine grobe Entstellung!)

    Herr Kollege, lesen Sie Ihre Worte nach und hören Sie gut auf das, was ich jetzt sage.

    (Abg. Strauß: Sie dürfen nicht verleumden!) Häuser lassen sich bauen, Und die Versicherung, daß man seitens der anderen auch unsere Gefährdung als die eigene und die gemeinsame ansieht, muß sich in der Gemeinsamkeit des Wohnens bestätigen, um glaubhaft zu werden.


    (Beifall bei der SPD. — Abg. Dr. Schröder [Düsseldorf]: Ach Gott, ach Gott!)

    Herr Kollege Strauß hat uns im Ergebnis erklärt, ein Nein um jeden Preis sei falsch, ein Ja unter unmöglichen Umständen sei auch falsch, weil es uns zum Aufmarschgebiet und- Brückenkopf für beide Seiten machen würde. In dieser doppelten Negation sind wir uns einig.
    Aber ehe ich prüfen will, ob und welche Position Sie, Herr Kollege Strauß, nun eigentlich bezogen haben, muß ich ein Wort — und ich bedaure sagen zu müssen, ein anklagendes Wort — zu den pathetischen Äußerungen des Herrn Kollegen Kiesinger über das Wachsen des radikalen „Ohne mich" einflechten. Aus welchem Abgrund ist denn dieses in seiner Wirkung prosowjetische „Ohne mich!" aufgetaucht in einem Volke, das wie kein zweites in der Welt immun war gegen den Kommunismus? Die Geburtsurkunde des „Ohne mich" ist das Memorandum, das der Herr Bundeskanzler im August 1950

    (Zuruf von der Mitte: Ach was!)

    den auch damals in Washington versammelten I Außenministern der westlichen Alliierten über-. sandte und in dem er mitteilte, er sei bereit, einen deutschen bewaffneten Beitrag zu leisten.

    (Abg. Dr. von Brentano: Das ist ja gar nicht wahr!)

    Diese Bereitschaft wurde geheim, sie wurde ohne jede Erörterung ihrer Voraussetzungen erklärt.

    (Abg. Dr. Wuermeling: Bleiben Sie doch bei der Wahrheit!)

    — Herr Wuermeling, wir alle kennen den Wortlaut dieses nicht mehr geheimen Memorandums, das die Worte enthält: „. . . bereit, einen bewaffneten Beitrag zu leisten". Und die Stoßkraft gewann die „Ohne-mich"-Bewegung durch die vielfachen Erklärungen des Herrn Bundeskanzlers, er werde diese seine Ein-Mann-Politik notfalls auch mit einer 'Mehrheit durchführen, die nach der Tradition der Mutter der Parlamente nicht einmal mehr für eine normale Regierungstätigkeit ausreicht. Hierdurch hat sich der Abgrund an Mißtrauen in unserem Volke aufgetan.

    (Oh-Rufe bei den Regierungsparteien. — Abg. Dr. Wuermeling: Durch Ihre „Ohnemich"-Propaganda, durch nichts anderes!)

    (Abg. Dr. Wuermeling: Im ganzen hessischen
    Lande! Unerhört! — Weiterer Zuruf von der
    CDU/CSU: Sie wissen ja überhaupt nicht
    mehr, was Wahrheit ist! — Zurufe: Das
    Wahlplakat! — Anhaltende Unruhe, —Glocke des Präsidenten.)
    Sie selbst, Herr Kollege- Kiesinger, haben gestern auch nur Öl ins Feuer gegossen, als Sie sich rühmten, nicht im Gefühl eines beschränkten Mandats in den Bundestag eingezogen zu sein. Bei aller Wertschätzung für Sie muß ich Sie fragen, was Ihre Gefühle denn bedeuten gegenüber den Gefühlen der Menschen draußen, die sich in ihrem innersten Wert getroffen fühlen dadurch, daß eine solche Schicksalsfrage auf Leben und Tod über ihre Köpfe hinweg entschieden werden soll.

    (Beifall bei der SPD. — Abg. Kemmer: Hier: SPD-Plakat „Ohne mich!"! — Abg. Dr. Schröder [Düsseldorf]: Sehen Sie sich das Plakat an, dann wissen Sie Bescheid! — Heiterkeit bei den Regierungsparteien.)

    Sie müssen doch ein Empfinden dafür haben, daß man die Wehrpflicht nicht auferlegen kann wie eine Steuer.

    (Sehr gut! und Beifall bei der SPD.)

    Erst das „Ohne euch!" und das „Unter allen Umständen!" hat den scheußlichen Heerwurm der „Ohne uns!"-Schreier gezeugt.
    Nun hat Herr Kollege Strauß mir soeben das gestern ' schon von ihm vorgewiesene Plakat hierher gelegt: „Nie wieder! Noch ist es Zeit! Wählt SPD!" aus der Stuttgarter oder ich weiß nicht welcher Zeitung. Herr Kollege Strauß, ich erinnere mich aus meiner früheren Zeit sehr gut eines Plakats des Jahres 32 ungefähr,

    (Rufe: Ach! bei den Regierungsparteien)

    auf dem stand: „Wer Hitler wählt, wählt Krieg!" Das war keine Prophezeiung, denn das konnte man sehen, daß es so kommen würde.

    (Abg. Kemmer: Wollen Sie das heute auch sagen?)



    (Dr. Arndt)

    — Das würde ich heute auch sagen, daß, wer Hitler wählt, Krieg wählt,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Nein, dies es Plakat!)

    und hier auf diesem Plakat ist nichts weiter gefordert als eine Politik, die nie wieder von uns aus
    eine Kriegsgefahr heraufbeschwört oder verstärkt.

    (Beifall bei der SPD. — Oh-Rufe und Lachen bei den Regierungsparteien. — Fortgesetzte Zurufe. — Glocke des Präsidenten.)

    Meine Damen und Herren, Sie sind heute morgen sehr lebhaft. Aber ich möchte noch einmal sagen, ohne daß Sie mir das bitte verübeln: Die Tugend der Klugheit läßt sich durch einen Aufwand an Geräusch nicht ersetzen!

    (Abg. Schröder [Düsseldorf]: Lassen Sie Ihre Anmaßung zu Hause! — Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Anmaßung ist auch keine Klugheit!)

    Und, Herr Kollege Kiesinger, Sie können sich von dieser Verantwortung auch nicht loskaufen durch das Schaumgold Ihrer Rednergabe, daß Sie nicht an eine weltgeschichtliche Pause zugunsten des Deutschen Bundestages' geglaubt hätten.

    (Abg. Kiesinger: Schaumgold ist ein bißchen — —)

    Bittere Wahrheit ist, daß die Weltgeschichte dem deutschen Volke keine Pause gönnt.

    (Abg. Kiesinger: Sehr richtig!)

    Aber weder das deutsche Volk noch die Weltgeschichte werden Schaden nehmen, wenn dieser Bundestag durch Neuwahlen abgelöst wird.

    (Beifall bei der SPD. — Zurufe von den Regierungsparteien: Das könnte euch so passen!)

    Meine Damen und Herren, fürchten Sie denn die Neuwahlen. da ja doch Herr Kiesinger uns gestern so gepriesen hat, wie der Herr Bundeskanzler in zweijähriger Arbeit mühsam Schritt für Schritt den Kredit der Welt zurückgewonnen habe? Warum scheuen Sie denn, sich das vom Volke bestätigen zu lassen?

    (Abg. Kemmer: Im nächsten Jahr!) Meiner Meinung nach aber hat seine Politik nicht einmal Kredit in seinem eigenen Volke gefunden, geschweige denn in der Welt.


    (Abg. Dr. Schröder [Düsseldorf]: Warten Sie ein Jahr ruhig ab; wir sprechen uns wieder!)


    (Sehr gut! und Beifall bei der SPD.)

    Ergebnislos deshalb, weil sie in ihrem Ansatz falsch
    war. Denn diese Außenpolitik hat versäumt, zwischen der Liquidierung des letzten Krieges und der
    Fundierung einer gemeinsamen Zukunft klar zu
    unterscheiden und deutlich zu machen, daß für uns
    die innere und äußere Freiheit sowie die soziale
    Fundamentierung unteilbare und unabdingbare
    Voraussetzungen eines bewaffneten Beitrags sein müssen, also der Wehrbeitrag für uns kein Akt der Wiedergutmachung sein kann. Jetzt müssen wir deshalb von Frankreich den Vorwurf der Erpressung hören.
    Nun, Herr Kollege Euler, Sie glauben nicht, daß der Wehrbeitrag ein Akt der Wiedergutmachung sein soll?

    (Abg. Euler: Keine Spur!)

    Hier in Bonn hat mir vor einem Jahr M. Pierre Montel als Leiter einer französischen Delegation und damals Vorsitzender des Verteidigungsausschusses in Paris die Frage gestellt — der Kabinettschef von Herrn François-Poncet war zugegen —, ob ich denn kein Verständnis dafür hätte, daß- der bewaffnete Beitrag auch ein Akt der Wiedergutmachung sei.

    (Hört! Hört! bei der SPD. — Abg. Euler: Das mag eine Auffassung sein!)

    Daran, Herr Kollege Kiesinger, können auch Ihre noch so gut gemeinten Appelle an die Franzosen nichts ändern. Unser beider Wunsch ist es ganz bestimmt, daß die Völker der Franzosen und der Deutschen zu einer Versöhnung und einem Einverständnis kommen.

    (Abg. Kiesinger: Wollen Sie sie von vomherein entmutigen?)

    Aber es handelt sich hier nicht um Gefühle, sondern um die Einsicht, daß der Herr Bundeskanzler sich um die Quadratur des Zirkels müht, seit er in ihrer Zahl und ihrem Potential so von Natur aus ungleiche Völker wie die Franzosen und die Deutschen in ein Gleichgewicht zu bringen sucht, statt, daß die Spannungen zwischen Deutschland und Frankreich auf der höheren Ebene einer Vereinigung aller Völker Europas in Freiheit und Gleichheit aufgehoben werden.

    (Beifall bei der SPD.)

    S8 'aber fürchten jetzt die Menschen in Deutschland, eine in ihrem Ansatz und ihren Methoden verfehlte Außenpolitik noch durch einen Wehrbeitrag büßen zu müssen, von dem hoch niemand sagen kann, daß er sinnvoll und sicherheitsfördernd sei. Eine Regierung, die zu sich selbst nicht mehr das Vertrauen besitzt, jederzeit ihr Mandat von den Wählern bestätigen zu lassen, ist ihrem Wesen nach keine demokratische Regierung mehr.

    (Aha-Rufe und Lachen bei den Regierungsparteien. — Zustimmung bei der SPD.) Und für ein Parlament gilt dasselbe.


    (Lachen in der Mitte.)

    Aus dem zahlreichen Schrifttum besonders über die angelsächsische Praxis verweise ich Sie nur auf das 1950 erschienene Buch des Münchener Staatsrechtslehrers Friedrich Glum über „Das parlamentarische Regierungssystem in Deutschland, Großbritannien und Frankreich", wo es auf Seite 82 heißt — ich will mit freundlicher Erlaubnis des Herrn Präsidenten Ihnen wörtlich vorlesen, was ein Staatsrechtler ganz unabhängig von unserem konkreten Streit schreibt —:
    Auch hat sich die Theorie immer mehr durchgesetzt, daß das Parlament über neue Fragen von fundamentaler Bedeutung nicht ohne einen Auftrag der Nation entscheiden kann.

    (Abg. Dr. Schröder [Düsseldorf]: Da gilt aber auch nicht das Grundgesetz!)

    Dem liegt der Gedanke zugrunde, daß das Parlament als solches in dem Sinne delegierte Gewalt ausübt, daß es moralisch verpflichtet sei,


    (Dr. Arndt)

    keine Fragen zu behandeln, die dem Volk nicht bei den vorhergehenden Wahlen unterbreitet worden sind.

    (Abg. Dr. Schröder [Düsseldorf]: Steht das auch im Grundgesetz? Steht das in unserer Verfassung?)

    — Das gilt auch für das Grundgesetz, Herr Kollege Schröder.

    (Abg. Dr. Schröder [Düsseldorf]: Das gilt eben nicht, da irren Sie!)

    Aber ich will über die Rechtsfragen nicht mehr sagen, als notwendig ist, um auf die Rede des Herrn Kollegen Kiesinger und des. Herrn Bundeskanzlers zu erwidern. Wenn Sie die Rechtsfragen vertiefen wollen — ich bin im Verlaufe der Debatte dazu bereit, aber mir scheint das hier nicht der Platz zu sein.

    (Abg. Majonica: Das ist doch für Sie keine Rechtsfrage, sondern eine Machtfrage!)

    Der Herr Bundeskanzler hat uns zweierlei vorgeworfen: erstens, daß wir die Person des Herrn Bundespräsidenten in die Debatte gezogen und zweitens, daß wir mit unserer Klage seine Verhandlungposition geschwächt hätten.

    (Zuruf von der CDU: Ohne Zweifel!)

    Auf 'eine künftige politische Haltung des Herrn Bundespräsidenten haben wir uns niemals berufen, wohl aber Sie, Herr Bundeskanzler, bei der ersten Lesung - des Ratifikationsgesetzes zum Schumanplanvertrag.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    In die Wehrdebatte hat der Herr Bundespräsident selbst durch die öffentliche Äußerung einer Rechtsansicht eingegriffen. Daran zu erinnern, kann die dem Staatsoberhaupt geschuldete Achtung keinesfalls verletzen.
    Zu unserer Verfassungsklage ihre Rechtsauffassung darzutun, hat die Bundesregierung nicht nur das Recht, sondern die Pflicht;

    (Zurufe von der Mitte: Na also!)

    aber sie ist nicht befugt, das Urteil des Bundesverfassungsgerichts in einer Regierungserklärung durch die Feststellung vorwegzunehmen, .daß die Klageaussichtslos und überflüssig sei.

    (Sehr richtig! und Zustimmung bei der SPD. —Abg. Dr. Schröder [Düsseldorf]: Sie hat nur ihre Meinung frei geäußert!)

    Soweit der Herr Bundeskanzler sich auf meinen Parteifreund Carlo Schmid berufen hat, wird mein Parteifreund Carlo Schmid die Antwort noch selbst erteilen. Über die Klage m ag Karlsruhe entscheiden.
    Für uns steht heute und hier die politische Frage an, für die kein Gericht zuständig ist, deren Entscheidung aber wir vor dem Volk und vor dem Forum der Geschichte verantworten müssen: Glauben Sie denn wirklich, Herr Bundeskanzler, daß eine Wehrentscheidung überhaupt möglch und sinnvoll ist, die nicht vom Vertrauen und der freiwilligen Zustimmung eines Volkes in seiner Gesamtheit getragen wird? Meinen Sie im Ernst, daß die - Verhandlungsposition eines Bundeskanzlers stärker ist, der sich bloß auf die formaljuristische Macht einer schmalen Mehrheit stützt? Auch am Verhandlungstisch ist es im Gegenteil doch ein Argument von Gewicht, daß ein Ergebnis der Konferenzen so wertvoll und so überzeugend sein muß, daß es die Zweidrittelmehrheit gewinnen kann.

    (Zuruf von der Mitte: Wenn man aber nicht will!)

    Uns scheint — und damit komme ich wieder auf die Rede des Herrn Kollegen Strauß zurück —, daß Sie, Herr Bundeskanzler, bisher noch nicht einmal Ihre eigenen Freunde gewonnen haben. Denn Herr Strauß hat zwar zweimal nein gesagt, nein zu einem Wehrbeitrag „um keinen Preis" und nein zu einem Wehrbeitrag „um jeden Preis". Aber wo ist eigentlich das klare Ja geblieben?

    (Abg. Dr. Schröder [Düsseldorf]: Genau in der Mitte!)

    Statt dessen hat er uns hier ein „unter Umständen Nein" gesagt. Also muß es doch auch für Sie, Herr Strauß, mögliche Umstände geben, unter denen Sie glauben, daß ein Wehrbeitrag _nicht gut, sondern schlecht ist und die deutsche Sicherheit verringert statt vermehrt.

    (Zuruf von der Mitte: Natürlich! — Abg. Euler: Das haben wir doch sehr deutlich gesagt!)

    Also müssen auch Sie, Herr Strauß, und Sie, Herr Euler, glauben, daß sich nach solchem „unter Umständen Nein" andere und bessere Verhandlungsmöglichkeiten ergeben, ohne daß die Torschlußpanik begründet ist, ohne daß sich Deutschland isoliert und ohne daß insbesondere Amerika uns im Stich läßt. Also gerade Ihre Hauptgründe, daß nämlich das Nein die Katastrophe bedeute, fallen doch in sich zusammen, wenn Sie selbst mit einem „unter Umständen Nein" rechnen. Aber leider haben Sie die Umstände, unter denen auch Sie nein sagen wollen, mindestens nicht deutlich genug gekennzeichnet.

    (Zuruf von der CDU: Kommt noch, Herr Arndt!)

    Gerade aber diese Umstände zu erfahren, darauf hat das deutsche Volk ein Recht; denn es wünscht von uns Wahrheiten und Entscheidungen, aber keine Worte.

    (Abg. Dr. Wuermeling: 'Das müssen Sie gerade sagen!)

    Sie haben davon gesprochen, daß man bei uns gegen den „Schwindel mit Worten", wie Herr Strauß sich ausgedrückt hat, immun geworden sei. Ich will den Ausdruck Schwindel vermeiden. Aber ich muß Ihnen sagen, daß wir gestern von der Bundesregierung und den Rednern der Koalition viele Worte, vielversprechende Worte zu hören bekommen haben, doch keinen Aufschluß — Aufschluß haben wir aber zu verlangen — in der Frage, ob und warum der Herr Bundeskanzler in einer absehbaren, ja fast drohenden Zukunft seine Unterschrift unter Verträge setzen will und kann, durch die unser deutsches Volk die Verpflichtung auf sich nimmt, seine Jugend als Soldaten zu bewaffnen, und zwar, ich wiederhole, unter Voraussetzungen und Umständen, die wir als gegebene Tatsachen kennen müssen. Weder die Sicherheit, noch die Gleichberechtigung, noch die Freiheit, noch die deutsche Einheit, noch Europa lassen sich durch Worte beschwören.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Uns ist der Wahrheitsgehalt dieser Begriffe viel zu ehrfurchtgebietend, als daß wir zulassen können, daß man mit den bloßen Namen Mißstände zudeckt, die dieser Namen nicht würdig sind.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Wenn die Westmächte Deutschlands Wiedervereinigung im Generalvertrag als auch ihr Ziel anerkennen, warum beginnen sie dann nicht bei den deutschen Menschen, über die sie die Macht haben,


    (Dr. Arndt)

    bei den deutschen Menschen an der Saar? Wenn die Westmächte Deutschlands Wiedervereinigung im Generalvertrag als auch ihr Ziel anerkennen, warum spielt denn hierbei das Zeitargument keine Rolle? Warum furchtet man denn in dieser Frage nicht, die Zeit zu verspielen? Welche Stärke, will der Westen noch abwarten und erreichen, um auf höchster Ebene der Vier-Mächte-Basis ernstliche Verhandlungen in dieser Frage zu beginnen, die nicht über uns, sondern mit' uns zu führen
    Es ist ist ja so leicht gesagt, daß man über ein vereinigtes Europa zu einem in Freiheit einigen Deutschland kommen wolle. Aber wer verbürgt sich dafür, daß dieser Weg zum Ziel führt und die Eingliederung des westlichen Teils der Bundesrepublik Deutschland nach Westeuropa nicht die unwiderrufliche Ausgliederung ihres östlichen Teils bewirkt? Die Wiedervereinigung Deutschlands ist doch kein nur nationales Problem, ja, sie ist sogar mehr als ein europäisches, sie ist ein Problem des Weltfriedens. Und was wird aus Berlin?
    Auf keine dieser Fragen haben wir von der Bundesregierung eine irgendwie befriedigende Auskunft erhalten. Keinen stichhaltigen Grund haben wir dafür erfahren, warum der Generalvertrag zur Ablösung des geschichtlich doch längst überholten Besatzungsstatuts nur — und nur — auf dem Fundament des deutschen Wehrbeitrags abgeschlossen werden kann und dadurch unserem Volk jede freie Entscheidung genommen wird. Diese Freiheit der Entscheidung aber ist für unser Volk unverzichtbar, wenn es prüfen und selbst beurteilen soll, ob es Vertrauen hegen darf und einsehen kann, dar die ihm zugemuteten Opfer sinnvoll sind und Sicherheit gewährleisten, ob sie geeignet sind, den Frieden zu' gewinnen. Gestern noch hat der Herr Bundeskanzler sich von dieser Stelle aus dagegen verwahrt, daß mein Freund Ollenhauer gesagt hat, wir sollten nach dem Fahrplan erst den Wehrbeitrag leisten und dann den Generalvertrag bekommen. Heute steht in allen Zeitungen, daß der amerikanische Außenminister Dean Acheson gestern mit aller Eindeutigkeit erklärt hat, es gebe keinen Generalvertrag, solange die Frage des Wehrbeitrags ungeklärt sei.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Da ist der Herr Bundeskanzler wieder einmal desavouiert.

    (Zurufe von der Mitte und links.)

    Aber unsere Freiheit der Entscheidung ist nicht gewährleistet, solange man uns gegenüber diese Politik der Koppelung und Fesselung betreibt.
    Wir Sozialdemokraten haben seit Jahren die Voraussetzungen aufgezeigt, die in ihrem Zusammenhang unteilbar und unabdingbar sind, um den Weg geradeaus nach Europa zu nehmen. Wir müssen feststellen, daß es nach wie vor an diesen Voraussetzungen fehlt, und darum das klare und das ganze Neinsagen, das allein den Weg zu neuen Anfängen eröffnet. die um der Sicherheit und der Freiheit und der Einheit Deutschlands und Europas willen notwendig sind.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD.)