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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 191. Sitzung. Bonn, Freitag, den 8. rebruar 1952 8149 191. Sitzung Bonn, Freitag, den 8. Februar 1952 Geschäftliche Mitteilungen 8149C Fortsetzung der Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung (Frage eines deutschen Verteidigungsbeitrags und der Errichtung einer Europäischen Verteidigungsgemeinschaft usw.) 8149C Dr. Kather (CDU) 8149D von Thadden (Fraktionslos) . . . 8151C Dr. Arndt (SPD) 8154A Dr. Adenauer, Bundeskanzler 8158B, 8196B, 8201B Dr. Schäfer (FDP) 8161A Frau Brauksiepe (CDU) 8166B Dr.-Ing. Decker (FU) 8168D Frau Wessel (FU) 8170B Dr. Bertram (FU) 8172D Dr. Etzel (Bamberg) (FU): zur Sache 8175B persönliche Erklärung 8243C Dr. Jaeger (CSU) 817'7A Loritz (Fraktionslos) . . . . 8179B, 8224D Frau Thiele (KPD) 8181A Hedler (Fraktionslos) 8183B Dr. Schmid (Tübingen) (SPD) 8183D, 8201A Dr. von Merkatz (DP) 8201C Goetzendorff (Fraktionslos) . . . 8206D Dr. Schröder (Düsseldorf) (CDU) . 8207D Dr. Richter (Niedersachsen) (Fraktionslos) 8211B Dr. Ehlers (CDU) 8213B Fröhlich (BHE-DG) 8218C Dr. Mühlenfeld (DP) 8221B Frommhold (Fraktionslos) 8223C Löfflad (DP) 8225C Rische (KPD) . . . . 8226A Dr. von Brentano (CDU): zur Sache 8228B, 8238C zur Abstimmung 8242D Dr. Preusker (FDP) 8232D Ollenhauer (SPD) 8234B Ewers (DP) 8239D Euler (FDP) 8240C Dr. Reismann (FU) 8240D Schoettle (SPD) (zur Abstimmung) 8241D Abstimmungen 8242B Namentliche Abstimmung . . . 8242D, 8248 Nächste Sitzung 8243D Schriftliche Erklärung der Fraktion der SPD zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der FDP, CDU/CSU und DP (Nr. 3078 der Drucksachen): Wehner (SPD) 8244 Zusammenstellung der namentlichen Abstimmung über die Entschließung der Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP (Nr. 3074 der Drucksachen) 8245 Die Sitzung wird um 9 Uhr 3 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    *) Vergl. das endgültige Ergebnis S. 8248. Anlage zum Stenographischen Bericht der 191. Sitzung Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Wehner (SPD) gemäß § 59 der Geschäftsordnung für die Fraktion der SPD zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der FDP, CDU/CSU und DP (Nr. 3078 der Drucksachen) Die SPD-Fraktion brachte am 25. April 1951 eine Interpellation (Nr. 2187 der Drucksachen) ein, betreffend kriegsgefangene Deutsche im Westen. Diese Interpellation — zu der die Bundesregierung eine Art vorläufige Altwort schriftlich ausgearbeitet hatte — wurde infolge der Bedenken, die das Auswärtige Amt durch Staatssekretär Hallstein gegen eine öffentliche Behandlung zu jenem Zeitpunkt zum Ausdruck gebracht hatte, von der SPD-Fraktion in einen Antrag umgewandelt, der dem Auswärtigen Ausschuß überwiesen und dort — sowie im Unterausschuß für Kriegsgefangenenfragen — beraten wurde. Nach ausführlicher Behandlung, zu der Sachverständige — z. B. Verteidiger — zugezogen wurden, faßte der Auswärtige Ausschuß am 15. November 1951 einstimmig einen Beschluß, der der Bundesregierung in einem Schreiben zugeleitet wurde. Dieser Beschluß enthält ganz genau umrissene Forderungen, die a 11e im Westen verurteilten deutschen Kriegsgefangenen betreffen. Der Ausschuß beschloß, diesen Beschluß dann dem Plenum vorzulegen, sobald ein Bericht der Bundesregierung über das Resultat der von ihr im Sinne des Beschlusses unternommenen Schritte vorliegen würde. Die Vertreter der SPD-Fraktion im Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten erklärten bei dieser Gelegenheit, daß sie darauf bestehen müßten, den Bericht des Ausschusses zu gegebener Zeit (in Abstimmung mit der Regierung) im Plenum zur Diskussion und Entscheidung zu stellen. Der heute vorgelegte Antrag der Regierungsparteien, Drucksache Nr. 3078, stellt — im Hinblick auf die am 15. November 1951 einstimmig gefaßte und der Bundesregierung übermittelte Resolution mit ihren präzisen Empfehlungen, die alle im Westen verurteilten kriegsgefangenen Deutschen betreffen — leider keinen Fortschritt dar. Es kann in dieser Situation nicht Aufgabe des Bundestages sein, sich mit einer bloßen Resolution zu begnügen. Die SPD-Fraktion ist nicht imstande, diesem Antrag zuzustimmen, sondern erwartet, daß die Bundesregierung über ihre konkreten Schritte zugunsten der- im Westen verurteilten kriegsgefangenen Deutschen berichtet. Herbert Wehner. Namentliche Abstimmung über die Entschließung der Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP (Nr. 3074 der Drucksachen) Name Abstimmung Name Abstimmung CDU/CSU Dr. Horlacher Ja Horn Ja Dr. Adenauer Ja Huth Ja Albers Ja Dr. Jaeger Ja" Junglas Ja Bauereisen Ja Kahn Ja Bauknecht . . . . . . . . . Ja Kaiser Ja Dr. Baur (Württemberg) . . . . Ja Karpf Ja Bausch Ja Dr. Kather Ja Becker (Pirmasens) Ja Kemmer Ja Blank (Dortmund) Ja Kemper Ja Bodensteiner Ja Kern Ja Frau Brauksiepe Ja Dr. von Brentano . . . . . . Ja Kiesinger Ja Brese Ja Dr. Kleindinst Ja Frau Dr. Brökelschen . . . . . Ja Dr. Köhler Ja Dr. Brönner . . . . . . . . Ja Dr. Kopf Ja Brookmann Ja Kühling Ja Dr. Bucerius Ja Kuntscher Ja Frau Dietz Ja Kunze Ja Dr. Dresbach . . . . . . . . .Ja Dr. Laforet Ja Eckstein Ja Dr. Dr. h. c. Lehr Ja Dr. Edert Ja Leibfried Ja Dr. Ehlers Ja Lenz Ja Ehren Ja Leonhard Ja Dr. Erhard. — Lücke Ja Etzel (Duisburg) Ja Majonica Ja Etzenbach . . . . . . . . . Ja Massoth . . . . . • Ja Even Ja Mayer (Rheinland-Pfalz) Ja Feldmann . . . . . . . • • Ja Mehs Ja Dr. Fink Ja Mensing Ja Dr. Frey Ja Morgenthaler Ja Fuchs Ja Muckermann Ja Dr. Freiherr von Fürstenberg . . Ja Mühlenberg Ja Fürst Fugger von Glött . . . Ja Dr.Dr. Müller (Bonn) Ja Ja Funk Ja Müller-Hermann Ja Gengler Gerns Ja Naegel Ja Dr. Gerstenmaier beurlaubt Neber Ja Gibbert beurlaubt Nellen Ja Giencke Ja Neuburger Ja Dr. Glasmeyer Ja Nickl Ja Glüsing Ja Frau Niggemeyer Ja Gockeln Ja Dr. Niklas krank Dr. Götz Ja Dr. Oesterle krank Frau Dr. Gröwel Ja Dr. Orth Ja Günther Ja Pelster - Ja Hagge Ja Pfender Ja Frau Heiler Ja Dr. Pferdmenges Ja Heix Ja Dr. Povel Ja- Dr. Henle beurlaubt Hilbert Ja Frau Dr. Probst .Ja Höfler Ja Dr. Pünder Ja Hohl Ja Raestrup Ja Dr. Holzapfel . . . . . . . . Ja Rahn _ Ja Hoogen Ja Frau Dr. Rehling . Ja HODDe Ja . Frau Rösch Ja Name Abstimmung Name Abstimmung Rümmele Ja Dannebom Nein Sabel Ja Diel Nein Schaffer Ja Frau Döhring Nein Scharnberg . . . . . . . . . Ja Eichler Nein Dr.Schatz . . . . . . . . . Ja Ekstrand Nein Schill Ja Erler Nein Schmitt (Mainz) . . . . . . . Ja Faller Nein Schmitz Ja Franke . . . . . . . . . . Nein Schmücker . . . . . . . Ja Freidhof Nein Dr. Schröder (Düsseldorf) . . . Ja Freitag Nein Schröter (Kiel) Ja Geritzmann Nein Schüttler - Ja Gleisner Nein Schütz Ja Görlinger Nein Schuler Ja Graf Nein Schulze-Pellengahr Ja Dr. Greve Nein Dr. Semler Ja Dr. Gülich Nein Dr. Serres Ja Happe Nein Siebel Ja Heiland Nein Dr. Solleder Ja Hennig Nein Spies Ja Henßler Nein Grat von Spreti Ja Herrmann Nein Stauch Ja Hoecker Nein Frau Dr. Steinbiß Ja Höhne Nein Storch Ja Frau Dr. Hubert . . . . . . . Nein Strauß Ja Imig Nein Struve Ja Jacobi -Nein Stucklen Ja Jacobs Nein Dr. Vogel Ja Jahn Nein Wacker Ja Kalbfell Nein Wackerzapp Ja Kalbitzer Nein Dr. Wahl Ja Frau Keilhack Nein Frau Dr. Weber (Essen) . . . Ja Keuning Nein Dr. Weber (Koblenz) Ja Kinat Nein Dr. Weiß Ja Frau Kipp-Kaule Nein Winkelheide Ja Knothe Nein Dr. Wuermeling . . . . . . . Ja Dr. Koch Nein Frau Korspeter Nein Frau Krahnstöver Nein Dr. Kreyssig Nein Kriedemann Nein Kurlbaum Nein Lange Nein SPD Lausen krank Frau Lockmann Nein Frau Albertz Nein Lohmüller beurlaubt Frau Albrecht Nein Ludwig Nein Altmaier Nein Dr. Luetkens Nein Frau Ansorge Nein Maier (Freiburg) Nein Dr. Arndt Nein Marx Nein Arnholz Nein Matzner Nein Dr. Baade Nein Meitmann Nein Dr. Bärsch Nein Mellies Nein Baur (Augsburg) Nein Dr. Menzel Nein Bazille krank Merten Nein Behrisch Nein Mertins Nein Bergmann Nein Meyer (Hagen) . . . . . . . . Nein Dr. Bergstraeßer . . . .. . . . Nein Meyer (Bremen) . Nein Berlin Nein Frau Meyer-Laule Nein Bettgenhäuser Nein Mißmahl Nein Bielig Nein Dr. Mommer Nein Birkelbach Nein Dr. Mücke Nein Blachstein Nein Müller (Hessen) Nein Dr. Bleiß Nein Müller (Worms) . . . . . . . Nein Böhm Nein Frau Nadig . . . . . . . . Nein Dr. Brill Nein Dr.Nölting . . . . . . . . Nein Bromme Nein Nowack (Harburg) Nein Brünen Nein Odenthal Nein Cramer Nein Ohlig Nein Name Abstimmung Name Abstimmung Ollenhauer Nein Frau Dr. Ilk Ja Paul (Württemberg) Nein Juncker Ja Peters Nein Dr. Kneipp Ja Pohle Nein Kühn Ja Dr. Preller Nein Langer Ja - Priebe Nein Dr. Luchtenberg . . . . . Ja Reitzner Nein Margulies entschuld. Richter (Frankfurt) Nein Mayer (Stuttgart) krank Ritzel Nein Dr. Mende Ja Ruhnke Nein Dr. Miessner . . . . . , . Ja Runge Nein Neumayer Ja Sander Nein Dr. Dr. Nöll von der Nahmer . entschuld. Sassnick . . . . . . . . . Nein Dr. Nowack (Rheinland-Pfalz) . Ja Frau Schanzenbach Nein Onnen Ja Dr. Schmid (Tübingen) Nein Dr. Pfleiderer Ja Dr. Schmidt (Niedersachsen) . . . Nein Dr. Preiß Ja Dr. Schöne Nein Dr. Preusker Ja Schoettle Nein Rademacher entschuld. Dr. Schumacher krank Rath Ja Segitz Nein Dr. Freiherr von Rechenberg . Ja Seuffert Nein Revenstorff . . . . . . . . Ja Stech Nein Dr. Schäfer Ja Steinhörster Nein Dr. Schneider Ja Stierle Nein Stahl Ja Striebeck Nein Stegner Ja Frau Strobel Nein Dr. Trischler Ja Temmen Nein Dr. Wellhausen entschuld. Tenhagen Nein Wildermuth Ja Troppenz . . . . .. . . . . Nein Wirths Ja Dr. Veit Nein Dr. Zawadil entschuld. Wagner Nein Wehner Nein Weinhold Nein DP Welke Nein Weltner Nein Ahrens entschuld. Dr. Wenzel Nein Bahlburg Ja Wönner Nein Eickhoff Ja Zühlke Nein Ewers Ja Farke Ja Hellwege Ja Jaffé Ja Frau Kalinke Ja Kuhlemann . . . . . . . . Ja FDP Dr. Leuchtgens Ja Löfflad Ja Matthes Ja Dr. von Merkatz Ja Dr. Atzenroth Ja Dr. Mühlenfeld . . . . . . . Ja Dr. Becker (Hersfeld) beurlaubt Paschek Ja Dr. Blank (Oberhausen) . . . . Ja Reindl Ja Blücher Ja Schmidt (Bayern) Ja Dannemann entschuld. Schuster Ja Dr. Dehler Ja Dr.Seebohm . . . . . . . . Ja Dirscherl beurlaubt Tobaben Ja Euler Ja Wallner entschuld. Faßbender Ja Walter . . . . . . . . . . Ja Freudenberg — Wittenburg Ja Frühwald Ja Wittmann Ja Funcke Ja _ Gaul Ja Dr. von Golitschek Ja Grundmann Ja FU Dr. Hammer Ja Dr. Hasemann entschuld. Freiherr von Aretin Ja Dr. Hoffmann (Lübeck) . . . . Ja Frau Arnold . . . . . . . Nein Dr. Hoffmann (Schönau) . . . . Ja Dr. Bertram . . . . . . . . entschuld. Frau Hütter beurlaubt Dr. Besold enthalten Name Abstimmung Name Abstimmung Clausen entschuld. Renner Nein Dr.-Ing. Decker Nein Rische Nein - Determann entschuld. Frau Strohbach Nein Eichner Nein Frau Thiele Nein Dr. Etzel (Bamberg) Nein Vesper entschuld. Hoffmann (Lindlar) Nein Lampl . . enthalten Mayerhofer Nein Dr. Meitinger Nein BHE-DG Fürst zu Oettingen-Wallerstein . enthalten Pannenbecker . . . . . . . . Nein Dr. Friedrich Ja Parzinger Nein Fröhlich . . . . . . . - enthalten . Dr. Reismann . . . . . . . . Nein - Dr. Ott enthalten Ribbeheger ........e ntschuld. Tichi enthalten Volkholz — Weickert entschuld. Wartner Nein Frau Wessel . . . . . . . Nein Willenberg Nein Fraktionslos KPD Aumer Nein Agatz Nein Donhauser Ja Fisch Nein Dr. Doris Nein Gundelach Nein Frommhold Ja Harig Nein Goetzendorff entschuld. Kohl (Stuttgart) Nein Hedler entschuld. Müller (Frankfurt) Nein Loritz Nein Niebergall Nein Müller (Hannover) — Paul (Düsseldorf) . . . . .. . Nein Dr. Richter (Niedersachsen) . . . Nein Reimann Nein von Thadden Ja Zusammenstellung der Abstimmung: Abgegebene Stimmen , 366 Davon: Ja 204 Nein 156 Stimmenthaltung 6 Zusammen wie oben 366 Berliner Abgeordnete: Name Abstimmung Name Abstimmung CDU/CSU Neumann beurlaubt Schellenberg entschuld. Dr. Friedensburg beurlaubt Frau Schroeder (Berlin) . . . . Nein Dr. Krone Ja Schröter (Berlin) entschuld. Lemmer beurlaubt Frau Wolff — Frau Dr. Maxsein --- Dr. Tillmanns — FDP SPD Dr. Henn Ja Brandt beurlaubt lluebner Ja Dr. Koenigswarter -- Frau Dr. Mulert Ja Löbe Nein Dr. Reif Ja Neubauer Nein Dr. Will krank
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Linus Kather


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei der Frage, die wir in diesen Tagen hier behandeln und die wir in einigen Monaten zu entscheiden haben werden, spielt die Hauptrolle die Gefahr aus dem Osten.

    (Zurufe von der KPD.)

    Sie ist ausschlaggebend für die Entscheidung, die wir zu treffen haben.

    (Sehr richtig! bei der CDU.)

    Ich glaube, daß die aus dem Osten vertriebene Bevölkerung der Bundesrepublik dabei ein Wort mitzusprechen hat. Schon die Tatsache, daß 15 Millionen Deutsche aus ihrer angestammten Heimat vertrieben worden sind, zeigt eindeutig die Größe und die Furchtbarkeit dieser Gefahr.

    (Zustimmung bei der CDU.)

    Von diesen 15 Millionen sind nur 12 Millionen wieder zum Vorschein gekommen. 3 Millionen sind verschleppt, verhungert, ermordet worden;

    (Hört! Hört! bei der CDU)

    allein eine Million bei der Vertreibung. Jede deutsche Frau, die in die Hände der Russen gefallen ist, ist geschändet worden.

    (Zurufe von der KPD: Unerhört! — Infame Lüge! — Gegenrufe in der Mitte und rechts.)

    Selbst Priestermord in großem Umfang ist begangen worden. Ich halte es für erforderlich, das auch bei dieser Gelegenheit ganz offen auszusprechen; denn es ist doch wohl so, daß die Größe dieser Gefahr bei uns in der Bundesrepublik — und ganz besonders gilt das auch für Frankreich — noch immer nicht erkannt worden ist.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)



    (Dr. Kather)

    Wenn man sich das Wesen der totalitären Systeme vor Augen hält, dann weiß man, daß sie sich nicht beschränken und daß sie nicht aufhören können, daß sie sich niemals mit dem kleinen Finger begnügen, sondern immer die ganze Hand haben wollen. Deshalb kann es für uns Vertriebene nicht zweifelhaft sein, daß diese Gefahr besteht und daß es eine geradezu tödliche Gefahr ist. Und so sollte man meinen — und das trifft auch zu — daß die Vertriebenen in dieser Frage für die Bereitschaft zu einer Verteidigung ganz besonders aufgeschlossen sein sollten,

    (Zurufe von der KPD: Sollten!)

    und sie sind es auch gewesen. Aber es ist nicht zu leugnen, daß diese Bereitschaft in starkem Umfange in Zweifel gezogen worden ist.

    (Aha! bei der KPD.)

    Ich möchte kurz auf die Ursachen dieser Entwicklung eingehen. Es sind schwere Besorgnisse, die dieses Problem für die Vertriebenen aufwirft. Da ist einmal die Frage: Was wird aus unserer Heimat? Es ist in der Debatte bisher nicht zu viel vom Saargebiet gesprochen worden, aber doch wohl etwas zu wenig von unserer Heimat, und es ist meine Aufgabe, dieses Thema hier anzuschneiden.
    Wir wissen, daß die Haltung der Vertriebenen zu dieser Frage im Ausland Besorgnis auslöst, ganz besonders in Frankreich, wo man sich sagt: Unsere Soldaten wollen nicht für Königsberg sterben. Die Vertriebenen sagen: Wir wollen nicht für Potsdam oder Yalta sterben, und ich glaube, der Zustimmung der überwältigenden Mehrheit aller Vertriebenen sicher zu sein, wenn ich sage: für diese Frage soll überhaupt niemand sterben!

    (Lebhafter Beifall Lei den Regierungsparteien.)

    Die Vertriebenen wünschen keinen Krieg, auch nicht um den Preis der Wiedergewinnung ihrer Heimat.

    (Erneuter lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Das ist keine Äußerung ad hoc. Ich verweise auf die Charta der deutschen Vertriebenen, in der es heißt: „Wir verzichten auf Rache und Vergeltung", und dieser Verzicht, der gleichzeitig die Wiedereroberung unserer Heimat mit Waffen ablehnt, ist endgültig.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Aber ebenso endgültig ist, daß wir unser Recht auf die Heimat nicht preisgeben wollen und nicht aufhören werden, dieses Recht mit friedlichen Mitteln zu suchen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und bei der FDP.) Wir sind uns seit langem darüber einig geworden, daß der Weg zur friedlichen Wiedergewinnung der Heimat über Europa führt.


    (Beifall in der Mitte.)

    Als wir vor einigen Wochen in Hannover den Bund der vertriebenen Deutschen gründeten, da stand diese Tagung unter dem Wort „Für Heimat, Deutschland und Europa".

    (Beifall in der Mitte.)

    Eine unserer größten Vertriebenenzeitungen nahm das zum Anlaß, ihren Namen „Die Stimme der Vertriebenen" zu ändern in „Die Stimme für Heimat, Deutschland und Europa".
    Wir wissen, daß diese Frage beim Friedensschluß entschieden werden soll, und wir können daraus die Gewähr entnehmen, daß sie nicht ohne Zustimmung Deutschlands entschieden werden kann. Aber wir glauben, wir sollten noch eines mehr verlangen. Wir sollten verlangen, daß bei dieser Frage und ihrer Entscheidung die Grundsätze der Atlantik-Charta Anwendung finden. In der Atlantik-Charta heißt es, daß keine territorialen Erweiterungen erstrebt werden, daß kein Volk seines Gebiets ohne seine Zustimmung verlustig gehen soll. Es kommt darin auch zum Ausdruck, daß es einen Unterschied zwischen Siegern und Besiegten nicht geben kann. Wenn wir von den Alliierten — und ich glaube, sogar Stalin hat ein Jahr später die Atlantik-Charta unterschrieben — verlangen, daß sie zu ihrer eigenen feierlichen Erklärung stehen, so bewegen wir uns damit im Rahmen dessen, was wir unter allen Umständen mit Recht verlangen können.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Aber die Vertriebenen haben auch Besorgnisse, die sich nach innen wenden. Eine echte Verteidigungsbereitschaft setzt voraus, daß diese' große Gruppe unseres Volkes das Gefühl hat, hier eine Heimat zu haben, solange bis sie ihre alte Heimat wieder bekommen kann, daß sie gleichberechtigt im Volksganzen steht und daß ihre soziale Sicherheit gewährleistet ist.

    (Beifall in der Mitte.)

    Die Bundesregierung verlangt mit Recht, daß die Gleichberechtigung Deutschlands gegenüber Europa sichergestellt wird. Wir alle teilen dieses Verlangen. Aber ein solches Verlangen würde wenig Überzeugungs- und Stoßkraft haben, wenn wir im Innern nicht selbst danach sehen würden, daß nicht zweierlei Recht geschaffen wird. Hier muß ich — um nur ein Beispiel herauszugreifen — zurückkommen auf das Unrecht, das den Vertriebenen und nicht nur den Vertriebenen bei der kleinen Besoldungsreform geschehen ist. Man hat sie einfach schlechter gestellt als alle anderen, bloß weil nicht genügend Geld da war. Wenn solche Unrechtstatbestände nicht schleunigst ausgeräumt werden, dann wird sich eben die echte innere Bereitschaft nicht einstellen, da mögen wir reden, was wir wollen.
    Die zweite Frage, die die Vertriebenen mit großer Besorgnis erfüllt, ist in diesem Hause schon mehrfach angeschnitten worden: Werden die großen Leistungen, die uns der Verteidigungsbeitrag auferlegt, nicht zu Lasten derer gehen, die auf Hilfe aus Bundesmitteln angewiesen sind? Werden sie nicht gerade zu Lasten des Lastenausgleichs gehen? Diese Rivalität zwischen Lastenausgleich und Verteidigungsbeitrag ist auch von der Bundesregierung immer zugegeben worden, und zwar schon in der Begründung zum Lastenausgleich, wo gesagt ist, daß alles das, was hier geleistet wird, ein echter Beitrag zur Verteidigung ist.
    Ich will hier auf Einzelheiten nicht eingehen, ich kann es auch nicht. Aber es ist Tatsache, daß die Angelegenheit nun schon zu lange dauert und daß nach dem bisherigen Konzept ein echter Ausgleich, eine wirkliche Beseitigung der Unordnung in der Besitzverteilung, die ja schon früher bestand und durch die Zufallsentscheidungen des Krieges noch verschlimmert worden ist, nicht beabsichtigt ist. Die Überzeugung also, daß das bisherige Konzept eine solche Entscheidung bringen wird, ist bei den Vertriebenen nicht vorhanden und kann bei ihnen auch nicht vorhanden sein. Bis jetzt ist nach meiner Meinung nicht einmal sichergestellt, daß die Leistungen der Soforthilfe in der bisherigen Höhe aufkommen werden, und erst recht nicht die Leistungen, die wir nach unserem Konzept brauchen.


    (Dr. Kather)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es wäre verhängnisvoll, militärische Verteidigungsvorbereitungen zu treffen und es zu unterlassen, die soziale Ordnung zu schaffen, die allein die Ideologie des Ostens von innen her wirksam bekämpfen kann.

    (Beifall.)

    Ich möchte die Bundesregierung bitten, in den Verhandlungen, die sie jetzt zu führen hat, gerade auf diese Seite der Angelegenheit hinzuweisen. Auch die Amerikaner — insbesondere Mr. Sonne, der ja hier war und das Problem studiert hat — haben zugeben müssen, daß das eine so wichtig ist wie das andere.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Wir wollen die Dinge nicht leicht nehmen. Die „Zeit" hat einmal geschrieben, die Vertriebenen seien „Figuren in Stalins Spiel". Der Herr Bundeskanzler hat gestern hier aufgezählt, welche Tarnorganisationen wirksam sind, um unsere Organisationen zu unterwandern. Gerade auch wir können solche Beobachtungen machen. Man hält westdeutsche Flüchtlingskongresse ab, man hat jetzt schon eine besondere Flüchtlingszeitung gegründet, die sehr preiswert abgegeben wird, man bietet sich den Treckvereinigungen schon als Bundesgenosse an, und man versucht, alle anderen Organisationen zu unterwandern. Deshalb bin ich der Auffassung, daß, wenn wir in einigen Monaten vor die Entscheidung gestellt werden, bis dahin schon durch die Tat bewiesen sein muß — insbesondere durch die Endkonzeption des Lastenausgleichs —, daß man nicht nur Worte machen will, sondern wirklich bereit ist, dieser Gruppe, die noch im Schatten steht, das zu geben, was sie haben muß, wenn sie mit ganzem Herzen für die gemeinsame Heimat eintreten soll.

    (Zuruf von der KPD: Am jüngsten Tage kriegen sie es!)

    Meine Damen und Herren! Die Beteiligung an dem Beitrag zur gemeinsamen Verteidigung Europas ist für uns alle tragbar und annehmbar nur unter dem Gesichtspunkt, daß wir auf diese Weise
    — und nur auf diese Weise!, — den äußeren Frieden erhalten können. Aber die weitere Voraussetzung ist, daß wir uns durch soziale Leistungen den inneren Frieden bewahren und erhalten!

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Rische: Das war ein heißer Brei, Herr Kather! — Gegenruf von der Mitte: Ruhig, Rische!)



Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und Herren! Ich komme in eine gewisse Verlegenheit, wenn die gemeldeten Redner nicht anwesend sind.

(Lachen bei der KPD. — Abg. Rische: Hier in der KPD sind noch genügend Anwärter vorhanden!)

— Herr Abgeordneter Rische, wofür Sie Anwärter sind, ist eine Frage, die wir hier nicht entscheiden können.

(Heiterkeit. — Sehr richtig! in der Mitte. — Abg. Rische: Stellen Sie uns nur die Redezeit zur Verfügung!)

Das Wort hat Herr Abgeordneter von Thadden. — Herr Abgeordneter von Thadden wünscht nicht, das Wort zu nehmen.

(Zuruf rechts: Noch nicht!)

— Noch nicht.

(Unruhe.)

Meine Damen und Herren, — es besteht kein Anlaß zu besonderer Unruhe. —
Herr von Thadden!

(Abg. Rische: Aha, einer rettet die Situation! — Weiterer Zuruf von der KPD: Es war Funkstille! — Abg. Renner: Nur mit keinem falschen Zungenschlag!)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Adolf von Thadden


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (Fraktionslos)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DRP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben gestern mit großem Interesse die Rede des Herrn Bundeskanzlers auf der einen und die des Herrn Ollenhauer auf der anderen Seite gehört. Beide Reden enthielten außerordentlich viel Dinge, die uns gefielen.

    (Ei, ei! von der KPD.)

    Gegen beide Reden wäre aber auch manches einzuwenden.
    Der Herr Bundeskanzler hat sich in längeren Ausführungen über die Gefährlichkeit der Sowjetunion verbreitet, er hat Dinge vorgetragen, die uns — uns allen! — seit langer Zeit bekannt sind. Aber er hat leider versäumt, auf manch konkrete Einzelheiten einzugehen, die uns gerade in dieser Situation besonders interessiert hätten. Wir haben wenig, ja wir haben nichts von dem konkreten Inhalt des Generalvertrags gehört, der die politische Voraussetzung für jede militärtechnische Abmachung ist, und wir haben des weiteren nichts über das Verfahren gehört, das man beim Aufbau eines neuen Heeres einzuschlagen gedenkt.
    Meine Damen und Herren! Der Herr Bundeskanzler hat in seiner gestrigen Rede erklärt, daß er aus Gründen der diplomatischen Rücksichtnahme manches nicht sagen könne, was er vielleicht gern sagen möchte. Dann ist es aber auch nicht möglich, von dem Hause nun ein klares Ja zu Dingen zu verlangen, die es noch nicht zu übersehen vermag, wenn der Bundeskanzler manches Wesentliche noch nicht sagen kann.

    (Zuruf von der Mitte: Das verlangt ja auch kein Mensch!)

    Bisher haben wir lediglich etwas über die Präambel des Generalvertrags vernommen. Sie stellt nicht mehr als eine Sammlung frommer Wünsche dar, deren Auswirkungen in der Praxis — und das ist der eigentliche Inhalt des Vertrags — aber nicht zu überblicken sind. Wir sind davon überzeugt, daß uns der Petersberg theoretisch das Beste wünscht; aber wir sind gleichermaßen der festen Überzeugung, daß er uns erst dann etwas Gutes zu geben beabsichtigt, wenn er seine eigenen Angelegenheiten zunächst einmal hundertprozentig zu seinem Nutzen geregelt hat.
    Das, was wir gestern gehört haben, war unzureichend. Aber noch wesentlicher ist, daß wir in der letzten Zeit von unseren künftigen Verbündeten erhebliche Enttäuschungen erlebt haben. Als die Alliierte Hohe Kommission das Gesetz über die finanzielle Eingliederung Berlins inhibierte oder sistierte, erklärte sie, daß sie das tun müsse, weil man sonst mit Protesten der Sowjets zu rechnen habe. Meine Damen und Herren, daß die Sowjets protestieren würden, ist keine tiefschürfende Entdeckung; denn seit 1945 protestieren sie bei jeder sich bietenden Gelegenheit. Uns fällt aber auf, daß man in diesem Fall auf eventuelle, mögliche russische Proteste Rücksicht nimmt, während man es in anderen Fällen gar nicht tut. Ich erinnere daran, daß z. B. der japanische Friedensvertrag — es wäre für uns recht schön, wenn der zukünftige deutsche Vertrag manches davon hätte — abgeschlossen wurde, ohne daß man sich um die heftigen russischen Proteste kümmerte. Des weiteren


    (von Thadden)

    hat man, ohne sich um die ständigen russischen Proteste zu kümmern, den italienischen Friedensvertrag in vielen Dingen modifiziert und verbessert. Bei uns aber glaubte man auf die sowjetischen Proteste Rücksicht -nehmen zu müssen.

    (Abg. Mellies: Glauben Sie denn, daß das der Grund der Beanstandung war, Herr von Thadden?)

    — Nein, der Grund ist leider noch ein ganz anderer, Herr Mellies, und zwar folgender. Wir sehen in diesem Vorgang die leider noch vorhandene Gefahr, daß sich der Westen eines Tages auf unsere Kosten mit seinem ehemaligen Kriegsverbündeten einigt; er würde es tun, wenn er es nur irgendwie könnte, Herr Dr. Tillmanns.

    (Abg. Dr. Tillmanns: Nein!)

    Ich glaube, der Bundeskanzler hat wegen der Frage, ob sich die Brüder nicht eventuell doch noch über unseren Kopf hinweg einigen könnten, genau so viele schlaflose Nächte gehabt und wird sie noch haben, wie wir alle.

    (Abg. Dr. Tillmanns: Herr von Thadden, Sie müßten sich einmal die besondere Situation Berlins ganz klar machen; dann würden Sie sehen, daß diese Schlußfolgerungen falsch sind!)

    — Ich komme auf die besondere Situation Berlins noch zu sprechen, Herr Dr. Tillmanns. Die einzige Grundlage für die Betrachtung unserer Situation ist bisher nur die konsequente negative Haltung der Sowjets gewesen, nichts anderes.
    Meine Damen und Herren, es ist immerhin bemerkenswert, daß die Westmächte bisher noch keinerlei Ansätze gemacht und Versuche unternommen haben, die Basis zu verlassen, die mit den Abkommen von Yalta und Potsdam umschrieben ist. Wir haben bis jetzt nichts davon gehört, daß die Alliierten diese uns belastenden Verträge aufgekündigt haben, etwa wegen Bruchs durch den Osten. Ich bin aber der Auffassung, daß es völlig ausgeschlossen ist, ein neues deutsches Heer aufzubauen, solange unser Verhältnis zu den künftigen Verbündeten mit der Hypothek dieser beiden Verträge, die auf unsere Zukunft nicht nachwirken dürfen, belastet ist. Ich habe auch nicht den Eindruck, daß in dem Generalvertrag so etwas wie, sagen wir einmal, ein Nullpunkt hergestellt wird und daß die Alliierten gewillt sind, von der Linie der Vergangenheit, die doch konsequent von der Konferenz von Casablanca 1943 bis zum Petersberg-Abkommen 1949 verläuft, hundertprozentig abzugehen. Ein hundertprozentiges Abgehen von dieser Linie und eine hundertprozentige Liquidation der, ich möchte einmal sagen, Ära der bedingungslosen Kapitulation ist aber unbedingte Voraussetzung dafür, daß wir uns in irgendein neues Bündnis oder Vertragsverhältnis mit den Westmächten begeben. Es ist doch ein grotesker Zustand, daß wir, während wir hier verhandeln, in Deutschland noch Gesetze der Hochkommission — nicht mehr des Kontrollrats — haben, die eine Beschäftigung mit diesen Dingen unter Geldstrafen bis zu einer Million D-Mark stellen. Auch sind nach wie vor unendlich viele Kontrollratsgesetze in Kraft. Es wäre interessant, würde aber zu weit führen, einmal festzustellen, was denn bis jetzt überhaupt noch verboten ist. Soweit mir bekannt, ist bisher nur von Schreiben der Alliierten Hochkommission an unsere Regierung die Rede gewesen, worin diese erlaubte, sich trotz der Bestimmungen dieser Gesetze mit den Dingen zu befassen.
    Ein anderes Ereignis der letzten Zeit hat uns aber noch skeptischer gemacht: das Vorgehen Frankreichs an der Saar. Wenn die — zufälligerweise im Amt befindliche — französische Regierung es für notwendig hält, den Herrn Grandval, von dem man sagt, daß sein Name früher einmal in deutschen Adreßbüchern gestanden hat, zum Botschafter bei seiner eigenen Kreatur zu machen, dann bedeutet das nicht etwa bloß eine Unterstützung dieser Kreatur Hoffmann, sondern wir erblicken darin ausschließlich einen festen und massiven Schritt auf dem Wege, im Saargebiet vollendete Tatsachen zu schaffen. Der Bundeskanzler hat bisher sich und uns immer mit der Formel getröstet, daß die Saarfrage in dem Friedensvertrag gelöst werde und daß nach seinem Schriftwechsel mit Schuman Frankreich keinerlei Dinge tun würde, die irgend etwas vorwegnehmen könnten, was dem endgültigen Friedensvertrage vorbehalten bleibe. Aber die Franzosen sind zu nüchterne Realisten, als daß sie nicht jede sich bietende deutsche Schwäche ausnutzen würden, um ihre eigene Position zu festigen. Mit der Ratifizierung des Schuman-plans durch das deutsche Parlament ist aber auch die letzte fadenscheinige Begründung für eine französische Intervention im Saargebiet verlorengegangen; denn wirtschaftliche Interessen können ja kaum mehr als maßgeblich ins Feld geführt werden, nachdem die beiden wirtschaftlichen Hauptwerte des Saargebiets, nämlich Kohle und Stahl, in den europäischen Montanpakt eingebracht sind.
    Ein weiteres hat uns außerdem in der letzten Zeit skeptisch gemacht. Meine Damen und Herren, was nützt die schönste Gleichberechtigung deutscher Truppen im Rahmen des Plevenplan-Vertrags,

    (Abg. Schröter [Kiel]: Gibt es ja noch nicht!)

    die Gleichberechtigung und Nichtdiskriminierung, die im Art. 3 dieses Vertrags festgelegt ist oder festgelegt werden soll oder sein wird, wenn diese Organisation der Europaarmee letztlich nicht entscheidend ist. Entscheidend ist im ganzen Gebäude dieser verschiedenartigen Verträge bisher nur die Organisation der NATO. Es ist ausgeschlossen, im Ernste von einer deutschen Gleichberechtigung innerhalb der Europaarmee zu reden, wenn wir auf der eigentlichen Kommandobrücke, der NATO nämlich, nicht vertreten sind.

    (Abg. Dr. Mende: Das hat aber der Bundeskanzler gestern sehr deutlich -gesagt!)

    Auch wenn es der Herr Bundeskanzler gesagt hat — es ist gut, daß er es gesagt hat —, muß von allen Seiten des Hauses erklärt werden, daß dies die Kardinalforderung, die Forderung Nr. 1 ist, die von dem Bundestag mit Ausnahme der Satrapen Moskaus geschlossen unterstützt wird und entsprechend vertreten werden muß.

    (Abg. Dr. Mende: Einverstanden!)

    Man ist nicht imstande, wenn wir auf dieser. eigentlichen Befehlszentrale nur mit einer Art besserem Ordonnanzoffizier vertreten sein sollten, von einem gleichberechtigten deutschen Soldaten zu sprechen; denn gleichberechtigt wären wir ja nur dann, wenn wir dasselbe Verfügungsrecht hätten wie alle anderen. Ohne gleichberechtigte Vertretung dort oben wäre dies aber nicht möglich.
    Und ein anderes. Man redet von deutschen Divisionen. Gleichzeitig tut man aber den Begriff einer deutschen Wehrmacht in Acht und Bann. Ich bin der Auffassung, daß Divisionen, die nicht Teil einer Wehrmacht eines Volkes sind, eben Teile einer Fremdenlegion sind und daß eben nur eine dem


    (von Thadden)

    Vaterland direkt verpflichtete Wehrmacht das Gegenteil einer Fremdenlegion ist. Ich glaube, daß es ganz besonders aus psychologischen Gründen wesentlich sein wird, den Deutschen jegliches Gefühl zu nehmen, in irgendeiner Art zweitrangig zu sein bzw. behandelt zu werden.

    (Zuruf des Abg. Dr. Reif.)

    — Herr Dr. Reif, ich bin überzeugt, daß die Überlegenheit des Westens auf materiellem Gebiet im ständigen Rückgang begriffen ist, wie die letzten Ereignisse in Korea mit einer erschreckenden Deutlichkeit gezeigt haben. Die materielle Überlegenheit des Westens gegenüber dem Osten war in der ganzen Debatte ein sehr wesentlicher Punkt. Wenn sich dies nun zugunsten des Ostens verschiebt — physisch sind wir ohnehin wesentlich weniger als die —, dann ist es noch wichtiger, daß der Soldat, der dagegen eingesetzt werden soll, eine sichere und geistig überlegene psychologische Basis gegenüber dem Steppenmenschen von drüben hat, mit dem er sich eines Tages, was Gott verhüten möge, vielleicht auseinandersetzen muß.

    (Abg. Dr. Reif: Das hat aber mit Ihrer These nichts zu tun!)

    — Doch! — Des weiteren ist uns nichts über die Fragen gesagt worden, wie in Zukunft unser Heer ausgerüstet und bewaffnet werden soll. Da ist folgendes zu sagen. Herr Bundeskanzler, vom Schumanplan verstanden nicht mal alle Abgeordneten dieses Hauses etwas, hinzugenommen vielleicht einige Funktionäre der Gewerkschaften, der Industrie und sonstiger Verbände. Von der Ausrüstung und Bewaffnung verstehen aber Hunderttausende etwas; hunderttausende ehemaliger deutscher Obergefreiter wissen ganz genau, wie eine solche Sache aussieht. Es ist notwendig und es scheint mir dringend notwendig zu sein — —

    (Abg. Kiesinger: Das ist ein gefährliches Zitat!)

    — Nein, das ist kein gefährliches Zitat.
    Es ist dringend notwendig, daß das Gefühl der Gleichberechtigung auch in waffenmäßiger Hinsicht rechtzeitig und frühzeitig geschaffen wird. Wir haben einmal davon gehört, daß mangels Masse die Amerikaner vielleicht auch genötigt sein könnten, uns Sherman-Panzer hierher zu bringen. Meine Damen und Herren, seien Sie sich bitte darüber im klaren: In solche Dinger setzt sich ein deutscher Soldat, der den Krieg hinter sich gebracht hat, nicht rein, und zwar deshalb, weil, angesichts der überlegenen Qualität der russischen Panzer, er Befürchtungen hat, sich hineinzusetzen.
    Diese Dinge müssen vorher klargestellt sein, ehe man verlangen kann, daß deutsche Menschen mit dem notwendigen inneren Schwung an einen Verteidigungsbeitrag herangehen.

    (Zurufe von der KPD.)

    Es ist des weiteren nicht ganz begreiflich, daß sich eine gewisse Sorte deutscher Zeitungen auf der einen Seite den alliierten Forderungen hinsichtlich der Vorbereitung einer Wehrbereitschaft etc. anschließt, auf der anderen Seite aber schreibt, daß es natürlich nicht notwendig, j a im Gegenteil sogar zu verurteilen wäre, wenn wir hier in Deutschland eine eigene Rüstungsindustrie aufmachten. Ich, bin überzeugt, es wäre viel angenehmer, wenn wir die Waffen von woanders beziehen könnten und in dieser Richtung nichts zu tun brauchten; aber ein Heer, das sich nicht direkt auf eine vorhandene Rüstungs- und Reparaturindustrie stützt, wird im Ernstfall nutzlos sein.

    (Abg. Lücke: Das ist eine schwierige Sache, Herr von Thadden!)

    — Das ist keine schwierige Sache, das ist eine sehr einfache Sache; denn Sie müssen bitte daran denken, daß im Ernstfall das ganze Bundesgebiet — um es mal mit einem militärischen Fachausdruck zu belegen — rückwärtiges Heeresgebiet ist. Es ist völlig ausgeschlossen, eine Truppe hier aufzubauen, wenn gleichzeitig nichts an technischen Zurüstungsbetrieben, die aber notwendig sind, vorhanden ist. Das ist das Wesentliche. Es wäre sehr angenehm, wenn wir alles das hierhergebracht kriegen und unendlich viel Geld damit sparen könnten; aber was angenehm ist, hat meistens mit den nüchternen Realitäten, um die es hier geht, nur sehr wenig zu tun.

    (Abg. Dr. Hasemann: Sie werden Generalstabschef, Herr von Thadden!)

    Was nun die Ausführungen des Herrn Kollegen Ollenhauer angeht, so habe ich dazu kurz folgendes zu bemerken. Herr Ollenhauer hat mit Recht an vielen Dingen, die der Bundeskanzler gesagt hat — bzw. nicht gesagt hat, und das waren eigentlich die wesentlicheren —, Kritik geübt. Die sozialdemokratische Kritik hat aber unseres Erachtens in ihrer sachlichen Durchschlagskraft darunter gelitten,

    (Glocke des Präsidenten)

    — ich bin gleich fertig —, daß eben hinter dieser Kritik ausschließlich der Wunsch stand, möglichst schnell an die Regierung zu kommen. Ich bin der Auffassung, daß es das gute Recht einer parlamentarischen Opposition ist, alles zu tun, um möglichst schnell an die Regierung zu kommen; aber eine Verkoppelung des Dranges zur Regierung mit der Negation dieser Lebensfrage scheint uns nun allerdings zumindest leicht, ja, zu riechen.

    (Heiterkeit.)

    Meine Damen und Herren! Meine Redezeit

    (Zuruf: Gott sei Dank!)

    ist gleich beendet.

    (Lebhafte Heiterkeit.)

    Lassen Sie mich einen Satz noch sagen zum Thema Kriegsdienstverweigerung.

    (Glocke des Präsidenten.)

    — Ein Satz, Herr Präsident! — Meine Damen und Herren von der SPD, Ihre Argumentation steht meines Erachtens deswegen auf wackeligen Füßen, weil, wenn man von einem Recht der Kriegsdienstverweigerung mit der Waffe aus Gewissensgründen spricht, dieses implicite die Pflicht zum Kriegsdienst voraussetzt. Hätten Ihre Leute, die im Parlamentarischen Rat bei der Schaffung des Grundgesetzes mitgewirkt haben, sich nicht diesen Zak-ken abgebrochen und gar nichts über dieses Thema ins Grundgesetz hineingeschrieben, dann wäre darüber zu diskutieren, ob nun eine Zweidrittelmehrheit notwendig ist oder nicht. Wir sind aber der Auffassung, daß es sich hier weniger um eine Wehrpflicht. als vielmehr um ein Naturwehrrecht eines jeden Volkes handelt, und wenn es ein Naturwehrrecht eines jeden Volkes gibt, dann sollte es wohl möglich sein, hier nun die gesetzlichen Grundlagen zu schaffen, auf denen eben eine den Zeitläuften angepaßte moderne Kriegsdienstpflicht errichtet werden kann.

    (Beifall rechts. — Zuruf: Das waren 15 Minuten! — Heiterkeit.)