Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich weiß nicht, auf welchem Stern die Geschichte spielte, die Herr Reimann hier vorgelesen hat; mit dem, was sich auf unserem Erdball getan hat, hat jedenfalls das, was wir eben hörten, nicht das geringste zu tun.
Ich glaube, daß eine Macht, die seit 1939, wo sie mit Hitler den Vertrag zur Entfesselung des Krieges, zur Teilung Polens abschloß, eine Aggression an die andere gesetzt hat, nicht das Recht hat, für den Frieden zu sprechen.
Alles das — der Herr Bundeskanzler hat es soeben
schon gesagt —, was hier über den Generalvertrag
gesagt worden ist, beruht einfach auf der Tatsache,
daß das Exemplar, das Herrn Ulbricht vorgelegen hat, eine ganz üble und blöde Fälschung war.
In einem aber möchte ich Herrn Reimann zustimmen. Er hat hier gesagt, daß überall da, wo der Krieg vorbereitet wird, Gesetz und Recht außer Kraft gesetzt werden. Weil Rußland seit 1917 im Stadium der permanenten Kriegsvorbereitung steht, deshalb gibt es dort kein Recht und Gesetz. Da haben Sie vollkommen recht.
Ich darf auch folgendes noch sagen: Herr Reimann, wenn Sie an die Situation von 1932/33 erinnert haben, dann haben Sie vollkommen recht, denn damals waren Sie es, Herr Reimann, mit der Kommunistischen Partei, die eine normale Regierungstätigkeit im Reichstag unmöglich gemacht haben. Sie waren es, die zusammen mit den Nationalsozialisten den Verkehrsarbeiterstreik in Berlin durchgeführt haben.
Sie tragen ein gerütteltes Maß von Schuld am 30. Januar 1933, Herr Reimann. Das lassen Sie sich bitte von einem jungen Menschen gesagt sein, der die Entwicklung nicht wieder haben möchte, die Sie einmal mit Ihrer verfehlten und verbrecherischen Politik eingeleitet haben, Herr Reimann.
Ich habe aber nicht deshalb das Wort ergriffen, meine Damen und Herren, sondern wenn ich mich als einer der jüngsten Abgeordneten hier zu Wort gemeldet habe, dann habe ich das in dem Bewußtsein getan, daß die Entscheidung, die dieser Bundestag einmal zu fällen haben wird, von meiner Generation mit der gesamten Existenz getragen und ausgetragen werden muß.
Ich glaube, daß wir deshalb ein Recht haben, als junge Menschen zu diesem Problem zu sprechen. Herr Reimann, Sie haben die deutsche Jugend angesprochen. Aber ich glaube nicht, daß die deutsche Jugend in Ihrem Lager steht, und deshalb haben wir ein Recht, zu diesem Problem Stellung zu nehmen.
Wie ist nun unsere Stellung? Wir werden die Entscheidung, die zu fällen ist, nicht leichtfertig treffen, sondern wir werden zu dieser Frage in sehr großer Verantwortung und mit sorgfältiger Überlegung Stellung nehmen müssen.
Das Ja gilt nicht für eine leichtfertige Remilitarisierung — wir halten nichts von diesen Phrasen, mit denen man uns früher gefüttert hat, daß der Krieg das Stahlbad der Nation sei —, sondern wenn wir ein Ja zu dieser Entscheidung sagen, dann deshalb, weil es die Sicherung der Zukunft gerade auch der jungen Generation der Deutschen bedeutet, die wir vor den Gefahren sichern wollen, die Sie in dieser Situation heraufbeschworen haben.
Wir stehen - wir wollen es nicht verhehlen — in einer Situation des internationalen Bürgerkriegs. Auf der einen Seite Freiheit und Menschenwürde, auf der anderen Seite Unfreiheit und Menschenverachtung. In dieser Situation bedarf es eines Instruments, um die Menschenwürde, um die Zukunft unseres Volkes, um die Zukunft der Jugend dieses Volkes zu sichern,
nicht eines Instruments überholter Staats- und Machtpolitik, sondern 'eben eines politischen Instruments zur Sicherung des Lebens, so wie wir es uns denken und wie wir es wollen. Wir wollen die freiheitliche Grundlage unseres Staates gesichert haben, die Anerkennung der natürlichen Menschenwürde, wie sie auch in Art. 4 des Grundgesetzes niedergelegt ist. Wir wollen ein Recht auf ein Leben in Würde, auf ein eigenes Leben,
auf die Sicherung der Familie und der Elternrechte. Wir wissen, daß jede Nichtausübung dieser Rechte zum Totalitarismus, zur Unfreiheit führt. Deshalb ist das Bekenntnis zum „Ohne mich" — das müssen wir jungen Menschen sagen — ein Bekenntnis zur Diktatur, zur Unfreiheit, zur Versklavung unseres Volkes. Deshalb sprechen wir als junge Menschen in dieser Verantwortung dieses „Ohne mich" nicht, sondern ein „Mit uns". Keine Entscheidung in diesem Volke soll eben ohne uns getroffen werden. Wir wollen damit in diesem Volke stehen, um die Entscheidung zu tragen.
Diese Sicherung der Menschenrechte, diese Sicherung der Zukunft des Volkes und unserer Jugend soll den 'Geist geben, der einen deutschen Verteidigungsbeitrag beseelt. Zu ihm bekennen wir uns, wenn die Voraussetzungen, die heute ja schon von Sprechern meiner Fraktion vorgetragen wurden, erfüllt worden sind. Wir sind auch davon überzeugt, - ein Freund meiner Fraktion wird noch darüber zu sprechen haben —, daß dieser neue Geist der Sicherung der Zukunft und der Menschenwürde sich neue Formen schaffen muß. Ich bin davon überzeugt, daß die deutsche Jugend, die vielleicht da und dort noch durch Schlagworte umnebelt wird, die vielleicht hinter den Fassaden, hinter den Masken, die Sie sich überall aufgesetzt haben, noch nicht die Wirklichkeit erkannt hat, die Wirklichkeit erkennen
und aus dieser Erkenntnis der Wirklichkeit heraus kein lautes Ja, sondern ein verhaltenes, aber ein sehr bestimmtes Ja zur Zukunftssicherung, zum Willen zur Ordnung und zur Freiheit unseres Volkes sprechen wird.