Meine Damen und Herren! Während hier der Herr Bundeskanzler Adenauer die Schaffung eines Wehrzwangsgesetzes begründet, entwickelt sich im ganzen deutschen Volke eine gewaltige Bewegung des Protestes,
der deutlich zum Ausdruck bringt, welcher tiefe und unüberwindliche Gegensatz zwischen der Bonner Regierung und dem Friedenswillen unseres Volkes besteht.
Es ist ein erhebendes Zeichen der wachsenden politischen Reife unseres Volkes, insbesondere der Arbeiter, der Jugend, aber auch großer Teile des Bürgertums, die aus den Erfahrungen der Vergangenheit gelernt haben und heute aus Verantwortung gegenüber dem Schicksal der Nation und der Ehre des deutschen Volkes vor allen Völkern der Welt zu großen Taten und Aktionen zur Verhinderung des Krieges übergehen. Es ist inzwischen den Massen unseres Volkes klargeworden, daß derjenige, der den Krieg vorbereitet und ihn führen will, sich immer einer großen Täuschung und Lüge gegenüber dem Volke bedienen muß.
Als im Jahre 1933 die Krupp, Pferdmenges, Reusch und Zangen die übrigen Gesinnungskumpane Dr. Adenauers, die heute zum Teil als Abgeordnete im Bonner Parlament sitzen und die wichtigsten Funktionen in Regierung und Wirtschaft bekleiden, Hitler an die Macht brachten
und der heutige Bonner Innenminister Dr. Lehr Hitler, Himmler und Goebbels die Geldschränke der rheinisch-westfälischen Schwerindustrie öffnete, da sagte man unserem Volke:
Das Ganze diene lediglich der Sicherung des Friedens, der Verteidigung Deutschlands vor einem Angriff aus dem Osten und Westen.
Es waren die rechten sozialdemokratischen Führer, die im Reichstag diesem verlogenen außenpolitischen Programm Hitlers ihre Zustimmung gaben, was allerdings die deutschen Imperialisten nicht daran hinderte, die Sozialdemokratische Partei Deutschlands zu verbieten und gleichzeitig zahlreiche sozialdemokratische Parteigenossen in das Zuchthaus zu werfen.
Heute möchte ich, um unserem Volke die Parallelität der Dinge ins Gedächtnis zu rufen, einige Tatsachen anführen. Dr. Adenauer begründet die Notwendigkeit des Wehrgesetzes, des Generalvertrages, die Eingliederung Westdeutschlands in den Atlantik-Kriegspakt mit der Behauptung von einem angeblich beabsichtigten Angriff aus dem Osten.
Er wiederholt damit nichts anderes als die Lügen Hitlers,
Goebbels, Ribbentrops und Neuraths aus der Zeit der unmittelbaren Vorbereitung des Hitlerangriffs auf die Sowjetunion. Zu einem Zeitpunkt, als der Hitlersche Generalstab bereits beauftragt war, den Plan Barbarossa, den Überfall auf die Sowjetunion, auszuarbeiten, erklärte Hitler: Wir haben das natürliche Recht auf Abwehr gegenüber der Sowjetunion.
Zum gleichen Zeitpunkt erklärte Goebbels: Durch die Sowjetunion ist die Frage des Fortbestandes Europas auf die Tagesordnung gesetzt und damit auch die militärische Verteidigung Europas.
Und schließlich Außenminister Neurath: Die Sowjetunion bedroht die Existenz unserer Nation und unserer Kultur.
Kann man noch deutlicher beweisen, daß die Begründung Adenauers für das Wehrgesetz und den Generalvertrag wörtlich die Begründung war, mit der Hitler und Goebbels im Auftrage der deutschen Kanonenkönige unser Volk zum Kriege gegen die Sowjetunion und auf alle Schlachtfelder Europas trieben?
Die Wahrheit ist, daß die Sowjetunion weder das deutsche Volk noch irgendein Volk der Welt jemals angegriffen hat
noch angreifen will.
Die Existenz eines sozialistischen Staates sowie
seine Entwicklung ist unvereinbar mit einer kriegerischen Handlung gegenüber irgendeinem Volke.
Die Sowjetunion als sozialistischer Staat ist ebenso wie die volksdemokratischen Länder allein auf eine Politik der Erhaltung des Friedens orientiert; denn nur der Frieden ist die sicherste Gewähr für den Aufbau des Sozialismus, für die Verwirklichung der großen sozialistischen Aufbaupläne, für die fortlaufende Hebung des Wohlstandes der Völker. Infolgedessen war und ist die Politik der Sowjetunion gegenüber Deutschland allein darauf orientiert, daß zwischen diesen beiden großen Völkern ein Zustand des gesicherten Friedens zu schaffen ist, der für alle Zeiten einen Krieg zwischen Deutschland und der Sowjetunion ausschließt.
Es war die Sowjetunion, vor allem ihr großer Staatsmann Stalin, der sich bereits auf der Konferenz in Jalta und später bei den Verhandlungen in Potsdam gegen alle Pläne der amerikanischen, englischen und französischen Imperialisten wandte, die eine Zerstückelung Deutschlands vorsahen,
und der selbst gegen den Widerstand der Westmächte im Potsdamer Abkommen durchsetzte, daß das deutsche Volk ein Recht auf seine nationale Einheit besitze, ein Recht auf einen Friedensvertrag, der dem deutschen Volke die Einheit, Freiheit, Unabhängigkeit auf einer friedlichen demokratischen Grundlage gewährt.
Bereits bei den Potsdamer Verhandlungen zog hieraus Stalin die notwendige Folgerung, daß Deutschland nur vorübergehend besetzt bleibt und daß die Besatzungsmächte nur die eine Pflicht haben, der deutschen Bevölkerung bei der Demokratisierung des Landes und ihres Lebens zu helfen.
Auf allen internationalen Konferenzen, auf den Außenministerkonferenzen in Moskau, London und Paris trat die Sowjetunion für die sofortige Schaffung eines Friedensvertrags mit Deutschland ein, nach dessen Abschluß alle Besatzungstruppen Deutschland verlassen müssen. Ja, die Sowjetunion trat auf allen diesen Konferenzen auch dafür ein, daß der Friedensvertrag kein neues Diktat sein dürfe, sondern daß zur Beratung über den Inhalt dieses Friedensvertrags deutsche Vertreter hinzugezogen werden. Wie bekannt, scheiterten alle diese Bemühungen der Sowjetunion, die auf den internationalen Konferenzen auch von den Län-
dern der Volksdemokratien unterstützt wurden, an dem Widerstand vor allem der amerikanischen Imperialisten, die unter keinerlei Umständen ein einheitliches, demokratisches, friedliebendes und unabhängiges Deutschland zustande kommen lassen wollen.
Das ist die Wahrheit!
Doch die Wahrheit zeigt noch mehr. Nachdem auf Befehl der amerikanischen Imperialisten der separate Weststaat geschaffen wurde, die Hauptstadt Deutschlands, Berlin, durch die Amerikaner gespalten wurde, legte die Sowjetunion immer stärkere Bemühungen an den Tag, die für den Frieden unheilvolle Entwicklung zu beenden. Sie begrüßte die Schaffung der Deutschen Demokratischen Republik, unterstützte tatkräftig deren friedlichen Aufbau und alle Bemühungen der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik um eine Verständigung aller Deutschen zur Überwindung der Spaltung Deutschlands und zur Herbeiführung eines einheitlichen demokratischen Deutschlands.
Bereits sechsmal haben sich der Ministerpräsident der Deutschen Demokratischen Republik Otto Grotewohl und die Volkskammer an das Bonner Parlament gewandt, zu gemeinsamen Beratungen zur Klärung aller Widerstände bei der Wiedervereinigung Deutschlands und zur Verständigung über gemeinsame deutsche Schritte zur Lösung der nationalen Lebensfrage unseres Volkes zu kommen. In höchster Verantwortung vor dem Schicksal unserer Nation hat der Präsident der Deutschen Demokratischen Republik, Wilhelm Pieck, sich an den Bundespräsidenten Heuss gewandt und ihm mitgeteilt, daß von seiten der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik alle, aber auch restlos alle Hindernisse auf dem Weg der Verständigung weggeräumt sind.
Alle diese Bemühungen um die Verständigung der Deutschen für die Durchführung freier demokratischer Wahlen in ganz Deutschland zu einer Nationalversammlung hat die Sowjetunion begrüßt und unterstützt aus dem einfachen Grunde, weil sie immer und überall den Grundsatz des Selbstbestimmungsrechts der Völker anerkennt.
Es kann darum auch gar kein Zweifel bestehen, daß die von einer gesamtdeutschen Beratung herbeigeführte einheitliche Stellungnahme
der Deutschen aus Ost und West jederzeit und immer von der Sowjetunion respektiert wird. Die Wahrheit ist also, daß die Sowjetunion ein wirklicher Freund des deutschen Volkes ist
und unser Volk in seinem Kampf um die nationalen Lebensrechte und den Frieden ständig unterstützt und daß darum jeder Versuch Dr. Adenauers, Lehrs und Schumachers, unser Volk gegen den friedliebenden Staat der Welt, gegen die Sowjetunion zu hetzen, das schlimmste nationale Verbrechen bedeutet.
Die Lüge, daß der Osten unsere Sicherheit und unser Leben bedroht, ist nichts anderes als der Deckmantel für die wahren Absichten der Politik der amerikanischen und deutschen Imperialisten, die in ihrer Politik allein auf die Karte der kriegerischen Gewalt neuer Eroberungen zur Durchsetzung ihrer verbrecherischen Weltherrschaftspläne setzen.
Wenn die amerikanischen Imperialisten und ihre Nachbeter Adenauer und Schumacher den Völkern weismachen wollen, daß wegen der Unterschiedlichkeit der Systeme der Sowjetunion und der kapitalistischen Welt ein Krieg unausbleiblich sei, so hat ihnen Stalin die klare und eindeutige Antwort gegeben, daß ein friedliches Nebeneinanderbestehen beider Systeme durchaus möglich ist und daß dementsprechend die Sowjetunion einen Friedenspakt zwischen den fünf Großmächten erstrebt, durch den eine allgemeine Abrüstung in der Welt durchgeführt werden soll.
Die Wahrheit ist also, daß in ihren Maßnahmen die Sowjetunion nur allein auf die Erhaltung des Friedens orientiert ist.
Auch die Bevölkerung Westdeutschlands hat das Lügengewebe der Amerikaner, Adenauers und auch Dr. Schumachers von der angeblichen Bedrohung durch die Sowjetunion, die Volksdemokratien oder gar die Deutsche Demokratische Republik immer mehr durchschaut. Darum finden solche bürgerlichen Politiker wie Dr. Wirth, Niemöller und Heinemann, die aus eigener Initiative zu friedlichen Verhandlungen in die Sowjetunion bzw. in die Deutsche Demokratische Republik gefahren sind, eine immer größere Zustimmung. Dies um so mehr, als jeder Versuch zur friedlichen Verhandlung auf die großen Möglichkeiten der unmittelbaren Verständigung hinweist.
In Furcht vor dieser friedlichen Verständigung haben die Amerikaner mit Zustimmung von Dr. Adenauer in den Zusatzverträgen zum Generalvertrag ausdrücklich eine Bestimmung eingefügt, nach der. es den Deutschen verboten ist, irgendwelche Gespräche oder Verhandlungen auf den Gebieten der Außenpolitik oder des Außenhandels zu führen, wenn nicht zuvor die Genehmigung hierzu- von den Amerikanern erteilt worden ist. Dr. Adenauer hat zu all diesen Ungeheuerlichkeiten im Generalvertrag auch heute wiederum nichts gesagt. Hier wird also jedem Deutschen eindeutig klar, daß die amerikanische Politik in Deutschland nur auf die Entfesselung eines neuen Krieges orientiert ist und daß das Mittel hierzu die Antisowjethetze ist.
Wer die Politik der amerikanischen Imperialisten in allen Teilen der Welt, besonders aber auch in Westdeutschland, beobachtet, wird unweigerlich zu folgenden Feststellungen kommen müssen.
Man bereitet hinter dem Rücken des deutschen Volkes gemeinsam mit Dr. Adenauer einen Generalvertrag vor, der formell das Besatzungsstatut ablösen soll, aber in Wirklichkeit das Ende selbst der primitivsten Souveränitätsrechte unseres Volkes bedeutet.
In diesem Generalvertrage, der ein Über-Versailles darstellt, wird die 50jährige Dauerbesetzung festgelegt, wird die Aufstellung einer neuen deutschen Wehrmacht unter dem Kommando des Eisenhower-
sehen Generalstabs gefordert und angeordnet, daß die neuen deutschen Truppen überall dort in der Welt eingesetzt werden, wo es den Interessen der amerikanischen Kriegsbrandstifter entspricht; das heißt dort, wo die Völker einen Kampf für ihre nationale Unabhängigkeit und Selbständigkeit führen. In diesem Generalvertrage wird ausdrücklich festgelegt; daß die Besatzungsmächte jederzeit das Recht haben, irgendwelche Beschlüsse westdeutscher Organe außer Kraft zu setzen und im Falle des Widerstandes der westdeutschen Bevölkerung mit bewaffneter Hand gegen die Bevölkerung vorzugehen.
So beinhaltet gleichzeitig der Generalvertrag die Vorbereitung einer offenen Militärdiktatur in Westdeutschland. Dr. Adenauer soll hierzu Stellung nehmen!
Aus alledem ergibt sich, daß es im deutschen Volke keinen Zweifel mehr darüber geben kann und darf, daß die amerikanischen und die deutschen Monopolherren ein offenes Kriegsbündnis geschlossen haben, nach dem Westdeutschland Aufmarschgebiet ist und Schlachtfeld für den amerikanischen Krieg werden soll. Wer auch nur einen Funken von Vaterlandsliebe in sich verspürt, ist schon über die Tatsache empört, daß gegenwärtig mehr als 80 000 junge Deutsche in der französischen Fremdenlegion gegen die um ihre Freiheit und Unabhängigkeit kämpfenden Völker eingesetzt werden. Annähernd 20 000 dieser jungen Deutschen sind für die Interessen der französischen Stahlindustriellen in den Tod geschickt worden.
Hierüber aber schweigt sich Herr Dr. Adenauer aus.
Die Politik der amerikanischen Imperialisten und ihre Absichten in Westdeutschland schaffen eine einfache, für jeden erkennbare Tatsache deutlich zutage: Als Dr. Adenauer seine Zustimmung zum Generalvertrag gab, stiegen die Börsenkurse in der Wallstreet; als die amerikanischen Imperialisten gezwungen waren, sich in Korea an den Verhandlungstisch zur Vorbereitung eines Waffenstillstandes zu setzen, sanken die Börsenkurse in Amerika. Die großen amerikanischen Finanzblätter zeigten sich offen über die Möglichkeit eines Waffenstillstands in Korea besorgt. Zur Beruhigung dieser amerikanischen Milliardäre schrieb die amerikanische Finanzzeitung „New York Herald Tribune", daß man in Börsenkreisen keine unnötige Furcht zu haben brauche, denn die amerikanische Politik habe genügend Möglichkeiten, an anderen Stellen der Welt für kriegerische Verwicklungen zu sorgen.
Sie handeln nach der bekannten Devise: Die Kurse steigen, wenn die Soldaten fallen.
In diesem Zusammenhang - gestatten Sie mir einige Worte zur Politik Dr. Schumachers, Ollenhauers und Carlo Schmids. Diese Führer der Sozialdemokratischen Partei haben — und daran kann auch die heutige Rede von Herrn Ollenhauer nichts ändern — die gleiche verhängnisvolle kriegerische Konzeption wie die amerikanischen und die deutschen Imperialisten; sie wollen die Massen nur darüber hinwegtäuschen. Ihre Opposition erschöpft sich darum auch nur in Worten wie „höhere Sicherheit", „gleiches Risiko, gleiche Chancen und
gleiche Opfer". Sie treten offen für einen militärischen Beitrag innerhalb der Eisenhowerschen
Armee ein und verkleiden diese ihre Absicht lediglich mit einem „Nein im gegenwärtigen Zeitpunkt".
Mit vollem Recht versteht die große Mehrheit der sozialdemokratischen Mitglieder eine solche Haltung nicht mehr. Auf vielen Konferenzen haben die Mitglieder und Funktionäre der SPD gefordert, daß die Parteiführung endlich aus dem Zwielicht ihrer Politik heraustrete.
Eine solche Forderung ist mehr als berechtigt; denn es ist für einen ehrlichen Sozialdemokraten unerträglich, bei einer solchen Verschärfung der Lage, wie wir sie gegenwärtig in Westdeutschland haben, über die Pläne seiner Parteiführung im Dunkeln herumzutappen.
Ich habe bereits erklärt: wenn die sozialdemokratischen Parteiführer wirklich eine andere Orientierung in der Politik haben als Eisenhower und Adenauer, dann müßte dies doch irgendwie zum Ausdruck kommen! Aber in der Hauptfrage der deutschen Politik, in der Frage der Herstellung der Einheit Deutschlands auf demokratischer Grundlage, einer gemeinsamen Beratung für die Durchführung freier Wahlen stehen sie auf der Position der Amerikaner und Dr. Adenauers, die auf keinen Fall eine friedliche Verständigung der Deutschen untereinander wollen. Daraus folgt: Wer nicht friedliche Verhandlungen will, der will den Krieg.
Ein Zwischending gibt es hierbei nicht.
Viele sozialdemokratische Arbeiter wissen noch nicht, was den Amerikanern und Adenauer schon längst über die Rolle der SPD-Führer als Opposition bekannt ist, nämlich: wenn die Mehrheit gesichert ist, dann in Opposition spielen. Bisher tat Dr. Schumacher immer so, als wenn seine Opposition hauptsächlich darauf basiere, daß er von den Hohen Kommissaren bzw. von Dr. Adenauer über die Einzelheiten der Pläne nicht informiert sei. Aber stimmt das? Schumacher selbst beauftragte seinen Freund vom Hoff, in Paris an der Ausarbeitung des Schumanplans teilzunehmen.
Schumacher war auch damit einverstanden, daß die sozialdemokratischen Minister im Bundesrat für den Schumanplan stimmten. -
Schließlich kennen auch Schumacher und Ollenhauer den Wortlaut des Generalvertrages und der Zusatzverträge, wenn nicht durch Dr. Adenauer persönlich, so durch die Verbindungen, die sie selbst haben, oder aber durch die Erklärungen des Generalsekretärs der SED Walter Ulbricht. Ja noch mehr: Dr. Schumacher kennt auch die strategischen Pläne
des Eisenhowerschen Generalstabs, er kennt auch
die Termine, die die Amerikaner der AdenauerRegierung vorgeschrieben haben. Alles dies ist doch
Dr. Schumacher, Ollenhauer und Carlo Schmid ausgezeichnet bekannt; nur verschweigen sie all dieses
ihren eigenen Parteimitgliedern und der gesamten
Öffentlichkeit, ja sogar den Mitgliedern der eigenen
Bundestagsfraktion: Das Nein Schumachers und
Ollenhauers zum Wehrgesetz „im gegenwärtigen
Zeitpunkt", wie Herr Ollenhauer in seiner Rede sagte, ist bereits das Ja zum Wehrgesetz von morgen.
Immer mehr durchschauen auch die Massen der Arbeiter das verlogene Gerede, daß man zwar für den Wehrbeitrag sei, aber nur unter der Voraussetzung — wie Herr Ollenhauer es in seiner Rede heute wiederholte —, daß damit die Sicherung des sozialen Lebens verbunden sein müsse. Die Arbeiter wissen aus Erfahrung, daß es keine Butter und gleichzeitig Kanonen gibt.
Dr. Schumacher forderte Verstärkung der Besatzungstruppen. Die Maßnahmen zur Vorbereitung und Durchführung des Wehrgesetzes sind unweigerlich verknüpft mit der weiteren Senkung des Lebensstandards der Arbeiter, der Bauern, der Gewerbetreibenden, der Fabrikanten und der Intelligenz.
Es ist der niederträchtigste Schwindel, den Opfern des vergangenen Krieges einen Lastenausgleich zu versprechen. Nicht Lastenausgleich für den vergangenen Krieg, sondern Belastung für den neuen Krieg — das bringt die Remilitarisierung von Dr. Adenauer mit Unterstützung der rechten SPD-Führer.
Mit der Umstellung der westdeutschen Wirtschaft
auf die Rüstung, wie sie der Schumanplan vorsieht,
werden nicht nur weitgehende Stillegungen und
Kurzarbeit in der gesamten Bedarfsgüterindustrie
eintreten, sondern zugleich für alle Arbeiter, Angestellten und Beamten erhebliche neue Lasten.
Vor allem wird auch das Tempo der Ausbeutung
beschleunigt. Nicht nur werden neue Steuern, neue
Preiserhöhungen unser Volk erdrücken, sondern im
Zeichen des Wehrgesetzes und des Generalvertrages
werden die letzten wenigen Reste der demokratischen Rechte, die im Grundgesetz verankert sind,
vernichtet. Recht und Gesetzlichkeit haben aufgehört zu existieren, wo man den Krieg vorbereitet.
Das beweist nicht nur die Polizeiaktion gegen die Kommunistische Partei Deutschlands, das beweist auch die offene Drohung des Justizministers Dehler gegen die Gewerkschaften, das beweisen die Lehrschen Polizeiaktionen gegen die Ausschüsse zur Durchführung der Volksbefragung. Alles dies dient nur der Unterdrückung der Stimme des Friedens, damit die schmutzige Kriegspropaganda freie Bahn hat.
Wieder erfährt unser Volk, daß das Gerede gegen den Kommunismus nur der Vorwand ist zur Unterdrückung aller Friedens- und Freiheitsregungen in unserem Volk, der Vorwand für die Aufrichtung einer Militärdiktatur in Westdeutschland. Vor allem sind es die sozialdemokratischen Arbeiter, die heute beginnen, eine Parallele zu ziehen zwischen dem, was sich 1933 ereignete, und dem, was sich heute in Westdeutschland vollzieht.
Gestatten Sie mir in diesem Zusammenhang einige Worte zum Antrag der SPD an das Bundesverfassungsgericht betreffend Feststellung der Verfassungswidrigkeit eines Wehrgesetzes. Eigentlich genügt es, wenn ich hier feststelle, was das Organ Adenauers, die „Rheinische Post" dazu schreibt. Diese Zeitung ist mit dem Antrag der SPD ganz einverstanden und charakterisiert ihn als ein Rückzugsgefecht der SPD-Führung auf dem Wege zur
Gleichschaltung ihrer Politik mit Dr. Adenauer.
In der Tat, diese Frage vor ein Bundesgericht zu bringen, heißt die Wurst zum Schinken tragen.
Vielleicht beantwortet Kollege Ollenhauer die Frage, was aus dem Antrag der SPD beim Weimarer Reichsgericht, die Verfassungsmäßigkeit der Absetzung der preußischen Regierung Severing im Jahre 1932 durch einen Leutnant und zwei Mann zu prüfen, geworden ist.
Es ist doch zu offensichtlich, daß dieses ganze Vorgehen nichts anderes bezweckt, als dem Volke Sand in die Augen zu streuen; denn was soll bei dem Schritt der SPD beim Bundesverfassungsgericht überhaupt herauskommen?
Es gibt nur zwei Möglichkeiten: entweder das Bundesverfassungsgericht macht es wie seinerzeit das Reichsgericht und legt die Angelegenheit zu den Akten, bis das Wehrgesetz verabschiedet und der Krieg ausgebrochen ist,
oder aber das Bundesverfassungsgericht folgt dem Kommando des Bundesjustizministers Dehler und des Bundeskanzlers Adenauer und beschließt, daß das Wehrgesetz dem Grundgesetz entspricht.
Das hat Dr. Adenauer bereits heute gesagt.
Offenbar wollen das Schumacher und Ollenhauer so, damit sie sagen können: Jetzt hat j a eine der höchsten Instanzen entschieden, und wir haben uns — nicht wahr? — als gute Demokraten diesem Spruch zu beugen!
Das einzige, was Dr. Schumacher und Ollenhauer wollen, ist, daß das deutsche Volk nicht selbst in den Gang der Entwicklung eingreift
und auf demokratische Weise sein demokratisches Recht durchsetzt, durch Volksbefragung, Streiks und Demonstrationen Wehrgesetz und Generalvertrag zu verhindern.
Wir sind einer Meinung mit der übergroßen Mehrheit der westdeutschen Jugend, die erklärt, daß sie ihre Entscheidung über das Wehrgesetz bereits getroffen hat, nämlich der Einberufung keine Folge zu leisten.
Wir sind der Meinung, daß die deutschen Frauen und Mütter recht haben, wenn sie sagen: Genug Männer und Söhne unseres Volkes haben ihr Leben im letzten Krieg hingeben müssen; heute verteidigen wir unsere Männer und Söhne, damit sie nicht wieder in die Kasernen ziehen müssen;
wir haben unsere Kinder nicht für einen neuen Krieg geboren, sondern damit gesunde Menschen aus ihnen werden.
Die Rede des Herrn Bundeskanzlers verdient zweifellos besonderes Interesse durch das, was er heute wieder nicht gesagt hat.
Seine Methode der Verschleierung ist mittlerweile großen Teilen der Bevölkerung klargeworden. Die Methode des Bundeskanzlers, Geheimkonferenzen zu führen, verwirrende Erklärungen abzugeben und sie am nächsten Tag zu dementieren und die Menschen zu verwirren, ist inzwischen schon sprichwörtlich geworden.
Auch die heutige Erklärung über die Saar hätte sich der Herr Bundeskanzler sparen können. Auch sie dient nur der Täuschung der Bevölkerung; denn Sie, Herr Bundeskanzler, haben gewußt, daß mit Ihrer Politik,
mit der Politik des Schumanplans das Saargebiet von Deutschland abgetrennt wird.
Meine Fraktion hat am 5. Dezember 1949
in fünf Fragen Aufklärung von Dr. Adenauer darüber verlangt, ob die Meldungen der amerikanischen Presse über eine beabsichtigte Remilitarisierung Westdeutschlands richtig seien und ob Dr. Adenauer mit anderen Stellen über die Frage der Remilitarisierung Verhandlungen geführt habe. Darauf antwortete der Kanzler vor dem Bundestag zu allen diesen Fragen mit Nein.
Am 16. Dezember 1949 erklärte Dr. Adenauer vor dem Bundestag, er habe mit niemandem und nirgendwo irgendwelche Gespräche über die Remilitarisierung geführt,
und am 25. Januar dieses Jahres teilte er der ausländischen Presse mit, daß er bereits im Jahre 1948, also zu einem Zeitpunkt, zu dem der Bundesstaat überhaupt noch nicht bestanden hat, dem Nazigeneral Speidel den Auftrag gegeben hat, eine Denkschrift zur Aufstellung westdeutscher Truppenverbände auszuarbeiten.
Herr Dr. Adenauer, vielleicht muß jetzt wieder ein kleiner Journalist der Tribüne für Ihren Schnitzer herhalten.
Meine Damen und Herren, die große Gemeinsamkeit der Regierungserklärung und der Rede des Herrn Ollenhauer besteht darin, in unserm Volke den Eindruck zu erwecken, daß es keinen andern Weg gebe, als sich der Politik der amerikanischen Imperialisten unterzuordnen, und daß ein neuer Krieg unvermeidlich sei. Eine neue politische Aktivität in unserm Volke ist aber der Ausdruck dafür, daß die breiten Volksmassen, insbesondere unsere Jugendlichen, um keinen Preis gewillt sind, den Weg in Krieg und Katastrophe zu gehen.
Damit ist in Westdeutschland eine neue Lage geschaffen. Die Arbeiter werden sich ihrer Kraft bewußt. Viele Bauern und große Teile des Bürgertums bangen um das nationale Schicksal unseres Volkes und orientieren sich gleichfalls über einen Ausweg aus der Lage. Dieser Ausweg ist da. Immer mehr Menschen haben ihn erkannt und kämpfen
um diesen Ausweg. Er ist ein Weg, der der Würde unseres Volkes entspricht, ein Weg der Ehre, ein Weg, auf dem sich alle ehrlichen, ihr Vaterland liebenden Deutschen finden können und finden werden. Dieser Weg ist einfach und kurz: gesamtdeutsche Beratung für die Durchführung freier, geheimer, demokratischer Wahlen in ganz Deutschland für eine Nationalversammlung.
Wenn Adenauer, Blücher und Ollenhauer erklären, man könne den Weg der Verständigung unter den Deutschen nicht gehen, so erklären sie dies nur, weil sie diesen Weg nicht gehen wollen.
Auch nur der bescheidenste Versuch auf dem Weg zu einer gesamtdeutschen Verständigung wird, dessen kann man sicher sein, unmittelbar große Ergebnisse für den Frieden, die Sicherheit und die Einheit unseres Vaterlandes haben.
Wer nicht einmal diesen Versuch unternimmt, gibt klar zu erkennen, daß er nur die Orientierung auf den Krieg hat.
Die Regierung und die Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik haben ein Wahlgesetz beschlossen, das auf der Grundlage des Weimarer Wahlgesetzes beruht. Die Volkskammer der DDR hat aus ihrer Mitte 5 Vertreter der verschiedensten Parteien gewählt, mit dem Auftrag, unmittelbar mit den Vertretern Westdeutschlands über ein einheitliches Wahlgesetz für ganz Deutschland zu verhandeln. Dementsprechend wandte sich die Volkskammer der DDR mit dem Ersuchen an den Bundestag, ebenfalls 5 Vertreter zur Beratung über ein einheitliches Wahlgesetz zu delegieren. Regierung und Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik lassen keinen Zweifel darüber, daß die Durchführung der Wahl in ganz Deutschland unter vollkommen gleichen Bedingungen erfolgen muß. Der stellvertretende Ministerpräsident der DDR, Walter Ulbricht, erklärte auf einer Pressekonferenz vor der in- und ausländischen Presse in Berlin, daß es keinerlei Schwierigkeiten auf seiten der DDR gebe, wenn die Vertreter der demokratischen Parteien und Organisationen Westdeutschlands in Städten und Dörfern der DDR zu den Wählern sprechen und umgekehrt in Westdeutschland. Es steht außer Zweifel, daß in einer gesamtdeutschen Beratung alle Fragen, alle Schwierigkeiten, die eventuell noch der Durchführung freier Wahlen in ganz Deutschland im Wege stehen, beseitigt werden können. Im gleichen Augenblick, in dem eine solche gesamtdeutsche Beratung stattfindet, ist der erste und entscheidende Schritt zur friedlichen Lösung aller deutschen Lebensfragen getan.
Was bedeutet eine freie und geheime Wahl zu einer deutschen Nationalversammlung? Sie bedeutet, daß aus der freien Entscheidung unseres Volkes heraus unser Vaterland der ganzen Welt seinen einheitlichen Willen zum Frieden, zur Demokratie, zur Freiheit und zur Völkerfreundschaft bekunden kann. Die Wahl zu einer Nationalversammlung, der frei gewählten Gesamtvertretung des deutschen Volkes, ist die entscheidende Grundlage für die Schaffung eines Friedensvertrages mit Deutschland, der unserem Volk seine nationale Einheit, seine nationale Unabhängigkeit und seine Rechte auf eine friedliche nationale Ent-
Wicklung garantiert. Dieser neue einheitliche, demokratische, unabhängige und friedliebende Staat wird niemals ein Spielball in den Händen imperialistischer Kriegstreiber sein. Das ganze Volk kann gewiß sein, daß, wenn es diesen Weg beschreitet, es in wachsendem Maße die Unterstützung aller friedliebenden Menschen der Welt haben und auf diese Weise ein wirklich gleichberechtigtes Glied unter allen friedliebenden Völkern darstellen wird.
Für diesen Weg, den Weg des Friedens, kämpfen wir Kommunisten. Darum wollen Eisenhower, Adenauer und Lehr unsere Partei verbieten;
sie wissen, daß die Kraft, die ganze Stärke unserer Partei darin besteht, daß wir dem ganzen deutschen Volk den Ausweg aus der Lage, aus der drohenden Katastrophe zeigen.
Darum sind wir bereit zur Zusammenarbeit mit allen ehrlichen patriotischen Deutschen,
unabhängig von der Weltanschauung und sonstigen Differenzen. Zur Rettung unserer Nation erstreben wir ein festes Bündnis mit allen Schichten unseres Volkes, die den Frieden und die Einheit unseres Vaterlandes herbeisehnen. In Tausenden von Versammlungen und Entschließungen fordern die Arbeiter, die Gewerkschaftsmitglieder, die Bauern, die Verbände der Kriegsbeschädigten,
die jungen Deutschen in den verschiedensten Organisationen: das Wehrgesetz muß fallen! Das Wehrgesetz verhindern aber heißt: Sturz der AdenauerRegierung.
Hinweg mit der Adenauer-Regierung, mit einer Regierung, die den Willen unseres Volkes mißachtet, mit einer Regierung, die alle Lebensrechte und nationalen Interessen unseres Volkes preisgibt! Fort mit einer Regierung, die im Interesse des Wehrgesetzes und des Generalvertrags sowie des Krieges eine Militärdiktatur in Westdeutschland vorbereitet! In dieser entscheidenden Stunde gebe ich den Willen der Millionen deutscher Männer und Frauen und Jugend kund, indem ich beantrage, daß die Regierung Adenauer sofort zurückzutreten hat.
Die Adenauer-Regierung muß fallen, damit Deutschland leben kann!