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    Deutscher Bundestag — 190. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 7. Februar 1952 8095 190. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 7. Februar 1952. Geschäftliche Mitteilungen 8095B Entgegennahme einer Erklärung der Bundesregierung (Frage eines deutschen Verteidigungsbeitrages und der Errichtung einer Europäischen Verteidigungsgemeinschaft; Saarfrage; Atlantikpaktfrage) . . 8095B Dr. Adenauer, Bundeskanzler 8095C, 8141B Unterbrechung der Sitzung 8108C Besprechung der Erklärung der Bundesregierung 8108D Ollenhauer (SPD) 8108D Dr. Adenauer, Bundeskanzler . . 8117A Strauß (CSU) 8118A Euler (FDP) 8128D Dr. Wahl '(CDU) 8134B Reimann (KPD) 8135D Majonica (CDU) 8141C Kiesinger (CDU) 8142C Dr. Tillmanns (CDU) 8145D Nächste Sitzung 8148D Die Sitzung wird um 9 Uhr 36 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Dr. Eduard Wahl


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn ich nach den ausgezeichneten einschlägigen Darlegungen des Herrn Euler im Namen meiner Freunde heute die Kriegsverbrecherprozesse zu behandeln habe — und ein solcher Beitrag gehört zur Grundsatzdebatte über die Teilnahme der Deutschen an der Verteidigung des
    Westens —, so möchte ich von der schon mehrmals angeklungenen Feststellung ausgehen, daß die Wunden, die der Krieg dem deutschen Volk geschlagen hat, so furchtbar gewesen sind, daß sie noch nicht vernarben konnten. Tausende und aber Tausende haben ein schweres seelisches Trauma erlitten, so daß sie auf alles, was mit Wehrmacht und Aufrüstung zusammenhängt, nicht anders als durch Aufschreien reagieren können. Diese psychologischen Hemmungen für das Ja zum deutschen Wehrbeitrag, das die Stunde von uns verlangt, müssen von den Verhandlungspartnern der deutschen Bundesregierung auch in der Frage der Kriegsverbrecherprozesse in Rechnung gestellt und mit allem Ernst erkannt werden. Sie müssen uns das Ja erleichtern, wenn es aus dem Herzen kommen soll. Dazu gehört eine vernünftige Behandlung der Kriegsverbrecherprozesse, die nicht im gegenwärtigen Stand verbleiben können, wenn im deutschen Volk eine freiwillige Übernahme der Wehrlast erreicht werden soll.
    In der Tat bilden die Verurteilungen, die zum Teil unmittelbar nach Kriegsende in der Zeit der schlimmsten Nachkriegspsychose stattgefunden haben, in der z. B. in der amerikanischen Zone von den Universitätsoffizieren ehemalige aktive Offiziere, besonders wenn sie hohe Kriegsauszeichnungen hatten, nicht zum Studium zugelassen wurden, vom rechtlichen Standpunkt aus außerordentlich bedenkliche Angriffsflächen.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Sie sind — man kann es ohne Übertreibung sagen — das komplexeste Phänomen der modernen Rechtsgeschichte. Was hier geschehen ist, ist kein Ruhmesblatt für die Gegenwart.
    Lassen Sie mich dabei einige Minuten verweilen. Es handelte sich durchweg um Sondergerichte, wenn nicht gar um Ausnahmegerichte, die schon als Einrichtungen gewisse Gefahren für die Rechtspflege in sich schließen, um Sondergerichte, die ein Sonderrecht zur Anwendung brachten, das nach der heute immer mehr an Boden gewinnenden Ansicht keinesfalls echte völkerrechtliche Präzedenzfälle zu schaffen vermochte und das die Gedanken der Kollektivschuld teils in der Form unwiderleglicher, teils vom Angeklagten zu widerlegender Schuldvermutungen verwertete. Dazu kamen an manchen Stellen Untersuchungs- und Überführungsmethoden, die den schlimmsten Auswüchsen politischer Justiz nicht nachstehen. Wenn z. B. ein Land den rechtswidrigen Befehl, der in seiner eigenen Wehrmacht immer als Entschuldigung galt, für die Dauer der deutschen Kriegsverbrecherprozesse in seinem eigenen Wehrstrafrecht nach Art des Kontrollratsgesetzes nicht mehr als Entschuldigung gelten ließ und nun nach Durchführung der Prozesse das alte Recht stillschweigend wiederhergestellt hat,

    (Hört! Hört! in der Mitte)

    so spricht eine solche Tatsache für sich, und man wird es verstehen, warum alle moralischen Mächte, insbesondere die Kirchen, von Anfang an das Äußerste taten, um das Los der Betroffenen zu mildern.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Man könnte sich über die Kriegsverbrecherfrage stundenlang verbreiten, denn wie hier ad hoc und ex post facto aus dem Völkerrecht zum erstenmal ein eigenes Strafrecht entwickelt wurde, wie das Naturrecht, das in der kontinentalen Strafrechtswissenschaft mit dem fundamentalen Satz „nulla poena nullum crimen sine lege" seit langem in


    (Dr. Wahl)

    Acht und Bann gelebt hatte, gegen das staatliche geltende Recht mobilisiert wurde, wie die kontinentale Rechtswelt und die englische aufeinanderstießen und die russische bei den Londoner Beratungen oft den Ausschlag gab, ist schon ein erregendes Schauspiel gewesen. Schon während des Krieges hat der amerikanische Völkerrechtler Feilchenfeld darauf hingewiesen, daß im modernen Krieg, der ein Wirtschaftskrieg und ein Krieg gegen die Zivilbevölkerung geworden ist, die Haager Landkriegsordnung, wenn sie wirklich angewandt worden wäre, aus den besetzten Gebieten ein Paradies hätte machen müssen, daß es dann der Zivilbevölkerung in den besetzten Gebieten besser ergangen wäre als in den kriegführenden Staaten selbst. Er hat erklärt, daß die Haager Landkriegsordnung eigentlich veraltet sei. Aber die Nürnberger Gerichte haben, ohne die Anweisungen zur Heranziehung der Wirtschaftskraft der besetzten Länder als notwendig anzuerkennen, im Grundsatz alle diese Anweisungen und das Verhalten all derer, die diese Anweisungen in die Wirklichkeit umsetzten, als Kriegsverbrechen behandelt, weil diese Maßnahmen mit dem Geist der Haager Landkriegsordnung unvereinbar erschienen. Der Einwand der deutschen Verteidigung, daß man doch auch berücksichtigen müsse, welche Zerstörungen der Luftkrieg in Deutschland angerichtet habe, wurde mit dem Hinweis erledigt, hier handle es sich um einen technischen Fortschritt der Waffen, der die Geltung der Haager Landkriegsordnung nicht berühren könne.
    Meine Damen und. Herren, wenn der deutsche Soldat heute Seite an Seite mit dem früheren Kriegsgegner sich zur Verteidigung der höchsten Freiheitsgüter der westlichen Welt bereit finden soll, dann fordert es die Selbstachtung, daß Leute, die nur ihre Pflicht getan haben oder nur ihre Pflicht zu tun glaubten, nicht unter einem sie diskriminierenden Recht stehen,

    (Beifall bei den Regierungsparteien)

    zumal diese Prozesse allen Gegnern der deutschen Wiederaufrüstung allzu billige und allzu gern verwandte Argumente bieten.
    Um aber nicht mißverstanden zu werden: Es sind in den besetzten Gebieten unter dem deutschen Regime grauenhafte und unvorstellbare Dinge passiert, die auch den Juristen der Gegenseite zugute gehalten werden müssen, wenn sie zu neuen rechtlichen Lösungen kommen zu müssen glaubten. Es liegt uns völlig fern, uns hinter wirkliche Verbrecher zu stellen. In dieser Haltung weiß ich mich eins mit dem ganzen Bundestag und der Bundesregierung, wie es die von hohem sittlichem Ernst getragene Demonstration in diesem Hause zur Frage der Wiedergutmachung gegenüber dem Judentum bewiesen hat.

    (Sehr gut! bei den Regierungsparteien.)

    Es wäre ein verhängnisvoller Fehler und eine falsche Verteilung der Gewichte, wenn das übersehen würde.
    Darum hat auch der Auswärtige Ausschuß — wenn ich das hier erwähnen darf — nicht die Forderung nach einer Generalamnestie erhoben, sondern in Anlehnung an die von den Amerikanern eingerichteten Modification Boards nur die Überprüfung durch Gnaden- und Ausgleichskommissionen verlangt, wobei der Wunsch zum Ausdruck gebracht wurde, daß diese Kommissionen sich aus Deutschen und Alliierten zusammensetzen und möglichst unter neutralem Vorsitz stehen sollten. Eine echte Wiederaufnahme des Verfahrens, auf die nach kontinentaler Rechtsansicht ein Anspruch bestehen würde, ist nicht gefordert worden,', um nicht durch eine Wiederaufrollung der Kriegsverbrecherprozesse die öffentliche Meinung mit neuem Giftstoff zu belasten, ganz abgesehen davon, daß die rein justizförmliche Behandlung geschichtlicher Zusammenhänge aus der jüngsten Vergangenheit offenbar an die Grenzen echter Rechtspflegemöglichkeit geführt, ja sie oft überschritten hat. Heute früh stand in der Zeitung, daß von amtlicher holländischer Seite in Hannover eine gemischte Überprüfungskommission auch für die in Holland verurteilten und einsitzenden Gefangenen vorgeschlagen worden ist, so daß vielleicht die Möglichkeit besteht, den Vorschlag des Auswärtigen Ausschusses auch auf die im Ausland verurteilten, und zwar von den dortigen Gerichten verurteilten Personen zu beziehen.
    Wir wissen, daß die Bundesregierung mit dem Ausland unermüdlich über die Kriegsverbrecherfrage verhandelt hat, teilweise mit gutem Ergebnis, daß die zentrale Rechtsschutzstelle des Bundesjustizministeriums das Menschenmögliche getan hat, um insbesondere durch Hilfe bei der Verteidigung den Gefangenen das Gefühl zu geben, daß sie nicht verlassen sind, und daß es im Interesse der Sache bisher für nötig gehalten wurde, diese Verhandlungen und Erfolge der deutschen Öffentlichkeit vorzuenthalten. Aber es ist nun unvermeidlich, daß bei der grundsätzlichen Wehrdebatte auch zu dieser Frage einiges gesagt wurde; denn solange die Kriegsgefangenen nicht zu Hause sind, sind neue Gestellungsbefehle psychologisch eine Unmöglichkeit.

    (Sehr richtig! bei den Regierungsparteien.)

    Deshalb müssen wir die Erwartung aussprechen, daß es zu einer Bereinigung dieses Problems kommt, bevor von uns das endgültige Ja zum Wehrbeitrag gefordert wird.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Auch hinsichtlich' der Behandlung der Gefangenen im In- und Ausland bleibt noch vieles zu wünschen übrig, Worauf ich aber jetzt aus Zeitmangel nicht näher eingehen will.
    Ich möchte mit folgender Bemerkung schließen: Alle diejenigen, die, sei es als Richter oder Vollstreckungsbeamte, sei es als Staatsmänner und Politiker, sei es auch als Angeschuldigte und Verurteilte, in diesen Kriegsverbrecherkomplex verwickelt sind, mögen das tiefe Wort Grillparzers nie vergessen: Gerecht sein gegen sich und andere, das ist das Schwerste auf der weiten Erde!

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Reimann.

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    Rede von Max Reimann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (KPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)

    Meine Damen und Herren! Während hier der Herr Bundeskanzler Adenauer die Schaffung eines Wehrzwangsgesetzes begründet, entwickelt sich im ganzen deutschen Volke eine gewaltige Bewegung des Protestes,

    (Lachen bei der CDU)

    der deutlich zum Ausdruck bringt, welcher tiefe und unüberwindliche Gegensatz zwischen der Bonner Regierung und dem Friedenswillen unseres Volkes besteht.

    (Abg. Frau Dr. Weber [Essen]: Das möchten Sie!)



    (Reimann)

    Es ist ein erhebendes Zeichen der wachsenden politischen Reife unseres Volkes, insbesondere der Arbeiter, der Jugend, aber auch großer Teile des Bürgertums, die aus den Erfahrungen der Vergangenheit gelernt haben und heute aus Verantwortung gegenüber dem Schicksal der Nation und der Ehre des deutschen Volkes vor allen Völkern der Welt zu großen Taten und Aktionen zur Verhinderung des Krieges übergehen. Es ist inzwischen den Massen unseres Volkes klargeworden, daß derjenige, der den Krieg vorbereitet und ihn führen will, sich immer einer großen Täuschung und Lüge gegenüber dem Volke bedienen muß.

    (Abg. Nellen: Das gilt für Sie!)

    Als im Jahre 1933 die Krupp, Pferdmenges, Reusch und Zangen die übrigen Gesinnungskumpane Dr. Adenauers, die heute zum Teil als Abgeordnete im Bonner Parlament sitzen und die wichtigsten Funktionen in Regierung und Wirtschaft bekleiden, Hitler an die Macht brachten

    (Unruhe bei den Regierungsparteien)

    und der heutige Bonner Innenminister Dr. Lehr Hitler, Himmler und Goebbels die Geldschränke der rheinisch-westfälischen Schwerindustrie öffnete, da sagte man unserem Volke:

    (Anhaltende Unruhe bei den Regierungsparteien)

    Das Ganze diene lediglich der Sicherung des Friedens, der Verteidigung Deutschlands vor einem Angriff aus dem Osten und Westen.

    (Sehr wahr! bei der KPD.)

    Es waren die rechten sozialdemokratischen Führer, die im Reichstag diesem verlogenen außenpolitischen Programm Hitlers ihre Zustimmung gaben, was allerdings die deutschen Imperialisten nicht daran hinderte, die Sozialdemokratische Partei Deutschlands zu verbieten und gleichzeitig zahlreiche sozialdemokratische Parteigenossen in das Zuchthaus zu werfen.
    Heute möchte ich, um unserem Volke die Parallelität der Dinge ins Gedächtnis zu rufen, einige Tatsachen anführen. Dr. Adenauer begründet die Notwendigkeit des Wehrgesetzes, des Generalvertrages, die Eingliederung Westdeutschlands in den Atlantik-Kriegspakt mit der Behauptung von einem angeblich beabsichtigten Angriff aus dem Osten.

    (Abg. Dr. Mende: Angeblich?!)

    Er wiederholt damit nichts anderes als die Lügen Hitlers,

    (Sehr wahr! bei der KPD)

    Goebbels, Ribbentrops und Neuraths aus der Zeit der unmittelbaren Vorbereitung des Hitlerangriffs auf die Sowjetunion. Zu einem Zeitpunkt, als der Hitlersche Generalstab bereits beauftragt war, den Plan Barbarossa, den Überfall auf die Sowjetunion, auszuarbeiten, erklärte Hitler: Wir haben das natürliche Recht auf Abwehr gegenüber der Sowjetunion.

    (Zuruf rechts: Wie ist es mit Polen gewesen?) Zum gleichen Zeitpunkt erklärte Goebbels: Durch die Sowjetunion ist die Frage des Fortbestandes Europas auf die Tagesordnung gesetzt und damit auch die militärische Verteidigung Europas.


    (Abg. Rische: Wie sich die Bilder gleichen! Zuruf rechts: Und Polen?)

    Und schließlich Außenminister Neurath: Die Sowjetunion bedroht die Existenz unserer Nation und unserer Kultur.
    Kann man noch deutlicher beweisen, daß die Begründung Adenauers für das Wehrgesetz und den Generalvertrag wörtlich die Begründung war, mit der Hitler und Goebbels im Auftrage der deutschen Kanonenkönige unser Volk zum Kriege gegen die Sowjetunion und auf alle Schlachtfelder Europas trieben?

    (Sehr wahr! bei der KPD.)

    Die Wahrheit ist, daß die Sowjetunion weder das deutsche Volk noch irgendein Volk der Welt jemals angegriffen hat

    (Zuruf rechts: Und Polen?)

    noch angreifen will.

    (Zuruf von der Mitte: Polen, Lettland?)

    Die Existenz eines sozialistischen Staates sowie
    seine Entwicklung ist unvereinbar mit einer kriegerischen Handlung gegenüber irgendeinem Volke.

    (Lachen bei den Regierungsparteien.)

    Die Sowjetunion als sozialistischer Staat ist ebenso wie die volksdemokratischen Länder allein auf eine Politik der Erhaltung des Friedens orientiert; denn nur der Frieden ist die sicherste Gewähr für den Aufbau des Sozialismus, für die Verwirklichung der großen sozialistischen Aufbaupläne, für die fortlaufende Hebung des Wohlstandes der Völker. Infolgedessen war und ist die Politik der Sowjetunion gegenüber Deutschland allein darauf orientiert, daß zwischen diesen beiden großen Völkern ein Zustand des gesicherten Friedens zu schaffen ist, der für alle Zeiten einen Krieg zwischen Deutschland und der Sowjetunion ausschließt.

    (Sehr wahr! bei der KPD. — Zuruf rechts: Wo sind unsere Kriegsgefangenen?)

    Es war die Sowjetunion, vor allem ihr großer Staatsmann Stalin, der sich bereits auf der Konferenz in Jalta und später bei den Verhandlungen in Potsdam gegen alle Pläne der amerikanischen, englischen und französischen Imperialisten wandte, die eine Zerstückelung Deutschlands vorsahen,

    (Zuruf von der Mitte: Das glauben Sie selbst nicht!)

    und der selbst gegen den Widerstand der Westmächte im Potsdamer Abkommen durchsetzte, daß das deutsche Volk ein Recht auf seine nationale Einheit besitze, ein Recht auf einen Friedensvertrag, der dem deutschen Volke die Einheit, Freiheit, Unabhängigkeit auf einer friedlichen demokratischen Grundlage gewährt.

    (Zurufe von der Mitte.)

    Bereits bei den Potsdamer Verhandlungen zog hieraus Stalin die notwendige Folgerung, daß Deutschland nur vorübergehend besetzt bleibt und daß die Besatzungsmächte nur die eine Pflicht haben, der deutschen Bevölkerung bei der Demokratisierung des Landes und ihres Lebens zu helfen.

    (Sehr gut! bei der KPD.)

    Auf allen internationalen Konferenzen, auf den Außenministerkonferenzen in Moskau, London und Paris trat die Sowjetunion für die sofortige Schaffung eines Friedensvertrags mit Deutschland ein, nach dessen Abschluß alle Besatzungstruppen Deutschland verlassen müssen. Ja, die Sowjetunion trat auf allen diesen Konferenzen auch dafür ein, daß der Friedensvertrag kein neues Diktat sein dürfe, sondern daß zur Beratung über den Inhalt dieses Friedensvertrags deutsche Vertreter hinzugezogen werden. Wie bekannt, scheiterten alle diese Bemühungen der Sowjetunion, die auf den internationalen Konferenzen auch von den Län-


    (Reimann)

    dern der Volksdemokratien unterstützt wurden, an dem Widerstand vor allem der amerikanischen Imperialisten, die unter keinerlei Umständen ein einheitliches, demokratisches, friedliebendes und unabhängiges Deutschland zustande kommen lassen wollen.

    (Hört! Hört! bei der KPD.)

    Das ist die Wahrheit!
    Doch die Wahrheit zeigt noch mehr. Nachdem auf Befehl der amerikanischen Imperialisten der separate Weststaat geschaffen wurde, die Hauptstadt Deutschlands, Berlin, durch die Amerikaner gespalten wurde, legte die Sowjetunion immer stärkere Bemühungen an den Tag, die für den Frieden unheilvolle Entwicklung zu beenden. Sie begrüßte die Schaffung der Deutschen Demokratischen Republik, unterstützte tatkräftig deren friedlichen Aufbau und alle Bemühungen der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik um eine Verständigung aller Deutschen zur Überwindung der Spaltung Deutschlands und zur Herbeiführung eines einheitlichen demokratischen Deutschlands.

    (Vizepräsident Dr. S c h ä f er übernimmt den Vorsitz.)

    Bereits sechsmal haben sich der Ministerpräsident der Deutschen Demokratischen Republik Otto Grotewohl und die Volkskammer an das Bonner Parlament gewandt, zu gemeinsamen Beratungen zur Klärung aller Widerstände bei der Wiedervereinigung Deutschlands und zur Verständigung über gemeinsame deutsche Schritte zur Lösung der nationalen Lebensfrage unseres Volkes zu kommen. In höchster Verantwortung vor dem Schicksal unserer Nation hat der Präsident der Deutschen Demokratischen Republik, Wilhelm Pieck, sich an den Bundespräsidenten Heuss gewandt und ihm mitgeteilt, daß von seiten der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik alle, aber auch restlos alle Hindernisse auf dem Weg der Verständigung weggeräumt sind.

    (Zuruf von der Mitte.)

    Alle diese Bemühungen um die Verständigung der Deutschen für die Durchführung freier demokratischer Wahlen in ganz Deutschland zu einer Nationalversammlung hat die Sowjetunion begrüßt und unterstützt aus dem einfachen Grunde, weil sie immer und überall den Grundsatz des Selbstbestimmungsrechts der Völker anerkennt.

    (Lachen in der Mitte und rechts.)

    Es kann darum auch gar kein Zweifel bestehen, daß die von einer gesamtdeutschen Beratung herbeigeführte einheitliche Stellungnahme

    (lebhafte Zurufe von der Mitte und rechts)

    der Deutschen aus Ost und West jederzeit und immer von der Sowjetunion respektiert wird. Die Wahrheit ist also, daß die Sowjetunion ein wirklicher Freund des deutschen Volkes ist

    (lebhafter Beifall bei der KPD — Abg. Dr. Mende: Das haben wir gemerkt! — Weitere Zurufe von der Mitte)

    und unser Volk in seinem Kampf um die nationalen Lebensrechte und den Frieden ständig unterstützt und daß darum jeder Versuch Dr. Adenauers, Lehrs und Schumachers, unser Volk gegen den friedliebenden Staat der Welt, gegen die Sowjetunion zu hetzen, das schlimmste nationale Verbrechen bedeutet.

    (Sehr richtig! bei der KPD.) Die Lüge, daß der Osten unsere Sicherheit und unser Leben bedroht, ist nichts anderes als der Deckmantel für die wahren Absichten der Politik der amerikanischen und deutschen Imperialisten, die in ihrer Politik allein auf die Karte der kriegerischen Gewalt neuer Eroberungen zur Durchsetzung ihrer verbrecherischen Weltherrschaftspläne setzen.

    Wenn die amerikanischen Imperialisten und ihre Nachbeter Adenauer und Schumacher den Völkern weismachen wollen, daß wegen der Unterschiedlichkeit der Systeme der Sowjetunion und der kapitalistischen Welt ein Krieg unausbleiblich sei, so hat ihnen Stalin die klare und eindeutige Antwort gegeben, daß ein friedliches Nebeneinanderbestehen beider Systeme durchaus möglich ist und daß dementsprechend die Sowjetunion einen Friedenspakt zwischen den fünf Großmächten erstrebt, durch den eine allgemeine Abrüstung in der Welt durchgeführt werden soll.

    (Abg. Pelster: Siehe Pariser Konferenz!)

    Die Wahrheit ist also, daß in ihren Maßnahmen die Sowjetunion nur allein auf die Erhaltung des Friedens orientiert ist.
    Auch die Bevölkerung Westdeutschlands hat das Lügengewebe der Amerikaner, Adenauers und auch Dr. Schumachers von der angeblichen Bedrohung durch die Sowjetunion, die Volksdemokratien oder gar die Deutsche Demokratische Republik immer mehr durchschaut. Darum finden solche bürgerlichen Politiker wie Dr. Wirth, Niemöller und Heinemann, die aus eigener Initiative zu friedlichen Verhandlungen in die Sowjetunion bzw. in die Deutsche Demokratische Republik gefahren sind, eine immer größere Zustimmung. Dies um so mehr, als jeder Versuch zur friedlichen Verhandlung auf die großen Möglichkeiten der unmittelbaren Verständigung hinweist.
    In Furcht vor dieser friedlichen Verständigung haben die Amerikaner mit Zustimmung von Dr. Adenauer in den Zusatzverträgen zum Generalvertrag ausdrücklich eine Bestimmung eingefügt, nach der. es den Deutschen verboten ist, irgendwelche Gespräche oder Verhandlungen auf den Gebieten der Außenpolitik oder des Außenhandels zu führen, wenn nicht zuvor die Genehmigung hierzu- von den Amerikanern erteilt worden ist. Dr. Adenauer hat zu all diesen Ungeheuerlichkeiten im Generalvertrag auch heute wiederum nichts gesagt. Hier wird also jedem Deutschen eindeutig klar, daß die amerikanische Politik in Deutschland nur auf die Entfesselung eines neuen Krieges orientiert ist und daß das Mittel hierzu die Antisowjethetze ist.

    (Sehr richtig! bei der KPD.)

    Wer die Politik der amerikanischen Imperialisten in allen Teilen der Welt, besonders aber auch in Westdeutschland, beobachtet, wird unweigerlich zu folgenden Feststellungen kommen müssen.
    Man bereitet hinter dem Rücken des deutschen Volkes gemeinsam mit Dr. Adenauer einen Generalvertrag vor, der formell das Besatzungsstatut ablösen soll, aber in Wirklichkeit das Ende selbst der primitivsten Souveränitätsrechte unseres Volkes bedeutet.

    (Abg. Frau Dr. Weber [Essen: Das glauben Sie ja selber nicht!)

    In diesem Generalvertrage, der ein Über-Versailles darstellt, wird die 50jährige Dauerbesetzung festgelegt, wird die Aufstellung einer neuen deutschen Wehrmacht unter dem Kommando des Eisenhower-


    (Reimann)

    sehen Generalstabs gefordert und angeordnet, daß die neuen deutschen Truppen überall dort in der Welt eingesetzt werden, wo es den Interessen der amerikanischen Kriegsbrandstifter entspricht; das heißt dort, wo die Völker einen Kampf für ihre nationale Unabhängigkeit und Selbständigkeit führen. In diesem Generalvertrage wird ausdrücklich festgelegt; daß die Besatzungsmächte jederzeit das Recht haben, irgendwelche Beschlüsse westdeutscher Organe außer Kraft zu setzen und im Falle des Widerstandes der westdeutschen Bevölkerung mit bewaffneter Hand gegen die Bevölkerung vorzugehen.

    (Hört! Hört! bei der KPD. — Zuruf von der CDU: Das ist doch alles nicht wahr!)

    So beinhaltet gleichzeitig der Generalvertrag die Vorbereitung einer offenen Militärdiktatur in Westdeutschland. Dr. Adenauer soll hierzu Stellung nehmen!

    (Zurufe rechts: Verlesen Sie doch keine Märchen! — Sie sind ja geistig unterernährt!)

    Aus alledem ergibt sich, daß es im deutschen Volke keinen Zweifel mehr darüber geben kann und darf, daß die amerikanischen und die deutschen Monopolherren ein offenes Kriegsbündnis geschlossen haben, nach dem Westdeutschland Aufmarschgebiet ist und Schlachtfeld für den amerikanischen Krieg werden soll. Wer auch nur einen Funken von Vaterlandsliebe in sich verspürt, ist schon über die Tatsache empört, daß gegenwärtig mehr als 80 000 junge Deutsche in der französischen Fremdenlegion gegen die um ihre Freiheit und Unabhängigkeit kämpfenden Völker eingesetzt werden. Annähernd 20 000 dieser jungen Deutschen sind für die Interessen der französischen Stahlindustriellen in den Tod geschickt worden.

    (Abg. Matthes: Wieviel in Rußland?)

    Hierüber aber schweigt sich Herr Dr. Adenauer aus.
    Die Politik der amerikanischen Imperialisten und ihre Absichten in Westdeutschland schaffen eine einfache, für jeden erkennbare Tatsache deutlich zutage: Als Dr. Adenauer seine Zustimmung zum Generalvertrag gab, stiegen die Börsenkurse in der Wallstreet; als die amerikanischen Imperialisten gezwungen waren, sich in Korea an den Verhandlungstisch zur Vorbereitung eines Waffenstillstandes zu setzen, sanken die Börsenkurse in Amerika. Die großen amerikanischen Finanzblätter zeigten sich offen über die Möglichkeit eines Waffenstillstands in Korea besorgt. Zur Beruhigung dieser amerikanischen Milliardäre schrieb die amerikanische Finanzzeitung „New York Herald Tribune", daß man in Börsenkreisen keine unnötige Furcht zu haben brauche, denn die amerikanische Politik habe genügend Möglichkeiten, an anderen Stellen der Welt für kriegerische Verwicklungen zu sorgen.

    (Hört! Hört! bei der KPD.)

    Sie handeln nach der bekannten Devise: Die Kurse steigen, wenn die Soldaten fallen.
    In diesem Zusammenhang - gestatten Sie mir einige Worte zur Politik Dr. Schumachers, Ollenhauers und Carlo Schmids. Diese Führer der Sozialdemokratischen Partei haben — und daran kann auch die heutige Rede von Herrn Ollenhauer nichts ändern — die gleiche verhängnisvolle kriegerische Konzeption wie die amerikanischen und die deutschen Imperialisten; sie wollen die Massen nur darüber hinwegtäuschen. Ihre Opposition erschöpft sich darum auch nur in Worten wie „höhere Sicherheit", „gleiches Risiko, gleiche Chancen und
    gleiche Opfer". Sie treten offen für einen militärischen Beitrag innerhalb der Eisenhowerschen
    Armee ein und verkleiden diese ihre Absicht lediglich mit einem „Nein im gegenwärtigen Zeitpunkt".

    (Sehr richtig! bei der KPD.)

    Mit vollem Recht versteht die große Mehrheit der sozialdemokratischen Mitglieder eine solche Haltung nicht mehr. Auf vielen Konferenzen haben die Mitglieder und Funktionäre der SPD gefordert, daß die Parteiführung endlich aus dem Zwielicht ihrer Politik heraustrete.

    (Sehr gut! bei der KPD.)

    Eine solche Forderung ist mehr als berechtigt; denn es ist für einen ehrlichen Sozialdemokraten unerträglich, bei einer solchen Verschärfung der Lage, wie wir sie gegenwärtig in Westdeutschland haben, über die Pläne seiner Parteiführung im Dunkeln herumzutappen.

    (Sehr gut! bei der KPD.)

    Ich habe bereits erklärt: wenn die sozialdemokratischen Parteiführer wirklich eine andere Orientierung in der Politik haben als Eisenhower und Adenauer, dann müßte dies doch irgendwie zum Ausdruck kommen! Aber in der Hauptfrage der deutschen Politik, in der Frage der Herstellung der Einheit Deutschlands auf demokratischer Grundlage, einer gemeinsamen Beratung für die Durchführung freier Wahlen stehen sie auf der Position der Amerikaner und Dr. Adenauers, die auf keinen Fall eine friedliche Verständigung der Deutschen untereinander wollen. Daraus folgt: Wer nicht friedliche Verhandlungen will, der will den Krieg.

    (Zuruf von der KPD: Der will schießen!) Ein Zwischending gibt es hierbei nicht.

    Viele sozialdemokratische Arbeiter wissen noch nicht, was den Amerikanern und Adenauer schon längst über die Rolle der SPD-Führer als Opposition bekannt ist, nämlich: wenn die Mehrheit gesichert ist, dann in Opposition spielen. Bisher tat Dr. Schumacher immer so, als wenn seine Opposition hauptsächlich darauf basiere, daß er von den Hohen Kommissaren bzw. von Dr. Adenauer über die Einzelheiten der Pläne nicht informiert sei. Aber stimmt das? Schumacher selbst beauftragte seinen Freund vom Hoff, in Paris an der Ausarbeitung des Schumanplans teilzunehmen.

    (Hört! Hört! bei der KPD. — Lachen bei der SPD.)

    Schumacher war auch damit einverstanden, daß die sozialdemokratischen Minister im Bundesrat für den Schumanplan stimmten. -

    (Widerspruch bei der SPD.)

    Schließlich kennen auch Schumacher und Ollenhauer den Wortlaut des Generalvertrages und der Zusatzverträge, wenn nicht durch Dr. Adenauer persönlich, so durch die Verbindungen, die sie selbst haben, oder aber durch die Erklärungen des Generalsekretärs der SED Walter Ulbricht. Ja noch mehr: Dr. Schumacher kennt auch die strategischen Pläne

    (Zuruf von der Mitte: Woher weißt du?)

    des Eisenhowerschen Generalstabs, er kennt auch
    die Termine, die die Amerikaner der AdenauerRegierung vorgeschrieben haben. Alles dies ist doch
    Dr. Schumacher, Ollenhauer und Carlo Schmid ausgezeichnet bekannt; nur verschweigen sie all dieses
    ihren eigenen Parteimitgliedern und der gesamten
    Öffentlichkeit, ja sogar den Mitgliedern der eigenen
    Bundestagsfraktion: Das Nein Schumachers und
    Ollenhauers zum Wehrgesetz „im gegenwärtigen


    (Reimann)

    Zeitpunkt", wie Herr Ollenhauer in seiner Rede sagte, ist bereits das Ja zum Wehrgesetz von morgen.

    (Sehr gut! bei der KPD.)

    Immer mehr durchschauen auch die Massen der Arbeiter das verlogene Gerede, daß man zwar für den Wehrbeitrag sei, aber nur unter der Voraussetzung — wie Herr Ollenhauer es in seiner Rede heute wiederholte —, daß damit die Sicherung des sozialen Lebens verbunden sein müsse. Die Arbeiter wissen aus Erfahrung, daß es keine Butter und gleichzeitig Kanonen gibt.

    (Zuruf von der Mitte: Das merkt man bei euch!)

    Dr. Schumacher forderte Verstärkung der Besatzungstruppen. Die Maßnahmen zur Vorbereitung und Durchführung des Wehrgesetzes sind unweigerlich verknüpft mit der weiteren Senkung des Lebensstandards der Arbeiter, der Bauern, der Gewerbetreibenden, der Fabrikanten und der Intelligenz.

    (Zuruf rechts: Siehe Ostzone!)

    Es ist der niederträchtigste Schwindel, den Opfern des vergangenen Krieges einen Lastenausgleich zu versprechen. Nicht Lastenausgleich für den vergangenen Krieg, sondern Belastung für den neuen Krieg — das bringt die Remilitarisierung von Dr. Adenauer mit Unterstützung der rechten SPD-Führer.
    Mit der Umstellung der westdeutschen Wirtschaft
    auf die Rüstung, wie sie der Schumanplan vorsieht,
    werden nicht nur weitgehende Stillegungen und
    Kurzarbeit in der gesamten Bedarfsgüterindustrie
    eintreten, sondern zugleich für alle Arbeiter, Angestellten und Beamten erhebliche neue Lasten.
    Vor allem wird auch das Tempo der Ausbeutung
    beschleunigt. Nicht nur werden neue Steuern, neue
    Preiserhöhungen unser Volk erdrücken, sondern im
    Zeichen des Wehrgesetzes und des Generalvertrages
    werden die letzten wenigen Reste der demokratischen Rechte, die im Grundgesetz verankert sind,
    vernichtet. Recht und Gesetzlichkeit haben aufgehört zu existieren, wo man den Krieg vorbereitet.

    (Zuruf von der SPD: Die Sowjetunion beweist das!)

    Das beweist nicht nur die Polizeiaktion gegen die Kommunistische Partei Deutschlands, das beweist auch die offene Drohung des Justizministers Dehler gegen die Gewerkschaften, das beweisen die Lehrschen Polizeiaktionen gegen die Ausschüsse zur Durchführung der Volksbefragung. Alles dies dient nur der Unterdrückung der Stimme des Friedens, damit die schmutzige Kriegspropaganda freie Bahn hat.

    (Sehr richtig! bei der KPD.)

    Wieder erfährt unser Volk, daß das Gerede gegen den Kommunismus nur der Vorwand ist zur Unterdrückung aller Friedens- und Freiheitsregungen in unserem Volk, der Vorwand für die Aufrichtung einer Militärdiktatur in Westdeutschland. Vor allem sind es die sozialdemokratischen Arbeiter, die heute beginnen, eine Parallele zu ziehen zwischen dem, was sich 1933 ereignete, und dem, was sich heute in Westdeutschland vollzieht.
    Gestatten Sie mir in diesem Zusammenhang einige Worte zum Antrag der SPD an das Bundesverfassungsgericht betreffend Feststellung der Verfassungswidrigkeit eines Wehrgesetzes. Eigentlich genügt es, wenn ich hier feststelle, was das Organ Adenauers, die „Rheinische Post" dazu schreibt. Diese Zeitung ist mit dem Antrag der SPD ganz einverstanden und charakterisiert ihn als ein Rückzugsgefecht der SPD-Führung auf dem Wege zur
    Gleichschaltung ihrer Politik mit Dr. Adenauer.

    (Hört! Hört! bei der KPD. — Zurufe von der SPD.)

    In der Tat, diese Frage vor ein Bundesgericht zu bringen, heißt die Wurst zum Schinken tragen.

    (Sehr gut! und Heiterkeit bei der KPD.) Vielleicht beantwortet Kollege Ollenhauer die Frage, was aus dem Antrag der SPD beim Weimarer Reichsgericht, die Verfassungsmäßigkeit der Absetzung der preußischen Regierung Severing im Jahre 1932 durch einen Leutnant und zwei Mann zu prüfen, geworden ist.


    (Sehr gut! bei der KPD.)

    Es ist doch zu offensichtlich, daß dieses ganze Vorgehen nichts anderes bezweckt, als dem Volke Sand in die Augen zu streuen; denn was soll bei dem Schritt der SPD beim Bundesverfassungsgericht überhaupt herauskommen?

    (Abg. Renner: Das hat Adenauer schon gesagt!)

    Es gibt nur zwei Möglichkeiten: entweder das Bundesverfassungsgericht macht es wie seinerzeit das Reichsgericht und legt die Angelegenheit zu den Akten, bis das Wehrgesetz verabschiedet und der Krieg ausgebrochen ist,

    (Lachen in der Mitte)

    oder aber das Bundesverfassungsgericht folgt dem Kommando des Bundesjustizministers Dehler und des Bundeskanzlers Adenauer und beschließt, daß das Wehrgesetz dem Grundgesetz entspricht.

    (Abg. Kiesinger: Es gibt noch unabhängige Richter in Karlsruhe!)

    Das hat Dr. Adenauer bereits heute gesagt. (Sehr gut! bei der KPD.)

    Offenbar wollen das Schumacher und Ollenhauer so, damit sie sagen können: Jetzt hat j a eine der höchsten Instanzen entschieden, und wir haben uns — nicht wahr? — als gute Demokraten diesem Spruch zu beugen!

    (Zustimmung bei der KPD und Zuruf: Genau so kommt's!)

    Das einzige, was Dr. Schumacher und Ollenhauer wollen, ist, daß das deutsche Volk nicht selbst in den Gang der Entwicklung eingreift

    (Sehr richtig! bei der KPD)

    und auf demokratische Weise sein demokratisches Recht durchsetzt, durch Volksbefragung, Streiks und Demonstrationen Wehrgesetz und Generalvertrag zu verhindern.

    (Zustimmung bei der KPD.)

    Wir sind einer Meinung mit der übergroßen Mehrheit der westdeutschen Jugend, die erklärt, daß sie ihre Entscheidung über das Wehrgesetz bereits getroffen hat, nämlich der Einberufung keine Folge zu leisten.

    (Lebhafter Beifall bei der KPD.)

    Wir sind der Meinung, daß die deutschen Frauen und Mütter recht haben, wenn sie sagen: Genug Männer und Söhne unseres Volkes haben ihr Leben im letzten Krieg hingeben müssen; heute verteidigen wir unsere Männer und Söhne, damit sie nicht wieder in die Kasernen ziehen müssen;

    (Bravo! bei der KPD. — Abg. Dr. Hasemann: Ist das in Rußland auch so?)

    wir haben unsere Kinder nicht für einen neuen Krieg geboren, sondern damit gesunde Menschen aus ihnen werden.

    (Zurufe in der Mitte und rechts.)



    (Reimann)

    Die Rede des Herrn Bundeskanzlers verdient zweifellos besonderes Interesse durch das, was er heute wieder nicht gesagt hat.

    (Zustimmung bei der KPD.)

    Seine Methode der Verschleierung ist mittlerweile großen Teilen der Bevölkerung klargeworden. Die Methode des Bundeskanzlers, Geheimkonferenzen zu führen, verwirrende Erklärungen abzugeben und sie am nächsten Tag zu dementieren und die Menschen zu verwirren, ist inzwischen schon sprichwörtlich geworden.

    (Abg. Renner: Sehr gut!)

    Auch die heutige Erklärung über die Saar hätte sich der Herr Bundeskanzler sparen können. Auch sie dient nur der Täuschung der Bevölkerung; denn Sie, Herr Bundeskanzler, haben gewußt, daß mit Ihrer Politik,

    (Zuruf rechts: Nicht so laut!)

    mit der Politik des Schumanplans das Saargebiet von Deutschland abgetrennt wird.

    (Sehr richtig! bei der KPD. — Abg. Bielig: Reden Sie mal von Schlesien!)

    Meine Fraktion hat am 5. Dezember 1949

    (Zuruf rechts: Und die Oder-Neiße-Linie?)

    in fünf Fragen Aufklärung von Dr. Adenauer darüber verlangt, ob die Meldungen der amerikanischen Presse über eine beabsichtigte Remilitarisierung Westdeutschlands richtig seien und ob Dr. Adenauer mit anderen Stellen über die Frage der Remilitarisierung Verhandlungen geführt habe. Darauf antwortete der Kanzler vor dem Bundestag zu allen diesen Fragen mit Nein.

    (Hört! Hört! bei der KPD.)

    Am 16. Dezember 1949 erklärte Dr. Adenauer vor dem Bundestag, er habe mit niemandem und nirgendwo irgendwelche Gespräche über die Remilitarisierung geführt,

    (Zuruf von der KPD: Jedes Wort war gelogen!)

    und am 25. Januar dieses Jahres teilte er der ausländischen Presse mit, daß er bereits im Jahre 1948, also zu einem Zeitpunkt, zu dem der Bundesstaat überhaupt noch nicht bestanden hat, dem Nazigeneral Speidel den Auftrag gegeben hat, eine Denkschrift zur Aufstellung westdeutscher Truppenverbände auszuarbeiten.

    (Hört! Hört! bei der KPD.)

    Herr Dr. Adenauer, vielleicht muß jetzt wieder ein kleiner Journalist der Tribüne für Ihren Schnitzer herhalten.

    (Sehr gut! bei der KPD.)

    Meine Damen und Herren, die große Gemeinsamkeit der Regierungserklärung und der Rede des Herrn Ollenhauer besteht darin, in unserm Volke den Eindruck zu erwecken, daß es keinen andern Weg gebe, als sich der Politik der amerikanischen Imperialisten unterzuordnen, und daß ein neuer Krieg unvermeidlich sei. Eine neue politische Aktivität in unserm Volke ist aber der Ausdruck dafür, daß die breiten Volksmassen, insbesondere unsere Jugendlichen, um keinen Preis gewillt sind, den Weg in Krieg und Katastrophe zu gehen.
    Damit ist in Westdeutschland eine neue Lage geschaffen. Die Arbeiter werden sich ihrer Kraft bewußt. Viele Bauern und große Teile des Bürgertums bangen um das nationale Schicksal unseres Volkes und orientieren sich gleichfalls über einen Ausweg aus der Lage. Dieser Ausweg ist da. Immer mehr Menschen haben ihn erkannt und kämpfen
    um diesen Ausweg. Er ist ein Weg, der der Würde unseres Volkes entspricht, ein Weg der Ehre, ein Weg, auf dem sich alle ehrlichen, ihr Vaterland liebenden Deutschen finden können und finden werden. Dieser Weg ist einfach und kurz: gesamtdeutsche Beratung für die Durchführung freier, geheimer, demokratischer Wahlen in ganz Deutschland für eine Nationalversammlung.

    (Zuruf von der Mitte: Wollt ihr ja gar nicht!)

    Wenn Adenauer, Blücher und Ollenhauer erklären, man könne den Weg der Verständigung unter den Deutschen nicht gehen, so erklären sie dies nur, weil sie diesen Weg nicht gehen wollen.

    (Sehr wahr! bei der KPD.)

    Auch nur der bescheidenste Versuch auf dem Weg zu einer gesamtdeutschen Verständigung wird, dessen kann man sicher sein, unmittelbar große Ergebnisse für den Frieden, die Sicherheit und die Einheit unseres Vaterlandes haben.

    (Sehr richtig! bei der KPD.)

    Wer nicht einmal diesen Versuch unternimmt, gibt klar zu erkennen, daß er nur die Orientierung auf den Krieg hat.
    Die Regierung und die Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik haben ein Wahlgesetz beschlossen, das auf der Grundlage des Weimarer Wahlgesetzes beruht. Die Volkskammer der DDR hat aus ihrer Mitte 5 Vertreter der verschiedensten Parteien gewählt, mit dem Auftrag, unmittelbar mit den Vertretern Westdeutschlands über ein einheitliches Wahlgesetz für ganz Deutschland zu verhandeln. Dementsprechend wandte sich die Volkskammer der DDR mit dem Ersuchen an den Bundestag, ebenfalls 5 Vertreter zur Beratung über ein einheitliches Wahlgesetz zu delegieren. Regierung und Volkskammer der Deutschen Demokratischen Republik lassen keinen Zweifel darüber, daß die Durchführung der Wahl in ganz Deutschland unter vollkommen gleichen Bedingungen erfolgen muß. Der stellvertretende Ministerpräsident der DDR, Walter Ulbricht, erklärte auf einer Pressekonferenz vor der in- und ausländischen Presse in Berlin, daß es keinerlei Schwierigkeiten auf seiten der DDR gebe, wenn die Vertreter der demokratischen Parteien und Organisationen Westdeutschlands in Städten und Dörfern der DDR zu den Wählern sprechen und umgekehrt in Westdeutschland. Es steht außer Zweifel, daß in einer gesamtdeutschen Beratung alle Fragen, alle Schwierigkeiten, die eventuell noch der Durchführung freier Wahlen in ganz Deutschland im Wege stehen, beseitigt werden können. Im gleichen Augenblick, in dem eine solche gesamtdeutsche Beratung stattfindet, ist der erste und entscheidende Schritt zur friedlichen Lösung aller deutschen Lebensfragen getan.

    (Sehr wahr! bei der KPD.)

    Was bedeutet eine freie und geheime Wahl zu einer deutschen Nationalversammlung? Sie bedeutet, daß aus der freien Entscheidung unseres Volkes heraus unser Vaterland der ganzen Welt seinen einheitlichen Willen zum Frieden, zur Demokratie, zur Freiheit und zur Völkerfreundschaft bekunden kann. Die Wahl zu einer Nationalversammlung, der frei gewählten Gesamtvertretung des deutschen Volkes, ist die entscheidende Grundlage für die Schaffung eines Friedensvertrages mit Deutschland, der unserem Volk seine nationale Einheit, seine nationale Unabhängigkeit und seine Rechte auf eine friedliche nationale Ent-

    Wicklung garantiert. Dieser neue einheitliche, demokratische, unabhängige und friedliebende Staat wird niemals ein Spielball in den Händen imperialistischer Kriegstreiber sein. Das ganze Volk kann gewiß sein, daß, wenn es diesen Weg beschreitet, es in wachsendem Maße die Unterstützung aller friedliebenden Menschen der Welt haben und auf diese Weise ein wirklich gleichberechtigtes Glied unter allen friedliebenden Völkern darstellen wird.
    Für diesen Weg, den Weg des Friedens, kämpfen wir Kommunisten. Darum wollen Eisenhower, Adenauer und Lehr unsere Partei verbieten;

    (Abg. Matthes: Höchste Zeit!)

    sie wissen, daß die Kraft, die ganze Stärke unserer Partei darin besteht, daß wir dem ganzen deutschen Volk den Ausweg aus der Lage, aus der drohenden Katastrophe zeigen.

    (Beifall bei der KPD. — Abg. Matthes: In das Elend!)

    Darum sind wir bereit zur Zusammenarbeit mit allen ehrlichen patriotischen Deutschen,

    (Lachen in der Mitte und rechts) unabhängig von der Weltanschauung und sonstigen Differenzen. Zur Rettung unserer Nation erstreben wir ein festes Bündnis mit allen Schichten unseres Volkes, die den Frieden und die Einheit unseres Vaterlandes herbeisehnen. In Tausenden von Versammlungen und Entschließungen fordern die Arbeiter, die Gewerkschaftsmitglieder, die Bauern, die Verbände der Kriegsbeschädigten,


    (Zuruf von der Mitte: Wo denn?)

    die jungen Deutschen in den verschiedensten Organisationen: das Wehrgesetz muß fallen! Das Wehrgesetz verhindern aber heißt: Sturz der AdenauerRegierung.

    (Lebhafter Beifall bei der KPD.)

    Hinweg mit der Adenauer-Regierung, mit einer Regierung, die den Willen unseres Volkes mißachtet, mit einer Regierung, die alle Lebensrechte und nationalen Interessen unseres Volkes preisgibt! Fort mit einer Regierung, die im Interesse des Wehrgesetzes und des Generalvertrags sowie des Krieges eine Militärdiktatur in Westdeutschland vorbereitet! In dieser entscheidenden Stunde gebe ich den Willen der Millionen deutscher Männer und Frauen und Jugend kund, indem ich beantrage, daß die Regierung Adenauer sofort zurückzutreten hat.

    (Beifall bei der KPD.)

    Die Adenauer-Regierung muß fallen, damit Deutschland leben kann!

    (Abg. Dr. Wuermeling: Moskauer Sendung!)