Herr Präsident! Meine Damen und meine Herren! Ich werde ja, wie ich annehmen kann, im Laufe der zweitägigen Debatte den Vorzug haben, noch einmal reden zu können. Deswegen unterdrücke ich das Verlangen, Herrn Kollegen Ollenhauer sofort zu antworten.
Aber ich möchte doch gegenüber mehreren Sätzen des Herrn Abgeordneten Ollenhauer einige Feststellungen treffen. Herr Ollenhauer hat mir vorgeworfen, ich hätte mit keinem Wort darüber gesprochen, daß die soziale Sicherung vor der Aufrüstung stehe. Nun, meine Damen und Herren, ich habe das so oft gesagt,
und ich habe das so oft den Vertretern der Westalliierten Mächte gesagt — die drei Bundesminister, die jetzt in Paris verhandelt haben, haben das dort ebenfalls gesagt —,
die ganzen Ausgaben für soziale Zwecke spielen bei der Berechnung unseres Verteidigungsbeitrags eine so entscheidende Rolle, daß ich nicht geglaubt habe, es sei nötig, das noch einmal heute ausdrücklich zu betonen.
Ein zweites! Herr Kollege Ollenhauer hat gesagt, es werde von uns verlangt, daß wir vorher den Vertrag über den Eintritt in die europäische Verteidigungsgemeinschaft vollzögen. Das ist ein Irrtum vom Herrn Kollegen Ollenhauer. Ich habe gesagt, diese beiden Vertragswerke seien in ihrer ganzen Zielsetzung so miteinander verknüpft, daß es — ich habe den Passus aus dem Generalvertrag hier ja mitgeteilt — eine Selbstverständlichkeit sei, daß diese beiden Vertragswerke nur gleichzeitig in Kraft treten könnten.
Drittens: Ich war etwas erstaunt — —
- Ja, warten Sie doch einen Augenblick, Herr Heiland!
— Augenblick, Augenblick! — Ich war nach dem Verlauf der gestrigen Debatte, nach den Ausführungen des Herrn Abgeordneten Neumann und nach den Ausführungen des Herrn Abgeordneten Brandt etwas erstaunt darüber, daß meine Erklärung, die Wiedervereinigung Deutschlands könne nur über Europa kommen, eben ein solches Echo gefunden hat.
Ich darf aber nochmals wiederholen, was ich heute vormittag gesagt habe. Ich habe aus dem Entwurf des Generalvertrags festgestellt, daß gemeinsames Ziel der Signatarmächte des Vertrags sei, die deutsche Einheit in Frieden wiederherzustellen, und ich habe das, wenn mich mein Gedächtnis nicht trügt, heute vormittag mehrfach gesagt,
so daß die Erklärung des Herrn Kollegen Ollenhauer doch in großem Ausmaß ein Mißverständnis dessen, was ich gesagt habe, verrät.
— Nun, dann muß ich doch etwas mehr sagen. Bitte, Herr Schoettle,
lesen Sie das Protokoll!
Lesen Sie es doch nach — alles ist auf Band aufgenommen —, was darin steht! Ich werde Ihnen morgen noch ausführen — ich kann es aber auch schon jetzt tun —, wie ich mir den weiteren Verlauf der Dinge denke. Ich denke ihn mir so, daß, wenn der Westen stark genug ist, Sowjetrußland bereit ist, in vernünftige Verhandlungen mit dem Westen einzutreten.
Herr Abgeordneter Ollenhauer hat weiter erklärt, das Aufwerfen der NATO-Frage habe zum Abbruch der Verhandlungen geführt Diese Annahme des Herrn Kollegen Ollenhauer ist irrig. Einmal ist schon bei der Beratung des Generalvertrags von NATO gesprochen worden — ich habe Ihnen ja den Passus aus der Präambel vorgelesen —,
und zweitens gehen entsprechend der Tagesordnung der letzten Pariser Außenministerkonferenz, auf der als Tagesordnungspunkt stand: Verhältnis der europäischen Verteidigungsgemeinschaft zur NATO, die Verhandlungen über die Herbeiführung einer solchen Verzahnung in aller Ruhe weiter.
Herr Kollege Ollenhauer hat eine Äußerung des Botschafters Alphand in London verlesen. Der Botschafter Alphand hat schon vor einiger Zeit gegenüber Herrn Ophüls, der Mitglied der deutschen Delegation in Paris ist, erklärt, diese Angabe sei unwahr;
er habe etwas Derartiges nicht gesagt.
Noch ein Wort. Ich weiß nicht, ob ich nicht, ehe die Bundesregierung auf die Klage der 144 Abgeordneten sich zu antworten erlaubt, vorher nachfragen muß, ob eine Antwort nicht eine „massive Beeinflussung" ist.