Rede von
Dr.
Gerd
Bucerius
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und Herren! Herr Professor Gülich hat gesagt, daß wir es uns bei der Behandlung dieser Materie nicht zu leicht machen sollten. Ich teile seine Auffassung. Zu leicht gemacht hat es sich in dieser Sache allerdings der Hamburger Bürgermeister Brauer, so sehr er an dieser Sache auch beteiligt gewesen sein mag.
Nach den mir vorliegenden Notizen aus einer, wie Sie zugeben werden, zuverlässigen Quelle, nämlich der Hamburger sozialdemokratischen Parteizeitung, hat Herr Brauer bereits vor Monaten genaue Einzelheiten darüber gewußt, zu welchen Bedingungen das Bundeskabinett und der Bundestag demnächst die Werft verkaufen werden. Er wußte nämlich z. B., daß die Howaldt-Werft gegen ein „Linsengericht" in ausländisches Privateigentum überführt wird; er wußte z. B., daß der Verkauf nicht etwa gegen Devisen, sondern gegen Sperrmark stattfindet. Wir haben nun gerade heute gehört, daß selbstverständlich die Angemessenheit des Kaufpreises einer eingehenden Untersuchung unterzogen wird. Wir teilen die Meinung von Herrn Professor Gülich und sind sehr interessiert daran, von einem bedeutenden Wissenschaftler zu hören, daß Aktienkurse keineswegs den inneren Wert eines Unternehmens ausdrücken, und wir werden diesen Hinweis für etwaige zukünftige Sozialisierungsverhandlungen gern notieren.
Meine Damen und Herren, in der Tat muß eine solche Angelegenheit sorgfältig und nach allen Richtungen hin erwogen werden. Hamburg hat an dieser Werft mehr als finanzielle Interessen, und diese nicht-finanziellen Interessen, die im Zusammenhang der Struktur Hamburgs eine sehr wichtige Rolle spielen, müssen und werden bei den Verhandlungen über den Verkauf der Werft von großer Bedeutung sein.
— Dann allerdings, Herr Professor Gülich, habe ich mich zu Ihren Gunsten verhört. Daß die nominelle Ziffer eines vor Jahrzehnten begründeten Kapitals bei Bemessung des Kaufpreises keine Rolle spielen kann, ist allerdings eine Sache, von der ich nicht glaube, daß sie noch erwähnt werden müßte.
Ich sagte: eingehende Prüfung ist erforderlich. Angesichts der ausgezeichneten Beziehungen, über die alle Abgeordneten dieses Hauses zum Bundesfinanzministerium verfügen, habe ich keinen Zweifel, daß diese Prüfung im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Finanzen zugunsten Hamburgs verlaufen wird.