Rede von
Dr.
Konrad
Adenauer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und Herren! Die Frage, die die sozialdemokratische Fraktion an mich gerichtet hat, geht dahin, ob ich dem Herrn Bundespräsidenten die Entlassung des Herrn Bundesministers für Verkehr wegen seiner in Kassel auf dem Parteitag der Deutschen Partei gehaltenen Rede vorschlagen werde. Es ist eine Bandaufnahme dieser Rede gemacht worden, und der Begründer dieser Anfrage, Herr Dr. Arndt, hat aus dieser Bandaufnahme verlesen. Nach der Bandaufnahme, wie ich sie habe, sind doch zwei kleine Dinge — klein, weil es wenige Worte sind —, die aber doch den Sinn etwas verändern, hervorzuheben. Nach meiner Bandaufnahme — es ist auch die vom Nordwestdeutschen Rundfunk — hat der Bundesminister Seebohm gesagt:
Wir sind der Auffassung, daß Auszeichnungen,
die sich ein Mensch durch persönlichen Einsatz
und persönliche Tapferkeit erworben hat, . . . während Herr Dr. Arndt ausgeführt hat, Herr Seebohm habe gesagt, daß alle Auszeichnungen, die sich ein Mensch durch persönlichen Einsatz und persönliche Tapferkeit erworben habe usw. Weiter hat nach dem mir vorliegenden Text der Bundesminister Seebohm gesagt, daß solche Auszeichnungen sein persönlicher Besitz sind und daß niemand das Recht hat, an_ diesen Auszeichnungen „herumzudeuteln ,und herumzudrehen'". Das ist nicht ganz ohne Bedeutung.
Herr Bundesminister Seebohm hat — ebenfalls
nach der Bandaufnahme — weiter folgendes gesagt: Und so stehen wir auch klar und eindeutig zu den Fragen, die sich mit anderen Symbolen unseres Volkes beschäftigen, gerade mit jenem Symbol, das den Menschen dazu bringt, sich wirklich als Deutscher zu bekennen. Wir haben heute soviel Diskussionen darüber, ob es eine Nationalhymne geben und ob der erste Repräsentant unseres Staates irgend etwas zu einer Nationalhymne erklären soll.
Meine Damen und Herren! Ich halte es für richtig, auch diese Sätze zu Ihrer Kenntnis zu bringen, damit Sie dem ganzen Duktus der Ausführungen des Herrn Ministers Seebohm folgen können.
Zu diesen Ausführungen, die in der Öffentlichkeit auch außerhalb Deutschlands Aufsehen erregt haben, hat Herr Dr. Seebohm in einer Rundfunkerklärung am 4. Dezember 1951 Stellung genommen. In seiner Rundfunkerklärung heißt es folgendermaßen:
An einer anderen Stelle
— zum Verständnis muß ich hier hinzufügen, daß
auch noch eine weitere Stelle der Rede des Herrn
Dr. Seebohm zu Erörterungen Anlaß gegeben hat —
habe ich darauf hingewiesen, daß Menschen, die auf einer echten deutschen Tradition stehen, auch eine klare und eindeutige Beziehung zu den Symbolen ihres Volkes haben. Ich habe gesagt, daß wir uns in Ehrfurcht vor allen deutschen Symbolen neigen, unter denen deutsche Menschen ihr Leben für ihr Vaterland geopfert haben. Ich habe das Wort „Symbol" besonders unterstrichen im Hinblick auf die Anwesenheit zahlreicher sudetendeutscher Landsleute, die ich einleitend besonders begrüßt hatte. Ich wollte damit sicherstellen, daß für sie auch die Symbole des österreichisch-ungarischen Reiches und seiner Kronländer ausdrücklich eingeschlossen sein sollten.
Dabei ist es für mich eindeutig, daß die Swastika kein Symbol des deutschen Volkes ist, sondern ein internationales, viel verbreitetes Zeichen, das eine Partei in Deutschland als Parteiabzeichen benutzt hat. Zu den nationalen Symbolen des deutschen Volkes habe ich die Swastika nie gezählt. Wenn ich weiter darauf hingewiesen habe, daß Auszeichnungen, die durch persönlichen Einsatz und persönliche Tapferkeit erworben worden sind, der persönliche Besitz des ausgezeichneten Menschen sind, so habe ich damit keinesfalls gesagt, daß ich Form und Gestalt jeder dieser Auszeichnungen billige. Unmißverständlich werden diese Ausführungen dadurch, daß ich sodann als weiteres nationales deutsches Symbol das Lied der Deutschen herausgestellt habe.
Herr Dr. Seebohm hat mir weiter ergänzend erklärt, daß nach einem Beschluß seiner Fraktion auch die Farben Schwarz-Weiß-Rot als historische Farben Deutschlands zu betrachten seien. Ich glaube daher, daß Herr Dr. Seebohm mit seinen Ausführungen in Kassel diese Farben gemeint und dabei nicht an das Hakenkreuz gedacht hat.
— Augenblick! Ich darf in diesem Zusammenhang daran erinnern, daß er seinerzeit im Parlamentarischen Rat für die Farben Schwarz-Rot-Gold gestimmt hat.
— Verzeihen Sie, meine Damen und Herren, er hat wohl für die Farben Schwarz-Rot-Gold gestimmt.
Ich darf zur Erläuterung folgendes sagen:
Im Parlamentarischen Rat war — das kann ich wohl sagen — Einigkeit darüber, daß die Farben der Bundesrepublik Deutschland Schwarz-Rot-Gold sein sollen. Es bestand eine Meinungsverschiedenheit darüber, ob die Farben in dieser Form, wie es dann mit Mehrheit beschlossen worden ist, 'sein sollten, wie unsere Fahne sie zeigt, oder ob, wie es von der CDU vorgeschlagen war, ein liegendes Kreuz ähnlich wie bei der dänischen Fahne mit in die Bundesflagge hineingesetzt werden solle. Das war die Meinungsverschiedenheit, über die im Parlamentarischen Rat gesprochen worden ist. Aber ich muß das nun im Interesse des Herrn Bundesministers Seebohm doch ausdrücklich erklären, daß er sich im Parlamentarischen Rat für die Farben Schwarz-Rot-Gold und nicht etwa für schwarzweißrot ausgesprochen hat.
Daß ich über die Rede des Herrn Bundesministers Seebohm nicht sehr glücklich war, werden Sie verstehen.
Sie hat mir zunächst eine Note des französischen. Hohen Kommissars und weiter die heutige Interpellation eingetragen.
Beides wäre vielleicht nicht nötig gewesen, wenn Herr Bundesminister Seebohm in seiner Formu-
lierung ganz klar und deutlich gewesen wäre. Also das, meine Damen und Herren, konzediere ich Ihnen ohne weiteres. Man hätte vom Herrn Bundesminister Seebohm verlangen können und müssen, daß er seine Formulierung klarer und deutlicher gewählt hätte.
Ich habe aber nun über den Verlauf und über die Rede des Herrn Dr. Seebohm einen Herrn gefragt, der beruflich in dieser Versammlung anwesend gewesen ist,
der politisch tätig ist. — Sie wittern immer Polizei; Sie haben gar nichts anderes im Kopf, Herr Renner. —
Ich habe einen Herrn gefragt, der politisch tätig ist und der nicht zur Partei des Herrn Dr. Seebohm gehört.
Und dieser Herr — er gehört auch nicht zu meiner Partei, nota bene,
auch nicht zu Ihnen —,
und dieser Herr, der nach seiner ganzen Tätigkeit und nach seiner ganzen Persönlichkeit wirklich in der Lage ist, sich ein Urteil über eine Rede zu bilden, hat mir sehr entschieden erklärt, ihm sei während der Rede des Herrn Dr. Seebohm auch nicht der Gedanke gekommen, daß Herr Dr. Seebohm das Hakenkreuz damit gemeint habe.
Ich bedaure, meine Damen und Herren — ich möchte das nochmals sagen —, daß Herrn Dr. See. bohms Rede in Kassel Anlaß zu diesen Mißverständnissen gegeben hat. Ich hoffe, daß durch seine Erklärungen, denen man Glauben schenken muß
und die bestätigt werden durch das Zeugnis dieses Mannes, den ich gefragt habe,
die nötige Aufklärung gegeben ist.
Ich möchte Ihnen, meine Damen und Herren, dem ganzen Haus und der ganzen Öffentlichkeit zum Schluß folgendes sagen: Für einen Mann, der sich in Ehrfurcht vor dem Hakenkreuz neigt, würde in einem unter meiner Leitung stehenden Kabinett kein Platz sein.