Rede von
Dr.
Josef Ferdinand
Kleindinst
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Präsident! Meine verehrten Damen und Herren! Der Herr Bundesminister des Innern hat darauf hingewiesen, daß von der Fertigstellung dieses Entwurfes bis zu seiner Vorlage an den Bundesrat und Bundestag fast ein Jahr vergangen ist. Ich hebe das deshalb hervor, weil ich vor etwa einem Jahr hier erklärt habe, mir sei gesagt worden, der Entwurf des Bundesbeamtengesetzes sei fertiggestellt. Wir haben die Regierung damals nicht ohne Grund verteidigt; ich muß das deshalb nochmals unterstreichen. Der Gesetzentwurf mußte j a nicht nur die Verhandlungen mit den Ressorts des Bundes und der Länder und mit den Beamtenverbänden durchlaufen, sondern es mußten auch andere Klippen umschifft werden, die Sie alle kennen.
Das Gesetz ist in erster Linie ein Gesetz für die Verwaltungsbeamten des Bundes, und zwar — nach der ganzen Verteilung der Zuständigkeiten — von Verwaltungszweigen, die eine Spezialaufgabe erfüllen, während die beamtenrechtliche Regelung für die Beamten der allgemeinen Verwaltung, die der Länder und Gemeinden, den Landesbeamtengesetzen obliegt. Es ist schon ein gewisser Unterschied zwischen den Aufgaben der Beamten gegeben; denn gerade die Beamten der allgemeinen Verwaltungen kommen in Erfüllung ihrer Verpflichtungen am vielseitigsten mit der Bevölkerung in Berührung,. wenn auch zugegeben werden muß, daß sich in den Ländern leider auch eine ständige Zersplitterung der allgemeinen Verwaltung in Sonderverwaltungen — ohne Grund — durchsetzt.
Der Herr Kollege Menzel hat bedauert, daß über die Rolle der Beamten, namentlich der Verwaltungsbeamten, in unserem Staate zu wenig gesagt worden ist. Meine Damen und Herren, die Repräsentanten des Staates sind seine obersten Organe; die Beamten sind die Diener des demokratischen Staates. Das Wort „Staatsdiener" ist ja ein Begriff, der das ganze Beamtenrecht und die gesamte Verwaltung seit 150 Jahren durchlaufen hat. Ich glaube, daß der Begriff des Staatsdieners nie in einem anderen Sinne, wenn auch unter anderen Verfassungen, aufgefaßt worden ist. Der Beamte hat die Gesetze des demokratischen Staates zu vollziehen, er hat das Recht zu wahren, er hat die Belange der Bevölkerung wahrzunehmen und er hat die aktiven, die schöpferischen Aufgaben anzuregen, einzuleiten und vorzuschlagen. Er ist also in jeder Hinsicht Diener des demokratischen Staates.
Ich glaube, daß die Bestimmungen über das Beamtenrecht in der Weimarer Verfassung kaum den Nationalsozialismus gefördert haben. Ich habe ja die Zeit selber in einer gehobenen Stellung der Verwaltung durchlebt. Die Verhältnisse waren in den deutschen Landesteilen sicher etwas verschieden. Aber es waren doch Ausnahmen, daß sich Beamte des gehobenen und des höheren Dienstes vor 1933 dieser Bewegung angeschlossen haben. Im großen und ganzen war es ein Teil der Militäranwärter, die auf ganz anderem Wege zu dieser Bewegung gestoßen sind. Die meisten Verwaltungsbeamten sind erst 1937 in die Partei eingetreten, als die Repräsentanten des Staates längst kapituliert hatten und als sich eine Konsolidierung des Gewaltstaates durchgesetzt hatte.
Nun sind die Voraussetzungen für die Berufung zum lebenslänglichen Beamten behandelt worden. Auch ich glaube, daß die Hoheitsaufgaben und die Aufgaben der Wahrung der Sicherheit des Staates und des öffentlichen Lebens die Tätigkeit des Beamten nicht erschöpfen. Die Aufgaben des Staates sind viel größer geworden. Vor allem sind auch noch die finanziellen Interessen, die Vermögensinteressen des Staates und die Individualrechte des Staatsbürgers zu wahren. Wir werden uns im Aus-
schuß über eine richtige Fassung dieses Paragraphen zu unterhalten haben.
Bei den Beamtenpflichten steht naturgemäß die Rechtmäßigkeit der Amtshandlungen an der Spitze, nicht in dem Sinne, daß es sich hier um eine neue Verpflichtung handelt. Die Rechtmäßigkeit der Verwaltung und die Rechtmäßigkeit des Handelns der Beamten ist eine ganz alte Pflicht des Beamtentums, ich darf wohl sagen, seit 150 Jahren. Aber es hat seine Bedeutung, daß diese Bestimmung im vorläufigen Bundesbeamtengesetz ausgebaut worden ist, nach den Eingriffen in die Verwaltung, die die NSDAP vorgenommen hat, und nachdem die NSDAP durch ihre Gewaltmaßnahmen über Gesetz und Verordnung — je nach der Willkür einzelner Gewalthaber — hinweggeschritten ist.
Neben dieser Verpflichtung muß man vor allem auch eines betonen, was gerade seit 1933 und bis heute in die öffentliche Erfahrung getreten ist. Es handelt sich nicht nur um Kenntnisse der Verwaltung und des Verwaltungsrechts, sondern es handelt sich auch um eine allgemeine Haltung, die dem Einzelinteresse, das draußen in der Wirtschaft maßgebend ist, gegenübersteht. Das Interesse des Staates, das Gemeinwohl des Staatsbürgers muß an erster Stelle stehen. Diese Haltung muß durch Vorbildung und Erziehung schon vom Eintritt in den Staatsdienst an anerzogen und erworben werden.
Vieles von dem, was heute beanstandet werden muß und zu Erregungen Anlaß gibt, rührt nur davon her, daß Personen mit einer ganz anderen Berufsauffassung, die anderswo berechtigt ist, in den Staatsdienst eintreten, in dem das Gegenteil von dem, was draußen im Wirtschaftsleben maßgebend ist, vorherrschen muß.
Nun hat gerade Herr Kollege Menzel mit Recht darauf hingewiesen, daß sich der öffentliche Einfluß auch auf finanziellem Gebiete durch die Ausbreitung der Aufgaben des Staates aufs äußerste ausgeweitet hat und daß das eine Entwicklung ist, die angesichts unserer Schwierigkeiten vorerst gar nicht abzusehen ist. Eben deshalb muß neben der Kenntnis der öffentlichen Aufgaben auch diese innere Haltung und diese innere Verpflichtung gegenüber_ dem demokratischen Staat und gegenüber dem Gemeinwohl als eine vordringliche Aufgabe des Beamtentums herausgestellt werden. Wir werden uns überlegen müssen, ob wir das im Gesetz nicht noch festlegen können.
Eine weitere Aufgabe ist in der letzten Zeit bei den Pflichten des Beamten hervorgetreten, die der Amtsverschwiegenheit. Wir alten Beamten waren uns über diese Verpflichtung vollkommen im klaren. Auch sie hat eine gewisse Auflockerung erfahren. Wenn im Gesetzentwurf steht: Amtsverschwiegenheit ist zu wahren, wenn es ein Gesetz bestimmt, wenn es eine dienstliche Anweisung fordert, so ist das klar. Aber wenn es heißt: ... wenn es dem Wesen nach erforderlich ist, dann läßt das doch der subjektiven Auffassung einen außerordentlichen Spielraum.
Wir müssen eine Fassung finden, die für die Beamten aller Dienstgrade und für die Angestellten verständlich ist, damit diese Verpflichtung einwandfrei klargestellt wird. Die Bestimmungen des
Strafrechts müssen damit abgestimmt werden, die ja jetzt auch umstritten sind.
Dazu gehört dann die Informationspflicht gegenüber der Presse, die eigentlich nur der Amtsleiter oder der von ihm Beauftragte erfüllen kann. Ich sehe darin eine besondere Aufgabe bezüglich der Bestimmung über die Amtspflichten, die erst jetzt nach Fertigstellung des Entwurfs durch bestimmte Vorkommnisse akut geworden ist und der wir Rechnung tragen müssen.
Über die Gleichstellung von Mann und Frau ist bereits gesprochen worden. Diese Gleichstellung ist eine Verpflichtung gegenüber dem Grundgesetz, die jetzt eingelöst werden muß. Der Termin der Erfüllung dieser Verpflichtung rückt immer näher. Da es sich hier um ein endgültiges Beamtengesetz handelt, muß sie durchgeführt werden. Über Einzelheiten der Versorgung der Frau und, wie Sie ja alle wissen, über die an uns herantretenden Fragen betreffend die um mehr als 15 Jahre jüngere Witwe, über das Wiederaufleben des Versorgungsanspruchs bei wiederverheirateten Witwen werden wir dann im Ausschuß noch im einzelnen sprechen.
Die Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften ist immer schon erfolgt, wenigstens bei uns im Süden, schon vor 1914. Wenn das nun im Gesetz festgelegt wird, so entspricht das dem Fortschritt in der Anerkennung dieser Verbände und der Bereitschaft der obersten Bundesbehörden zur Zusammenarbeit mit ihnen.
Der Bundespersonalausschuß hat sich nach dem Urteil der Bundesministerien bewährt. Wir begrüßen es, daß er sich bewährt hat, und wir begrüßen es, daß der Bundespersonalausschuß infolgedessen auch in das Gesetz eingebaut ist, nachdem er vorerst 'nur auf dem Verordnungswege geschaffen worden ist.
Meine Damen und Herren, Sie sehen, daß das Gesetz auch Beziehungen zu anderen Gesetzen hat. Ich habe schon das Strafrecht und Presserecht hervorgehoben. Dis Beamtenrecht, das Gesetz zu Art. 131 des Grundgesetzes und die Bestimmungen über die Voraussetzungen für den Zugang zum Beamtentum betreffen oder streifen mindestens auch die Frage der Vorbildung. Wir wollen durch dieses Gesetz die Grundlagen für ein allgemein gebildetes und fachlich hochgebildetes Beamtentum schaffen, das in der Lage, befähigt und gewillt ist, allen neu auftretenden Aufgaben gerecht zu werden, sich mit wissenschaftlicher Überlegung auf sie einzustellen und auch die Beamten des gehobenen und des unteren Dienstes für diese Aufgaben zu interessieren, auszubilden und zu gewinnen. Diese Aufgaben sind durch die großen wirtschaftlichen Umbildungen gestellt; sie werden allein schon durch die völkerrechtlichen Lösungen gestellt sein, die wir anstreben und die wir angebahnt haben. Denken Sie nur an die Beziehung der Verwaltung zu den internationalen Institutionen, denken Sie nur an die Grundrechte, die ja nun international gesichert werden sollen. So ergeben sich für das Beamtentum Aufgaben in einer Fülle und in einem Ausmaß, wie sie früher nicht gestellt worden sind. Dazu bedürfen wir eines allgemein gebildeten und eines fachlich durchgebildeten aufgeschlossenen und zu jedem Fortschritt bereiten Berufsbeamtentums.
In dieser Absicht wollen wir an das Gesetz herangehen. In dieser Absicht darf ich bitten, den Gesetzentwurf dem Ausschuß zu überweisen.