Er sagt dort:
Das Preußen, das wir durch Erziehung und Geschichte kennenlernten und dem zu dienen als Offizier, Beamter und schlichter Zivilist eine große Auszeichnung bedeutete, ist ein Rechtsstaat gewesen. Der Beamte, wie er von diesem Staate gemeint war und den es Jahrhunderte hindurch tatsächlich auch gegeben hat, biß sich eher den kleinen Finger ab, als daß er eine Unterschlagung begangen hätte. Preußisch war uns gleichbedeutend mit sauber, anständig, gerecht und pflichtgetreu; „travailler pour le Roi de Prusse" nannten selbst die Franzosen es — mindestens in späterer Übertragung —, wenn sie ausdrücken wollten, daß einer eine Sache um ihrer selbst willen tat. Ich glaube nicht, daß der neue deutsche Bundesstaat ohne dieses Erbe, das aus dem echten preußischen Ethos stammt, wird existieren können.
Auf diesem Erbe gilt es aufzubauen. Aus diesem Grunde gerade erwarten wir, daß irgendwelche Einflüsse von alliierter Seite vermieden werden.
Ein zweiter Punkt ist das Außenseiterproblem. Auch dazu einige wenige Worte. Die Außenseiter werden in dem Gesetzentwurf als „freie Bewerber", d. h. also als Bewerber ohne die Laufbahnprüfungen, bezeichnet. Wir haben im preußischen Beamtentum schon immer freie Bewerber gehabt. Bereits 1936 ist das in den Reichsgrundsätzen festgelegt worden. Auch in der preußischen Monarchie 1 haben wir immer wieder solche Außenseiter gehabt. Es hat sich da aber um Experten, um Fachkundige auf Spezialgebieten gehandelt, die praktisch nur im höheren Dienst vorkamen. Meine Damen und Herren, ich glaube, es ist bisher sehr selten vorgekommen, daß wir Außenseiter in den unteren, mittleren oder gehobenen Beamtengruppen hatten. Wenn wir Wirtschaftler, Wissenchaftler, Techniker oder andere Spezialisten, die über jahrelange Berufserfahrung verfügen, haben wollen, die wir zum besonderen Nutzen des Staates einsetzen können, wollen wir diese Einsetzung als Beamte auch vornehmen.. Es wird sich in der Hauptsache oder überhaupt nur um Stellen des höheren Dienstes handeln. Wir müssen uns auf durch Berufserfahrung fachkundige Personen beschränken. Die Lebenserfahrung allein, meine Damen und Herren, genügt nicht. Deshalb sind wir der Meinung, daß wir diesen Begriff der Außenseiter oder der „freien Bewerber" recht eng auslegen müssen, damit auch nicht die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums verletzt werden. Was wäre denn die Folge einer sehr weiten Auslegung des Begriffes? Die Folge wäre eine Entwertung des Ausbildungswesens, eine Beeinträchtigung des Leistungsstandes, eine Zunahme der Nur-Parteileute im öffentlichen Dienst. Wir wollen keine parteipolitische Patronage.
Ich darf noch ein Wort zu dem so viel erörterten „Juristenmonopol" sagen. Meine Damen und Herren, wir haben kein Juristenmonopol gehabt. Das ist ein Schlagwort, dessen Richtigkeit man durch nichts beweisen kann; denn jeder, der in der Verwaltung Bescheid weiß, kennt ganz genau die Verteilung von Juristen, von Volkswirtschaftlern, von Technikern, von Bauleuten, von Ingenieuren usw.
Man muß aber, glaube ich, diesem hier einmal Rechnung tragen und muß Bestimmungen einführen,
die einen schon bestehenden Zustand legalisieren.
Ich empfehle in diesem Zusammenhang, doch einmal zu lesen, was unser früherer preußischer Innenminister Severing in seinen Memoiren über das Außenseitertum gesagt hat. Das sind außerordentlich kluge Worte.
Ich möchte zu einem weiteren Punkt kommen. Dieser betrifft die zehnjährige Wartezeit, um den Pensionsanspruch zu erwerben. Meine Damen und Herren, Sie wissen, daß wir bis 1937 die zehnjährige Wartezeit hatten. Dann verschwand sie aus dem Beamtengesetz. In dem Gesetz zu Art. 131 des Grundgesetzes ist die Bestimmung wieder eingefügt worden. Man kann sehr viel an Gründen anführen, ob es sich empfehle, die zehnjährige Wartezeit wieder einzuführen oder nicht. Es widerstreiten hier das Alimentationsprinzip und das Rücklageprinzip. Der Herr Bundesinnenminister ist vorhin auf diese Frage ja auch eingegangen. Im Beamtenrechtsausschuß wird sehr eingehend geprüft werden müssen, ob man den Forderungen der Beamtenverbände, die schon aus alter Zeit stammen, Rechnung tragen, d. h. diese zehnjährige Wartezeit fallen lassen soll oder ob man die Wartezeit von zehn Jahren beibehält, vielleicht auch eine Wartezeit von nur fünf Jahren festlegt. Ich möchte die Frage für den Augenblick offenlassen und ihre Beantwortung dem Beamtenrechtsausschuß anheimstellen.
Noch ein letzter, besonderer Punkt. Das ist die politische Betätigung der Beamten. In § 53 des Entwurfs sind die dafür geltenden Grundsätze enthalten. Der Bundesrat hat dazu Abänderungsvorschläge gemacht. Die Bundesregierung hat dieser Empfehlung des Bundesrats zugestimmt. Man kann die politischen Rechte der Beamten nach den Bestimmungen des Grundgesetzes nicht so beschränken, wie es der Entwurf ursprünglich getan hat.
Ich kann Ihnen hier ohne weiteres erklären, daß meine Fraktion den Abänderungsvorschlägen des Bundesrats, denen, wie ich schon sagte, die Bundesregierung zugestimmt hat, auch die Zustimmung gibt. Es ist natürlich unmöglich, daß ein Bundesbeamter, der, sagen wir einmal, im Bundestag sitzt, seinem Minister das Mißtrauen ausspricht. Es ist auch unmöglich, daß sich ein Bundesbeamter etwa bei der Beratung des Haushaltsplans beteiligt und ihn mit verabschiedet, aus dem er letzten Endes selber bezahlt wird. Diese Dinge liegen völlig klar.
Jedenfalls sind wir in diesen beamtenpolitischen Fragen — das kann ich für die Freien Demokraten in Anspruch nehmen — immer nach einer klaren Linie gegangen;
diese klare Linie werden wir fortsetzen.
Meine Damen und Herren, wir treten für das echte Berufsbeamtentum ein, das wir selbstverständlich demokratisch, fortschrittlich entwickeln wollen. Den Berufsbeamten soll die fachliche, oftmals so zeitraubende und mühevolle Vorbildung kennzeichnen.
Weiter sollen ihn die grundsätzlich lebenslängliche Anstellung, der lebensberufliche öffentliche Dienst, die wechselseitige Treuepflicht, aber auch der Schutz der wohlerworbenen Rechte kennzeichnen. So bekennen wir uns nach wie vor zu den Grundsätzen des echten deutschen Beamtentums.
Ein gut ausgebildetes, verfassungstreues, in seiner wirtschaftlichen Existenz gesichertes, nur dem Dienst an Volk, Recht und Gesetz verpflichtetes Berufsbeamtentum ist besonders in der Demokratie eine staatspolitische Notwendigkeit.
Bejahen wir aber diese Notwendigkeit, so ist es
unsere Aufgabe, ein Beamtenrecht zu schaffen, das
ins Wanken geratene Rechtsgrundsätze wiederherstellt, damit eine unzerstörbare Säule gebaut wird,
die die junge Bundesrepublik entscheidend trägt.