Rede von
Dr.
Konrad
Adenauer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und meine Herren! Ich werde mich bemühen, in meinen Ausführungen das Wort „Recht" möglichst wenig zu gebrauchen. Wenn man das Wort „Recht" in jedem Satz gebraucht, dann bekommt man einen falschen Eindruck, nämlich den Eindruck, als wenn man unter der Firma „Recht" irgendwelche Dinge vorbringe, die nicht richtig sind.
Ich stelle gegenüber den Erklärungen meines Herrn Vorredners ausdrücklich fest: der Bedarf Berlins ist Bedarf der Bundesrepublik und als solcher anerkannt. Der Bedarf Berlins wird jetzt schon von den drei Besatzungsmächten und von der Ruhrbehörde als Bedarf der Bundesrepublik anerkannt.
Zweitens stelle ich ausdrücklich folgendes fest: ich verstehe nicht, wie in diesem Hause gesagt werden kann, das Gesetz Nr. 27 sei ein internationales Abkommen.
Das ist mir völlig unverständlich. Eine solche Erklärung
widerspricht dem deutschen Interesse diametral.
Das Gesetz Nr. 27 ist kein internationales Abkommen, sondern ein uns, dem deutschen Volke, von den Siegermächten oktroviertes Gesetz
und nichts anderes.
Ich wiederhole endlich das, was ich schon in meiner Erklärung in der vorgestrigen Sitzung gesagt habe: wenn die Hohe Behörde in Kraft getreten ist, hat keine Instanz in der Welt mehr ein Recht, uns an Verflechtungen, falls wir sie für nötig halten, zu hindern,
es sei denn, daß durch unsere Verflechtungen größere Zusammenballungen entstehen als an irgendeiner anderen Stelle der Schumanplan-
Länder.
Nun, meine Damen und Herren, lassen Sie mich ein Wort sagen — ich werde im Laufe des Tages nochmal sprechen —, das man nicht oft genug sagen kann: Ich bitte unsere deutschen Brüder und Schwestern in Berlin und im Osten, sich durch Ausführungen, die im Deutschen Bundestag leider Gottes gemacht worden sind, nicht entmutigen zu lassen.
Bei jeder Verhandlung, die wir geführt haben, und bei jeder Verhandlung, die wir führen werden,
denken wir mit in erster Linie daran, daß wir alles tun, damit wir sobald und so schnell wie möglich mit Berlin und dem deutschen Osten in Frieden und Freiheit wieder vereinigt werden.
Ausführungen, wie sie leider Gottes gestern hier gemacht worden sind, meine Damen und Herren, sind das beste Material für die Sowjetpropaganda, um die Deutschen im Osten zu entmutigen,
und ich meine, meine Damen und Herren, über allem Parteiinteresse steht das nationale deutsche Interesse.