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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 183. Sitzung.- Bonn, Donnerstag, den 10. Januar 1952 7651 183. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 10. Januar 1952. Geschäftliche Mitteilungen . 7651D, 7779A, 7786C Übertritt des Abg. Dr. Fink von der Frak- tion der FU zur Fraktion der CDU/CSU 7652A Fortsetzung der zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betreffend den Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl vom 18. April 1951 (Nrn. 2401, 2484, 2950, zu 2950 der Drucksachen; Anträge Nrn. 2971, 2972, 2973, 2974, Umdrucke Nrn. 407, 408, 412) in Verbindung mit der Fortsetzung der ersten und zweiten Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und der FU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Durchführung des Gesetzes betreffend den Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl vom 18. April 1951 (Nr. 2951 der Drucksachen; Antrag Umdruck Nr. 409) . . . 7652A Wirtschaftspolitische Fragen: Dr. Hallstein, Staatssekretär des Auswärtigen Amtes 7652B, 7675A Imig (SPD) 7655B Niebergall (KPD) 7659D Kalbitzer (SPD) 7661B Dr. Preusker ( FDP), als Berichterstatter 7665B Dr. Bertram (FU) 7666C Dr. Nölting (SPD) 7669C Loritz (Fraktionslos) 7677D Paul (Düsseldorf) (KPD) 7685D Müller (Frankfurt) (KPD) 7691D Stegner (FDP) '7697D Dr. Schröder (Düsseldorf) (CDU) . 7702A Kuhlemann (DP) 7705B von Thadden (Fraktionslos) . . . 7706C Sozialpolitische Fragen, Rechtsfragen und allgemeinpolitische Fragen: Albers (CDU) 7710D Birkelbach (SPD) 7714B Harig (KPD) 7716C Grundmann (FDP) 7720D Heix (CDU) 7721D Dr. Wahl (CDU) 7723D Dr. Veit (SPD) 7726B Euler (FDP) 7730C Dr. von Merkatz (DP) 7734D Schoettle (SPD) 7739C Dr. Kreyssig (SPD) 7744A Fisch (KPD) 7747A Fürst zu Oettingen-Wallerstein (FU) 7753D Dr. Mommer (SPD) 7755D Wehner (SPD) 7762A Dr. Tillmanns (CDU) 7765D Dr. Hasemann (FDP) 7769C von Thadden (Fraktionslos) . . . 7771D Frau Strohbach (KPD) 7774B Loritz (Fraktionslos) 7776A zur Abstimmung: Dr. Richter (Niedersachsen) (Fraktionslos) 7776C Goetzendorff (Fraktionslos) . . . 7777B Mellies (SPD) 7779B Abstimmungen 7777D, 7779C Namentliche Abstimmungen . 7778B, 7779B zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung der dritten Beratung: Dr. Schmid (Tübingen) (SPD) . . . 7780B Dr. Semler (CDU) 7784A Schröter (CDU) (zur Geschäftsordnung) 7785D Abstimmungen 7785D Ausschluß des Abg. Dr. Richter (Niedersachsen) wegen gröblicher Verletzung der Ordnung für drei Sitzungstage 7786C Nächste Sitzung 7779A, 7783D, 7786C Zusammenstellung der namentlichen Abstimmungen über Art. I des Entwurfs eines Gesetzes betr. den Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl vom 18. April 1951 (Nr. 2401 der Drucksachen) und über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD (Umdruck Nr. 407) zu dem gleichen Gesetzentwurf betr. Einfügung eines Art. I a 7787A Die Sitzung wird um 9 Uhr 31 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Namentliche Abstimmungen 1. über Artikel I des Entwurfs eines Gesetzes betreffend den Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl vom 18. April 1951 (Nr. 2401 der Drucksachen), 2. über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betreffend den Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl vom 18. April 1951 (Umdruck Nr. 407). Name 1. I 2. Name 1 2. Abstimmung Abstimmung CDU/CSU Dr. Horlacher Ja Nein Horn Ja Nein Dr. Adenauer Ja Nein Huth Ja Nein Albers Ja Nein Dr. Jaeger Ja Nein Arndgen Ja Nein Junglas Ja Nein Bauereisen Ja Nein Kahn Ja Nein Bauknecht Ja Nein Kaiser Ja Nein Dr. Baur (Württemberg) . Ja Nein Karpf Ja Nein Bausch Ja Nein Dr. Kather Ja Nein Becker (Pirmasens) . . . . Ja Nein Kemmer Ja Nein Blank (Dortmund) . . . . Ja Nein Kemper Ja Nein Bodensteiner Ja Nein Kern Ja Nein Frau Brauksiepe Ja Nein Kiesinger Ja Nein Dr. von Brentano Ja Nein Dr. Kleindinst Ja Nein Brese Ja Nein Dr. Köhler Ja Nein Frau Dr. Brökelschen . . . Ja Nein Dr. Kopf Ja Nein Dr. Brönner Ja Nein Dr. Krone (Berlin) (Berlin) Brookmann Ja Nein Kühling Ja Nein Dr. Bucerius Ja Nein Kuntscher Ja Nein Frau Dietz Ja Nein Kunze Ja Nein Dr. Dresbach Ja Nein Dr. Laforet Ja Nein Eckstein — — Dr. Dr. h. c. Lehr . -- Nein Dr. Edert Ja Nein Leibfried Ja Nein Dr. Ehlers Ja Nein Lenz Ja Nein Ehren Ja Nein Leonhard Ja Nein Dr. Erhard Ja Nein ' Lücke Ja Nein Etzel (Duisburg) Ja Nein Majonica Ja Nein Etzenbach Ja Nein Massoth Ja Nein Even Ja Nein Mayer (Rheinland-Pfalz) . Ja Nein Feldmann Ja Nein Mehs Ja Nein Dr. Fink Ja Nein Mensing Ja Nein Dr. Frey Ja Nein Morgenthaler Ja Nein Fuchs Ja Nein Muckermann Ja Nein Dr. Freiherr von Fürsten- Mühlenberg Ja Nein berg Ja Nein Dr. Dr. Müller (Bonn) . . . Ja Nein Fürst Fugger von Glött . . Ja Nein Müller-Hermann Ja Nein Funk Ja Nein Naegel Ja Nein Gengler Ja Nein Neber Ja Nein Gerns . Ja Nein Nellen Ja Nein Dr. Gerstenmaier — — Neuburger Ja Nein Gibbert Ja Nein Nickl Ja Nein Giencke Ja Nein Frau Niggemeyer Ja Nein Dr. Glasmeyer Ja Nein Dr. Niklas — — Gliising entschuld. entschuld. Dr. Oesterle Ja Nein Gockeln Ja Nein Dr. Orth Ja Nein Dr. Götz Ja Nein Pelster Ja Nein Frau Dr. Gröwel Ja Nein Pfender Ja Nein Günther Ja Nein Dr. Pferdmenges Ja Nein Hagge Ja Nein Dr. Povel Ja Nein Frau Heiler Ja Nein Frau Dr. Probst Ja Nein Heix Ja Nein Dr. Pünder Ja Nein Dr. Henle Ja Nein Raestrup Ja Nein Hilbert Ja Nein Rahn Ja Nein Höfler Ja Nein Frau Dr. Rehling Ja Nein Hohl Ja Nein Frau Rösch Ja Nein Dr. Holzapfel Ja Nein Rümmele Ja Nein Hoogen Ja Nein Sabel Ja Nein Hoppe Ja Nein Schäffer Ja Nein Name 1. 2. Name 1. Abstimmung 2. Abstimmung Scharnberg Ja Nein Franke Nein Ja Dr. Schatz Ja Nein Freidhof Nein Ja Schill Ja Nein Freitag Nein Ja Schmitt (Mainz) Ja Nein Geritzmann Nein Ja Schmitz beurlaubt beurlaubt Gleisner Nein Ja Schmücker . . . . . . Ja Nein Görlinger . Nein Ja Dr. Schröder (Düsseldorf) . Ja Nein Graf Nein Ja Schröter Ja Nein Dr. Greve Nein Ja Schüttler Ja Nein Dr. Gülich Nein Ja Schütz Ja Nein Happe Nein Ja Schuler Ja Nein Heiland Nein Ja Schulze-Pellengahr . . . . Ja Nein Hennig Nein Ja Dr. 'Semler Ja Nein Henßler Nein Ja Dr. Serres Ja Nein Herrmann Nein Ja Siebel Ja Nein Hoecker Nein Ja Dr. Solleder Ja Nein Höhne Nein Ja Spies Ja Nein Frau Dr. Hubert Nein Ja Graf von Spreti Ja Nein Imig Nein Ja Stauch Ja Nein Jacobi Nein Ja Frau Dr. Steinbiß . . . . Ja Nein Jacobs Nein Ja Storch Ja Nein Jahn Nein Ja Strauß Ja Nein Kalbfell Nein Ja Struve Ja Nein Kalbitzer Nein Ja Stücklen Ja Nein Frau Keilhack Nein Ja Dr. Tillmanns (Berlin) (Berlin) Keuning Nein Ja Dr. Vogel . Ja Nein Kinat Nein Ja Wacker Ja Nein Frau Kipp-Kaule Nein Ja Wackerzapp Ja Nein Knothe Nein Ja Dr. Wahl Ja Nein Dr. Koch Nein Ja Frau Dr. Weber (Essen) . Ja Nein Frau Korspeter Nein Ja Dr. Weber (Koblenz) . . . Ja Nein Frau Krahnstöver . . . . Nein Ja Dr. Weiß beurlaubt beurlaubt Dr. Kreyssig Nein Ja Winkelheide Ja Nein Kriedemann Nein Ja Dr. Wuermeling Ja Nein Kurlbaum Nein Ja Lange Nein Ja SPD Lausen krank krank Frau Lockmann Nein Ja Frau Albertz Nein Ja Löbe (Berlin) (Berlin) Frau Albrecht Nein Ja Lohmüller krank krank Altmaier Nein Ja Ludwig Nein Ja Frau Ansorge Nein Ja Dr. Luetkens Nein Ja Dr. Arndt Nein Ja Maier (Freiburg) Nein Ja Arnholz Nein Ja Marx Nein Ja Dr. Baade Nein -Ja Matzner Nein Ja Dr. Bärsch Nein Ja Meitmann Nein Ja Baur (Augsburg) Nein Ja Mellies . . . . . . . . . Nein Ja Bazille krank krank Dr. Menzel Nein Ja Behrisch Nein Ja Merten Nein Ja Bergmann Nein Ja Mertins Nein Ja Dr. Bergstraeßer Nein Ja Meyer (Hagen) Nein Ja Berlin Nein Ja Meyer (Bremen) Nein Ja Bettgenhäuser Nein Ja Frau Meyer-Laule . . . . Nein Ja Bielig Nein Ja Mißmahl Nein Ja Birkelbach Nein Ja Dr. Mommer Nein Ja Blachstein Nein Ja Dr. Mücke Nein Ja Dr. Bleiß ....... Nein Ja Müller (Hessen) Nein Ja Böhm Nein Ja Müller (Worms) Nein Ja Brandt (Berlin) (Berlin) Frau Nadig Nein Ja Dr. Brill Nein Ja Neumann (Berlin) (Berlin) Bromme Nein Ja Dr. Nölting Nein Ja Brünen Nein Ja Nowack (Harburg) . . . . Nein Ja Cramer Nein Ja Odenthal Nein Ja Dannebom Nein Ja _ Ohlig Nein Ja Diel Nein Ja 011enhauer Nein Ja Frau Döhring Nein Ja Paul (Württemberg) . . . Nein Ja Eichler Nein Ja Peters Nein Ja Ekstrand Nein Ja Pohle Nein Ja Erler Nein Ja Dr. Preller Nein Ja Faller Nein Ja Priebe Nein Ja
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Alfred Loritz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (Fraktionslos)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (WAV)

    Er kann mir' immerhin etwas Ruhe verschaffen.

    (Zuruf von der Mitte: Es ist ja bald keiner mehr da!)

    — Ob S i e da sind, Herr Kollege, ist mir gleichgültig! Das Wichtige ist, daß das Volk weiß, daß hier wenigstens ein paar Leute gestanden haben, die sich getraut haben, die Wahrheit zu sagen!

    (Zuruf rechts: Ausgerechnet Sie!)

    Herr Hallstein hat schon etwas geahnt, indem er sagte: „Gegen die Fehler des Schumanplans hilft nichts anderes als eine weitere Integration".

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    So sagte er wörtlich. — „Sehr richtig", das sagten Sie jetzt.

    (Heiterkeit.)

    Das kommt mir so vor, wie wenn jemand morphiumsüchtig ist

    (Zuruf rechts)

    und die Nachteile dieses Morphiumgenusses dann zu verspüren bekommt.

    (Hört! Hört! rechts.)

    Da hilft auch nur noch die Einnahme weiterer Giftdosen und immer mehr und immer größerer Giftdosen, so, bis die ganze Volkswirtschaft dann zum Teufel geht; und die geht zum Teufel, wenn Sie auf diesem Weg fortfahren, meine Damen und Herren!

    (Zuruf rechts: So weit sind wir noch nicht!)

    Sie stehen heute am Kreuzweg einer Entscheidung, die weit über das hinausgeht, was im Schumanplan drinsteht. Sie stehen an dem Kreuzweg zwischen der und der , zwischen dem faulen, sorglosen und feigen Dahinschlittern, dem Weg des bequemlichen Ausweichens, und dem Weg, wo man warten und sich selbst auf seine Arbeitskraft 'zu besinnen hat! Sie stehen am Kreuzweg zwischen einer Entscheidung, wo Sie dann nicht mehr zurück können bis zum 'Ausgangsweg, wenn Sie diesen Weg einmal für falsch erkannt haben. Sie können dann nicht wieder zurück bis zum Kreuzweg und den anderen Weg gehen. Das können Sie nicht mehr! Beim ersten Schritt, da sind Sie noch frei. Heute sind Sie frei. Beim zweiten Schritt werden Sie Knechte sein, um ein Zitat von Goethe zu variieren. Meine Damen und Herren, dieser Ihr Weg führt ins Verderben!
    Sie geben einer Behörde, die nicht einmal eine deutsche ist und bei der Sie nur eine lächerlich geringe Minderheit von 18 % oder 20 % oder sonst was der Stimmen haben, obwohl Sie für diese Organisation und ihre Unterlagen und ihre Rohstoffe usw. das meiste beitragen, — Sie geben dieser Organisation, die nicht einmal eine deutsche ist, plein pouvoir! Sie geben ihr unbeschränkte Vollmacht und ein Ermächtigungsgesetz, das verdammt an andere wirtschaftliche und politische Ermächtigungsgesetze erinnert, die wir schon einmal gehabt haben und die auch eine Ausschaltung der demokratischen Institutionen und des Einflusses des Volkes auf die betreffenden Behörden bedeuteten! Sie schaffen ein neues Ermächtigungsgesetz, und ich beschwöre Sie heute: Schaffen Sie dieses Gesetz im letzten Moment nicht!

    (Zuruf rechts: Beschwören Sie lieber Schlangen! — Heiterkeit.)

    Verweigern Sie ihm die Zustimmung, damit man nicht nach wenigen Jahren von Ihnen dasselbe sagt wie von denen, die damals — 1933 — im Reichstag die Forderung nach einem Ermächtigungsgesetz mit Ja statt mit einem kräftigen Nein beantwortet haben!
    Und gerade an die nichtsozialistischen Kreise hier in diesem Hause wende ich mich und muß ich mich wenden, damit es nicht einmal später heißt: Es waren lediglich die Sozialisten, die diesem Ermächtigungsgesetz widerstanden haben — wie es tatsächlich auch 1933 der Fall war. Ich beschwöre die Damen und Herren aus den bürgerlichen Gruppen und Fraktionen, die nicht in der Regierung sitzen, hier nicht mitzumachen, sondern als Vertreter des Bürgertums dem Schumanplan ihre Zustimmung zu versagen, auf daß nicht einmal dereinst gesagt werden wird: Von den bürgerlichen Kreisen war niemand oder so gut wie niemand da, der es wagte. dem neuen Ermächtigungsgesetz die Spitze zu bieten.

    (Abg. Etzel [Duisburg': Sie sind doch da! — Heiterkeit.)

    — Ich hoffe, daß möglichst viele von Ihnen zusammen mit mir gegen den Schumanplan stimmen werden.
    Was der Schumanplan wirklich ist, dafür kann man keinen besseren Ausdruck finden als den, den die alten Juristen geprägt haben: Der Schumanplan ist eine societas leonina. Es gibt keine gute deutsche Übersetzung, außer im Dialekt. Dort heißt es „Gesellschaft auf Besch ...", ich will mich nicht näher ausdrücken! Dort, im Dialekt, meine Damen und Herren, könnten Sie einen treffenden Ausdruck als Übersetzung für das lateinische Wort societas leonina finden. Eine societas leonina ist eine Gesellschaft, bei der jemand in ein Betriebsvermögen, sagen wir einmal, von 100 Millionen Mark 60 Millionen einbringt und nur 20 % Stimmrecht hat, bei 'der also der Betreffende die Mehrheit der Fabrik und des ganzen Unternehmens trägt wie wir bei der Kohle, von der wir mehr als jedes andere Land des Schumanplans produzieren, oder beim Stahl, wo wir ebenfalls trotz der Beschränkungen heute schon mehr als jedes andere Land des Schumanplans erzeugen. W i r bringen den größeren Teil des Betriebsvermögens ein und haben in der Schumanplan-Versammlung nur 18 Stimmen, — 18 Stimmen bei insgesamt 78! Auf deutsch gesagt: eine hoffnungslose Minderheit, die jederzeit überstimmt werden kann! Ungefähr so wie S i e hier drinnen die Minderheit überstimmen, könnte es Ihnen dann an Ihrem eigenen Leibe passieren, aber in einer Form, die für das deutsche Volk und die deutsche Volkswirtschaft noch tausendmal verhängnisvoller ist als die Mißachtung demokratischer Spielregeln, die man so oft bei Ihnen hier erleben muß, meine Herren von dieser Seite (zur CDU und FDP hin).

    (Oho!-Rufe in der Mitte und rechts.)



    (Loritz)

    Diese societas leonina! Sie haben heute aus dem Munde hervorragender Wirtschaftssachverständiger schon gehört — und ich brauche nicht nochmals dazu Stellung zu nehmen —, in welcher Art und Weise hier Deutschland benachteiligt wird, welches mehr Kohle und mehr Stahl produziert als jedes andere Land des Schumanplans. Das Mißverhältnis wäre ein noch viel größeres, wenn die Saargebiet-Produktion zum deutschen Produktionskoeffizienten hinzugezählt würde. Ich brauche das, was über dieses schreiende Mißverhältnis zwischen dem, was von uns eingebracht wird, und dem, was wir erhalten, gesagt worden ist, nicht zu wiederholen.
    Wenn uns heute Herr Professor Hallstein und gestern Herr Dr. Adenauer auf die Zukunft vertröstet haben, so weiß ich nicht, ob wir uns mit solchen vagen Aussichten auf die Zukunft begnügen sollten. Ich als Jurist habe gern schriftliche Verpflichtungen, und so ist es auch im Völkerrecht. Nur was man schwarz auf weiß besitzt, kann man getrost nach Hause tragen!
    Wir sind keineswegs der Auffassung, daß man die brennende Sorge der französischen Stahlindustrie, Koks und Kohle von uns zu normalen vernünftigen Preisen in jederzeit zureichender Menge zu erhalten, irgendwie auf die leichte Schulter nehmen sollte. Im Gegenteil! Wir sind Freunde einer Zusammenarbeit mit dem französischen Volk

    (Abg. Dr. Jaeger: Das haben wir gar nicht bei Ihnen bemerkt!)

    und auch mit den französischen Wirtschaftskreisen. Wir haben ganz andere Vorschläge als den Schumanplan zu machen, die' der Sehnsucht und dem berechtigten Bedürfnis der französischen Stahl) industrie nach Koks und Kohle entsprechen könnten: nämlich zweiseitige Lieferungsverträge zwischen Deutschland und Frankreich, meinetwegen auf die Zeitdauer von soundsoviel Jahren, meinetwegen auf 50 Jahre, wenn Sie wollen, — Lieferungsverträge, klipp und klar abgefaßt, der Menge nach abgegrenzt, mit Paragraphen und Bestimmungen im Vertrag, die meinetwegen noch so ausführlich sein können. Wir wollen hier zweiseitige Verträge mit Frankreich und genau so mit den anderen Partnern. Nur dann können wir wirklich volkswirtschaftliche Bilanz machen. Nur dann können wir wirklich sagen: Was haben wir gegeben, und was bekommen wir dafür, — nach dem Grundsatz „do, ut des", der trotz aller schönen Sprüche von Europa und der europäischen Jugend, wie Herr Professor Nölting mit Recht meint, in den nächsten Jahrhunderten für die Gestaltung der zwischenstaatlichen und zwischenwirtschaftlichen Bedingungen unter den europäischen Völkern maßgeblich und bestimmend sein wird.
    Geradezu unmöglich aber ist es, wenn Professor Hallstein am Schluß seiner sehr matten Ausführungen gar noch sagt: „Was wollen Sie denn? Sie sind gegen Wanderungsbewegungen? Wir, Hallstein, wollen Wanderungsbewegungen innerhalb Europas — Wanderungsbewegungen von deutschen Arbeitern in andere Länder." Ja, ich weiß, in dieser Regierung Dr. Adenauer spielen mehr Leute als nur Professor Hallstein mit diesem Gedanken der Wanderung und der Abwanderung und Auswanderung. Hat doch erst vor kurzem ein anderer Bundesminister erklärt, die beste Lösung des Problems der heimatvertriebenen deutschen Bauern sei die, sie einfach in Südfrankreich oder irgendwo anders anzusiedeln. Wir sind gegen einen solchen Entzug wertvoller deutscher Arbeitskraft, und ich weiß nicht, ob auch die anderen Vertragspartner des Schumanplans, namentlich Frankreich, so begeistert vom Schumanplan wären, wenn sie einmal sehen würden, wie die depossedierten Arbeiter, die aus den unrentabel gewordenen Unternehmungen bei uns hinausfliegen, nach Frankreich drängen, in die französischen Industriegebiete gehen und dort den französischen Arbeitern Konkurrenz machen — die deutschen Fach- und Qualitätsarbeiter, die in der ganzen Welt bekannt, geachtet, leider auch gefürchtet sind ob ihrer Tüchtigkeit, ihrer Sparsamkeit, ihres Arbeitseifers und ihrer deutschen Disziplin, die es doch den meisten Arbeitern quasi als Staatsverbrechen erscheinen läßt, wenn sie mal ein Streikehen wagen, weil die Herren Großbesitzer der Schwerindustrie ihnen von den Riesengewinnen, die sie zur Zeit machen, nichts ablassen wollen. Der französische Arbeiter ist ja nicht so lammfromm und kadavergehorsam; er hat eine andere demokratische Tradition als bei uns, wo mit Kanonen und Bajonetten und Polizisten regiert wird und lange schon in der Vergangenheit regiert worden ist!

    (Lachen.)

    Meine Damen und Herren, das zu dieser „Wanderungsbewegung". Ich teile nicht ganz die Auffassung einiger sozialdemokratischer Redner von gestern und heute, die da meinen, nur Frankreich oder vor allem Frankreich sei der Nutznießer des Schumanplans. Ich meine fast, es könnte der Zeitpunkt kommen, da zu den Leidtragenden des Schumanplanes gerade die französische Bevölkerung zusammen mit der deutschen gehört. Ich habe immer so ein gewisses Mißtrauen gegen derartige Oberbehörden, die noch dazu national unabhängig sind, von der französischen Regierung wie von der deutschen. Solche Organisationen haben es so in sich — oh, das fing schon an mit dem Bureau international du Travail —, alles an sich zu ziehen und dann ihren geistigen Vätern bald einen Fußtritt zu versetzen und sie nicht mehr zu kennen. Ich weiß nicht, ob diese Oberbehörde dann die Interessen des französischen Volkes wirklich noch vertritt — die des deutschen, das nur 18 Stimmen in dieser Behörde hat, wird sie ebenfalls sehr wenig vertreten —; es könnte sein, daß sie nur die eigenen Interessen vertritt, die Interessen des Klüngels und der Clique, die das ganze Übermachtinstrument in die Hand bekommen hat, das nach dem Schumanplan Haute Autorité heißt.
    Meine Damen und Herren, interessant und gefährlich wird es ja erst, wenn die Depression kommt. Solange eine Hochkonjunktur ist, solange den Stahlwerken der Stahl buchstäblich aus der Hand gerissen wird, wie es heute in der ganzen Welt ist, solange Kohle noch und noch zu verkaufen ist — wo doch bei uns Millionen von Menschen glücklich wären, wenn der Herr Wirtschaftsminister ihnen mehr als lausige 15 oder 20 Zentner für die Heizperiode zuteilen würde —, zu einem solchen Zeitpunkt ist es leicht, Verträge zu machen. Kitzlig wird die Geschichte erst, wenn es sich um eine Zeit der Depression handelt. Die wird sofort kommen, wenn die internationalen Spannungen sich verringern. Denn wenn sie sich verschlimmern — das wollen wir nicht hoffen! —, dann kommt eine Katastrophe über die Welt. Aber nehmen wir den günstigen Fall, daß sie sich verringern, wenn es gelingt, die brennenden Probleme wenigstens einigermaßen zu lösen. Dann werden wir sehen, wohin wir mit dem Schumanplan


    (Loritz)

    kommen. Und auch da sagt Professor Hallstein nicht die objektive Wahrheit, wenn er erklärt, die Behörde würde j a mit der Produktion so gut wie nichts zu tun haben. Ich habe Ihnen schon aus dem Schumanplan zitiert, in welch ungeheuer wirksamer Art und Weise diese Oberbehörde nicht bloß als Suprastaat existiert und fungiert, sondern noch dazu als Übergericht funktioniert. Denn es bedeutet, Gerichtsbefugnis zu haben — ich betone das ausdrücklich —, wenn man gerichtliche Entscheidungen treffen kann, dem anderen Haus und Hof und Unternehmen wegnehmen kann, und dann eine Anrufung des Gerichtshofs dieser Behörde keine aufschiebende Wirkung hat.
    Der prominente sozialdemokratische Redner, der vor mir sprach, hat vielleicht nicht ganz recht, wenn er meint, daß das Gericht die wirtschaftlichen Überlegungen, die zu den Entscheidungen der Haute Autorité geführt haben, nicht zu berücksichtigen hätte. Ich glaube, daß aus dem Text des Schumanplans — und da hat natürlich Professor Hallstein als Jurist sofort eingehakt — das Gegenteil hervorgeht, daß bei solchen Entscheidungen wenigstens in einer Reihe von Fällen auch die wirtschaftlichen Motive durch das Gericht überprüft werden können. Aber was besagt denn das! Und so haben Sie, Herr Professor Nölting, im Endergebnis mit Ihrer Argumentation recht gehabt! Das Schumanplan-Gericht kann ruhig die Sache auch hinsichtlich der wirtschaftlichen Motive prüfen. Das nutzt uns gar nichts! Denn auch in diesem Gericht sind wir nur eine hoffnungslose Minderheit, und wenn's hart auf hart geht, und wenn der Hafer knapp wird, dann beißen sich die Pferde — dann möchte ich den Vertreter, der von Frankreich, von Italien oder Belgien oder woher sonst hineingewählt worden ist, kennen, der da nicht mit Klauen und Zähnen dafür kämpfen würde, daß sein Land besser fährt und unser Land schlechter! Und dann sind wir in der Minderheit, und was das bedeutet, das haben wir schon gesehen.
    Ich habe in meinen Ausführungen eines vergessen: Der Schumanplan schafft einen Gerichtshof, der — mutatis mutandis, verstehen Sie mich da bitte nicht falsch! — genau wie die Nürnberger Gerichte deutsche Industrieunternehmer verurteilen kann und wird, ohne daß sie die Möglichkeit haben, das Urteil durch deutsche Gerichte überprüfen zu lassen. Wenigstens das hätte man von einer deutschen Regierung verlangen müssen und verlangen können, daß sie in den Schumanplan noch eine Bestimmung hineingebracht hätte, wonach die Oberbehörde die Sache in letzter Instanz an deutsche Gerichte verweisen oder sonst irgendwie die deutsche Rechtsprechung einschalten muß, um festzustellen, ob nach dem Urteil deutscher Gerichte tatsächlich ein Verstoß gegen den Schumanplan vorliegt. Wenigstens bei solchen Entscheidungen der Oberbehörde müßte das der Fall sein. wo dem betreffenden Unternehmer sein ganzes Werk und den Arbeitern ihre Arbeitsstätte weggenommen wird.
    Meine Damen und Herren, ich gehe ebenfalls nicht konform mit meinem Vorredner, dem Herrn Staatsminister Nölting, wenn er meint, ungefähr 10 % der deutschen Wirtschaft seien uns durch diesen dubiösen Schumanplan aus der Hand genommen. Sie haben ganz recht angeführt, Herr Minister, in welch enormer Art und Weise in der Volkswirtschaft alles von Kohle und Eisen abhängt, die ganzen Handwerker, der ganze Mittelstand, vom Spengler angefangen, der Blech und
    Röhren verarbeitet, bis zu dem Bäckermeister, der Kohlen braucht, um Brot zu backen.
    Das ist aber weit mehr als 10 %!
    Leider wird mit dem Schumanplan eine Behörde geschaffen, bei der der deutsche Mittelstand und Arbeiter keinen Einfluß auf ihr Funktionieren mehr hat, nicht einmal seine Regierung mehr, die, wie ich schon oft sagte, in hoffnungsloser Minderheit ist. Ich möchte einen Besen fressen, wenn die Kohle, das Eisen und der Stahl in der nächsten Zeit durch den Schumanplan billiger werden oder wenn sie dadurch leichter zu erhalten sind.

    (Zuruf von der Mitte: Den Besen können Sie nicht fressen!)

    Kohle, Eisen und Stahl werden teurer werden, kann ich Ihnen sagen, und die Kohle wird wahrscheinlich für die breiten Schichten der Bevölkerung nicht leichter zu erhalten sein als heute, wenigstens für die nächste Zeit, von der für uns ja alles abhängt.
    Meine Damen und Herren, eines ist außerordentlich merkwürdig, und es wundert mich, daß die Kronjuristen der Regierungsparteien hier nicht schon lange eingegriffen haben: Warum ist der Schumanplan nicht auch durch den Rechtsausschuß gegangen? Warum wurde nicht von prominenten Juristen untersucht, ob denn der Art. 92 des Grundgesetzes mit dem Schumanplan überhaupt vereinbar ist, mit dieser Behörde, die kein Gericht ist, die aber eine Entscheidung trifft, gegenüber der die Anrufung des im Schumanplan vorgesehenen Gerichts keine aufschiebende Wirkung hat. Es werden noch manche anderen Artikel des Grundgesetzes berührt. Wenn aber diese Artikel des Grundgesetzes dem entgegenstehen, dann, meine Herren, bekommen Sie den Schumanplan niemals durch, denn eine verfassungändernde Mehrheit bekommen Sie nicht mehr in den knappen 11/2 Jahren, wo Sie hier herinnen noch so stark sitzen dürfen, und nachher wird's wohl anders gehen, meine Damen und Herren.

    (Heiterkeit. — Zuruf von der Mitte: Der nächste Bundestag wird auch keinen Loritz haben!)

    Jenes Rechtsproblem müßte untersucht werden, und ich warte mit brennender Sorge darauf, daß von irgendeiner großen Fraktion in diesem Hause der Antrag endlich noch gestellt wird — es ist wohl auch nach der neuen Geschäftsordnung noch möglich —, den Schumanplan einmal durch den Rechtsausschuß laufen zu lassen und dort diese Bestimmungen nach der rein rechtlichen und nach der verfassungsrechtlichen Seite, aber auch an Hand der bestehenden Wirtschaftsgesetze und der internationalen Wirtschaftsverträge genauestens überprüfen zu lassen.
    So geht das nämlich nicht, dieses rasche Durchpeitschen des Schumanplans, und heute haben die wenigsten noch, wie man von oben ganz gut sehen kann, die Schumanplan-Drucksache vor sich liegen. Sie haben j a das Rundschreiben des Herrn Bundestagsdirektors bekommen, wonach die Drucksachen nicht nochmals verteilt werden, wie es eigentlich im Parlament Sitte ist, sondern auf die Verteilung, die im Sommer vorigen Jahres stattgefunden hat, Bezug genommen wird. Viele Leute haben dieses Exemplar nicht mehr; vielleicht haben's die Putzfrauen nach der ersten Lesung weggewischt, oder es ist sonstwie zu Verlust gegangen. Ich möchte schon, daß man wenigstens — —(Unruhe)




Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Abgeordneter Loritz, Sie haben sie; die Drucksache ist gestern noch verteilt worden.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Alfred Loritz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (Fraktionslos)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (WAV)

    — Ist gestern noch verteilt worden? So? Dann muß sie also unmittelbar vor der Sitzung noch verteilt worden sein, reichlich spät! Ich habe jedenfalls ein Rundschreiben des Herrn Direktors Troßmann in meinem Besitz, in dem er ausdrücklich sagt, die Abgeordneten möchten die Exemplare vom vorigen Jahre mitbringen; es sei für die zweite Lesung nicht mehr möglich, diese Drucksache zu verteilen. Herr Präsident, von diesem Rundschreiben wissen Sie wahrscheinlich nichts, ich stelle es Ihnen sehr gern zur Verfügung.

    (Abg. Dr. Horlacher: Sie müssen eine saubere Ordnung beisammen haben!)

    — Nein, i c h habe den Schumanplan, Herr Horlacher! Ich zitiere Ihnen schon die ganze Zeit daraus! Ich lese Ihnen nicht aus einem Manuskript vor, wie Ihre Patentredner es immer tun, obwohl es in der Geschäftsordnung heißt, die Abgeordneten sollen frei sprechen! In Wirklichkeit kommen sie mit dicken Manuskripten 'rauf und lesen daraus so schön vor.

    (Zurufe von der Mitte.)

    — Nein, ich lese nichts vor. Ich habe lediglich die Gesetzestexte.

    (Abg. Stücklen: Darum ist's auch entsprechend, Herr Loritz!)

    — Ja, für Ihren Geschmack vielleicht nicht! Aber was der Geschmack der deutschen Wähler ist, das warten wir bis zur nächsten Wahl ab!

    (Zuruf von der Mitte: Das werden wir noch sehen! — Weiterer Zuruf: Also kein Besen!)

    Darf ich zu den Übergangsbestimmungen eines sagen: sie sind von größter Wichtigkeit, fast von noch größerer Wichtigkeit als das Hauptgesetz, weil gerade richtige Übergangsbestimmungen für die nächsten Jahre entscheiden!

    (Inzwischen ist neben das Rednerpult ein Besen gestellt worden. Zurufe von der Mitte: Jetzt kommt der Besen! — Zurufe: Herr Loritz, jetzt können Sie einen Besen fressen!)

    — Sie machen sich den Humor sehr leicht!

    (Heiterkeit.)

    Ich glaube, viele Journalisten des In- und Auslandes hören uns zu. Vielleicht ist auch mancher dabei, der sagt, daß ,das, was Sie tun, nicht gerade sehr demokratisch ist. Ich mache es bei Ihren Rednern nicht, daß ich nur mit Lächerlichkeiten. daherkomme. Mit all dem bringen Sie mich auch von meinem Wege nicht ab. Ich bin keiner, der sich als Opposition gegen die Regierung wählen läßt und dann zu den Regierungsparteien überspringt, davon seien Sie überzeugt! Allerdings, es gehört etwas dazu, das durchzuhalten. Ein Magen und Nerven gehören dazu, um das auf die Dauer auszuhalten, wie Sie sich hier in einem deutschen demokratischen Parlament benehmen!

    (Zuruf von der Mitte: Wie Sie, Herr Loritz! — Beifall rechts.)

    — Nein, ich mache so etwas wie Sie nicht!
    Meine Damen und Herren, ich, möchte zu den Übergangsbestimmungen noch sagen: Man hat es, nachdem man allgemeine Bestimmungen in den Entwurf hineingebracht hat, für nötig gehalten, für die Übergangszeit noch besondere Schutzbestimmungen für einzelne Staaten zu schaffen; das sind die §§ 23 ff. Das sind also die besonderen Vorschriften für Kohle von § 24 ab und für Stahl von § 29 ab. Ich lese da von besonderen Bestimmungen für Frankreich, Belgien, für Italien, ja sogar für Luxemburg. Ich blättere aber vergeblich nach Schutzbestimmungen für Deutschland, für die deutsche Stahlindustrie usf. Ich finde nichts, aber auch nichts davon! Kein eigenes Kapitel wie für Belgien, für Frankreich, für Italien — wie in § 27 — oder für Luxemburg — wie in § 31, nichts davon! Es ist schon so mit der Societas leonina, das zieht sich durch wie ein roter Faden, nicht bloß durch das Gesetz selbst, sondern genau so durch die Übergangsbestimmungen!
    Daß darüber von den Herren der Regierungsparteien sa wenig gesprochen wurde, bzw. daß sie all das, wenn sie es überhaupt schüchtern versuchten, zu bagatellisieren und zu minimisieren bestrebt waren, kann niemand begreifen, der juristische Texte zu lesen gewohnt ist. Sehen Sie sich bitte mal die Fassung des § 23 an, der den Fall behandelt, daß ganze Industrien kaputtgehen, weil sie in einer Randlage liegen. Das gilt z. B. für die Randzechen im Ruhrgebiet, die jetzt nur deswegen eine Konjunktur haben, weil die Kohle so rar ist, daß alle Leute Überpreise zahlen, die ganz unwirtschaftlich sind. Es geht aber noch viel weiter, und da, meine Herren von der CSU und der Bayernpartei, müßten S i e besonders hellhörig sein. Unsere gesamte bayerische Produktion an Kohle und Eisen ist mit diesen Bestimmungen des Schumanplans erledigt, wenn die Konjunktur urn-schlägt, weil sie viel zu ungünstig liegt, nicht bloß der Fracht nach, Herr Professor Nölting, sondern genau so auch den Produktionsbedingungen nach. Sie wissen ja, aus welchen Flözen bei uns in Oberbayern Kohle produziert wird. Die würde man im Ruhrgebiet gar nicht abbauen, sondern überhaupt links liegen lassen, so dünn sind diese Flöze. Und denken Sie an die ganzen Vorkehrungsmaßnahmen in den bayerischen Kohlenbergwerken, die erforderlich sind, weil ein ganz enormer Gebirgsdruck besteht, der sich im Laufe der Jahrzehnte noch weiter steigern kann. Denken Sie an Preißenberg, an Peiting, an Hausham und an Penzberg! Dadurch werden die Produktionskosten selbstverständlich höher als in anderen Gegenden.
    Beim Stahl ist es genau so. Unsere alte bayerische Maximilianshütte droben in der Oberpfalz ist erledigt, wenn die Konjunktur umschlägt, weil sie keineswegs mehr so billig produzieren kann, um etwa mit den Eisenwerken der Franzosen in Konkurrenz treten zu können, die auf dem Minette-Erz aufgebaut sind.
    Was sagt nun dieser § 23, von dem ich gerade sprach? Was für ein Trostpülverchen, was für ein Zückerlein hat er für die deutsche Arbeiterschaft?! Hören wir doch einmal, was er sagt:
    Falls infolge der Errichtung des gemeinsamen Marktes einzelne Unternehmen oder Teile von Unternehmen vor der Notwendigkeit stehen sollten, ihre Tätigkeit ... einzustellen ...,
    dann hat die Hohe Behörde nur „mitzuwirken". Was heißt „mitwirken"? Das ist schon gar nichts Gutes!

    (Abg. Dr. Horlacher: „Mitwirken" ist doch immer eine Tätigkeit!)

    Ja, wenn man z. B. einen Akt in Empfang nimmt, einen Stempel draufgibt, den Akt dann an die deutsche Regierung weiterleitet und ihr sagt


    (Loritz)

    „Zahlt Ihr!", dann ist das auch schon ein „Mitwirken"! Auch wenn man dazu eine schöne Resolution faßt: „Getreu den europäischen Grundsätzen bedauert es die Haute Autorité außerordentlich, daß ein paar hunderttausend Arbeiter ums Brot gekommen sind!"

    (Beifall rechts.)

    Ja, die Haute Autorité bietet Ihnen sogar eine „récompense" an, sehr verehrter Herr Zwischenrufer! Auch das ist in diesem § 23 vorgesehen. Aber was? Das werde ich Ihnen gleich vorlesen. Ich hätte es Ihnen schon vorgelesen, wenn Sie mich nicht immer unterbrächen.

    (Abg. Dr. Horlacher: Das verstehst du ja nicht!)

    — Vielleicht verstehen Sie es!

    (Abg. Dr. Horlacher: Ich habe es verstanden! Das haben wir immer verstanden!)

    — Ja, Herr Horlacher, das glaube ich! Sie sind Ihrer Meinung nach eben ein Alleskönner! S i e verstehen von der Industrie genau so viel wie von der Landwirtschaft, von der Sie ja stammen.

    (Erneuter Zuruf des Abg. Dr. Horlacher.)

    — Bitte schön, haben Sie nichts gesagt? Hier im Stenogramm ist es verewigt! — Die Haute Autorité wird also dabei „mitwirken", daß die Arbeiterschaft vor den Lasten der Anpassung geschützt wird, und zwar w i e „geschützt" wird, und ihr eine produktive Beschäftigung gesichert wird, und zwar woanders, also vielleicht Schneeschaufeln bei den ertragreicheren Zechen Lothringens oder im Ruhrgebiet. Oder sie werden Straßen bauen oder so kleine Feldeisenbahnen bei einigen großen Werken, die noch am Leben bleiben, weil sie günstiger produzieren. „Umschulung" ist ja auch bereits vorgesehen — siehe § 23 Buchstabe d! Vielleicht werden die Stahlarbeiter dann Bäckermeister bei irgendeinem großindustriellen Werk, oder sie werden in die Kantine eines großen Stahlwerkes in Lothringen oder sonstwo eingestellt! — Wie gesagt, hier sind sogar Gelder für Umschulungen vorgesehen, und zwar in Abs. 4 Buchstaben c und d dieses § 23, allerdings nur Beihilfen; den Löwenanteil wird auch hier das deutsche Volk, der deutsche Steuerzahler zu tragen haben. Mir tut nur heute schon der arme Dr. Schäffer leid, wenn er dafür mit ein paar hundert Millionen Mark herausrücken soll. Bekanntlich muß nach Ziffer 6 des § 23, den ich auch vorlese, die Haute Autorité die Zahlung einer Beihilfe davon abhängig machen, daß der beteiligte Staat — in dem Falle also Deutschland — einen mindestens gleichwertigen besonderen Beitrag leistet. Sehen Sie, so ist die Geschichte! Also die Hauptsache bleibt dabei doch an uns hängen. Ich weiß nicht, ob Herr Schäffer die Millionen hat — er hat jetzt schon zu wenig, um den Kriegsversehrten mehr zu geben —, um hier weitere Hunderttausende auf die Straße geschmissener braver 'deutscher Arbeiter auf unabsehbare Zeit hinaus noch mit der nötigen Unterstützung zu versehen.

    (Abg. Stücklen: Das ist Demagogie!)

    — Nein, das ist keine Demagogie, Herr 'Zwischenrufer. Das ist der Gesetzestext!

    (Abg. Stücklen: Das ist Demagogie, reden Sie nicht!)

    — Sie sind immer außerordentlich leicht dabei, anderen Leuten Demagogie vorzuwerfen! Ich habe das Gesetz vorgelesen und nichts anderes. Es hat einmal ein bekannter Mann gesagt: „L'on est
    toujours le réactionnaire de quelqu'un". Sie variieren das heute: „L'on est toujours le démagogue de quelqu'un", nämlich von denen, die drinhocken in der Regierung und dem Volke nicht Rechenschaft ablegen wollen. Machen Sie doch eine Vo1ksabstimmung über den Schumanplan! Heute sehen die Damen und Herren von der Sozialdemokratischen Partei wohl ein, wie recht wir von der WAV damals hatten,

    (Heiterkeit)

    als wir zu der Zeit, da zunächst in den deutschen Ländern die Verfassung geschaffen wurde, in Bayern sagten: Laßt wenigstens über die wichtigsten Gesetze, von denen Wohl und Wehe und Schicksal des ganzen Volkes auf Jahrzehnte abhängt, eine Volksbefragung zu! Fragt das Volk einmal in geheimer Abstimmung, was es dazu sagt! Da habt ihr euch leider damals dagegen gestellt, auch die Kommunisten im bayerischen Landtag.

    (Widerspruch bei der KPD.)

    So kam dann eine Entwicklung, die Sie alle kennen. Heute würden Sie es willkommen heißen, wenn das deutsche Volk in geheimer Abstimmung über den Schumanplan zu befinden hätte. Das wäre der richtige Weg. Da würden Sie etwas sehen, meine Herren Zwischenrufer, wer als Demagoge bezeichnet werden muß.

    (Abg. Stücklen: Wir sind doch keine . Zwischenrufer!)

    — Nein, wir sind in keiner Versammlung, aber Sie machen ständig Zwischenrufe und sind daher ein Zwischenrufer. Ich kann doch wohl noch Deutsch.

    (Erneuter Zuruf von der CDU: Aber schlecht!)

    — Ich kann mit Ihnen auch lateinisch sprechen, wenn Sie mögen. Vielleicht verstehen Sie dann besser — oder Griechisch?

    (Zurufe von der Mitte: Ja bitte! — Auch bayrisch! — Heiterkeit.)

    —, Ja freilich, auch bayrisch kann ich mit Ihnen reden, wenn Sie mögen; aber dann schon a bisserl anders. Nur weiß ich dann nicht mehr, was der Herr Präsident dazu sagen würde, und ich möchte doch vermeiden, Ordnungsrufe einzuheimsen.

    (Zuruf von der CDU: Wo er so viel Großmut und Duldsamkeit hat; das ist doch zu bestaunen!)