Rede von
Georg
Kurlbaum
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nur ein paar kurze Ausführungen zu dem, was die Kollegen Preusker und Etzel gesagt haben. Der Kollege Preusker hat wieder einmal mit den Worten „Markt" und „freier Wettbewerb" operiert. Konkretisieren wir doch mal das Problem, werfen wir uns nicht nur Schlagworte an den Kopf, sondern fragen wir uns: Wo besteht denn der freie Wettbewerb in einem Deutschland, wo auf weiten Marktgebieten aus Rohstoffmangel, aus Kapitalmangel oder aus den bekannten stillen oder öffentlichen Abreden das Angebot viel zu klein und damit das Preis-Niveau überhöht ist? Und dann bedenken Sie unter diesen einschränkenden Bedingungen, unter denen der Wettbewerb sich heute nur auswirken kann, die sozialen Folgen, wenn Sie hier die These aufstellen, daß der Markt allein maßgebend sei, wenn Sie diese völlig ungleichen Kräfte auf beiden Seiten des Marktes gegeneinander kämpfen lassen.
Nun zu dem, was der Kollege Etzel gesagt hat. Hier liegen zweifellos eine Reihe von Mißverständnissen vor. Wir haben niemals behauptet, das Investitionsvolumen in Deutschland sei an sich zu gering. Im Gegenteil, wir neigen zu der Auffassung, daß es unter Umständen zugunsten eines höheren Lebensstandards auch einmal eingeschränkt werden sollte. Es geht also nicht um die absolute Höhe der Investitionen, sondern um ihre Verwendung.
Das zweite ist die Frage der Finanzierung der Investitionen. Selbstverständlich sind wir gegen eine Finanzierung der Investition über die Preise, weil diese, wie ich vorhin dargelegt habe, zu Preiserhöhungen und zu einer erneuten Gefährdung einer sozialen Verteilung des Einkommens führt. Ich glaube, ich habe das sehr klar und deutlich gesagt. Aus diesem Grunde lautet unsere These: Finanzierung der Investitionen durch Fremdkapital ohne Preissteigerungen und ohne daß damit ein ungerechtfertigter Zuwachs der Privatvermögen durch Geschenke aus der Bundeskasse und aus öffentlichen Mitteln erfolgt.
Nun zu der Behauptung, unsere Forderungen seien zu maßlos gewesen. Ja, Herr Etzel, ich glaube, wir haben mehrere Versuche gemacht, uns zu unterhalten. Aber von der Bereitschaft unserer Fraktion, sich mit Ihnen über diese Dinge zu unterhalten, ist nicht Gebrauch gemacht worden, sondern Sie haben es vorgezogen, Kompromisse zum Nachteil Ihrer ursprünglichen Linie, die Sie zuerst verfolgen wollten, mit der rechten Seite dieses
Hauses zu schließen, und das werden Sie nach außen hin, vor der Öffentlichkeit, auch zu vertreten haben.
Schließlich ein Wort zu der Frage, ob ein Teil des Steuerausfalls einmal wieder hereinkommen wird. Erstens ist es sehr zweifelhaft, ob das in den ersten Jahren, in denen die Abschreibungen gemacht werden können, der Fall sein wird, denn in dieser Zeit wird sich das sicher noch nicht auswirken. Zweitens stehen wir auf dem Standpunkt, daß, wenn in den öffentlichen Kassen einmal etwas reichlichere Mittel vorhanden sein sollten, diese reichlicheren Mittel einer Erhöhung der Sozialleistungen zugute kommen sollten, von denen wir doch wohl alle wissen, daß sie völlig unzureichend sind.