Rede von
Fritz
Schäffer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Zweck des Gesetzes über den Niederlassungsbereich von Kreditinstituten ist die Neuordnung der Rechtsverhältnisse der überregionalen Aktienbanken. In erster Linie betrifft das Gesetz die früheren Großbanken, die Commerzbank, die Deutsche und die Dresdner Bank und ihre Nachfolgeinstitute. Es betrifft aber auch andere Aktienbanken, die ein Interesse daran haben, über die Grenzen einzelner Länder hinaus Niederlassungen zu unterhalten, wie die Banken für Gemeinwirtschaft oder insbesondere ausländische Banken, soweit sie im deutschen Kreditgeschäft tätig werden wollen.
Durch alliierte Gesetze und Verordnungen ist im Jahre 1947 den Banken die Unterhaltung von Niederlassungen außerhalb der Grenzen eines Landes untersagt worden. Seitdem führen die Niederlassungen der früheren Großbanken, die in erster Linie von diesen Bestimmungen betroffen wurden, ihre Geschäfte in den einzelnen Ländern unter neuer Firmenbezeichnung wie selbständige Bankinstitute.
Die Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt, daß eine so weitgehende Aufgliederung wirtschaftlich nicht zweckmäßig ist. Die zum Teil einseitige Wirtschaftsstruktur der Länder gestattet den Banken weder einen Ausgleich der Risiken noch einen Geld- oder Kapitalausgleich, wie er sich früher im Rahmen der größeren Institute von selbst ergab. Einige Nachfolgeinstitute in den kleinen und wirtschaftlich schwächeren Ländern sind, auf sich selbst gestellt, heute nicht in der Lage, der Wirtschaft die notwendigen Kredite zuzuführen und befriedigende Geschäftsergebnisse zu erzielen. Als Geschäftspartner für ausländische Banken kommen die meisten Nachfolgeinstitute in der jetzigen Form mangels einer eigenen Rechtspersönlichkeit und wegen ihres zu geringen Eigenkapitals nicht in Betracht. Unter diesen Umständen besteht eine wirtschaftliche Notwendigkeit, die Bildung größerer, selbständiger und leistungsfähiger Banken wieder zu ermöglichen.
Auf der anderen Seite ist aber nicht beabsichtigt, die Großbanken in ihrer früheren Form wiedererstehen zu lassen. Das Gesetz sieht daher die Bildung von drei Bankräumen im Bundesgebiet vor. Das Land Nordrhein-Westfalen hat infolge der hohen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Industriereviers schon heute wieder leistungsfähige Banken. Es wird daher auch künftig einen Bankbezirk für sich bilden. Den zweiten Bankbezirk bilden die vier nördlichen Länder Bremen, Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Den dritten Bezirk bilden die übrigen sechs süddeutschen Länder. Diese Bezirke sind groß genug, daß Banken gebildet werden können, die die Finanzbedürfnisse der Wirtschaft auf absehbare Zeit befriedigen können. Den früheren Großbanken ermöglicht
diese Regelung die Zusammenfassung der zur Zeit 30 Nachfolgeinstitute zu neun leistungsfähigen Banken.
Rechtlich allerdings erfolgt die Bildung dieser neuen Banken nicht durch Fusionen der Nachfolgeinstitute, sondern durch Ausgründung neuer Kreditinstitute durch die alten Großbanken. Das liegt daran, daß die alliierten Gesetze und Verordnungen die früheren Großbanken weder aufgelöst noch rechtlich aufgeteilt haben. Die derzeitigen 30 Nachfolgeinstitute haben keine eigene Rechtspersönlichkeit, keine eigenen Gesellschaftsorgane und Aktionäre. Sie sind nach wie vor Vermögensbestandteile der früheren Großbanken. Der Gesetzgeber kann nur von dieser Rechtslage ausgehen. Daher ist das vorliegende Gesetz über den Niederlassungsbereich von Kreditinstituten ein Entflechtungsgesetz.
Dieses deutsche Entflechtungsgesetz kennt keine Treuhänder oder Verwalter, keine Kerngesellschaften und keine längeren Zeiten der Ungewißheit für Gläubiger und Anteilseigner über ihre Ansprüche und Rechte. Grundsätzlich finden die allgemeinen handelsrechtlichen Vorschriften, inbesondere die des Aktienrechts, Anwendung. Das Gesetz beschränkt sich auf die Festlegung der Bankbezirke, auf Vorschriften, die die Ausgründung der Nachfolgeinstitute technisch erleichtern, auf einige Bestimmungen zum Schutze der Gläubiger und Aktionäre und enthält schließlich noch Vorschriften über Steuererleichterungen, damit vermieden wird, daß die Gesellschaften anläßlich der geforderten Aufteilung mit Steuern belastet werden, die ohne diese Teilung nicht entstanden wären. Die Verteilung der Vermögenswerte der Banken und der Forderungen gegen sie auf die einzelnen Nachfolgeinstitute
bleibt der verantwortlichen Entscheidung der gesetzlichen Organe der Banken überlassen. Die Bankaufsichtsbehörden werden dafür Sorge tragen, daß die Ausgründungen unverzüglich durchgeführt werden.
Der Gesetzentwurf ist, da er ein der alliierten Gesetzgebung vorbehaltenes Gebiet regelt, mit der Alliierten Hohen Kommission erörtert worden. Die Alliierten haben dem Entwurf zugestimmt und sich bereiterklärt, mit dem Inkrafttreten des Gesetzes ihre Gesetze und Verordnungen auf diesem Gebiet aufzuheben.
Auch die in erster Linie Betroffenen, die Banken selbst, sind der Auffassung, daß die gefundene Lösung eine geeignete Grundlage für die. Neuordnung ihrer Institute bildet.
Diese Lösung ist nicht etwa dem alliierten Wollen, sondern eigener deutscher Überzeugung, gegründet mit auf die Erfahrungen der Jahre 1930/ 31, entsprungen. Die Lösung hat die Zustimmung der Betroffenen gefunden und der Bundesrat — in allen seinen Ausschüssen einstimmig — hat dem Gesetzentwurf zugestimmt. Ich hoffe, daß der Gesetzentwurf auch Ihre Zustimmung finden wird.