Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin etwas überrascht über das schwere Geschütz des Verfassungsrechts, das Herr Kollege Jacobi bei dieser sehr einfachen Preisverordnung aufgefahren hat.
— Doch, ich lese Zeitungen, mit großer Aufmerksamkeit sogar!
Aber die Dinge liegen doch so, meine Damen und Herren: Wir haben in den letzten Jahren eine Fülle von Preisverordnungen herausgebracht, die vom Standpunkt der Regierung völlig unbestritten herausgegangen und die nie und in keiner Weise angegriffen worden sind. Nach § 1 des Preisgesetzes vom 10. April 1948 in der Fassung von § 3 des Verlängerungsgesetzes vom 21. Januar 1950 — Bundesgesetzblatt 1950 Nr. 4, Preismaßnahmen des Bundesministers für Wirtschaft gemäß §§ 2 und 3 des Preisgesetzes — ist die Zustimmung des Bundesrates nur dann erforderlich, wenn diese Maßnahmen oder Anordnungen „eine grundlegende Bedeutung für den gesamten Preisstand, insbesondere die Lebenshaltung, haben". Bereits am 18. Januar 1950 hat der Rechtsausschuß des Bundestags — Protokoll Nr. 12 — folgende Auffassung vertreten:
Die grundlegende Bedeutung der Preisänderungen im Sinne des § 1 des Preisgesetzes ist unter Zugrundelegung der konkreten Wirtschaftslage zu beurteilen, in der die Preisveränderung wirksam wird.
Davon ist die Bundesregierung hier ausgegangen, und wenn Sie sich die Verordnung, die jetzt veröffentlicht ist, auf ihre einzelnen Maßnahmen hin ansehen, werden Sie finden, daß man in diesem Falle von einer grundlegenden Änderung des Preisgefüges schlechterdings nicht reden kann.
Was bringt denn die Verordnung? Zunächst verbietet sie in Zukunft eine Herabsetzung der Miete durch die Preisbehörden unter die Miete, die am 17. Oktober 1936 zu entrichten war, die sogenannte Stichtagsmiete. Das war theoretisch möglich. In einzelnen Fällen haben die Preisbehörden davon einen Gebrauch gemacht, der zu großer Verbitterung, und zwar berechtigter Verbitterung beim Hausbesitz geführt hat. Es ist sicher keine grundlegende Änderung des Preisgefüges, wenn diese Verwaltungsmöglichkeit abgeschafft wird.
Dann sieht die Verordnung eine zusätzliche Abwälzungsmöglichkeit von Belastungen auf die Mieter vor, Belastungen, die sich aus der Einführung einer Erhöhung von öffentlichen Abgaben oder öffentlich-rechtlichen Benutzungsgebühren nach dem 1. April 1945 ergeben. Damit wird für das ganze Bundesgebiet ein Zustand nur als Rechtens erklärt, der in einem großen Teil der Länder bis dahin schon bestanden hat. Es handelt sich dabei um Mehrbelastungen an Schornsteinfegergebühren, Deichgebühren sowie Privatbenutzungsentgelte für Fäkalien, Müllabfuhr, Straßenreinigung usw. Hier ändert sich also für den größten Teil des Bundesgebietes an der Rechtslage gar nichts, es ist nur eine Vereinheitlichung des Rechts.
Dann ist die Umlegung des Wassergeldes neu geregelt worden. Die bestehenden Sondervorschriften werden aufgehoben. In Zukunft ist die Umlegung von Wassergeld allgemein auf die Mieter nach dem Verhältnis der anteiligen Leerraummiete zulässig. Das ist im Grunde nur eine Änderung der Berechnung. Damit ist ein Schritt getan, der nur der Feldbereinigung dient und der auch nur eine ganz begrenzte Anzahl von Wohnungen erfaßt.
Von geringer Bedeutung ist auch die Preisfreigabe von Wohnräumen. Nach dem Ersten Wohnungsbaugesetz unterliegt Wohnraum, der in der Zeit nach dem 20. Juni 1948, also nach der Währungsreform, bis zum 31. Dezember 1949 bezugsfertig geworden ist und nicht durch öffentliche Darlehen oder Zuschüsse geschaffen ist — also der freie Wohnungsbau — nicht mehr den Preisvorschriften. Das ist nicht mehr als recht und billig und wird im übrigen an den tatsächlich gezahlten Mieten — es sind ja damals schon im wesentlichen freie oder jedenfalls hohe Mieten gewesen — nichts mehr ändern.
Dann ist als besonders wichtige Vorschrift eine besondere Belastung des Hauptmieters im Untermietverhältnis eingeführt worden. Man hat einen Untermietzuschlag eingeführt, der für die Masse der Wohnungen 5 % der Leerraummieten beträgt und bei Untermietverhältnissen, die nicht auf der amtlichen Miete beruhen, den Hausbesitzer mit 20 % der anteiligen Leerraummiete an der Untermiete beteiligt. Das scheint mir und allen anderen Leuten eigentlich nicht mehr als recht und billig 1 zu sein. Ich möchte aber die Gelegenheit hier be-
nutzen, darauf hinzuweisen, daß diese Zuschläge natürlich keineswegs auf den Untermieter abgewälzt werden können.
Vielleicht ist der weitestgehende Schritt folgender: Die Verordnung beseitigt grundsätzlich die Preisbindung bei der Vermietung und Verpachtung von Geschäftsräumen, unbebauten gewerblich genutzten Grundstücken und beim Beherbergungsgewerbe — Gewährung von Übernachtungen — und läßt die Marktmiete zu. In der Praxis geht es in Staffeln vor sich. Für die Mietverhältnisse, die sich ab 1. Dezember lösen oder gelöst werden können, tritt diese gesetzliche Bestimmung schon ein, für die Masse dieser Mietverhältnisse ab 1. April nächsten Jahres.'
Zur Ergänzung ist nun noch ein Gesetz — ein kurzes Gesetz — über richterliche Vertragshilfe in diesen Fällen vorgesehen.
Man könnte vielleicht bei der Geschäftsraummiete die Frage anschneiden, ob eine Erhöhung der Geschäftsraummieten nicht zu einer Erhöhung der Preise und damit zu einer Erhöhung der Lebenshaltungskosten führt. Aber ich glaube, daß davon keine Rede sein kann. Wenn das wäre, müßten wir ja alle haben feststellen können, daß in den Geschäften des Einzelhandels oder des Handwerks oder der anderen Verteilerstellen, die bisher eine billige Altmiete bezahlen, die Ware oder die Leistung wesentlich billiger wäre als in den etwa neu gebauten oder den wiederaufgebauten Läden. Davon ist aber bekanntlich gar keine Rede, sondern die Dinge werden sich so einspielen, daß der Mieter solcher Räume — die Masse der Mieter kann das auch — die angemessene Miete bezahlt. Daß bei dem Übergang von der gebundenen Geschäftsraummiete zur Marktmiete Härten möglich sind, ist nicht zu vermeiden. Aber da hoffe ich, daß das Gesetz über richterliche Vertragshilfe die Möglichkeit bietet, in all den Fälllen, in denen wirkliche Härten vorliegen, zu einem billigen Ausgleich der Interessen zu kommen, etwa da, wo der Mieter seinerseits Aufwendungen für die Geschäftsräume oder Werkstätten gemacht hat.
Die grundsätzlich beschlossene Erhöhung der Mieten um 10 % wird vorbereitet in einer Verordnung, die nach dem Preisgesetz der Zustimmung des Bundesrates bedarf.
— Des Bundesrates! Mehr ist im Preisgesetz nicht vorgesehen; und damit, glaube ich, brauchten wir uns nicht in die Unkosten großer verfassungsrechtlicher Fragen zu stürzen und brauchten auch nicht ganz grundsätzliche Fragen der Zuständigkeit des Parlaments in großen Entscheidungen hier auf die Hörner zu nehmen. Es handelt sich hier um eine relativ kleine Verordnung, die einige Ungereimtheiten im Mietpreis regelt. Bei der weitergehenden Verordnung, der 10%igen Mieterhöhung, wird, wie ich schon sagte, der Bundesrat seine Zustimmung zu geben haben.