Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die von der Regierung eingebrachten beiden Gesetze, das Vierte und Fünfte Überleitungsgesetz zum gewerblichen Rechtsschutz, hat der Patentrechtsausschuß in drei Sitzungen behandelt. Zunächst ist zum Formellen zu sagen, daß der Patentrechtsausschuß beide Gesetze in ein Gesetz zusammengezogen hat, weil sie auf dem Ersten Überleitungsgesetz beruhen und das Erste Überleitungsgesetz sowohl die Materie des Entwurfs des Vierten Überleitungsgesetzes bezüglich des Warenzeichenrechts wie die des Entwurfs des Fünften Überleitungsgesetzes bezüglich des Patentrechts enthält. Deshalb wurde für das neue Gesetz die folgende Fassung gewählt:
Viertes Gesetz zur Änderung und Überleitung von Vorschriften auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes.
Zum Materiellen ist folgendes auszuführen. Der Entwurf zum Fünften Überleitungsgesetz — das ist der Regierungsentwurf, der das Patentrecht enthält — ist deshalb vorgezogen worden, weil das
Patentrecht im Verhältnis zum Warenzeichenrecht dominiert. Deshalb ist auch die Materie des Fünften Gesetzes als § 1 des Vierten Gesetzes genommen worden. Hier geht es grundsätzlich um folgendes.
Als der Wirtschaftsrat das Erste Überleitungsgesetz schuf, hat er das Patentverfahren nach dem Patentgesetz dahin abgeändert, daß er das ordentliche Vorprüfungsverfahren für eine gewisse Zeit ausgeschaltet hat. Es wurde ein Prüfungsverfahren einfacher Art eingeführt, das insbesondere nicht vorsieht, daß jede Anmeldung eines Patents von Amts wegen auf Neuheit zu prüfen ist. Dies war deshalb notwendig, weil das Patentamt über wenig Personal verfügte, weil insbesondere auch der Akteneinlauf sehr groß geworden war und außerdem der Prüfstoff in alle Winde verstreut war. Inzwischen haben sich die Verhältnisse gebessert. Das Patentamt beschäftigt heute 1200 Personen und wird auf Grund dieses Gesetzes Neueinstellungen vornehmen, die haushaltsmäßig bereits geregelt sind. Ferner ist der Prüfstoff weitestgehend wieder beigebracht worden, so daß das Patentamt in der Lage ist, den früheren Bestimmungen des Patentgesetzes in großem Umfange wieder gerecht zu werden. Selbstverständlich ist es aber nicht möglich, daß sofort alle neuen Patentanmeldungen und alle überhaupt beim Patentamt lautenden Patentverfahren nach den neuen Gesichtspunkten behandelt werden. Wenn Sie bedenken, daß das Patentamt etwa 130 000 Rückstände hat, die aber normal und nicht etwa auf Faulheit zurückzuführen sind, und daß außerdem in jedem Jahre etwa 55 000 neue Patentsachen eingehen, so können Sie sich vorstellen, daß sich der Ausschuß nicht entschließen konnte, jetzt schon global das alte Verfahren wiedereinzuführen. Deshalb wurde beschlossen, daß von einem Stichtag an — das ist der 1. Januar 1952 — alle neuen Patentanmeldungen nach dem alten bewährten Rezept des Vorprüfungsverfahrens, also der Prüfung auf Neuheit, behandelt werden sollen. Dies ist der Sinn des § 1 des Gesetzes, den wir in der Form gefaßt haben, daß wir die Erstreckungsformel, die seinerzeit zum Ersten Überleitungsgesetz geschaffen worden ist, „erstreckt durch Verordnung der Bundesregierung auf die Länder Baden, Rheinland-Pfalz, Württemberg-Hohenzollern und den bayerischen Kreis Lindau" eingefügt haben.
Wenn wir zu dem alten Verfahren zurückkehren, dann müssen wir § 3 des Ersten Überleitungsgesetzes des Wirtschaftsrates ändern; denn dieser enthält die Bestimmung über das einfache Prüfungsverfahren. Wir haben deshalb zu prüfen gehabt, welche Bestimmungen dieses Verfahrens in § 3 ganz aufzuheben waren, welche für die Zeit vom 1. Januar 1952 an für die neuen Verfahren aufzuheben waren und welche für die alten Verfahren noch gelten sollten. Aufgehoben wurde insbesondere die Ziffer 2, und zwar deshalb, weil es nicht mehr nötig ist, den deutschen Patentsucher so zu schützen, wie wir ihn bisher schützen mußten. Wenn nämlich bisher ein deutscher Patentsucher sein Patent im Ausland anmelden wollte, so lief er oft Gefahr, nicht zum Ziele zu kommen, weil die zwischenstaatliche Regelung mit den verschiedenen Ländern noch nicht geklärt war. Inzwischen sind die verschiedenen zwischenstaatlichen Regelungen erfolgt — ich erinnere Sie nur an die Gesetze, die Sie selbst hier beschlossen haben und bei denen ich Ihnen Bericht erstatten durfte —, so daß wir Ziffer 2 nicht mehr brauchen.
Ferner wurden die Ziffern 1, 6 und 7 des § 3 für .die Anmeldung nach dem 1. Januar 1952 aufgehoben. Die Aufhebung der Ziffer 1 bedeutet, daß die Neuheitsprüfung tur die Anmeldung nach dem 1. Januar 1952 wieder eingeführt wird. Ziffer 6 ist eine Verfahrensvorschrift; in Zukunft gilt insoweit wieder das alte Patentverfahren. Die Aufhebung von Ziffer 7 schließlich bedeutet, daß die bisherige sogenannte Abgrenzungshilfe, nämlich daß der Gegenstand der Anmeldung nach dem Stande der Technik abgegrenzt wurde, sich jetzt wieder nach dem alten Verfahren richtet; denn wir haben jetzt wieder die Möglichkeit, daß das Patentamt auf Grund seines Prüfstoffes dem Anmelder neuheitsschädliches Material weitestgehend entgegenhalten kann. Diese drei Gesichtspunkte hatte die Regierung selbst in ihrem Entwurf.
Der Ausschuß hat darüber hinaus aber noch die Ziffer 4 eingesetzt. Dazu ist hier folgendes zu sagen. Ziffer 4 behandelt die sogenannte Einspruchsgebühr. Bisher war bei einem Einspruch gleichzeitig mit diesem eine Gebühr von 30 DM zu erlegen. Dies hat vor allem in den Kreisen der Beteiligten viel Unmut erregt, denen es Schwierigkeiten machte, eine solche Gebühr zu bezahlen und die vielleicht im Zivilprozeß das Armenrecht zugebilligt bekommen hätten. Wir haben daher den Gedanken aufgegriffen, gewisse soziale Momente in das Gesetz hineinzutragen, und uns entschlossen, zu bestimmen, daß für die Verfahren, die ab 1. Januar 1952 neu laufen, eine Einspruchsgebühr nicht mehr erhoben wird. Für die alten Verfahren soll die Gebühr weiterhin erhoben werden, damit nicht leichtfertige Einsprüche eingelegt werden und auf diese Weise die Abwicklung der alten Verfahren lange hinausgezogen wird.
Nun zu dem sogenannten Vierten Überleitungsgesetz der Regierung, dem § 2 des jetzigen Vierten Überleitungsgesetzes. Hier mußten wir natürlich den § 11, d. h. die Präambel dieses Gesetzes, nachdem es nicht mehr selber Gesetz ist, sondern § 2 wird, insofern abändern, als wir nur sagten: „§ 11 des Ersten Überleitungsgesetzes erhält . . ." Damit ist gesagt, welches Gesetz gemeint ist. Es handelt sich hier um das Warenzeichenrecht. Wenn der deutsche Inhaber eines Warenzeichens sich seine Rechte im Ausland sichern wollte, mußte er die sogenannte Prioritätsfrist einhalten, eine Frist, die sechs Monate lief, gerechnet von der Anmeldung beim Patentamt an. Nachdem aber der § 11 des Überleitungsgesetzes — der Wirtschaftsrat sah auch dort ein einfaches Verfahren vor — eingeführt worden war, dahingehend, daß jede Anmeldung drei Monate lang bekanntgemacht werden mußte und dann das weitere Verfahren sich anschloß, so daß meistens sechs Monate vergingen, bis überhaupt die offizielle Eintragung in die Warenzeichenrolle möglich war, lief der deutsche Inhaber des Warenzeichens oft Gefahr, daß er die Frist im Ausland versäumte. Deshalb ist hier vorgesehen, diese Bestimmung zu ändern. Es ist nicht möglich, etwa im internationalen Warenzeichenrecht zu erreichen, daß die Prioritätsfrist von sechs Monaten auf 12 Monate verlängert wird. Deshalb mußten wir uns vorübergehend zu einer anderen Regelung entschließen. Wir konnten aber auch nicht zum alten Warenzeichenrecht zurückkehren — deshalb wurde hier der § 11 abgeändert —, weil eine Neukodifizierung des Warenzeichenrechts ohnedies vorgesehen ist und wir auch abwarten müssen, wie sich die Revision des internationalen
Warenzeichenrechts, die in der nächsten Zeit stattfinden soll, in bezug auf die deutschen Verhältnisse auswirken wird. Wir haben deshalb dem Entwurf der Regierung grundsätzlich zugestimmt, der besagt, daß das Warenzeichen desjenigen Deutschen sofort eingetragen wird, der ein berechtigtes Interesse nachweist und glaubhaft macht, daß er eine Anmeldung im Ausland hat und daß das Recht jenes Landes die Eintragung seines Rechtes in Deutschland zur Bedingung macht. Er hat natürlich damit zu rechnen, daß aas Verfahren, das in jedem Falle noch nachträglich folgt, die Übereinstimmung seines Warenzeichens mit einem anderen ergibt. Dann wird sein Warenzeichen wieder gelöscht, und er verliert auch das Recht im Ausland. Der § 6 a wurde deshalb von uns in der Fassung der Regierung grundsätzlich angenommen. Nur haben wir noch die Möglichkeit berücksichtigt, daß unter Umständen die Bekanntmachung der Anmeldung bereits beschlossen ist. Für diesen Fall haben wir in Abs. 1 eingefügt, daß anstatt der Bekanntmachung der Anmeldung schon die Eintragung erfolgen kann. Außerdem haben wir, damit das Verfahren zügig vor sich geht und eine gewisse Straffheit geschaffen wird, den Antrag, den der Betreffende unter Glaubhaftmachung stellen muß, von der Innehaltung einer Frist von zwei Wochen nach Zugang des Beschlusses über die Bekanntmachung abhängig gemacht. Damit ist der Antragsteller gezwungen, sich fristgemäß zu entscheiden. Außerdem wurde die Annahme des Antrags von der Entrichtung einer Gebühr von 50 DM abhängig gemacht. In Erweiterung der Regierungsvorlage haben wir eingefügt:
wird sie
— die Gebühr von 50 DM —
nicht gezahlt, so gilt der Antrag als nicht gestellt.
Damit wollen wir erreichen, daß nicht allzuviel derartige Fälle vorkommen und das Patentamt vor allem die Möglichkeit hat, die Fälle, die ihm zugetragen werden, dann, wenn der Antrag berechtigt ist, rasch zugunsten des Betreffenden abzuwickeln.
Die Absätze 2 und 3 des § 6 a beziehen sich auf die Folgerungen, die sich aus dem Widerspruchsverfahren bei einem bereits eingetragenen Warenzeichen ergeben. Der Betreffende hat die daraus entstehenden Folgen selbst zu tragen. Außerdem sind die Verfahrensbestimmungen dann andere. Ist sein Warenzeichen eingetragen und wird die Übereinstimmung mit einem anderen festgestellt, dann wird es gelöscht. Ist es nicht übereinstimmend und hat jemand Widerspruch erhoben, dann wird eben der Widerspruch zurückgewiesen.
Der § 3 betrifft die Inkraftsetzung des Gesetzes.
Meine Damen und Herren! Dieses Gesetz wird von der deutschen Wirtschaft, insbesondere auch von der deutschen Exportindustrie, sehr begrüßt. Der Bundesrat hat zu den Entwürfen seine Zustimmung gegeben. Der Ausschuß für Patentrecht und gewerblichen Rechtsschutz hat in drei Sitzungen unter Heranziehung des Materials und der Eingaben, die vor allem die Patentorganisationen an uns gerichtet haben, und unter Berücksichtigung der Fachliteratur das Für und Wider geprüft. Wir sind einstimmig zu dem in Drucksache Nr. 2871 niedergelegten Ergebnis gekommen. Ich habe Sie zu bitten, diesem Gesetzentwurf Ihre Zustimmung zu geben.