Rede von
Willi
Richter
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion ist grundsätzlich bereit, der Vorlage ihre Zustimmung zu geben. Sie ist also bereit, der Ausdehnung der Möglichkeiten der Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen zuzustimmen. Sie ist auch bereit, den § 10 a in der vorliegenden Fassung anzunehmen, in welcher zum Ausdruck gebracht wird, was als Spitzenorganisation angesehen wird, und in welcher des weiteren erwähnt wird, daß den Spitzenorganisationen Gewerkschaften, die keiner Spitzenorganisation angehören, also sogenannte Außenseiter, gleichstehen sollen.
Wir haben aber Bedenken, ob die Regelung in § 10 a für die Entscheidung der Frage ausreichend ist, ob ein Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärt werden soll, d. h. ob ein zwischen den Parteien ausgehandelter Tarifvertrag auch auf die nicht dem Arbeitgeberverband angehörenden Ar-
beitgeber oder die nicht einer Gewerkschaft angehörenden Arbeitnehmer Anwendung finden soll, ob also solche Arbeitgeber oder Arbeitnehmer verpflichtet sein sollen, zu den Bedingungen des Tarifvertrages zu arbeiten bzw. zu den Bedingungen des Tarifvertrages Löhne und Gehälter zu zahlen. Wir glauben, daß bei dieser Entscheidung allen Gewerkschaften die Möglichkeit gegeben werden muß, in dem zuständigen Ausschuß mitzuwirken, der im Einvernehmen mit dem Bundesarbeitsminister die Frage zu entscheiden hat, ob der Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärt werden soll oder nicht. Hier müssen alle Gewerkschaften die gleiche Chance haben, nicht nur die Gewerkschaften, die Außenseiter sind, sondern auch die Gewerkschaften, die einer Spitzenorganisation angehören. Darum dreht es sich bei unserem Antrag. Deshalb sagen wir:
... mit einem Ausschuß aus je drei Vertretern der Gewerkschaften und der Arbeitgebervereinigung . . .
Damit meinen wir schlechthin alle Gewerkschaften. Das entspricht auch dem vor 1933 geltenden Recht. In allen Gesetzen sozialpolitischer oder wirtschaftspolitischer Art — Sie können es kontrollieren — wird von den Vertretern der Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände gesprochen.
Weiter haben wir in unserem Antrag zu § 5 Abs. 1 gesagt:
... die für die Vertretung der Arbeitnehmeroder Arbeitgeberinteressen im Arbeitsleben des Bundesgebietes wesentliche Bedeutung haben . . .
Dabei stimmen wir mit der Fassung überein, wie sie in § 10 a dieses Gesetzes und in anderen Gesetzen vom Hause beschlossen wurde.
Wir bringen neu hinzu — und ich glaube, das muß doch allgemein anerkannt werden —, daß keine Gewerkschaft und keine Arbeitgebervereinigung durch ihren Vertreter in dem Ausschuß mit entscheiden darf, wenn es sich um deren eigene Angelegenheit handelt. Keine Gewerkschaft oder Arbeitgebervereinigung soll also in eigener Sache Recht sprechen, eine Entscheidung herbeiführen. Deshalb sagen wir:
... und in dem betreffenden Tarifvertrag nicht Vertragskontrahent sind.
Ich würde es begrüßen, wenn das Hohe Haus diesem unserem Änderungsantrag, man könnte eigentlich sagen, Ergänzungsantrag zu § 5 seine Zustimmung geben würde. Damit wird der § 10 a nicht beeinträchtigt; er gilt für andere Bestimmungen des Gesetzes.