Rede von
Dr.
Helmut
Bertram
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der von der Zentrumsfraktion eingebrachte Gesetzentwurf hat das Ziel, die durch die Einrichtung von Mindestreserven verfügbaren Sparkassenmittel durch die Befreiung von der Mindestreservepflicht zu erhöhen.
Um dieses Thema hat sich seit langer Zeit eine ganze Reihe von Diskussionen entsponnen. Man hat gesagt, daß die Spareinlagen auch Geldcharakter hätten und daß deshalb hier Mindestreserven erforderlich seien. Das ist nicht zutreffend. Spareinlagen haben keinen Geldcharakter und brauchen deshalb der Mindestreservepflicht nicht zu unterliegen. Die Bestimmung, die in die alliierten Emissionsgesetze aufgenommen worden ist, ist für deutsche Verhältnisse allgemein neu und stellt insbesondere für die Sparkassen eine große Ungerechtigkeit dar, weil sie die langfristigen Mittel, die sonst für den Wohnungsbau verfügbar wären, einschränkt. Seit Mai 1951 hat dementsprechend die Bank deutscher Länder, die früher die Spareinlagen unter das Geldvolumen gerechnet hat, diese dort herausgenommen und damit doch indirekt anerkannt, daß Spareinlagen nicht zum Geldvolumen, sondern zum Kapital gehören.
Der Einwand, daß die Sparkassen ohnedies Liquiditätsreserven unterhalten müßten und deshalb die Mindestreserven ein Ersatz für die Liquiditätsreserven seien, kann nicht zutreffen, da ja die Haltung einer Mindestreserve tatsächlich keine Liquidität schafft und deshalb die Sparkassen gezwungen sind, zusätzlich eine Liquiditätsreserve zu unterhalten.
Die formelle Möglichkeit, die alliierten Gesetze abzuändern, ist gegeben. In VI Ziffer 7 b) des revidierten Besatzungsstatuts heißt es:
Alle anderen Rechtsvorschriften der Besatzungsbehörden bleiben in Kraft, bis sie .. .
auf Grund einer von den Besatzungsbehörden 1 erteilten Ermächtigung durch die deutschen Behörden aufgehoben ... werden.
Wir sind also berechtigt, mit Zustimmung der Alliierten diese Mindestreserve-Bestimmungen aufzuheben. Für ihre Aufhebung hat sich eine ganze Reihe von beachtlichen Stimmen erhoben. Zunächst einmal hat sich der Wissenschaftliche Beirat des Bundeswirtschaftsministeriums bereits in seiner Stellungnahme vom 9./10. Dezember 1950 für die Aufhebung ausgesprochen. Das gleiche gilt für den Wohnungswirtschaftlichen Beirat des Bundeswohnungsbauministeriums bezüglich seiner Stellungnahme vom 8. Januar 1951. Aber auch der 18. Ausschuß des Bundestags hat sich in einer Entschließung vom 31. Januar 1951 für diese Maßnahme ausgesprochen.
Seitdem sind wieder drei Vierteljahre vergangen, ohne daß man sich zu der Aufhebung hat durchringen können. Das liegt offenbar an dem Widerspruch der Bank deutscher Länder, die immer noch an dem irrigen Glauben festhält, daß es sich bei den Spareinlagen nicht um Kapital, sondern um Geld handle.
Das Bundesfinanzministerium hat sich dahin geäußert, die Spareinlagen seien ja doch im wesentlichen kurzfristig; es sei jedoch ein langsamer Übergang von der Kurzfristigkeit zur Langfristigkeit festzustellen. Die Stellungnahme des Bundesfinanzministeriums ist also nicht so eindeutig wie die der Bank deutscher Länder.
Nun ist in dem Entwurf des Bundesnotenbank-gesetzes vom 15. Oktober 1951 überraschenderweise wieder an dieser unzutreffenden Auffassung festgehalten worden, obwohl wir von dem Bundesnotenbankgesetz hätten erwarten dürfen, daß es 1 die Mindestreservepflicht für Spareinlagen aufhebt. Das hat uns veranlaßt, den Gesetzentwurf einzubringen.
Es ist eine schnell wirksame Maßnahme erforderlich, um den darniederliegenden Kapitalmarkt aufzulockern. Mit unserem Gesetz würde das möglich sein. Es würde gleichzeitig eine Festlegung für das Bundesnotenbankgesetz bedeuten; denn wenn wir das Emissionsgesetz insoweit abgeändert haben, kann die alte Bestimmung in das demnächst kommende Bundesnotenbankgesetz nicht aufgenommen werden. Vor allem aber würde — und das ist, glaube ich, der entscheidende Gesichtspunkt, den Sie beachten sollten — die dezentrale Anlage der dann freigegebenen Beträge die Möglichkeit geben zu einer Ausleihung dieser Beträge im örtlichen Bereich als erste Hypotheken an die Bauwilligen. Auf diese Art und Weise würde es einen außerordentlich starken Anreiz zum Sparen bewirken und damit, eben durch diesen Akt der Schaffung von Vertrauen, den Kapitalmarkt wesentlich beleben. Diesen Beweis des guten Willens sollte der deutsche Gesetzgeber im Interesse der Wiederbelebung des Kapitalmarkts dem Sparer möglichst bald geben und damit von einer Ungerechtigkeit des alliierten Gesetzgebers abrücken. Der Sparer brauchte dann die Furcht vor rücksichtsloser Behandlung durch den Gesetzgeber, die immer noch latent vorhanden ist, nicht mehr zu haben. Wir werden mit dieser Maßnahme Vertrauen schaffen und Kredit und Kapital gewinnen.
Ich bitte Sie deshalb, diesem Antrag zuzustimmen. Da der Antrag zunächst im Ausschuß behandelt werden muß, beantrage ich, ihn dem Ausschuß für Geld und Kredit zu überweisen.