Meine Damen und und Herren! Die Interpellation der CDU, die ja noch besonders durch die Unterschrift der Abgeordneten Kollegen Kuntscher und Schütz gekennzeichnet ist, hat eine sehr interessante politische Note. Wer trägt denn — das ist ja auch in der Interpellation zum Ausdruck gekommen - die Verantwortung für den Zusammenbruch der gesamten Umsiedlung? Meine Damen und Herren, der Minister für Umsiedlerfragen gehört der CDU an; der Minister, der auch bei diesem Programm für die Finanzierung des Wohnungsbaues verantwortlich ist, gehört ebenfalls der CDU an, und der Minister, der für die Beschaffung von Arbeit verantwortlich ist, ist wiederum ein CDU-Minister. Genau so hat auch die CDU in den meisten Länderregierungen die Hauptverantwortung für die Durchführung bzw. Nichtdurchführung dieses Programmes. Das einzig Positive, was aus den im übrigen nichtssagenden und salbungsvollen Worten des Herrn Ministers Lukaschek hervortritt, ist die Bankrotterklärung. Dadurch kommt zum Ausdruck, daß diese Regierung — und das sage ich mit aller Deutlichkeit — genau so wenig wie diese Koalition gewillt ist, das Umsiedlerproblem zu lösen. Daraus ergibt sich dann als Schlußfolgerung das, was die Umsiedler selbst von dieser Bonner Regierung zu erwarten haben.
Lassen wir doch einmal ganz kurz die Tatsachen sprechen. Der Berichterstatter zu dieser Frage in der Sitzung des Bundestages vom 8. März, Herr Kollege Pfender, führte damals aus:
Es werden somit Wohnungen bei den Arbeitsplätzen geschaffen werden müssen. Für diesen Zweck stehen bis jetzt rund 175 Millionen DM zur Verfügung, und zwar 50 Millionen DM aus Bundeshaushaltsmitteln, 50 Millionen DM aus Mitteln der Soforthilfe und 45 Millionen DM aus Umstellungsgrundschulden. Weitere 30 bis 35 Millionen DM werden aus den Soforthilfemitteln der Länder der französischen Zone erwartet.
Herr Kollege Pfender führte aber weiter aus:
Für 300 000 Umsiedler werden aber 75 000 Wohnungen benötigt. Diese erfordern rund 400 Millionen DM. Es wäre also notwendig, daß seitens des Bundesfinanzministers aus Haushaltsmitteln für Umsiedlungszwecke rund 225 Millionen DM zur Verfügung gestellt werden.
Einen entsprechenden Vorschlag machte der Kollege Pfender auch in dem Antrag zu § 7 des Gesetzes mit der Forderung, für die Schaffung des für die Umsiedlung erforderlichen Wohnraums Bundeshaushaltsmittel zur Verfügung zu stellen.
Am 26. April bestätigte der CDU-Finanzminister Schäffer die Richtigkeit der Zahl von 225 Millionen DM. Nun frage ich Sie: Was ist geschehen,
um diesen Betrag, der zunächst einmal für die Schaffung von Wohnraum für die 300 000 Umzusiedelnden erforderlich war, bereitzustellen? Herr Minister Lukaschek erklärt, daß sogar die Bereitstellung der 255 Millionen DM im Wege des Nachtragshaushalts bereits flach gefallen ist, weil dafür die entsprechenden Mittel auf dem Kapitalmarkt nicht aufgebracht werden könnten.
Meine Damen und Herren von der Regierungskoalition und von der Regierungsbank, warum nehmen Sie nicht die Mittel — und das fragen insbesondere die Umsiedler, die Arbeit und Wohnung haben wollen, die aus den Elendslöchern herauskommen wollen -, warum nehmen Sie nicht die Mittel, die für die Besatzungskosten verwendet werden?
— Jawohl, dem wollen Sie ausweichen! — Warum nehmen Sie nicht die 400 Millionen DM für die Polizei, warum verhindern Sie nicht die Steuerhinterziehungen, die in die Milliarden gehen, warum nehmen Sie nicht die 9 Milliarden, die den Aktionären geschenkt worden sind? Hier sind die Mittel vorhanden, um zunächst einmal diese 75 000 Wohnungen zu bauen. Das wollen Sie natürlich nicht. Herr Minister Wildermuth, die Schaffung des Wohnraums in erster Linie für diese 300 000 Umsiedler ist eine Aufgabe, die unter allen Umständen erfüllt werden muß!
Meine Damen und Herren, es ist hier heute sehr viel gesprochen worden,
es sind schöne Reden gehalten worden, aber es ist nicht ein einziger konkreter Vorschlag gemacht worden, wie dieses Programm der Umsiedlung nun auch in die Tat umgesetzt werden soll.
— Ich freue mich über diesen Zwischenruf. Vielleicht nehmen Sie einmal Gelegenheit, sich davon zu überzeugen, wie das Umsiedlerproblem in der Deutschen Demokratischen Republik gelöst ist.
Ich glaube, genügend Umsiedler haben sich durch eigene Inaugenscheinnahme davon überzeugt, daß im Gegensatz zu hier die Regierung der Deutschen Demokratischen Republik das Umsiedlerproblem als eines der entscheidendsten zu lösenden Probleme sofort gestellt und gelöst hat.
Ich habe bei der Behandlung der Frage im März die Tatsachen aufgewiesen, und Sie sind bis heute nicht imstande gewesen, gegen diese Tatsache, daß nämlich das Umsiedlerproblem in der Deutschen Demokratischen Republik gelöst ist, auch nur einen einzigen Gegenbeweis anzutreten. 91 000 UmsiedlerBauernstellen sind geschaffen worden, kein einziger Umsiedler ist mehr in Notunterkünften, in Kellern usw., sie alle haben Wohnraum, und es gibt keinen einzigen arbeitslosen Umsiedler, auch nicht unter der Umsiedlerjugend. Die Frage ist gelöst, meine Damen und Herren!
Wenn von der Regierungskoalition zur Abschwächung der Tatsache, daß sie nicht den Willen hat, dieses Problem zu lösen, diese Interpellation eingebracht worden ist, so ist dazu zu sagen, daß die Umsiedler draußen diese Parteien und die Regierung selbst ausschließlich nach ihren Taten beurteilen. Auf dem großen Umsiedlerkongreß, der am 30. September durchgeführt worden ist, ist in einem Manifest die Forderung erhoben worden, daß das Umsiedlerprogramm durchgeführt werden muß, und zwar erstens unter der Voraussetzung, daß Wohnraum und Arbeit beschafft werden,, zweitens .auf der Grundlage der Freiwilligkeit und drittens mit der Sicherung, daß sich die Umsiedler selbst an Ort und Stelle davon überzeugen können, daß Wohnungen und Arbeit vorhanden sind. Das ist das Programm, dessen Durchführung alle Umsiedler zu ihrer eigenen Forderung erheben.
Aber man muß ebenso mit aller Deutlichkeit aussprechen — und die Umsiedler begreifen das immer mehr —, daß diese Regierung und die Regierungsparteien für die Umsiedler nichts tun wollen.
Sie brauchen sie für andere Zwecke. Die Umsiedler werden ihre Forderungen nur durchsetzen, wenn sie ihre organisierte geschlossene Kraft für ihre eigenen Forderungen einsetzen.