Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Debatten in diesem Hause werden immer dann schwierig, wenn es sich um die Wahrung von Interessen bestimmter Gruppen handelt.
Auch bei dieser Debatte stehen Interessen einander gegenüber, Interessen, deren grundsätzliche Berechtigung ich keiner von beiden Seiten absprechen möchte: einerseits kommunale Finanzinteressen, die sicherlich sehr viel für sich haben, und auf der anderen Seite das Interesse an der möglichst schnellen und durchgreifenden Unterbringung des Personenkreises zu Art. 131.
Ich möchte nun diese beiderseitigen Interessen einmal mit ganz wenigen Sätzen gegeneinander abwägen, um zu prüfen, welche Interessen im vorliegenden Fall als die überwiegenden und staatspolitisch dringlicheren anzusehen sind.
Zunächst etwas zu dem Einwand, die Gemeinden hätten, da das Gesetz erst Mitte Mai verkündet worden sei, nicht genügend Zeit gehabt, sich auf die Einstellungsverpflichtung einzurichten. Dazu ist erstens zu sagen, daß nach der soeben vom Herrn Bundesinnenminister abgegebenen Erklärung die im Gesetz vorgesehene Dreimonatsfrist praktisch wiederhergestellt worden ist. Darüber hinaus aber ist es völlig unzutreffend, anzunehmen, die Gemeinden hätten vorher nicht die Möglichkeit gehabt, sich auf die Dinge einzurichten;
denn diesem Gesetz zu Art. 131 ging ja ein anderes Gesetz voraus, das Gesetz über die Sicherung der Unterbringung der 131er, das bereits im März dieses Jahres verkündet und schon im Dezember vorigen Jahres vom Bundestag beschlossen worden ist. Das Gesetz konnte lediglich infolge des damaligen Eingreifens des Bundesrates nicht früher verkündet werden, da sich der Bundesrat auch damals berufen fühlte, die Interessen der einstellungspflichtigen Körperschaften zu vertreten. Dadurch wurde das Inkrafttreten dieses Gesetzes hinausgeschoben.
Zweitens: Es ist sicherlich richtig, daß die Handhabung der Ausgleichsabgabebestimmung eine Härte bedeutet für solche Einstellungspflichtigen, die wirklich unschuldigerweise — und deren gibt es gewiß genug — dieser Einstellungsverpflichtung nicht rechtzeitig haben nachkommen können. Aber leider müssen wir unsere Gesetze nun einmal so machen, daß auch Böswillige — und die gibt es wie unter den Menschen so auch unter den Gemeinden — sich den gesetzlichen Verpflichtungen nicht allzu leicht entziehen können.
Wenn man nun sagt, daß die Belastung, die durch die Ausgleichsabgabe im einzelnen auf die Gemeinden, auch unschuldige, gelegt wird, zu hoch sei, so weise ich demgegenüber darauf hin, daß wir auch einmal an das allgemeine Interesse der Gesamtheit der Steuerzahler denken sollten, die, wenn das Gesetz nicht mit allem Nachdruck durchgeführt wird, ein Vielfaches dieser Ausgleichsabgabe in Form von Übergangsgehältern für die einzustellenden Beamten über den Bundesetat zu bezahlen haben.
Wir wollen aber mit unseren Maßnahmen die Gesamtheit der Steuerzahler vor höheren Aufwendungen bewahren, auch auf die Gefahr hin, daß bei den Gemeinden ein kleiner Nachteil hängen bleibt; schließlich haben ja auch die Gemeinden ein Interesse an der steuerlichen Entlastung ihrer Bürger.
Es ist dann auf das Fehlen der Ausführungsbestimmungen hingewiesen worden. Nun, deren zwei sind ja endlich im letzten oder vorletzten Bundesgesetzblatt erschienen. Im übrigen ist die dritte und wichtigste seit längerem in dringlicher Vorbereitung. Man sagt uns aber immer wieder, die Verhandlungen mit dem Bundesrat nähmen so lange Zeit in Anspruch, daß die Ausführungsbestimmungen noch nicht hätten verkündet werden können. Ich benutze daher die Gelegenheit der Behandlung dieses Gesetzentwurfes, sowohl den Bundesrat als auch das Bundesinnenministerium., vor allem aber auch manche Landesregierung auf das nachdrücklichste zu bitten, alle verfügbaren Kräfte einzusetzen, um die Realisierung des Gesetzes zu Art. 131 nun endlich zu ermöglichen.
— Ich weiß zufällig, Herr Kollege, daß die Dinge in Hesse n am schlimmsten sind!
Meine Damen und Herren, ich habe die Dinge eben vom Standpunkt der Gemeinden behandelt. Ich gebe zu, daß vieles, was an Grundsätzlichem vom gemeindlichen Standpunkt gesagt worden ist, durchaus berechtigt ist. Die Frage, die nun auftritt, ist lediglich die, ob nicht die Notwendigkeit, die 131er mit allen nur denkbaren Mitteln unterzubringen, nicht noch vordringlicher ist als das finanzpolitische Interesse der Gemeinden.
Wir müssen uns doch einmal vor Augen halten, wie
dringlich die Sorge unseres Staates ist, unsere vertriebenen Beamten und unsere Berufsunteroffiziere,
für die sich die Sozialdemokratische Partei sonst immer so sehr zu interessieren vorgibt,
so schnell wie möglich endlich in unseren Behörden unterzubringen,
um diesen Personenkreis nicht von unserem demokratischen Staat abzudrängen, ihn nicht in feindselige Opposition hineinzutreiben. Daher ist es eine dringende staatspolitische Notwendigkeit, nun unter allen Umständen die Türen der Behörden zu öffnen, damit diese Einstellungsverpflichtung endlich realisiert wird. Demgegenüber tritt diese relativ kleine finanzielle Belastung der Gemeinden wirklich in den Hintergrund.
Man komme uns doch nicht mit den Millionenbeträgen von Köln und Düsseldorf! Es geht hier doch darum: wenn eine Gemeinde einen Personaletat von 100 000 DM hat, dann können, wenn sie keinen 131er eingestellt hat, äußerstenfalls 5000 DM erhoben werden; wenn sie wirklich keinen eingestellt hat, soll sie das auch bezahlen. Hat sie nur die Hälfte des Solls eingestellt, dann muß sie 2500 DM bezahlen. Das sind 2 1/2% des Personaletats und weit weniger als 1% des Gesamtetats. Man könnte also eher sagen, daß der Druck, der ausgeübt wird, zu gering ist, als daß man sagt, er wäre finanziell zu stark.
Ich komme also zu dem Ergebnis, daß es eine ausgesprochene Staatsnotwendigkeit und eine unserer wichtigsten Nachkriegsaufgaben ist, den vertriebenen Beamten und den alten Berufssoldaten bei der Erfüllung ihres Unterbringungsanspruches zu helfen. Dieser Gedanke muß über den verhältnismäßig geringfügigen kommunalen oder Länder-Finanzinteressen stehen. Deshalb bitte ich Sie, dem Antrag des Beamtenrechtsausschusses zuzustimmen und den Gesetzentwurf des Bundesrates abzulehnen.