Rede von
Dr.
Robert
Lehr
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag der Abgeordneten Vogel und Genossen ist bereits am 9. Mai gestellt worden. Er ist durch die Verhandlungen über die Aufhebung des Besatzungsstatuts, die inzwischen stattgefunden haben, an sich überholt. Ich habe seinerzeit bei der Einbringung des Paßgesetzes am 26. September vor Ihnen ausführlich über das Paßgesetz und auch über die Schwarzen Listen gesprochen und dabei zum Ausdruck gebracht, daß diese immer noch bestehenden Sperrlisten tatsächlich eine Einschränkung unserer Souveränität bedeuten, die auf die Dauer mit gleichberechtigter Partnerschaft nicht vereinbar ist. Aber, wie gesagt, die Verhandlungen über die Aufhebung des Besatzungsstatuts schweben gegenwärtig, und ich werde die in den verschiedenen Interpellationen gestellten Fragen gleich noch im einzelnen beantworten. Das, was ich eben ausgeführt habe, bezieht sich auf die Drucksachen Nrn. 2735 und 2226, den Antrag der Abgeordneten Dr. Vogel, Dr. Blank, Dr. von Campe, Dr. Seelos und Genossen.
Ich komme zu der Drucksache Nr. 2647, der Interpellation der SPD betreffend Visenzwang. Zu der ersten Frage habe ich folgendes auszuführen. Der derzeitige Visumzwang für die Einreise in die Bundesrepublik ist nicht von der Bundesregierung eingeführt worden, sondern beruht auf einer alliierten Anordnung, deren Aufhebung bisher nicht erreicht werden konnte.
Zu der zweiten Frage gebe ich folgende Auskunft. Von Vertretern des Amtes des Hohen Kommissars der USA ist die deutsche Anregung, den deutschen Visumzwang zugunsten von USA-Bürgern aufzuheben, nicht gebilligt worden.
Ich komme zu der Interpellation auf Drucksache Nr. 2648. Zu dieser Interpellation der Fraktion der SPD habe ich folgendes auszuführen. Zu Nr. 1: Die Ausfüllung der Kontrollkarten bei der Ein-und Ausreise findet durch die mit der Paßnachschau beauftragten Beamten statt. Der dadurch erwachsene Mehrbedarf an Kontrollpersonal kann auf etwa 20 % der Kosten geschätzt werden. Wieviel Arbeitskräfte sonst für die Bearbeitung erforderlich sind, läßt sich nicht angeben, da diese Personen aus dem Besatzungshaushalt besoldet werden. Es handelt sich um eine Mehrinanspruchnahme von etwa 300 Arbeitskräften und, vorsichtig geschätzt, um eine Mehrausgabe von mindestens anderthalb Millionen.
Zu der zweiten Frage habe ich zu erklären: Die Bundesregierung hat gegen das Verfahren der Kontrollkarten mehrfach Vorstellungen erhoben. Diese Vorstellungen sind mit der Begründung zurückgewiesen worden, daß das Verfahren im Interesse der Sicherheit der Besatzungsmächte notwendig sei und sich im übrigen in den Vereinigten Staaten und England unter polizeilichen Gesichtspunkten bewährt habe. Die Bundesregierung ist nach wie vor bemüht, zum mindesten eine Begrenzung dieser Kontrollmaßnahmen auf bestimmte Personenkreise und damit eine Einschränkung dieses kostspieligen Verwaltungsapparates zu erreichen. In erster Linie sind wir aber bemüht, die Aufhebung des gesamten Kontrollapparates herbeizuführen.
Ich komme zu der Interpellation der Fraktion der SPD betreffend Schwarze Listen auf Drucksache Nr. 2649. Dazu ist folgendes zu sagen. Zu 1: Deutsche Stellen haben keinen Einfluß auf die Aufstellung der Schwarzen Listen, und sie haben bisher auch keinerlei Einfluß nehmen können. Zu 2: Es ist wiederholt beobachtet worden, daß im Wirtschaftsleben, insbesondere im Exportgeschäft tätigen Personen auf Grund der Schwarzen Listen die Ausstellung von Reisedokumenten verweigert werden mußte. Zu 3: Die bisherigen Erfahrungen mit den Schwarzen Listen müssen als ungünstig bezeichnet werden. Durch die Verweigerung der Angabe von Gründen wird der demokratische Grundsatz, niemanden in seiner individuellen Freiheit ohne rechtliches Gehör zu beschränken, verletzt. Dies führt zu berechtigten Klagen der Betroffenen. Die gegenwärtige Handhabung erfordert zudem eine große Verwaltungsarbeit, da alliierte ui d deutsche Stellen in der gleichen Angelegenheit nebeneinander tätig werden.
Ich darf in diesem Zusammenhang die Frage beantworten, die außerhalb der Interpellation an mich gerichtet worden ist, ob es sich bei diesen Listen nicht nur um Paßlisten und den Paßverkehr, sondern im gegebenen Fall auch um Verhaftungslisten handle. Diese Frage kann ich eindeutig verneinen; es handelt sich ausschließlich um Paßlisten.
Ich komme zu der letzten Interpellation, zu der Interpellation der Fraktion der SPD betreffend Abschaffung der Visen im gegenseitigen Reiseverkehr, Drucksache Nr. 2650. Dazu möchte ich folgendes bemerken. Zu 1: Der Beschluß des Bundestages ist ausgeführt. Wir sind an die Organisation for European Economic Cooperation der bekannten OEEC-Staaten mit der Anregung herangetreten, im Wege zweigleisiger Verhandlungen zu einer Abschaffung des Sichtvermerks zu gelangen.
Zweitens. Die Antworten, die wir seinerzeit bekommen haben, waren im wesentlichen abwartend. Dagegen hat kürzlich der Generalsekretär des Europarats zur Vorbereitung für die Sitzung, die am 15. dieses Monats in Straßburg begonnen hat, eine Sachverständigenkonferenz zur Vereinfachung der Pässe einberufen. Für diese Konferenz hat der Herr Generalsekretär einen Fragebogen herausgegeben, bei dessen Beantwortung die Regierungen sich im allgemeinen positiv geäußert haben. In der Sitzung des Sachverständigenausschusses in Straßburg vom 16. dieses Monats ist einstimmig der Beschluß gefaßt worden, dem Ministerrat grundsätzlich die Aufhebung des Sichtvermerkzwangs für alle Mitgliedstaaten des Europarats zu empfehlen. Als geeigneter Weg wird der Abschluß zweiseitiger Abkommen bezeichnet und dabei ausdrücklich hervorgehoben, daß die anwesenden Vertreter bei ihrem Beschluß insbesondere die Aufhebung des Sichvermerkzwangs im Verkehr mit Deutschland im Auge gehabt haben. Der Sachver-
ständigenausschuß hat bei Gelegenheit dieses Beschlusses die Bitte um tunlichst beschleunigte Behandlung der Angelegenheit durch die beteiligten Regierungen ausgesprochen. Angesichts dieser veränderten Sachlage besteht die Aussicht, daß die jetzt eingeleiteten diplomatischen Verhandlungen mit den einzelnen Mitgliedstaaten bald fortgesetzt und diesmal zu einem positiven Ergebnis geführt werden können, soweit nicht einige wenige Staaten auf Grund der bei ihnen gegebenen besonderen Verhältnisse gewisse Vorbehalte gegenüber einer sofortigen Verwirklichung des Grundsatzes der Aufhebung des Sichtvermerkzwangs noch glauben machen zu müssen.
Zum dritten Punkt. Mit der französischen Regierung sind Verhandlungen über einen Jugendpaß im Gange. Da die französische Regierung bislang glaubte, von der Beibehaltung des Sichtvermerkzwangs auch bei Jugendlichen bis zu 25 Jahren nicht absehen zu können, erscheinen nur kleinere Erleichterungen wie Gebührenerlaß und erleichterter Aufenthalt bis zu 3 Monaten erreichbar.
Zur vierten und fünften Frage. Die Bundesregierung hat sowohl die eben von mir erwähnte OEEC wie den Europarat über ihren Wunsch auf Abschaffung des Sichtvermerkzwangs und ihre dieserhalb bei den Mitgliedstaaten unternommenen Schritte unterrichtet. Der Europarat hat die weitere Behandlung aufgenommen. Über das Ergebnis habe ich Ihnen vorhin schon Mitteilung gemacht.