Rede von
Dr.
Adolf
Arndt
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die sozialdemokratische Fraktion des Bundestags hat bekanntlich bereits vor einiger Zeit das Gesamtproblem der Wiedergutmachung einschließlich des Problems der Rückerstattung aufgeworfen und die Prüfung der Frage gefordert, was bundesgesetzlich geschehen soll, um hier einen Rechtszustand zu gewährleisten, der deutschen Vorstellungen entspricht. Schon längere Zeit zuvor hatte die Freie Demokratische Partei durch ihre Fraktion hier einen speziellen Antrag dahin einbringen lassen, daß das Rückerstattungsrecht durch Bundesgesetz zu vereinheitlichen sei. Beide Anträge liegen im Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht. Dieser hat sich auch durch eine Unterkommission sehr eingehend damit beschäftigt und ausführliche Beratungen mit dem Bundesjustizministerium und dem Auswärtigen Amt gepflogen und steht vor dem Abschluß der Beratungen. Daher das muß ich sehr klar erklären —ist nicht ganz einzusehen, was eigentlich dieser Antrag der Bayernpartei soll.
Er bringt nämlich — auch wenn er vom 6. Juli ist, Herr Kollege — nichts Neues. Sie haben allerdings in Ihrer Parteikorrespondenz und Parteipresse seit längerer Zeit die Behauptung verbreiten lassen, die Bayernpartei sei die einzige, die sich getraue, dieses „heiße Eisen" anzufassen.
Ich muß hier feststellen, daß das unwahr ist;
denn die Freien Demokraten und die Sozialdemokraten haben lange vor Ihnen dieses sogenannte heiße Eisen angefaßt.
Wir scheuen uns in diesem Hause, das berufen ist, für das deutsche Recht zu sorgen, nicht, alle Fragen anzusprechen, deren Regelung für die Gerechtigkeit und für die Herstellung eines Rechtszustandes wichtig ist.
Wir sind allerdings zugleich der Meinung, daß es nicht angeht, nur dieses spezielle Rückerstattungsproblem anzusprechen, wie Sie das getan haben; denn es ist in Deutschland noch verdammt viel zur Entschädigung und zur allgemeinen Wiedergutmachung zu tun. Wir Sozialdemokraten sind der Auffassung, daß alle diese Fragen zusammengehören und daß das Problem der Rückerstattung nur als ein Teilproblem des großen Problems der Wiedergutmachung behandelt werden kann.
Ich glaube, daß ich damit alles gesagt habe, was ich zu Ihrem Antrag auszuführen hatte. Wir werden, wie gesagt, demnächst hier im Parlament die Gelegenheit bekommen, diese Fragen auf breitester Grundlage zu diskutieren und unsere Wünsche an die Bundesregierung heranzutragen.
Nur noch ein Wort. Es kommt dabei immer etwas zu kurz, daß es nämlich seit Jahrhunderten ein deutscher Rechtsgrundsatz ist, daß an gestohlenem oder geraubtem Hab und Gut ein gutgläubiger Erwerb nicht möglich ist. Das muß auch nach deutscher Auffassung die Vorrangstellung im Rückerstattungsrecht haben. Ich stehe deshalb nicht an, zu erklären, daß wir Sozialdemokraten uns zu diesem Grundsatz der Rückerstattung mit aller Eindeutigkeit bekennen, aber zugleich nicht verkennen, daß die Regelung so, wie sie uns sehr unterschiedlich von den Alliierten aufgezwungen ist, in
Einzelfällen durchaus zu unzumutbaren Ungerechtigkeiten und Härten führt, weshalb wir Gelegenheit nehmen werden, bei der Verabschiedung der Anträge, die schon im Rechtsausschuß liegen, deutsche gesetzgeberische Maßnahmen zu fordern, die geeignet sind, diese Ungerechtigkeiten zu beseitigen.