Rede von
Dr.
Michael
Horlacher
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben eine sehr schwierige Materie vor uns, auch psychologisch gesehen; denn sie berührt die Empfindungen mancher Kreise sowohl im Inland als auch im Ausland.
Ich kann mich noch genau daran erinnern, wie seinerzeit die Beratungen über das Rückerstattungsgesetz geführt wurden, als ich amtierender Präsident des Parlamentarischen Rates in Stuttgart war und daran, welche Gegenvorschläge wir der amerikanischen Kommission gemacht haben, die an den Beratungen beteiligt war. Wir sind aus verschiedenen Gründen nicht zu einer Verständigung gekommen. Wir mußten eine Reihe von Fragen wie etwa die der Berücksichtigung der Härtefälle, die der Rechtsnachfolger und des Instanzenzuges, besonders die Frage, welche Instanz an oberster Stelle zu entscheiden habe — alle diese Fragen, die der Kollege Etzel erwähnt hat —, zurückstellen, weil die Mentalität noch frisch war, die die Verbrechen des Nationalsozialismus auf diesem Gebiet hervorgerufen hat.
Aus dieser Mentalität sind in der Gesetzgebung gewisse Verschärfungen eingetreten. Ich habe immer das Empfinden: wenn wir uns in allen Bevölkerungsschichten stärker von dem nationalsozialistischen Gedankengut entfernt hätten, wenn nicht mehr solche Bewegungen aufgekommen wären, die eine Sehnsucht nach Rückkehr in die ehemaligen Verhältnisse erkennen lassen, wäre schon längst eine breitere Vertrauensgrundlage hergestellt; dann könnten auch diese Härtefälle einer gesetzlichen Regelung zugeführt werden.
Aber die aufgezeigten Umstände erschweren uns die Arbeit ungeheuer. Solche Radikalinskis rufen bei vielen ausländischen Bürgern Stimmungen hervor, die sich nur wieder an unseren Mitbürgern rächen. Unser gesamtes Volk muß deswegen zu einer ganz anderen psychologischen Einstellung kommen und muß das erkennen, was in der Vergangenheit nicht richtig war. Und zu den anderen müssen wir sagen, daß sie in den Forderungen nicht zu weit gehen sollen, damit sie nicht bei Leuten, die für diese Zustände nicht verantwortlich gemacht werden können, erneut Verstimmungen hervorrufen. Das ist das Grundproblem, das vor uns liegt.
Der Herr Kollege Etzel hat die einzelnen Gesichtspunkte hervorgehoben. Ich kann ihm da in keinem Teil widersprechen. Er hat auch die Verhältnisse im einzelnen genau unterschieden. Wir müssen uns mit diesen Fragen noch intensiv beschäftigen.
Es gibt einzelne Fälle, die besonders kraß liegen. Ich darf ein Beispiel erwähnen, auf das der Kollege Etzel auch hingewiesen hat. Ich meine den Fall, daß Ländereien für den Bau der Autobahnen abgetreten werden mußten. Ganze Bauernhöfe sind dabei verschwunden. Das nationalsozialistische Regime hat einfach andere Ländereien — meistens aus jüdischem Besitz — beschlagnahmt. Der Bauer hat dann — so ist der Rechtszustand damals gewesen — aus reichseigenem Vermögen neuen Besitz erhalten. Nach dem jetzt geltenden Restitutionsgesetz hält man sich an den Bauern. Nach meiner Überzeugung muß man sich an den heutigen Rechtsnachfolger des ehemaligen Nazireichs halten, also in diesem Fall an den Bund.
Das sind alles Probleme, die unbedingt der Klärung bedürfen. Das Gesetz, das die Amerikaner damals aus einer bestimmten Mentalität erlassen haben, ist in beiderseitigem Interesse dringend reformbedürftig.
Wir können hier nicht auf die Einzelheiten eingehen. Wir haben nur den Wunsch, daß der Rechtsausschuß des Deutschen Bundestags möglichst bald eine brauchbare Grundlage für die Regelung dieser Fragen schafft, damit wir mit den Hohen Kommissaren in entsprechende Verhandlungen eintreten können, um die gröbsten Härtefälle zu beseitigen. Es muß hier eine Rechtsgrundlage geschaffen werden, um den Interessen auf beiden Seiten in gerechter Weise Rechnung zu tragen. Deswegen bin ich auch dafür, daß dieser Antrag der Bayernpartei dem Rechtsausschuß überwiesen wird.