Rede von
Fritz
Erler
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bericht des Haushaltsausschusses in dieser Sache kann verhältnismäßig kurz sein.
Es liegen dem Hause zwei Anträge vor. der Antrag Drucksache Nr. 2120 vom 5. April 1951, der sich mit dem Verkehrsflughafen für Niedersachsen im Raume Hannover beschäftigt, und der Antrag Drucksache Nr. 2553 vom 11. September 1951 über den Verkehrsflughafen für Nordbayern im Raume Nürnberg.
Der Verkehrsausschuß hat sich mit beiden Anträgen befaßt und dem Haushaltsausschuß gegenüber folgende Stellungnahme zum Ausdruck gebracht:
Der Ausschuß für Verkehrswesen erkennt nach eingehender Prüfung und Beratung die verkehrspolitische Notwendigkeit für die Verkehrsflughäfen für Niedersachsen und Nordbayern grundsätzlich an. Der Ausschuß für Verkehrswesen vertritt jedoch die Auffassung, daß die vom Bund dafür bereitzustellenden Mittel keinesfalls zu Lasten des bereits bestehenden Etats gehen dürfen.
Das heißt, die bereits in den Haushaltsplänen vorgesehenen Ansätze für ähnliche Zwecke dürften durch die Bereitstellung von Mitteln für diese Flughafenprojekte nicht geschmälert werden. Das bedeutet nicht mehr und nicht weniger, als daß wir dann eben an anderer Stelle des Haushalts zusätzlich Mittel bereitstellen müssen, um diesen An- trägen entsprechen zu können.
Es hat im Haushaltsausschuß eine Debatte gegeben, die im wesentlichen dadurch ausgelöst wurde, daß, wie wir feststellten, der Herr Bundesfinanzminister den beiden Anträgen mit unterschiedlichem Wohlwollen gegenübersteht. Das Bundesfinanzministerium war durchaus bereit, Mittel für den Flughafen in Nordbayern vorzusehen, hatte sich aber noch nicht entschlossen, in seiner Planung die Bereitstellung von Mitteln für den Verkehrsflughafen für Niedersachsen vorzusehen.
Dem Ausschuß und auch dem Hause ist eine ganze Reihe von Zahlen unterbreitet worden, aus denen hervorgeht, daß das Verkehrsbedürfnis für einen Flughafen im Raume Hannover dem im Raume Nürnberg mindestens gleichzuachten ist. Wir haben in Deutschland bis zum heutigen Tage keinesfalls zu viele Flughäfen. Es handelt sich nicht um eine Fehlinvestition. Nehmen wir zum Vergleich etwa die englischen Verhältnisse. Großbritannien hat annähernd die gleiche Größe wie die Bundesrepublik, annähernd die gleiche Bevölkerung, eine sehr ähnliche industrielle Struktur. In Großbritannien gibt es 25 Flughäfen, in der Bundesrepublik 10. In Großbritannien sind in der Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni, also in einem halben Jahr, auf diesen Flughäfen 197 000 Flugzeuge angekommen und abgeflogen, in der Bundesrepublik nur 18 000. Die Zahl der Fluggäste hat in Großbritannien fast eine Million erreicht; in der Bundesrepublik beträgt sie 471000. Auf 1000 Einwohner entfallen in Großbritannien 21 Fluggäste, in der Bundesrepublik 11. Das zeigt eindeutig, daß wir noch mit einer sehr erheblichen Verstärkung des Luftverkehrs rechnen müssen, zumal von dem Zeitpunkt ab, in dem die
Bundesrepublik wieder Herr ihres Luftraumes sein wird, in dem die Lufthoheit wieder auf Deutschland übergegangen sein wird.
Der Haushaltsausschuß hat daher — gegen vier Stimmen; das möchte ich nicht verschweigen — die Meinung vertreten, die ich Ihnen hier vortrage, daß man beide Projekte gleich behandeln sollte. Der Haushaltsausschuß hat sich dagegen nicht entschließen können, jetzt schon zu sagen, in welcher Höhe Mittel in den Haushalt eingesetzt werden müßten, in welcher Reihenfolge die Mittel in den kommenden Jahren etwa zu verbauen wären und in welcher Weise die Mittel gegeben werden sollen, ob als Zuschuß oder als Darlehen. Das ist alles noch nicht endgültig geklärt. Die Bundesregierung muß erst noch klären, in welcher Weise sich der Bund an den Flughafengesellschaften finanziell beteiligt. In welchem Tempo die Bauarbeiten vonstatten gehen, das kann man jetzt noch nicht wissen; aber es soll angefangen werden. Deshalb schlägt Ihnen der Haushaltsausschuß vor,
die Bundesregierung zu ersuchen, für den Ausbau der Verkehrsflughäfen bei Nürnberg-
Kraftshof und Hannover-Langenhagen im zweiten Nachtrag zum Bundeshaushaltsplan für das Rechnungsjahr 1951 Mittel zur Verfügung zu stellen.
Das Gesamtprogramm wird dem Hause also noch anläßlich der Beratung des zweiten Nachtrags zu unterbreiten sein. Wieviele Teile des Programms noch in diesem Jahre verwirklicht werden können, weiß der Haushaltsausschuß nicht; das muß von der Regierung untersucht werden. Der Haushaltsausschuß möchte aber nicht, daß etwa in Nürnberg begonnen und in Hannover gezögert wird, oder umgekehrt. Er möchte, daß die beiden Flughäfen, die eine durchaus vergleichbare Lage haben, gleichzeitig vom Bund fördernd betreut und die Projekte in Angriff genommen werden.
Ich darf Sie im Auftrage des Haushaltsausschusses bitten, der Drucksache Nr. 2732 in der vorgetragenen Fassung zuzustimmen.