Rede von
Werner
Jacobi
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn wir uns mit unserer Interpellation darüber beklagt haben, daß die Bundesregierung bei der Ausfertigung und Verkündung von Gesetzen manchmal sehr langsam vorangeht und zögernd handelt, dann müssen wir jetzt anerkennen, daß die Bundesregierung auf unsere Interpellation sehr schnell geantwortet hat. Aber die Antwort ist keinesfalls befriedigend und zeugt zum Teil davon, daß der Herr Bundesminister der Justiz unser Anliegen mißverstanden hat.
Ich darf auf einen Punkt hinweisen, Herr Minister. Ich habe in Verbindung mit meinen begründenden Ausführungen ausdrücklich darauf hingewiesen, daß der Herr Bundespräsident Hüter der Verfassung ist.
Ich brauche Ihnen nicht darzutun, was das bedeutet. Daß damit mehr verbunden ist als das formale Recht und die formale Pflicht der Verkündung von Gesetzen, bedarf keiner besonderen Betonung. Aber es ist auf der anderen Seite sehr verwunderlich gewesen, aus Ihrem Munde, Herr Justizminister, zu hören, daß Sie das Kabinett für befugt halten, noch nach der Verabschiedung eines Gesetzes in Verbindung mit der Frage, ob das Gesetz auszufertigen und zu verkünden ist, auch noch materielle Fragen zu prüfen, wie sie durch das Gesetz geregelt sind, und daß Sie die Antwort darauf, ob ein Gesetz ausgefertigt oder verkündet werden soll, von dem Ergebnis Ihrer Nachprüfungen abhängig machen zu können behaupten. Das ist völlig neu, das hat es früher nicht gegeben und das kann es auch heute während der Geltung des Grundgesetzes nicht geben.
Beispielsweise wurde das Gesetz über den Sitz der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung erwähnt. Dieses Gesetz ist als ein isoliertes, in sich abgeschlossenes und aus sich heraus wirkendes Gesetz verabschiedet worden, für dessen Ausfertigung und Verkündung es völlig gleichgültig ist, in welcher Form die Bundesanstalt eingerichtet wird. Wir können der Regierung nicht das Recht zugestehen, hier in dem von Ihnen angedeuteten Sinne eine Entscheidung zu treffen, die auf eine Verzögerung und sogar — ich muß den Ausdruck noch einmal gebrauchen — eine Manipulierung dieser Entscheidung hinausläuft.
Im übrigen sind wir auch darüber verwundert, daß Sie, Herr Justizminister, glauben zu dem Gesetz über die vermögensrechtlichen Verhältnisse der Bundespost einen Standpunkt einnehmen zu können, den wir für unmöglich, ja für unzulässig halten. Abgesehen davon, daß in dem Brief, den wir von dem Herrn Bundespostminister erhalten haben, von einem Veto gar keine Rede war — wir mögen da nicht vollständig unterrichtet worden sein —, ist es außerordentlich verwunderlich, daß, wenn ein solches Veto ausgesprochen worden ist, die Bundesregierung es nicht für notwendig gehalten hat, dem Bundestag durch den Herrn Bundestagspräsidenten von diesem Veto Mitteilung zu machen.
Das ist eine Methode, die in mancherlei Hinsicht bedenklich ist, und wir möchten nicht, daß sie Schule macht.
Im übrigen, meine sehr verehrten Damen und Herren, glauben Sie uns: Wir haben unsere Interpellation nicht aus Freude an Kritik und deshalb eingebracht, weil wir uns als Opposition in dieser oder jener Frage wieder einmal in einen Raufhandel mit der Regierung einlassen möchten. Wir haben die Interpellation eingebracht aus der Sorge über die Handhabung des Grundgesetzes, wie wir sie in diesen Fällen bei der Bundesregierung festgestellt haben und wie wir sie für unmöglich und ganz allgemein für eine Gefahr für die parlamentarische Demokratie halten.
Ich darf abschließend erklären, daß die Mitteilungen des Herrn Bundesjustizministers uns als Antwort auf unsere Interpellation nicht befriedigen und daß wir vor allem hinsichtlich der von uns im einzelnen aufgezählten Punkte der Interpellation eine Ergänzung erwarten.