Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Ausführungen des Kollegen Odenthal zwingen doch zu einer Stellungnahme. Er hat zunächst betont, daß eine gewisse Stagnation in der Entwicklung der Arbeitslosigkeit zu verzeichnen sei. Weiter hat er die Auffassung vertreten, das Gesetz sei nicht geeignet, eine wirksame Hilfe zu geben. Er hat auf die Gefahr von Fehlleitungen hingewiesen und schließlich auch betont, daß es mit der Finanzierung der Restkosten bei der Durchführung solcher Maßnahmen hapert. Ich halte es für notwendig, dazu einiges zu sagen.
Richtig ist, daß die Zahl der Arbeitslosen im Augenblick nur um einige 10 000 niedriger liegt als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Aber richtig ist auch, daß seit dem Vorjahr, von Ende September 1950 bis Ende September 1951, insgesamt 589 000 neue Arbeitsplätze besetzt worden sind.
Nehmen Sie nun die über 20 000 noch im Oktober besetzten Arbeitsplätze dazu, dann sehen Sie, daß in einem Zeitraum von ungefähr einem Jahr mehr als 600 000 neue Arbeitsplätze geschaffen wurden; und das dürfen wir nicht vergessen.
— Ja, Herr Professor Preller, ich komme darauf.
Nun wird gesagt: Bei den Dauerarbeitslosen haben wir immer noch die gleiche Zahl. Wir sollten uns allen Ernstes einmal die Mühe machen, die Zahl der Arbeitslosen dahingehend zu überprüfen, welche Arbeitslosen wirklich noch vermittlungsfähig sind. Jeder Fachmann weiß, daß sich in dieser Arbeitslosenreserve eine große Anzahl Menschen befinden, die leider nicht vermittlungsfähig sind.
— Ja, Herr Marx, was das nun mit Niederbreisig
zu tun hat, kann ich im Augenblick nicht begreifen.
Von den im Augenblick gemeldeten Arbeitslosen ist ein großer Teil nicht voll einsatzfähig; er ist schwer zu vermitteln, ich möchte sagen nicht vermittlungsfähig. Ich bitte Sie, einmal mit Ihren Fachleuten darüber zu reden; die werden Ihnen das bestätigen. Ich darf Ihnen, mit Genehmigung des Herrn Präsidenten, wenige Zeilen aus dem Monatsbericht eines mittleren Arbeitsamtes vorlesen. Es handelt sich um den Bericht einer Vermittlungsstelle für gewerbliche Arbeiterinnen über den Monat Oktober 1951. Da heißt es:
Bei der Vermittlungsstelle für gewerbliche Arbeiterinnen waren Ende des Monats 438 Arbeitslose gemeldet. Von diesen sind 143 verheiratete Frauen, deren Männer mit geringen Ausnahmen beschäftigt sind. Etwa die Hälfte besteht aus älteren, kränklichen und häuslich gebundenen Frauen und zum Teil aus asozialen Personen, die bei der heutigen Arbeitsmarktlage nicht vermittelt werden können.
Es verbleiben also bei dieser Vermittlungsstelle nur rund 90 Arbeitslose, die als voll vermittlungsfähig gelten können und bei denen von einer wirklichen Belastung des Arbeitsmarktes gesprochen werden kann. Von 423 Gemeldeten dieser Dienststelle sind also nur 90 vermittlungsfähig! Das zeigt doch die Situation auf.
Ich gebe zu, hier handelt es sich um ein krasses Beispiel. Wir könnten aber ähnliche Beispiele in sehr großer Zahl anführen. Damit ist nichts über die Notsituation dieser Menschen gesagt, sondern es ist nur zum Ausdruck gebracht, daß tatsächlich bei einem großen Teil der augenblicklich verfügbaren Arbeitslosen — —
— Herr Professor Preller, ich habe gar nicht die Absicht, die strukturelle Arbeitslosigkeit wegzudiskutieren. Ich sage Ihnen j a, das ist ein Beispiel, das vielleicht sehr kraß ist. Auch ich kenne die strukturelle Arbeitslosigkeit, und gerade ihr wollen wir mit diesem Gesetz doch weitgehend zu Leibe rücken.
Nun ist vorhin vom Herrn Kollegen Odenthal gesagt worden, das Gesetz sei nicht geeignet, eine wirksame Hilfe zu geben. Die Situation ist doch so: Es wird möglich sein — selbst wenn ich den höchsten Förderungssatz annehme —, mit den Mitteln, die ausgeworfen werden, etwa 14 Millionen Tagewerke zu finanzieren; das ist immerhin eine ganz beachtliche Zahl. Herr Kollege Odenthal, Sie wissen j a, mit den Richtlinien zu diesem Gesetz, nach denen bisher schon verfahren wurde, wurde gerade eine Ausweitung der Finanzierung ermöglicht.
Die bisherigen Schwierigkeiten bei der werteschaffenden Arbeitslosenfürsorge bestanden darin, daß die Träger der Arbeit mit der Restfinanzierung nicht fertig werden konnten. Darum die Ausweitung, die hier versucht worden ist; eine beachtliche Ausweitung. Herr Professor Preller, es ist doch möglich, auf Grund der Richtlinien zu diesem Gesetz einmal à fonds perdu für jedes Tagewerk 5 DM zu geben; es ist ferner möglich, an Darlehen noch 10 DM zu geben unter der Voraussetzung, daß das Land oder der Träger ebenfalls 10 DM geben. Also 15 DM pro Tagewerk werden zur Verfügung gestellt, wesentlich mehr als das, was bisher bei solchen Maßnahmen der werteschaffenden Arbeitslosenfürsorge möglich war. Wir sind also der Meinung, hier geschieht doch etwas Beachtliches; denn wir können in bestimmten Bezirken eine ganze Reihe von Menschen für einen bestimmten Zeitraum in Arbeit bringen. Das ist uns wertvoll genug bei dieser gesetzlichen Maßnahme.
Ich sage in aller Offenheit: Wir finden uns damit nicht ab; es ist eine Maßnahme. Sie wissen so gut wie ich, daß im Laufe der vergangenen Jahre die verschiedensten Maßnahmen durchgeführt worden sind und daß sie weiter durchgeführt werden. Es sind eine ganze Reihe von Maßnahmen durchgeführt worden mit dem Ziel, Dauerarbeitsplätze zu schaffen. Ich habe auch die feste Überzeugung, daß seitens der verantwortlichen Stellen — und das ist ja nicht die Bundesregierung allein, Herr Kollege Odenthal, sondern auch der Verteilungsausschuß —, dafür Sorge getragen wird, daß Fehlleitungen vermieden werden, daß nur solche Objekte finanziert werden, deren Finanzierung volkswirtschaftlich vernünftig ist. Ich habe zu diesem Ausschuß das Vertrauen, daß er die einzelnen Maßnahmen sehr sorgfältig überprüfen wird.
Ich sage noch einmal: es ist nicht die einzige Maßnahme, und es darf auch in Zukunft nicht die einzige Maßnahme bleiben; aber wir halten sie für äußerst wertvoll und geeignet, in bestimmten Notstandsgebieten wirksame Hilfe zu leisten.