Rede von
Heinz
Renner
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(KPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die kommunistische Fraktion ist nicht in der Lage, dem Gesetzentwurf ihre Zustimmung zu geben.
Es handelt sich nach unserer Auffassung bei den Geldern, über die Sie hier verfügen, um Gelder der Arbeitslosenversicherung.
— Wenn Sie es wissen, ist es um so unverständlicher, daß Sie dabei mitmachen, diese Gelder für Zwecke zu verwenden, die dein Versicherungszweck wesensfremd sind. Wenn wir in den zurückliegenden Monaten Anträge in der Richtung der Erhöhung der augenblicklichen Leistungen der Arbeitslosenfürsorge und -versicherung gestellt haben, wurden diese Anträge immer mit der Begründung abgelehnt, es fehlten die Mittel.
— Sicher, Arbeit ist besser. Aber dann holen Sie die Gelder aus den Mitteln der Bundesregierung und nicht aus den Geldern, deren Zweck es ist, Arbeitslose zu unterstützen!
In dem Gesetzentwurf, wie er vermutlich angenommen werden wird, sind noch einige andere Dinge enthalten, auf die hinzuweisen wir uns verpflichtet fühlen. In der Aussprache ist zum Ausdruck gekommen, daß über den Einsatz dieser Gelder keineswegs Klarheit besteht. Einer der Herren hat gemeint, man müsse auch Arbeiten finanzieren, die Dauercharakter hätten.
Es wurde gesagt, man müsse auch Arbeiten privater Art finanzieren, die nicht diesen vorübergehenden Charakter trügen. Wir vermissen, daß Sie sich nicht einmal zu der Festlegung aufschwingen, daß diese Mittel bestenfalls nur zur Finanzierung öffentlicher Arbeiten gegeben werden dürfen.
Wir sind auch der Auffassung, daß der eigentliche Zweck, von dem Sie hier reden, schon deshalb nicht erfüllt werden kann, weil gerade die finanzschwächsten Länder und Gemeinden, denen angeblich die Leistungen zugute kommen sollen, nicht in der Lage sind, die Beträge aus eigenem aufzubringen, die notwendig sind, um überhaupt in den Genuß dieses Bundeszuschusses zu gelangen.
Wir lehnen auch die Zusammensetzung des Verteilungsausschusses ab, schon aus dem einfachen Grunde, weil diese Verteilung eine Bejahung des Prinzips der Dreiseitigkeit darstellt.
Außerdem sind wir der Meinung, der schlimmste Mangel in diesem Gesetz besteht darin, daß in ihm keine ausdrückliche Verpflichtung dahingehend enthalten ist, diese Gelder nicht auch noch zur Förderung der Kriegsproduktion zu verwenden.
Nun noch eine. letzte Bemerkung! Wir vermissen in diesem Gesetz auch die Kautele, daß, wenn schon solche Arbeiten gemacht und aus diesen Geldern finanziert werden sollen, die Arbeiten nur gegen Zahlung des Tariflohns geleistet werden dürfen, daß also durch diese Arbeitsaufnahme ein ordentliches Arbeits- und Versicherungsverhältnis gegeben ist.
Aus diesen Gründen sind wir nicht in der Lage, dem Gesetzentwurf unsere Zustimmung zu geben. Wir sind — wie ich noch einmal wiederhole — der Auffassung, daß die Mittel der Arbeitslosenversicherung zur Verbesserung der derzeitigen elenden Hungerleistungen verwendet werden sollten.
Deutscher Bundestag — 1'74. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. November 1951 7145