Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach den Ausführungen unseres Kollegen Leonhard widerstrebt es mir im Innersten meines Herzens, zu dieser Frage Stellung zu nehmen. Ich möchte mich deshalb auch sehr kurz fassen. Ich bin aber der Auffassung, daß man angesichts der Arbeit unserer Regierung und der Finanznöte, in die der Bundestag den Herrn Finanzminister hineingebracht hat, nicht so reagieren kann, wie das Herr Leonhard getan hat.
Daß diese Gesetzesvorlage berechtigt sei, ist mit der Behauptung begründet werden, die Aufwandsteuer belaste in erster Linie die Kreise, die über einen gewissen Kaufkraftspielraum verfügen. Meine Damen und . Herren, wenn dem so wäre, dann könnte die Fraktion der Deutschen Partei die Vorlage im Ausschuß auf dieser Grundlage diskutieren. Dem ist aber nicht so. Was heißt Aufwand? Herr Bundesfinanzminister, ich befürchte, daß in der Liste B Ziffer 19 der Textilgruppe sogar gewisse Schnürsenkel steuerbelastet werden. Wenn ich mir den ganzen Katalog dessen ansehe, was hier als Aufwand - sogar als gehobener Aufwand — bezeichnet wird, dann habe ich den Eindruck, als wenn das eine Aufwandsteuervorlage für die sowjetrussischen Völker wäre; ihrem Lebensstandard mag eine derartige Liste von Artikeln angemessen sein.
Ich weiß nicht, wie wir im Ausschuß dieses Problem läsen sollen. Meine Fraktion und ich haben wenig Hoffnung, daß das möglich ist. Vielleicht ist ein grundsätzlicher Schnitt quer durch alle Warengruppen Ihres Katalogs, Herr Finanzminister, möglich, so daß die Erzeugnisse der unteren Preisstufen steuerfrei blieben. Einige Waren werden vielleicht ganz herausgenommen werden müssen. Vielleicht ist eine echte Luxussteuer, die wir unter Abwägung
aller wirtschaftlichen und exportpolitischen Bedenken diskutieren müßten, noch möglich; vielleicht sind auch andere Warengruppen hineinzunehmen. Es ist meinen politischen Freunden schlechterdings unverständlich, warum man beispielsweise diese unselige Inflation zahlloser Broschüren, Zeitschriften, Illustrierten und Magazine und dergleichen mehr, die auf minderwertige, ja zum großen Teil auf niedrigste Instinkte einer gewissen Leserschaft spekulieren, nicht in diesen Katalog mit hineinnimmt.
Herr Bundesfinanzminister, wir können uns auch nicht darauf berufen, daß für einzelne Artikel dieses Katalogs die Besteuerung oft nur einen geringen Betrag, ja nur Pfennigbeträge ausmacht. Sicher, einen Radioapparat kauft man sich nicht in jedem Jahr, und es gibt eine ganze Reihe Artikel, die eine lange Lebensdauer haben. Aber wir wollen doch bedenken, daß der tägliche Bedarf unserer Familien, unserer Haushaltungen eine Anschaffung nach der anderen notwendig macht und daß der Nachholbedarf, der als Folge des Verschleißes in den Jahren 1939 bis 1948 zu verzeichnen ist, immer noch nicht befriedigt werden konnte. Dieser Nachholbedarf besteht bei fast allen unseren Haushaltungen, vor allen denjenigen, die nicht über den Kaufkraftspielraum verfügen, den Sie generaliter unterstellt haben. Heimatvertriebene und Fliegergeschädigte haben ihren Haushalt und den Hausrat zu ergänzen oder neu anzuschaffen. Bei den nach Kriegsende neu gegründeten Haushaltungen ist der Bedarf selbst an primitivstem Hausrat noch längst nicht befriedigt. Man kann also auch nicht der Absicht zustimmen, beispielsweise Beleuchtungskörper, die aus Metall hergestellt sind, auf wandsteuerpflichtig zu machen. Dadurch würden die aus Holz hergestellten Beleuchtungskörper einen Preisaufschwung erleben.
Meine Fraktion kann auch den Vergleich mit. anderen Ländern nicht als stichhaltig anerkennen. Das deutsche Volk wäre glücklich, wenn es bei gleicher sozialer und steuerlicher Situation die Aufwandsteuer in den Ländern, die der Herr Bundesfinanzminister aufgeführt hat, hinnehmen könnte. Wir sind gern bereit, mit diesen Ländern in Europa und in Übersee zu tauschen und dafür deren Aufwandsteuersätze auf uns zu nehmen.
Wie sehr die Steuerschraube in inserer Wirtschaft bereits überdreht ist, so daß eine weitere Anspannung nicht ertragen werden kann, möchte ich an einem Beispiel zeigen. Das Handwerk im Bundesgebiet ist trotz eines hohen Auftragsbestandes, trotz einer anhaltenden, ja sogar noch steigenden Konjunktur zum größten Teil nicht mehr gewillt, neue Hilfskräfte einzustellen, die erforderlich sind, um die Aufträge auszuführen. Warum nicht? Es ist dem Handwerkerstand wegen der damit verbundenen progressiven Steuerlast einfach nicht mehr zuzumuten, bei gleichbleibendem bzw. gestiegenem Risiko die zusätzlichen Umsätze zu tätigen; dabei ist für den Handwerker kein Geschäft mehr zu machen.
Herr Bundesfinanzminister, ich muß zu meinem Bedauern hier erklären, daß wir aus wirtschaftlichen und sozialpolitischen Gründen nicht in der Lage sind, dieser Vorlage unsere Zustimmung zu geben. Wir sind bereit, im Ausschuß mitzuarbeiten — wenn das noch für nötig gehalten wird —, um das Bestmögliche aus dieser an sich unerträglichen Gesetzesvorlage herauszuholen.