Mir ist gesagt worden: 26 Minuten. Das ist mir höchst peinlich; denn dann hätte ich mich anders eingerichtet. Darf ich bitten, ein wenig darauf Rücksicht zu nehmen? Es ist kein schlechter Wille, sondern im Gegenteil ein guter.
Die Bundesregierung hat dann den regulären Weg über den Bundesrat gewählt und hat ein Bundesgesetz über eine Aufwandsteuer vorgelegt. Das ist das, was wir nun hier behandeln. Am 5. Oktober 1951 ist dieses Gesetz vom Bundesrat abgelehnt worden, und die Zeitungen haben einen klaren Begriff darüber gegeben, welche Parteien dieses Hauses geneigt sind, dieses Gesetz ebenfalls abzulehnen. Aber nun ist unser in so vielem vorbildlicher Bundesfinanzminister mit diesem — ja, wie sage ich es — etwas müden und traurigen, mit diesem abgenützten und unansehnlichen Kinde unter Benützung eines — sagen wir einmal — nicht aufwandsteuerpflichtigen Kinderwagens doch hier in den Bundesplenarsaal hereingefahren.
Das ist sehr schade. Dieses Kind ist skrofulös und bleibt skrofulös, es hat meines Erachtens sogar die englische Krankheit.
Darf ich bei dem Stichwort mit der englischen Krankheit, das ich mir selbst gegeben habe, bleiben? Der Bundesfinanzminister hat uns gesagt, die Rücksicht auf das Ausland spiele keine Rolle. Aber entschuldigen Sie, auch wenn ich ihm das glaube, so bin ich doch nicht seiner Meinung.
Ich möchte doch meinen, daß wir schon. Veranlassung haben, ein wenig den Eindruck zu beachten
— ich verlange das übrigens auch vom Auslande uns gegenüber —, den die Gesetzgebung eines zivilisierten Staates auf das Ausland macht. Wir haben daher unseren Tribut mit der Spesenabgabe-Verordnung, von der ich schon gesprochen habe, entrichtet. Wir haben es dabei geschmackvoll gefunden, die Ausländer, die bei uns bewirtet werden, sogar bis zu einem dreifachen Betrage
— einen Magen hat ja jeder bloß — gegenüber dem bei Inländern bewirten zu können. Aber ich will darauf nicht eingehen; wir haben unseren Tribut teilweise schon entrichtet.
Fehlt es sonst an der Ausschöpfung der Steuermöglichkeiten? Der Bundesfinanzminister hat selbst dargelegt, daß die drei Gesetze dieses Sommers,
nämlich Verschärfung der Einkommensteuer, Erhöhung der Körperschaftsteuer von 50 auf 60 % und schließlich der Umsatzsteuer von 3 auf 4 %, das Aufkommen — an direkten Steuern, hat er wohl gemeint, wie ich annehme — um ein Drittel erhöht haben. Das ist doch ein Wort.
Nun möchte ich Sie zur Aufwandsteuer fragen: wo gibt es denn im Auslande die kumulative Umsatzsteuer der Bundesrepublik? Nur ein solches Land ist mit uns vergleichbar, andere nicht. Und auch dann gilt noch: Omme simile claudicat!
Wir wissen, daß der Weg von der Rheindorfer Straße nach Duisdorf und umgekehrt genau so leider ein ziemlich weiter ist. Aber sollten wir nicht doch meinen: Produzieren, produzieren, exportieren, den schwarzen Markt bekämpfen, das sind unsere Hauptaufgaben?
Stehen diese Hauptaufgaben und diese Steuervorlage in Einklang? Nun, ich glaube, ich brauche nicht auszuführen, daß sie im ausgesprochenen Gegensatz zueinander stehen.
Man kann auch in der Bundesregierung nur eine Marschroute einhalten, auch zwischen der Rheindorfer Straße und Duisdorf, Kaserne, in Klammern gesetzt.
— In Duisdorf wohnen auch noch andere Leute,
Herr Renner; das wissen Sie wahrscheinlich nicht.
Ist nun diese Umsatzsteuer für den Haushalt nötig? Seit Mai dieses Jahres bemüht sich die Fraktion der Freien Demokratischen Partei, dem Herrn Bundesfinanzminister zu beweisen, daß diese Steuer für den Haushalt nicht nötig ist. Und gerade, als wenn das verabredet wäre, ist der Monatsbericht September der Bank deutscher Länder in diesen Tagen erschienen. Was die Zeitungen in den letzten Tagen — wie sie das gelegentlich tun: ein bißchen falsch — über die Wende in der Höhe der Einnahmen, vor allem, Herr Minister, über die Wende in der Kassenlage gebracht haben, das steht hier auf den Seiten 20 bis 22. Bitte nachlesen! Wer war es denn, der im August erklärte: Wir kommen am 1. November in eine prekäre Kassenlage? Dieser Termin war vor wenigen Tagen! Wie sieht es in Wirklichkeit aus? Der Herr Minister hat das ja sehr offenherzig zugegeben. —
Aber nun komme ich zu den wirklichen Einnahmen. Damit ich die Geduld des Herrn Präsidenten nicht zu lange in Anspruch nehme, will ich nur ein Wort sagen: Herr Minister, die Schätzungen der FDP kommen langsam — es wird sogar jeden Tag besser — in die Reichweite des Wahrscheinlichen, nicht nur des Möglichen,
— mein Freund Preusker würde sich noch viel massiver ausdrücken — ich sage: in die Reichweite des Wahrscheinlichen.
Außerdem: Wie ist es mit der Zusatzsteuer? Wir haben Ihnen in unserer Großzügigkeit die Zusatzsteuer nach § 8 des Umsatzsteuergesetzes zugestanden. Sie haben bereits einen nicht unerheblichen Gebrauch davon gemacht. Ich prophezeie, in diesem Fall möchte ich wetten — wenn Sie, Herr Minister, mir natürlich die richtigen Zahlen zeigen! —,
ich möchte wetten, daß der Ertrag der Zusatzsteuer weit über die hundert Millionen hinausgeht, die der Bundesfinanzminister aus dieser Aufwandsteuer, über die wir hier unsere Zeit vertun, erwartet.
Was soll ich eigentlich noch sagen, um höflich zu bleiben? Der Herr Bundesfinanzminister ist nicht überbeschäftigt; denn sonst hätte er nicht die Möglichkeit gehabt, in den letzten Tagen in gewissen Kreisen so weitgehend für die Aufwandsteuer zu werben, und zwar entgegen der Meinung des Bundesrats und entgegen der ihm auch schon bekannten Meinung des Bundestags.
Aber seine Fröhlichkeit bezaubert uns immer wieder, und als er vorhin ein lateinisches Wort gebrauchte, habe ich an Horaz gedacht — und das kann immer nur eine Freundlichkeit sein —, der eine seiner Oden — ich weiß nicht aus dem Kopf, welche — mit den Worten beginnt:
Aequam memento rebus in arduis
servare mentem, non secus in bonis
ab insolenti temperatam
laetitia, moriture Delli.
Deutsch:
Lieber Dellius, du wirst eines Tages sterben müssen,
— das trifft auf uns alle zu —
schaffe dir ein Herz voller Gleichmut
und ein wollenes Untergewand an;
dann wirst du durch alle Fährnisse
und auch durch alle guten Zeiten
immer hindurchkommen.
Das ist eine herrliche Linie des Bundesfinanzministers, und das wollene Untergewand ist nützlich in jeder Situation!
Aber wie man damit auf eine Aufwandsteuer kommen kann — ich meine: mit diesem Gleichmut —, das verstehe ich nicht und werde ich auch niemals verstehen!
Meine Damen und Herren, ich möchte mich dem Antrag des Kollegen Scharnberg anschließen: Verweisung an den Finanzausschuß und an den Wirtschaftspolitischen Ausschuß.
Ich gebe der Hoffnung Ausdruck, daß dieser Ausschuß eine nützliche Arbeit leistet und daß er vielleicht auch zu einer notwendigen Luxussteuer kommt. Ich möchte gleich hinzufügen — damit Sie nicht sagen: Sie wollen ja vielleicht nur ausweichen —: zu einer Luxussteuer mit einem Maximalertrag von 30 bis 50 Millionen im Jahr. Ich halte das politisch nicht nur für eine Zweckmäßigkeit, sondern für eine Notwendigkeit, und ich sage das nicht bloß deswegen, damit man nicht am Schlusse dieser ganzen Angelegenheit das sagen muß, was man heute ein wenig sagen müßte, wenn Schluß wäre, nämlich mit einem Wortspiel: Ein großer Aufwand nutzlos ist vertan!