Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf bringt eine Belastung des Soforthilfefonds in doppelter Hinsicht, einmal eine Erhöhung der Ausgaben und zweitens eine Verringerung der Einnahmen. Es handelt sich um erhebliche Beträge. Die Erhöhung der Sätze für die Unterhaltshilfe würde im Jahre eine Summe von 218 Millionen DM erfordern und die vorgeschlagene Stundung 59 Millionen im Vierteljahr. Wenn wir das beschließen, dann ergibt sich daraus notwendigerweise eine Kürzung bei anderen Aufgaben, die das Hauptamt für Soforthilfe durchzuführen hat, und zwar allerwichtigsten Aufgaben. Ich nenne hier nur die Hausratshilfe.
Die Antragsteller halten deshalb eine generelle Stundung nicht für notwendig oder tragbar oder jedenfalls nur in dem Rahmen, der durch § 1 Ziffer 1 gesteckt worden ist. Wir haben bei der Erhöhung der Sätze der Unterhaltshilfe um Beträge von 2 DM gestritten. Daher müssen wir uns auf der andern Seite überlegen, ob wir Stundungen vornehmen sollen oder dürfen, die nicht absolut notwendig sind. Es handelt sich bei dem Antrag, den wir gestellt haben, darum, Ziffer 2 des § 1 Art. 1 zu streichen, also die im Antrag Drucksache Nr. 2708 enthaltene Bestimmung, daß bei landwirtschaftlichem Vermögen eine teilweise Stundung auch dann vorgenommen wird, wenn das Vermögen den Betrag von 15 000 DM übersteigt.
Meine Damen und Herren, es kann sicher niemand verkennen, daß bei der Landwirtschaft und insbesondere bei den kleineren Landwirten vielfach auch eine echte Notlage vorhanden ist und daß ihnen die weitere Zahlung der Soforthilfe Schwierigkeiten bereitet. Wir haben uns deshalb auch damit einverstanden erklärt, daß die generelle Stundung in Höhe von 20 DM bei der nächsten Rate bei Vermögen bis zu 15 000 DM vorgenommen wird. Damit dürften gerade die Fälle ausgeräumt worden sein, die uns immer entgegengehalten wurden. Wenn man uns z. B. gesagt hat, daß in Württemberg von im ganzen 140 000 landwirtschaftlichen Betrieben 115 000 bis zu 2 ha groß sind, so glauben wir, darauf erwidern zu können, daß alle diese 115 000 Fälle durch die Ziffer 1, der wir unsere Zustimmung geben, ausgeräumt worden sind.
Was nun die Lage der anderen Landwirte anlangt, so werde ich mich hüten, mich hier mit den landwirtschaftlichen Experten in eine Diskussion einzulassen.
Aber, meine Damen und Herren, ich darf — vielleicht unwidersprochen — eine Äußerung wiederholen, die im Ausschuß gefallen ist; und sie ging dahin: Wenn man die Not der Unterstützungsempfänger, die schon so lange auf eine Erhöhung warten, mit der Lage derjenigen vergleicht, denen durch unseren Antrag eine weitere Zahlung dieser Rate zugemutet wird, dann wird man diese beiden Notlagen nicht miteinander in Beziehung setzen können.
Ich darf nun noch .auf folgendes hinweisen: Man hat uns in der Ausschußberatung entgegengehalten, diese Stundung schlage vielleicht gar nicht so sehr zu Buch, weil einem Drittel der Betroffenen ohnehin Stundung bewilligt worden sei. Das kam vom Finanzministerium. Meine Damen und Herren, diese Tatsache spricht für unseren Antrag. Wir haben immer schon dahin argumentiert, daß ja in allen Fällen, in denen eine wirkliche Notlage vorliegt, die Finanzämter und die Finanzbehörden überhaupt die Möglichkeit haben, Stundung zu gewähren. Die Mitteilung, die ich soeben erwähnte, zeigt j a, daß man von diesem Recht der Stundung auch Gebrauch gemacht hat, und wir würden durch eine generelle Stundung vielleicht gerade dahin kommen, sie denen zu geben, die nicht so sehr darauf angewiesen sind.
Die vorgeschlagene Maßnahme wird damit begründet, daß die betroffenen Kreise im kommenden Lastenausgleich geringere Leistungen aufzubringen haben werden. Dieses Argument verschlägt meiner Ansicht nach nicht. Es ist noch nicht sicher, wie die Regelung der Abgabe im Lastenausgleich aussehen wird. Wir stehen ohne Frage vor einem sehr schwierigen Problem: vor dem Liquiditätsproblem, vor der Frage, wie wir das nötige Geld für die ersten Jahre beschaffen, um alle diese produktiven Maßnahmen verwirklichen zu können. Ich brauche nur ein Stichwort anzuführen: Von 290 000 Bauernfamilien, die aus dem Osten gekommen sind, sind 270 000 immer noch nicht versorgt. Wir werden daher bei der endgültigen Gestaltung des Lastenausgleichs jeden Weg gehen und jede Möglichkeit ausschöpfen müssen, die uns für die ersten Jahre ein größeres Aufkommen sicherstellt. Aber diese Stundung hier, die auch über 15 000 Mark hinaus vorgenommen werden soll, tendiert
gerade in der umgekehrten Richtung. Deshalb müssen wir sie ablehnen.
Wir haben zwar den Antrag nur hinsichtlich der Ziffer 2 gestellt; ich möchte aber noch ein Wort zu der Ziffer 3 sagen, bei der es sich darum handelt, die Flüchtlingsbetriebe in die Stundung einzubeziehen. Wir sind der Auffassung, daß beide Bestimmungen miteinander verkoppelt werden sollten. Wir sind also, wenn unser Antrag angenommen und die weitergehende Stundung für die Landwirtschaft abgelehnt wird, auch damit einverstanden, daß diese Vergünstigung für die Vertriebenen fortfällt, daß ohne Unterschied des Berufes oder des Herkommens die Grenze bei 15 000 DM liegt. Wir glaubten, nicht gerade von uns aus einen solchen Antrag stellen zu sollen; wir werden ihm aber zustimmen, wenn er von anderer Seite gestellt werden sollte. Damit würden wir, glaube ich, unter Beweis stellen, daß wir nicht nur den engeren Kreis unserer Interessen, sondern auch das Ganze im Auge haben.