Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Bundespostminister hat das Haus soeben mit der Feststellung überrascht, daß das Bundespostverwaltungsgesetz noch in dieser Woche dem Kabinett zugeleitet wird. Ich wundere mich nur, daß es jetzt auf einmal so schnell geht, im Gegensatz zu Ihrer Feststellung, Herr Rademacher, daß es bei der Post nicht so schnell geht. Jedenfalls wissen wir, daß im Bundespostministerium seit vielen Monaten an dem Entwurf gearbeitet wird und daß man sich nur gescheut hat, mit diesem Entwurf an das Tageslicht zu kommen, weil man zunächst einmal die Verabschiedung des Bundesbahngesetzes abwarten wollte. Dieser Grund ist nun entfallen. Wir warten mit Spannung, wie dieser Entwurf aussehen wird.
Es ist mir auch bekannt, daß man mit dem Entwurf schon längst an die Öffentlichkeit gekommen wäre, wenn man schon früher den Weg gefunden hätte, um zu erreichen, daß der mit dem Bundespostgesetz zweifellos kommende Verwaltungsrat nur einen dekorativen Charakter erhält, und um zu verhindern, daß das von den Gewerkschaften geforderte Mitbestimmungsrecht im Verwaltungsrat festgelegt wird. Seien wir uns über folgendes klar, Herr Rademacher hat es vorhin schon angedeutet: Die Post ist immerhin ein Unternehmen mit nicht ganz 300 000 Beschäftigten. Sie hat im vergangenen Jahr eine Roheinnahme von über 2 Milliarden DM
gehabt. Davon gingen über 1,3 Milliarden DM für Löhne wieder hinaus.
— Ich weiß nicht, was Sie mit Ihren Zwischenrufen wollen.
— Selbstverständlich, aber wir wollen doch auch bei der ersten Lesung wenigstens ein paar Grundsätze niederlegen, zumal der Herr Bundespostminister in den letzten Monaten über dieses Gesetz schon in der Öffentlichkeit gesprochen hat. Ich glaube, es ist nur zweckmäßig, wenn wir dem Ausschuß schon heute einige Richtlinien mit auf den Weg geben.
Es ist bereits darauf hingewiesen worden, daß dieser große Apparat, die Deutsche Bundespost, bisher ohne jede parlamentarische Kontrolle arbeitet. Wir haben hier nur einmal im Jahr, nämlich bei der Genehmigung des Ministergehaltes, Gelegenheit, grundsätzlich etwas zur Deutschen Bundespost zu sagen. Das ist sehr wenig. Es ist klar, daß bei einer solchen Gelegenheit nicht alles vorgetragen werden kann, was zur Verwaltung der Bundespost zu sagen ist. Das gehört vielleicht auch gar nicht alles hierher. Dazu muß ein Verwaltungsrat dasein, der über diese Dinge berät und beschließt.
Aber gerade über die Frage, ob der Verwaltungsrat zu beraten und zu beschließen hat, bestehen bisher noch sehr große Meinungsverschiedenheiten. Ich muß feststellen, daß wir uns mit dem Herrn Bundespostminister noch lange nicht einig sind. Wir brauchen uns nur einmal seine Ausführungen vor Augen zu halten, die er am 16. März dieses Jahres anläßlich der Präsidentenkonferenz in Bad Reichenhall gemacht hat. Dort hat er gesagt:
Sieht nun das neue Postverwaltungsgesetz einen Verwaltungsrat nach bewährtem Muster vor — und die Gründe zu seiner Wiedereinführung sind genau die gleichen wie 1924 —, so wird er kaum die legislativen Funktionen auszuüben vermögen wie der alte Verwaltungsrat. Oder dem Minister müßten Zuständigkeiten zuerkannt werden, die mindestens einen Teil der Vollmachten des Verwaltungsrates aufheben könnten.
Das ist bis heute die Meinung im Bundespostministerium über das kommende Verwaltungsgesetz und über die Funktionen des Verwaltungsrates. Deswegen ist es unbedingt notwendig, daß wir gleich zu Beginn der Beratungen wissen, wie wir uns dazu einzustellen haben.
An einer anderen Stelle seiner Rede hat der Herr Minister gesagt:
Ich kann dabei nur am Rande darauf hinweisen, wie sehr uns die Frage nach der Zusammensetzung des Verwaltungsrates mitten in die heißen sozialen und sozialrechtlichen Kämpfe unserer Zeit hineinstellt. Sicherlich werden anwesend sein müssen der Bundestag, der Bundesrat, ein Vertreter des Bundesministers der Finanzen, ein Vertreter des Bundesministers für Wirtschaft, Vertreter der Wirtschaft, Vertreter des Personals der Deutschen Bundespost.
Und nun kommt ein wichtiger Satz, der uns einigermaßen zu denken gibt und über den wir in den Verhandlungen Klarheit schaffen müssen. Der Bundespostminister sagt nach einigen weiteren
Ausführungen in bezug auf das Mitbestimmungsrecht:
Und wahrscheinlich ist gerade die Post das
Unternehmen, das betriebsfremder Vertreter
im Verwaltungsrat am besten entraten könnte. Ohne heute schon näher auf die Einzelheiten eingehen zu wollen, möchte ich darauf hinweisen, daß wir hier mit dem Herrn Bundespostminister nicht einig gehen. Wir sind der Meinung, daß der Verwaltungsrat ein echter Verwaltungsrat mit Beschlußvollmachten sein muß. Wir sind auch der Meinung, daß dem Personal im Verwaltungsrat eine Stellung eingeräumt werden muß, die der gewerkschaftlichen Forderung auf das Mitbestimmungsrecht entspricht.
Etwas unklar ist uns, was der Herr Minister unter betriebsfremden Vertretern versteht. Er kann doch wohl nicht die Gewerkschaftsvertreter als betriebsfremd bezeichnen wollen und gleichzeitig die Vertreter der Wirtschaft als zum Betrieb gehörig hinstellen wollen.
Sie sehen also, es gibt manches, was wir hier noch klarstellen müssen, bevor das Gesetz endgültig an das Haus zurückkommt.
— Regen Sie sich nicht auf! Sie haben alle, jeder von Ihrer Fraktion, Gelegenheit, Ihre Meinung zu sagen.
— Schön, wir halten es aber für notwendig, das zu sagen. Sie können uns das Recht nicht nehmen.
Und zum Schluß, meine Damen und Herren,
möchte ich betonen, daß wir eine bessere parlamentarische Kontrolle der Deutschen Bundespost wünschen, als es bisher der Fall gewesen ist, vor allem auch, damit die Personalpolitik der Deutschen Bundespost ein wenig aus dem Dunkel der Ministerialbürokratie an das Licht der Öffentlichkeit kommt. Wir haben da manches zu sagen und manches zu beanstanden. Wir können das aber unter den gegenwärtigen Umständen hier im Bundestag nicht immer so zum Ausdruck bringen, wie das entsprechend der wichtigen Stellung der Bundespost im Staats- und im Wirtschaftsleben unserer westdeutschen Bundesrepublik notwendig wäre.
Ich möchte nur ein paar Punkte herausheben, nur stichwortartig.
— Es ist Ihnen vielleicht unangenehm.
— Trotzdem muß ich es Ihnen sagen. Aber ich bin
gleich fertig und gleich zu Ende. Ich werde Ihre
Geduld nicht über Gebühr in Anspruch nehmen.
Die Deutsche Bundespost hat jetzt nach zwei Jahren Bestehen der Bundesrepublik immer noch keinen Staatssekretär. Die Personalpolitik wird vom Bundespostminister selbst betrieben. Das ist ein Zustand, wie wir ihn in keiner anderen Verwaltung heute aufzuweisen haben, und es ist auch ein Zustand, der auf die Dauer unhaltbar ist. Der Minister, der einige Tage in der Woche wegen seiner Tätigkeit im Kabinett und seiner Anwesenheit im Parlament hier in Bonn sein muß, kann die Personalpolitik der Post nicht verantwortlich betreiben. Sie wird heute von Leuten betrieben, die vom Parlament nicht zur Verantwortung gezogen werden können, und deshalb muß mit diesem Zustand ein Ende gemacht werden. Deswegen wünschen wir, daß so schnell wie möglich ein Verwaltungsgesetz geschaffen wird und daß der Verwaltungsrat in diesem Verwaltungsgesetz Vollmachten bekommt, die ihm wirklich den Charakter eines Verwaltungsrates geben und nicht etwa den Charakter eines Verwaltungsbeirates.