Rede von
Hans
Ewers
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(DP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DP)
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Verhalten der Hohen Kommissare ist unter Berücksichtigung gewisser Umstände sehr leicht zu erklären - und
nicht etwa unerklärlich —, nämlich der Umstände, daß die Briefe, die von ihnen unterzeichnet werden, aufgesetzt werden von jenen Leuten, die seit der Währungsreform mit der Einfuhr ihrer amerikanischen Filme hier ein gewaltiges Vermögen angehäuft und unsere deutsche Produktion seitdem durch die amerikanische Konkurrenz in immer größere Schwierigkeiten gebracht haben.
Wenn das die Federführung ist, die etwa diesen
Schritt hier herbeigeführt hat, so liegt die Erklärung auf der Hand. Die Dinge sind aber mit dieser
geschäftlichen Motivierung des Verhaltens nicht erledigt, sondern es kommt nun noch als besonders
erschwerend die Torschlußpanik hinzu, die dazu
getrieben hat, dieses letzte Gesetz der Alliierten
noch rasch vor Änderung der besatzungsstatutarischen Lage unter Dach und Fach zu bringen.
Die Tatsache, daß man vermutlich nach wenigen
Wochen oder Monaten ein solches Gesetz mangels
Zuständigkeit nicht mehr erlassen könnte, ist
offenbar ganz allein federführend für die Eile, mit
der es plötzlich erging, und für die unglaubliche
Eile, mit der es aus uns undurchsichtigen Gründen
durchgeführt wird. Die Feststellung, daß eine Torschlußpanik vorliegt, begründet ja auch, warum
man es in jenem Brief der Hohen Kommission, den
die beiden ersten Herren Redner hier im Wortlaut
vorgelesen haben, hemdsärmeligerweise — so kann
ich nur sagen — unterläßt, das Bedauern, den
Wünschen nicht folgen zu können, auch nur mit
dem Schatten einer Begründung zu versehen.
Wir sollen die Verhandlungen, die jetzt oben oder unten, d. h. auf dem Berg oder im Tal, stattfinden, mit Optimismus verfolgen. Ich weiß nicht, wie sehr der amerikanischen Regierung daran gelegen ist, auf deutschem Boden gerade Filmgeschäfte zu machen. Aber ich weiß, daß, wenn man in einem solchen im Verhältnis zum Weltgeschehen wirklich lächerlich kleinen Punkte uns immer wieder den Status des Kolonialvolkes vor Augen führt, man es uns einfach unmöglich macht, zu dem Geiste, in dem die Verhandlungen geführt werden, Vertrauen zu gewinnen. Ich bin der Ansicht, daß wir diese Lage für schlechthin unerträglich halten müssen und daß wir selbst dann, wenn auf deutscher Seite gewisse ebenfalls geschäftlich veranlagte Stellen den Amerikanern in die Hand arbeiten sollten, diese Leute nur als Geschäftskollaboratoren bezeichnen können, denen wir mit deutscher Gesetzgebung, soweit uns dazu später eine Möglichkeit gegeben sein wird, werden entgegentreten müssen. Es ist so, daß in dem deutschen Gesetz in einer meines Erachtens geradezu ängstlich weitgehenden Weise den Entkartellisierungsbestrebungen der Amerikaner entsprochen wird, ich fürchte beinahe, zum Schaden der deutschen. Filmwirtschaft. Aber es ist weiter so, daß das amerikanische Gesetz deswegen Bedenken, es verstoße gegen das Grundgesetz, hervorruft, weil hier die freie Betätigung der Deutschen willkürlich eingeschränkt wird. Hoffen wir, daß diese Bestimmung ein wirklicher Verstoß gegen das Grundgesetz ist; denn das würde uns späterhin ja geradezu zur Pflicht machen, die Nichtigkeit der auf Grund dieses Gesetzes vorgenommenen Handlungen als Deutsche festzustellen. Die rechtliche Untersuchung ist heute belanglos, denn tatsächlich ist im Augenblick der Vorgang überhaupt nur politisch zu würdigen. Und politisch ist er auch dann ein Skandal,
wenn etwa das formale Besatzungsrecht und die formale Stellung der Zwingherren in Deutschland zur Zeit den Amerikanern die Durchführung noch möglich machen sollten. Daß die Rechtslage so ist, habe ich als Jurist zur Zeit nur zu bezweifeln. Politisch aber ist es unzweifelhaft, daß für uns dieser hier wieder versetzte Nadelstich vollständig unerträglich ist.